Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm, Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 25.10.2017 Situation von Sinti und Roma in Bayern Wir fragen die Staatsregierung: 1.1 Wie stellt die Staatsregierung sicher, dass die im Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus (BT-Drs. 18/12907) geforderte Aufarbeitung antiziganistischer Vorfälle und die differenzierte Aufklärung über Geschichte und die Diskriminierung bis in die Gegenwart für deutsche und ausländische Roma gleichermaßen Anwendung finden? 1.2 Wie bewertet die Staatsregierung eine fehlende Roma -Strategie vor dem Hintergrund, dass sich 53,64 Prozent der befragten Sinti und Roma in Deutschland bei Behördenbesuchen „eingeschüchtert“, „schlecht behandelt und diskriminiert“ fühlen (Daniel Strauß, Hg.: Studie zur aktuellen Bildungssituation deutscher Sinti und Roma. Dokumentation und Fortschrittsbericht , 2011, S. 100)? 1.3 In welcher Form fördert oder plant die Staatsregierung Initiativen wie die Hildegard-Lagrenne-Stiftung zu fördern , die als einzige minderheiteneigene Stiftung und Selbsthilfeorganisation die Situation von deutschen Sinti und Roma und zugewanderten Roma in Deutschland im Bildungs- und Gesundheitsbereich verbessern helfen und damit den Abbau von Inklusionshemmnissen auf dem deutschen Arbeitsmarkt aktiv unterstützen ? 2.1 Welche Maßnahmen sind seitens der Staatsregierung umgesetzt worden oder in Planung, um den Schlussfolgerungen des Berichts der Antidiskriminierungsstelle des Bundes der Studie „Zwischen Gleichgültigkeit und Ablehnung. Bevölkerungseinstellungen gegenüber Sinti und Roma“ zum Medienmonitoring Folge zu leisten und systematisch Medienberichterstattungen auf Diskriminierungen hin auszuwerten, damit problematische Entwicklungen frühzeitig erkannt werden können? 2.2 Welche Maßnahmen sind seitens der Staatsregierung umgesetzt worden oder in Planung, um den Schlussfolgerungen des Berichts der Antidiskriminierungsstelle des Bundes der Studie „Zwischen Gleichgültigkeit und Ablehnung. Bevölkerungseinstellungen gegenüber Sinti und Roma“ zu Öffentlichkeitskampagnen Folge zu leisten und in Form von Anzeigenschaltungen , Werbespots und Plakaten, in denen die Diskriminierungsfolgen für die Angehörigen der Minderheit der Sinti und Roma, aber auch für die ganze Gesellschaft thematisiert werden und gesellschaftliche Sensibilisierung und Aufklärung geleistet wird? 2.3 Welche Maßnahmen sind seitens der Staatsregierung umgesetzt oder in Planung, um den Forderungen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, denen sich auch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration anschloss (BT-Drs. 18/10610), Folge zu leisten und regelmäßige Erhebungen von Diskriminierungserfahrungen von Sinti und Roma, den Aufbau einer Bildungsakademie für Sinti und Roma, eine verstärkte Beteiligung von Selbstorganisationen mittels Staatsverträgen und die Mitarbeit in Gremien und Rundfunkräten umzusetzen? 3.1 Welche Maßnahmen sind seitens der Staatsregierung umgesetzt oder in Planung, um Forderungen zivilgesellschaftlicher Akteure, die sich im von der Bundesregierung und Nichtregierungsorganisationen getragenen „Forum gegen Rassismus“ zusammengeschlossen haben, nach einer rechtlichen Grundlage für die Förderung von Selbstorganisationen von Sinti und Roma mit Erfahrungen rassistischer Diskriminierung und für Empowermentstrategien Folge zu leisten (vgl. Nationaler Aktionsplan gegen Rassismus vom 21.06.2017, BT-Drs. 18/12907, S. 105)? 3.2 Welche Maßnahmen sind seitens der Staatsregierung umgesetzt oder in Planung, um der Aufnahme von wirksamen Antidiskriminierungsregelungen in die Schulgesetze Folge zu leisten, um den spezifischen Erfahrungen der Diskriminierung von Sinti und Roma entgegenzuwirken (vgl. Nationaler Aktionsplan gegen Rassismus vom 21.06.2017, BT-Drs. 18/12907, S. 110)? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 07.09.2018 Drucksache 17/21552 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/21552 3.3 Welche Maßnahmen sind seitens der Staatsregierung umgesetzt oder in Planung, um einer Gleichbehandlung der Freizügigkeits- und Gleichberechtigungsgrundsätze von EU-Bürgerinnen und -Bürgern unabhängig von der Staatsangehörigkeit oder der Zugehörigkeit zur Minderheit der Sinti und Roma Folge zu leisten (vgl. Nationaler Aktionsplan gegen Rassismus vom 21.06.2017, BT-Drs. 18/12907, S. 115)? 4.1 Wie misst die Staatsregierung den Erfolg von Maßnahmen zur Integration von Sinti und Roma in den Arbeitsmarkt ? 4.2 Wie misst die Staatsregierung den Erfolg von Maßnahmen zur Förderung der Gesundheitsversorgung bei Sinti und Roma? 5. Wie definiert die Staatsregierung Antiziganismus? 6.1 Wie steht die Staatsregierung zu der Aussage, nach dem sowohl die Ergebnisse des DFG-Projekts „Die Konstruktion der Differenz. Diskurse über Roma und Sinti in der Lokalpresse“ (DFG = Deutsche Forschungsgemeinschaft ) und die Untersuchungen von Markus End (Markus End (2014): Antiziganismus in der deutschen Öffentlichkeit: Strategien und Mechanismen medialer Kommunikation. Heidelberg, S. 236– 274) von Polizeipressemitteilungen darauf hinweisen, dass die Nennung einer vermuteten oder tatsächlichen Minderheitenzugehörigkeit von Sinti in der öffentlichen Kommunikation weiterhin stattfindet? 6.2 Trifft die These von Markus End, dass deutsche Polizei - und Exekutivbehörden auf Landes- und/oder Bundesebene einen Zusammenhang zwischen „Zigeuner“ und „Kriminalität“ herstellen (Markus End (2017): Antiziganistische Ermittlungsansätze in Polizei- und Sicherheitsbehörden ), auch auf bayerische Polizei- und Exekutivbehörden zu? 6.3 Ist die Staatregierung der Meinung, dass es bisher an einer grundsätzlichen selbstreflexiven und wissenschaftlich begleiteten Auseinandersetzung bayerischer Polizei- und Ermittlungsbehörden mit den fortgesetzten antiziganistischen Wissensbeständen und Praktiken mangelt und grundlegender und unabhängiger wissenschaftlicher Forschung bedarf? Antwort des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus unter Einbeziehung von Beiträgen des damaligen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr und des damaligen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, der Staatskanzlei sowie von Auskünften des Verbandes Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Bayern e. V. vom 06.04.2018 Vorbemerkung: Mit Unterzeichnung der Vereinbarung der Staatsregierung mit dem Landesverband Bayern der Deutschen Sinti und Roma (LV) am 20.02.2018 wurden die Beziehungen zwischen dem Freistaat Bayern und der Minderheit der Sinti und Roma auf eine vollkommen neue Basis gestellt. Für die Einzelheiten darf auf den Zwischenbericht des damaligen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW) vom 06.04.2018 zum Vollzug des Beschlusses des Landtags vom 07.05. 2015, Drs. 17/6483, „Bayern unterstützt Sinti und Roma“, verwiesen werden. Das Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) beobachtet im Rahmen seines gesetzlichen Beobachtungsauftrags Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, dazu zählen im Rechtsextremismus unter anderem auch das Ideologieelement des Rassismus sowie darauf basierende Aktivitäten von Extremisten. Rechtsextremisten sind durch ihr Staats- und Gesellschaftsverständnis immer auch Rassisten. Ein Umkehrschluss , wonach alle Personen mit rassistischen Einstellungen zugleich Extremisten sind oder sein müssten, ist nicht zulässig, weil zudem noch extremistische Bestrebungen im Sinne des Beobachtungsauftrages der Verfassungsschutzbehörden vorliegen müssen. Diskriminierende Einstellungen, wie etwa der Antiziganismus , ohne „extremistische Umsetzung“ unterliegen somit nicht dem Beobachtungsauftrag des Verfassungsschutzes. Die Ablehnung von Sinti und Roma ist ein fester Bestandteil rechtsextremistischer Ideologie und verläuft parallel zu fremdenfeindlichen oder antisemitischen Einstellungen. Diese Feindschaft äußert sich in der rechtsextremistischen Szene in Bayern aber in der Regel nur anlassbezogen, führt dann zu konkreten Aktionen, spielt aber im Rahmen ihrer Agitationen nur eine untergeordnete Rolle. So agitierte beispielsweise die rechtsextremistische Partei Der Dritte Weg (III. Weg) im August 2017 gegen eine Personengruppe, die sich in der Gemeinde Vilsheim-Gundihausen , Landkreis Landshut, vorübergehend in ihren Wohnwagen niedergelassen hatte. Der III. Weg verteilte diesbezüglich Flyer und kündigte eine Protestaktion in der Gemeinde an. Auf ihrer Homepage berichtet die Partei über ihr Vorgehen gegen die Gruppe. Ein weiteres Beispiel für die Ablehnung von Sinti und Roma durch Rechtsextremisten stellen Wahlplakate der rechtsextremistischen Partei NPD dar. Diese warb bereits zur Bundestagswahl im Jahr 2013 mit dem Spruch „Geld für die Oma statt für Sinti und Roma“. In Bayern verwendete die Partei dieses Plakat im Bundestagswahlkampf Ende August 2017 in Ingolstadt erneut. Grundsätzlich tritt die Ablehnung von Sinti und Roma im Aktionismus der rechtsextremistischen Szene in Bayern Drucksache 17/21552 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 aber hinter fremdenfeindliche oder klassisch rassistische Ressentiments zurück und spielt eine untergeordnete Rolle. So wurde diese Form der Agitation in den letzten Jahren fast völlig von der Agitation gegen Asylbewerber überlagert. 1.1 Wie stellt die Staatsregierung sicher, dass die im Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus (BT-Drs. 18/12907) geforderte Aufarbeitung antiziganistischer Vorfälle und die differenzierte Aufklärung über Geschichte und die Diskriminierung bis in die Gegenwart für deutsche und ausländische Roma gleichermaßen Anwendung finden? Die in der Frage angesprochene Passage des Nationalen Aktionsplans lautet wie folgt: „Es ist erforderlich, sich damit auseinanderzusetzen, antiziganistische Vorfälle kritisch aufzuarbeiten und die Öffentlichkeit differenziert über Geschichte und Gegenwart der Roma aufzuklären – insbesondere auch über ihre systematische Verfolgung im Nationalsozialismus (Porajmos) und ihre Diskriminierung bis in die Gegenwart.“ Hinsichtlich der Aufarbeitung antiziganistischer Vorfälle durch die Bayerische Polizei ist zu konstatieren, dass antiziganistische Straftaten regelmäßig der Hasskriminalität als Teilbereich der Politisch Motivierten Kriminalität zuzuordnen sind und deshalb durch die örtlich zuständigen Staatsschutzdienststellen im Wege des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch Motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) dem Landeskriminalamt (BLKA) gemeldet werden. Im bundesweit einheitlichen Themenfeldkatalog des KPMD-PMK besteht seit 01.01.2017 im Oberbegriff „Hasskriminalität“ das separate Unterthema „Antiziganistisch“. Seitdem ist es somit möglich, auch differenzierte Aussagen zu antiziganistisch motivierten Straftaten zu treffen. Die Öffentlichkeit wird über Antiziganismus als Ideologiefragment des Rechtsextremismus im Allgemeinen und über antiziganistische Aktionen von Rechtsextremisten im Besonderen durch die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) und das BayLfV aufgeklärt. So informiert die BIGE im Rahmen ihrer allgemeinen Präventionstätigkeit über die Erscheinungsformen und Ideologiefragmente des Rechtsextremismus. Dabei werden u. a. auch die Merkmale und Mechanismen des Rassismus zur Zeit des Nationalsozialismus und des heutigen Rechtsextremismus , u. a. am Beispiel der Verfolgung und Diskriminierung von jüdischen Mitbürgern und Zugehörigen der Volksgruppen der Sinti und Roma, dargestellt. Im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabenstellung betreibt das BayLfV die Aufklärung des Phänomenbereichs Rechtsextremismus mit dem Ziel, durch konsequentes Vorgehen der bayerischen Sicherheitsbehörden eine Schwächung der rechtsextremistischen Szene in Bayern zu erreichen und so auch den Schutz unter rechtsextremistische Feindbilder fallender Minderheiten, wie unter anderem auch der Sinti und Roma, zu stärken sowie deren Grundrechte zu schützen. Darüber hinaus informiert das BayLfV im Rahmen seiner Öffentlichkeits- und Pressearbeit auch über rechtsextremistische Aktionen, die antiziganistische Inhalte zum Gegenstand haben (z. B. der Hinweis auf Antiziganismus in der Wahlwerbung der NPD im Verfassungsschutzbericht 2014). Seitens des LV wird beabsichtigt, ab dem Jahr 2018 die Bildungsarbeit zur Bekämpfung des Antiziganismus zu verstärken . Informationen über einzelne Vorhaben teilt der LV dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus im zweiten Quartal des Jahres 2018 mit. 1.2 Wie bewertet die Staatsregierung eine fehlende Roma -Strategie vor dem Hintergrund, dass sich 53,64 Prozent der befragten Sinti und Roma in Deutschland bei Behördenbesuchen „eingeschüchtert“, „schlecht behandelt und diskriminiert“ fühlen (Daniel Strauß, Hg.: Studie zur aktuellen Bildungssituation deutscher Sinti und Roma. Dokumentation und Fortschrittsbericht, 2011, S. 100)? Der LV hat auf Nachfrage des Staatsministeriums mitgeteilt, dass aus seiner Sicht die zitierte Studie als nicht repräsentativ eingestuft werde, obgleich die hier unterstellte Tendenz ernst zu nehmen sei und ihr durch die weitere Förderung von interkultureller Kompetenz, wie sie in vielfältigen Programmen und Angeboten bereits gelehrt und eingeübt werde , entgegnet werden solle. Um die Frage nach einer fehlenden Roma-Strategie der Staatsregierung besser einordnen zu können, weist das Staatsministerium des Innern und für Integration (StMI) darauf hin – und dies bestätigt die Einschätzung der Studie durch den LV –, dass die in der Frage zitierten Angaben aus der „Studie zur aktuellen Bildungssituation deutscher Sinti und Roma“ auf den Einschätzungen und Bewertungen der betroffenen Angehörigen der Minderheit beruhen. Dies ist ein wichtiges Indiz. Um die Ergebnisse aber angemessen einordnen zu können, würden Vergleichszahlen anderer Bevölkerungsgruppen benötigt. Zudem ist darauf hinzuweisen , dass die Empfehlungen der Studie (S. 103 f.) fast ausschließlich auf den schulischen Bereich abzielen. 1.3 In welcher Form fördert oder plant die Staatsregierung Initiativen wie die Hildegard-Lagrenne- Stiftung zu fördern, die als einzige Minderheiten eigene Stiftung und Selbsthilfeorganisation die Situation von deutschen Sinti und Roma und zugewanderten Roma in Deutschland im Bildungs- und Gesundheitsbereich verbessern helfen und damit den Abbau von Inklusionshemmnissen auf dem deutschen Arbeitsmarkt aktiv unterstützen? Von November 2012 bis November 2015 hat die Staatsregierung im Rahmen des Arbeitsmarktfonds ein Projekt der Arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit in der Region Straubing-Bogen gefördert, das besonders junge Sinti und Roma, aber auch junge Menschen mit Migrationshintergrund in den Fokus nahm. In der Maßnahme sollten die jungen Teilnehmenden mit besonders schwierigen Startbedingungen für die Anforderungen und Chancen des Arbeitsmarktes sensibilisiert und entsprechend vorbereitet werden. Ziel war der Übergang in Arbeit oder Ausbildung. In der Projektlaufzeit konnten insgesamt 109 junge Menschen erreicht werden. Die Anschubfinanzierung lag bei rd. 150.000 Euro und endete mit dem Ablauf des dritten Projektjahres. Damit wurde der maximale Förderzeitraum des Arbeitsmarktfonds ausgeschöpft. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/21552 2.1 Welche Maßnahmen sind seitens der Staatsregierung umgesetzt worden oder in Planung, um den Schlussfolgerungen des Berichts der Antidiskriminierungsstelle des Bundes der Studie „Zwischen Gleichgültigkeit und Ablehnung. Bevölkerungseinstellungen gegenüber Sinti und Roma“ zum Medienmonitoring Folge zu leisten und systematisch Medienberichterstattungen auf Diskriminierungen hin auszuwerten, damit problematische Entwicklungen frühzeitig erkannt werden können? Die Verhinderung von Diskriminierungen jeglicher Art und insbesondere von Angehörigen von Minderheiten ist für die Bayerische Staatsregierung eine wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Allerdings darf der Staat den Rundfunksendern keine Vorgaben zu ihrem Programm machen. Die Grundsätze der Staatsferne und Programmautonomie sind Teil der Rundfunkfreiheit, die fest in unserer Verfassung verankert ist. Jedoch sind Vertreter der Bayerischen Staatsregierung Mitglieder im Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks bzw. im ZDF-Fernsehrat (bisher: Staatsministerin Ilse Aigner und Staatsminister Dr. Marcel Huber sowie Frau Staatsrätin Karolina Gernbauer). Zentrale Aufgabe dieser Kontrollgremien ist die Wahrung der Interessen der Allgemeinheit sowie die Überwachung der Einhaltung der jeweiligen Programmgrundsätze. Öffentlich-rechtlicher wie privater Rundfunk haben in ihren Angeboten die Würde des Menschen zu achten und zu schützen und dabei selbstverständlich auch Diskriminierungen jeglicher Art zu verhindern, wofür sich die Mitglieder der Kontrollgremien im Rahmen ihrer Tätigkeit einsetzen. Die Forderung des LV auf Mitgliedschaft im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks fand bei der letzten Novellierung des Bayerischen Rundfunkgesetzes und des Bayerischen Mediengesetzes (Beschluss des Landtags vom 08.12.2016, Drs. 17/14711) keinen Niederschlag ; die in diesem Rahmen vorgenommene Erweiterung von Rundfunkrat und Medienrat um je drei auf nunmehr 50 Mitglieder bezog sich auf „Vertreter der Migranten, der Menschen mit Behinderung sowie ein[en] Verbandsvertreter aus dem Bereich Freizeit, Tourismus, Gastronomie und Hotel“. Als gemeinsames Kompetenzzentrum von Bund und Ländern für den Jugendschutz im Internet geht jugendschutz. net gegen jugendgefährdende oder entwicklungsbeeinträchtigende Angebote im Internet vor. Dazu gehört unter anderem, rechtsextremistische und darunter auch antiziganistische Inhalte zu löschen und junge Menschen über entsprechende Gefährdungen aufzuklären. Hierzu werden Videoplattformen wie YouTube und Communities wie Facebook , die von Rechtsextremisten häufig zu Propagandazwecken missbraucht werden, intensiv überprüft. Sogenannten Fake News und Hasspropaganda wirken speziell entwickelte Informationsbroschüren, Faltblätter und Plakate entgegen. Sie werden entsprechend an den Bedürfnissen der Adressaten (Fachkräfte, Jugendliche, Eltern, Multiplikatoren etc.) ausgerichtet und können kostengünstig bzw. teils kostenfrei von jugendschutz.net erworben werden. Jugendschutz .net ist keine Behörde, arbeitet aber mit gesetzlichem Auftrag, der im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) niedergelegt ist. Mit dem Portal Hass im Netz (www.hass-im-netz.info) bietet jugendschutz.net seit dem Jahr 2000 Informationen über politischen Extremismus und rechtsextreme Anwerbestrategien . Ergänzend hat jugendschutz.net Broschüren und Handreichungen für die kritische Auseinandersetzung mit menschenverachtender und demokratiefeindlicher Propaganda entwickelt, z. B. „Vernetzter Hass – Wie Rechtsextreme im Social Web Jugendliche umwerben“ und „Achtung Hinterhalt – Rechtsextreme manipulieren Nachrichtenseiten im Social Web“. Um Betreiber zu sensibilisieren und schnellstmöglich Lösungen zu erreichen, kooperiert jugendschutz.net mit Anbietern sozialer Netzwerke und den Landesmedienanstalten. Zu diesem Zweck arbeitet jugendschutz .net auch grenzüberschreitend mit Partnern aus dem International Network Against Cyber Hate zusammen. 2.2 Welche Maßnahmen sind seitens der Staatsregierung umgesetzt worden oder in Planung, um den Schlussfolgerungen des Berichts der Antidiskriminierungsstelle des Bundes der Studie „Zwischen Gleichgültigkeit und Ablehnung. Bevölkerungseinstellungen gegenüber Sinti und Roma“ zu Öffentlichkeitskampagnen Folge zu leisten und in Form von Anzeigenschaltungen, Werbespots und Plakaten , in denen die Diskriminierungsfolgen für die Angehörigen der Minderheit der Sinti und Roma, aber auch für die ganze Gesellschaft thematisiert werden und gesellschaftliche Sensibilisierung und Aufklärung geleistet wird? Seitens der Staatsregierung sind vorliegend keine öffentlichkeitswirksamen Kampagnen zur Thematik „Antiziganismus“ geplant. Der LV seinerseits begrüßt zwar alle Aktivitäten gegen ausgrenzende und grundrechtswidrige Einstellungen, lehnt aber eine dezidiert dem Antiziganismus gewidmete Kampagne ab. 2.3 Welche Maßnahmen sind seitens der Staatsregierung umgesetzt oder in Planung, um den Forderungen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, denen sich auch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration anschloss (BT-Drs. 18/10610), Folge zu leisten und regelmäßige Erhebungen von Diskriminierungserfahrungen von Sinti und Roma, den Aufbau einer Bildungsakademie für Sinti und Roma, eine verstärkte Beteiligung von Selbstorganisationen mittels Staatsverträgen und die Mitarbeit in Gremien und Rundfunkräten umzusetzen? 3.1 Welche Maßnahmen sind seitens der Staatsregierung umgesetzt oder in Planung, um Forderungen zivilgesellschaftlicher Akteure, die sich im von der Bundesregierung und Nichtregierungsorganisationen getragenen „Forum gegen Rassismus“ zusammengeschlossen haben, nach einer rechtlichen Grundlage für die Förderung von Selbstorganisationen von Sinti und Roma mit Erfahrungen rassistischer Diskriminierung und für Empowermentstrategien Folge zu leisten (vgl. Nationaler Aktionsplan gegen Rassismus vom 21.06.2017, BT-Drs.18/12907, S. 105)? Der Freistaat Bayern hat am 20.02.2018 einen öffentlichrechtlichen Vertrag mit dem LV geschlossen und den Landtag um Zustimmung mit Antrag vom 23.02.2018 gebeten (Drs. 17/20900). Hierzu darf auf den in der Vorbemerkung genannten Zwischenbericht verwiesen werden. Zur Frage von Erhebungen zu den Diskriminierungserfahrungen von Angehörigen der Minderheit wurde seitens des LV mitgeteilt, Drucksache 17/21552 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 dass ein solches Vorhaben allenfalls durch den LV eigenständig organisiert und realisiert werden dürfe, da andernfalls einschlägige Bestimmungen des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten tangiert wären. 3.2 Welche Maßnahmen sind seitens der Staatsregierung umgesetzt oder in Planung, um der Aufnahme von wirksamen Antidiskriminierungsregelungen in die Schulgesetze Folge zu leisten, um den spezifischen Erfahrungen der Diskriminierung von Sinti und Roma entgegenzuwirken (vgl. Nationaler Aktionsplan gegen Rassismus vom 21.06.2017, BT-Drs. 18/12907, S. 110)? Seitens der Staatsregierung ist keine Aufnahme von auf spezifische Diskriminierungserfahrungen der Sinti und Roma zugeschnittenen Regelungen in die bestehenden rechtlichen Normen vorgesehen. Der bestehende einschlägige Rechtsrahmen garantiert einen umfassenden Schutz vor jeglicher Diskriminierung. Es ist hier auf die grundlegende Regelung in Art. 2 Abs. 1 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen zu verweisen, die die Schulen verpflichtet, „zu verantwortlichem Gebrauch der Freiheit, zu Toleranz, friedlicher Gesinnung und Achtung vor anderen Menschen zu erziehen, zur Anerkennung kultureller und religiöser Werte zu erziehen“. 3.3 Welche Maßnahmen sind seitens der Staatsregierung umgesetzt oder in Planung, um einer Gleichbehandlung der Freizügigkeits- und Gleichberechtigungsgrundsätze von EU-Bürgerinnen und -Bürgern unabhängig von der Staatsangehörigkeit oder der Zugehörigkeit zur Minderheit der Sinti und Roma Folge zu leisten (vgl. Nationaler Aktionsplan gegen Rassismus vom 21.06.2017, BT- Drs. 18/12907, S. 115)? Seitens der Staatsregierung sind vorliegend derzeit keine konkreten Maßnahmen in diesem Kontext geplant. Der LV, der auch auf diesem Feld Partner der Staatsregierung ist, konzentriert sich bislang auf die Betreuung deutscher Sinti und Roma. Hinsichtlich der Frage des Umgangs mit bleibeberechtigten bzw. aus EU-Staaten stammenden zugewanderten Sinti und Roma wird der LV gemäß Art. 5 des in der Vorbemerkung zur Antwort genannten Vertrages verfahren: „Der Landesverband verpflichtet sich, Politik, Verwaltung und Behörden des Freistaates Bayern bei Maßnahmen der Aufklärung und Sensibilisierung für Geschichte und Gegenwart der Sinti und Roma zu unterstützen und im Rahmen seiner Möglichkeiten bleibeberechtigten, nichtdeutschen Angehörigen der Minderheit bei ihrer Integration in der Gesellschaft zur Seite zu stehen.“ 4.1 Wie misst die Staatsregierung den Erfolg von Maßnahmen zur Integration von Sinti und Roma in den Arbeitsmarkt? 4.2 Wie misst die Staatsregierung den Erfolg von Maßnahmen zur Förderung der Gesundheitsversorgung bei Sinti und Roma? Im Hinblick auf das in der Antwort zu Frage 1.3 beschriebene Projekt der arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit in der Region Straubing-Bogen hat das mit der Evaluierung von geförderten Projekten im Bereich des Arbeitsmarktfonds beauftragte Institut Erhebungen zur Verbleibanalyse bei Maßnahmebeendigung, sechs und zwölf Monate danach, durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in Projektabschlussberichten dargestellt und fanden Eingang in den Jahresbericht zum Arbeitsmarktfonds. Grundsätzlich hat der LV hat dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus (StMUK) mitgeteilt, dass er diese Fragen als unzulässig betrachte, da hier eine Erfassung der Minderheit vorausgesetzt werde. Dies verstoße gegen das Europäische Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten. Auch die Evaluierungen möglicher minderheitenspezifischer Fördermaßnahmen könnten nur durch die bei der Maßnahme beteiligten Akteure – also durch Vertreter der Minderheit – erfolgen bzw. zumindest über deren umfassende partizipative Einbindung. 5. Wie definiert die Staatsregierung Antiziganismus? Die Staatsregierung ist zusammen mit der Landeskoordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus (LKS) im Rahmen der Extremismusprävention für die bayernweite Koordination und Umsetzung des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ zuständig. Unter Antiziganismus werden in diesem Rahmen seitens des Bundesministeriums für Familie, Senioren , Frauen und Jugend Äußerungen, Handlungen und staatliche Maßnahmen zusammengefasst, die gegen Gruppen gerichtet sind, die sich heute selbst als „Sinti“ oder „Roma“ bezeichnen und bis vor wenigen Jahren in der Alltagskommunikation meistens abwertend als „Zigeuner“ bezeichnet worden sind. In diesem Sinne umfasst Antiziganismus alle Äußerungen und Handlungen, mit denen die Bevölkerungsgruppen der Sinti oder Roma herabgesetzt, diskriminiert, ausgegrenzt und verfolgt werden, bis hin zu gewalttätigen Übergriffen und Tötungsdelikten (siehe https:// www.demokratie-leben.de/wissen/glossar/glossary-detail/ antiziganismus.html). Konkret wurden und werden in der Umsetzung von „Demokratie leben!“ zum Thema „Antiziganismus“ die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beim Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS) angesiedelten Landes koordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus (LKS), des Vereins B.U.D. e. V. (Beratung. Unterstützung. Dokumentation für Opfer rechtsextremer Gewalt) sowie die Fachkräfte der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Bayern intensiv geschult und weitergebildet. Im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung durch einen Antiziganismus -Experten im Jahr 2015 standen beispielsweise neben den Inhalten und Formen des Antiziganismus in Deutschland und Europa vor allem auch die Methoden zur rassismuskritischen und pädagogischen Auseinandersetzung mit Antiziganismus im Fokus. Darüber hinaus wurde auch die Betroffenenperspektive als zentrales Thema behandelt , die vor allem für die Fachkräfte an den Opferberatungsstellen in Bayern eine große Rolle spielt. Auch im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Vernetzungstreffen des Forums Demokratie leben! Südwest – einem Forum zum regelmäßigen Austausch der Länder Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und dem Saarland – wurde zuletzt im Mai 2017 ebenfalls das Thema Antiziganismus behandelt. Das Vernetzungstreffen fand in Heidelberg in den Räumen des Dokumentations - und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma statt. Das Kulturzentrum wird im Rahmen von Demokratie leben! als zentraler Träger gefördert und ist u. a. auch mit der LKS als Landesdemokratiezentrum im engen Austausch. Vonseiten der Beratungsstellen in Bay ern wird darauf hingewiesen, dass eine klare Abgrenzung zwischen Antiziganismus und Anfeindungen gegenüber Geflüchteten häufig schwierig ist, Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/21552 da Sinti und Roma auch als Geflüchtete wahrgenommen und angefeindet werden. Der LV seinerseits bezieht sich in seiner Arbeit auf eine Definition des Antiziganismus, wie sie auch von der sog. Allianz gegen Antiziganismus verwendet wird. Hier wird nach Darstellung festgelegt: „Antiziganismus ist ein historisch hergestellter stabiler Komplex eines gesellschaftlich etablierten Rassismus gegenüber sozialen Gruppen, die mit dem Stigma ‚Zigeuner‘ oder anderen verwandten Bezeichnungen identifiziert werden . Er umfasst 1. eine homogenisierende und essenzialisierende Wahrnehmung und Darstellung dieser Gruppen, 2. die Zuschreibung spezifischer Eigenschaften an diese, 3. vor diesem Hintergrund entstehende diskriminierende soziale Strukturen und gewalttätige Praxen, die herabsetzend und ausschließend wirken und strukturelle Ungleichheit reproduzieren.“ 6.1 Wie steht die Staatsregierung zu der Aussage, nach dem sowohl die Ergebnisse des DFG-Projekts „Die Konstruktion der Differenz. Diskurse über Roma und Sinti in der Lokalpresse“ (DFG = Deutsche Forschungsgemeinschaft) und die Untersuchungen von Markus End (Markus End (2014): Antiziganismus in der deutschen Öffentlichkeit : Strategien und Mechanismen medialer Kommunikation. Heidelberg, S. 236–274) von Polizeipressemitteilungen darauf hinweisen, dass die Nennung einer vermuteten oder tatsächlichen Minderheitenzugehörigkeit von Sinti in der öffentlichen Kommunikation weiterhin stattfindet? Die in der Frage genannte Studie von Markus End stellt die öffentliche Kommunikation sehr viel differenzierter dar, als in der Frage suggeriert wird. Beispielsweise wird in der Studie darauf hingewiesen, dass ein guter Teil der Nennung von Minderheitenzugehörigkeit eigeninitiativ von den Betroffenen oder von Zeugen ausgeht. Hier sollte man bedenken, dass Behörden Aussagen von Mitteilern (Zeugen – auch vor Gericht, Hinweisgebern o. Ä.) originalgetreu aufnehmen. Sicherheitsbehörden folgen dem Grundsatz, dass Aussagen der Zeugen so niederzulegen sind, wie sie von Zeugen genannt werden. Inwieweit eine Veröffentlichung der Aussagen korrigiert werden kann oder soll, obliegt der jeweiligen Behörde. Die Studie „Die Konstruktion der Differenz. Diskurse über Roma und Sinti in der Lokalpresse“ ist online nicht verfügbar . Da sie aber von Anfang der 1990er-Jahre stammt, kann man davon ausgehen, dass ihre Erkenntnisse inzwischen entweder überholt sind oder in andere Publikationen aufgenommen wurden. Außerdem erstreckt sich der Untersuchungszeitraum von 1979 bis 1991 und umfasst die Berichterstattung der Lokalzeitungen aus Dortmund, Köln, Darmstadt und Mainz/Wiesbaden, also keinem einzigen bay erischen Presseorgan. Bei der Bayerischen Polizei existiert hinsichtlich der Volksgruppe der Sinti und Roma mit IMS vom 03.05.2005 (IC5-2124-4 GER) die ausdrückliche Weisung, die Nennung dieser Minderheitenzugehörigkeit in der Öffentlichkeitsarbeit zu unterlassen, um von vorneherein ein deutliches Zeichen gegen jeden Anschein einer Benachteiligung und Diskriminierung zu setzen. Sofern in Zeitungsberichten der unabhängigen Medien weiterhin die Nennung erfolgt, darf darauf hingewiesen werden, dass hierfür allein der Redakteur bzw. die Redaktion verantwortlich ist. 6.2 Trifft die These von Markus End, das deutsche Polizei - und Exekutivbehörden auf Landes- und/oder Bundesebene einen Zusammenhang zwischen „Zigeuner“ und „Kriminalität“ herstellen (Markus End (2017): Antiziganistische Ermittlungsansätze in Polizei- und Sicherheitsbehörden), auch auf die bayerischen Polizei- und Exekutivbehörden zu? Die in der Fragestellung aufgeworfene These und deren Hintergründe sind der Staatsregierung nicht bekannt. Das Handeln der Bayerischen Polizei beruht unter anderem auf den Grundpfeilern der strikten Neutralität, der Gleichbehandlung aller Bürger und des respektvollen, vorurteilsfreien , bürgernahen und verantwortungsvollen Umganges mit jeglichen Anliegen. Diese Werte haben auch Eingang in das Leitbild der Bayerischen Polizei gefunden und liegen im Selbstverständnis eines jeden Polizeibeamten . Die Neutralität und die Gleichbehandlung umfassen dabei auch und im Besonderen den diskriminierungsfreien Umgang mit Minderheiten, der im Übrigen sowohl in der Ausbildung der 2. Qualifikationsebene, im Studium der 3. und 4. Qualifikationsebene als auch in der Fortbildung der Bayerischen Polizei umfassend vermittelt wird. Eine Zuschreibung von Kriminalität zu bestimmten Minderheiten und damit auch die Herstellung des in der Fragestellung genannten Zusammenhanges steht im Widerspruch zu den o. g. Grundsätzen polizeilichen Handelns und wird in der Bayerischen Polizei weder praktiziert noch geduldet. Die strafverfolgende Tätigkeit der Bayerischen Polizei (genauso wie das sonstige polizeiliche Handeln) findet vorurteilsfrei ohne Ansehen der Person des/der Beschuldigten unter strikter Wahrung des schon erwähnten Grundsatzes der Neutralität statt. 6.3 Ist die Staatregierung der Meinung, dass es bisher an einer grundsätzlichen selbstreflexiven und wissenschaftlich begleiteten Auseinandersetzung bayerischer Polizei- und Ermittlungsbehörden mit den fortgesetzten antiziganistischen Wissensbeständen und Praktiken mangelt und grundlegender und unabhängiger wissenschaftlicher Forschung bedarf? Die Polizeivollzugsbeamten stehen in einem öffentlichen Dienst- und Treueverhältnis gegenüber dem Staat und sind verpflichtet, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzustehen. Insoweit sind sie stets verpflichtet, der Entstehung von Antiziganismus und jeder Form von Extremismus entgegenzutreten. Die Aus- und Fortbildung der Polizei hat daher die Aufgabe , Wissen und Toleranz in diesem Bereich wie auch die Fähigkeit zum Hinterfragen der eigenen Werte zu schulen. Die Vermittlung „Interkultureller Kompetenz“ ist deshalb fester Bestandteil der Unterrichte. Neben rechtlichen und einsatztaktischen Aspekten werden dabei auch die Hintergründe und Auswirkungen von Migration sowie die Bedeutung und Möglichkeiten interkultureller Kommunikation dargestellt. Dabei wird sowohl in der Aus- als auch in der Fortbildung bei der Bayerischen Polizei großer Wert auf die Aktualität der Unterrichte gelegt; regelmäßig, auch unter Einbeziehung externer Wissenschaftler, werden deren Inhalte überprüft . Drucksache 17/21552 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 7 Exemplarisch ist hierbei eine im Jahr 2016 durchgeführte wissenschaftliche Tagung zu nennen, die u. a. unter Einbindung der Universität Bamberg der Frage nachging, wie interkulturelle Kompetenz in der Aus- und Fortbildung der Polizei am besten zu vermitteln ist. Weiterhin beteiligt sich der Fachbereich Polizei der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern auch an internationalen Forschungsprojekten . Speziell zur Unterrichtung der „Interkulturellen Kompetenz “ werden Ergebnisse aus dem europäischen Forschungsprojekt „Unity“ – „Enhancing cooperation between law enforcement agencies and citizens – community policing “ einfließen. Seitens des damaligen StMBW wurden in enger Abstimmung mit dem StMI Anstrengungen unternommen, v. a. den Polizeibereich, aber auch weitere und zukünftige öffentlich Bedienstete zum Themenkomplex „Antiziganismus“ zu informieren , zu sensibilisieren und notwendiges Wissen zu vermitteln: – Herbst 2014: Fortbildungsveranstaltung bei der Bereitschaftspolizei für die Lehrkräfte im Bereich der Politischen Bildung/Zeitgeschehen der Bayerischen Bereitschaftspolizei . In diesem Zusammenhang wurden auch Lehrmaterialien zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung gestellt. – Februar 2015: Fortbildungsveranstaltung bei der Bereitschaftspolizeiabteilung Königsbrunn (zusammen mit Herrn Siegfried Heilig, Überlebender des nationalsozialistischen Völkermords an den Sinti und Roma). – 2015–2018: Zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen für Lehrerinnen und Lehrer bayerischer Schulen. – Sommersemester 2016: Lehrveranstaltung an der Ludwig -Maximilians-Universität München für Lehramtsstudierende .