Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn FREIE WÄHLER vom 14.02.2018 Geplante Abschiebungen aus der Gemeinschaftsunterkunft Aschaffenburg am 30.01.2018 Auf meine Anfrage zum Plenum vom 08.02.2018 (Drs. 17/20695) antwortete das damalige Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (StMI) zu einer geplanten Abschiebung von mehreren Personen und der Familie S. Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Wie viele Personen sollten zusätzlich abgeschoben werden? 1.2 Wer war dies im Einzelnen? 2. Wie begründet das StMI die geplante Abschiebung von diesen zusätzlichen Personen? 3. Wie begründet das StMI, dass im Zuge der Fahndung nach der Familie S. nach meinen Informationen das Aufsuchen und Eindringen von vier Polizeibeamten in die Wohnung von Frau Narine S. – einer völlig unbeteiligten und alleinstehenden Frau in Aschaffenburg –, um mögliche Informationen über die Familie zu erhalten ? 4.1 Lag hierfür ein Durchsuchungsbefehl vor? 4.2 Wenn nein, welche rechtliche Begründung gab es für diese Hausdurchsuchung? 5. Wurde in diesem Fall (siehe Frage 4) das Prinzip der Verhältnismäßigkeit eingehalten (bitte begründet)? 6.1 Inwieweit wurde das Abschiebeverfahren der Familie S. inzwischen durch einen Antrag eines Fachanwalts, der ein neues psychiatrisches Gutachten vorlegte, ausgesetzt ? 6.2 Wenn ja, wie lange? 7.1 Ist dem StMI dieses Gutachten bekannt? 7.2 Wenn ja, wie beurteilt das StMI dieses Gutachten im Hinblick auf die geplante Abschiebung der Familie? Antwort des Staatsministeriums des Innern und für Integration vom 06.04.2018 1.1 Wie viele Personen sollten zusätzlich abgeschoben werden? 1.2 Wer war dies im Einzelnen? Für die geplante Abschiebung am 30.01.2018 waren zwei weitere Familien sowie eine weitere Einzelperson vorgesehen . Beide Familien bestanden aus je drei Personen. 2. Wie begründet das StMI die geplante Abschiebung von diesen zusätzlichen Personen? § 58 Aufenthaltsgesetz sieht vor, dass Ausländer abzuschieben sind, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Es handelt sich hierbei um eine bundesweite gesetzliche Regelung zum zwingenden Vollzug von Abschiebungen, sofern die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, ohne dass es hierzu einer weiteren Begründung bedürfte. 3. Wie begründet das StMI, dass im Zuge der Fahndung nach der Familie Sargsyan nach meinen Informationen das Aufsuchen und Eindringen von vier Polizeibeamten in die Wohnung von Frau Narine Safaryan – einer völlig unbeteiligten und alleinstehenden Frau in Aschaffenburg –, um mögliche Informationen über die Familie zu erhalten? Laut Mitteilung des Polizeipräsidiums (PP) Unterfranken wurde im Rahmen der Ermittlungen der eingesetzten Beamten durch Mitarbeiter der Gemeinschaftsunterkunft Aschaffenburg angegeben, dass die abzuschiebende Ehefrau im Laufe des Vormittags am 29.01.2018 Post in der Gemeinschaftsunterkunft persönlich abgeholt hatte. Dabei wurde sie von einer ehemaligen Bewohnerin der Gemeinschaftsunterkunft , Frau S., begleitet. Am 30.01.2018 gegen 07.15 Uhr wurde die Wohnadresse von Frau S. von uniformierten Einsatzkräften des PP Unterfranken angefahren. Auf Läuten an der Wohnungsklingel wurde durch Frau S. geöffnet. Nach Erläuterung des Hintergrundes der Kontaktaufnahme bestätigte Frau S., dass sie am Vortag die abzuschiebende Ehefrau zur Gemeinschaftsunterkunft Aschaffenburg begleitet hatte, um die dortige Post abzuholen. Frau S. war damit einverstanden, dass durch die Einsatzkräfte ein kurzer Blick in ihre Wohnung geworfen wurde. Die eingesetzten Polizeibeamten sind weder gewaltsam in die Wohnung eingedrungen, noch haben sie die Wohnung durchsucht. Angaben über den derzeitigen Aufenthalt der abzuschiebenden Familie konnte Frau S. nicht machen. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 20.07.2018 Drucksache 17/21596 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/21596 4.1 Lag hierfür ein Durchsuchungsbefehl vor? 4.2 Wenn nein, welche rechtliche Begründung gab es für diese Hausdurchsuchung? 5. Wurde in diesem Fall (siehe Frage 4) das Prinzip der Verhältnismäßigkeit eingehalten (bitte begründet )? Von den Polizeibeamten wurden keine polizeilichen Maßnahmen angeordnet, insbesondere kein unmittelbarer Zwang angewandt. Bei der Kontaktaufnahme der Einsatzkräfte mit Frau S. wurde ihr der Grund der Nachschau erläutert . Sie war mit einer Nachschau durch die Beamten in ihrer Wohnung einverstanden. Von den eingesetzten Polizeibeamten wurden weder Schränke noch Türen geöffnet. Aufgrund der Freiwilligkeit lag keine Eingriffsmaßnahme vor, für welche eine richterliche Anordnung erforderlich gewesen wäre; dementsprechend wurde ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss auch nicht eingeholt. 6.1 Inwieweit wurde das Abschiebeverfahren der Familie Sargsyan inzwischen durch einen Antrag eines Fachanwalts, der ein neues psychiatrisches Gutachten vorlegte, ausgesetzt? 6.2 Wenn ja, wie lange? 7.1 Ist dem StMI dieses Gutachten bekannt? 7.2 Wenn ja, wie beurteilt das StMI dieses Gutachten im Hinblick auf die geplante Abschiebung der Familie ? Bei dem Verfahren zum Vollzug einer Abschiebung handelt es sich um ein behördliches Vollstreckungsverfahren, welches nicht durch einen Antrag eines Fachanwalts ausgesetzt werden kann, sofern die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen zum Vollzug einer Abschiebung gegeben sind. Auf die Antwort zu Frage 2 wird insofern verwiesen. Sofern in der Fragestellung mit „Antrag eines Fachanwalts“ die Beantragung vorläufigen Rechtsschutzes bei dem zuständigen Verwaltungsgericht gemeint sein sollte, welche derzeit anhängig ist, kann mitgeteilt werden, dass regelmäßig von behördlichen Vollzugsmaßnahmen bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts abgesehen wird, um effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen. Die Beurteilung des hier vorliegenden Gutachtens wird bei Entscheidungsreife, die auch wegen der bereits länger zurückliegenden Ausstellung derzeit nicht gegeben ist, gemäß den gesetzlichen Anforderungen , insbesondere nach § 60a Abs. 2 c und 2 d Aufenthaltsgesetz , im Rahmen der Sachbearbeitung durch die zuständige Ausländerbehörde erfolgen.