Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Jutta Widmann FREIE WÄHLER vom 16.02.2018 Wasserstoffzüge Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie steht die Staatsregierung zur Einführung von Brennstoffzellenzügen, die mithilfe von Wasserstoff betrieben werden? 2.1 Wird diese Technik in Bayern gefördert? 2.2 Wenn ja, seit wann und in welcher Höhe? 2.3 Wenn nein, warum nicht? 3. Hat es in Bayern bereits Testfahrten mit solchen Zügen gegeben oder sind bereits Testfahrten geplant? 4. Welche konkreten Vorteile bietet die Wasserstofftechnik , insbesondere im Hinblick auf Umweltschutz, Stromverbrauch etc.? Antwort des Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wirtschaft , Energie und Technologie vom 10.04.2018 1. Wie steht die Staatsregierung zur Einführung von Brennstoffzellenzügen, die mithilfe von Wasserstoff betrieben werden? Die Staatsregierung verfolgt das Ziel, den Verbrauch an Dieselkraftstoff und entsprechend die Luftschadstoffemissionen durch Dieselmotoren im bayerischen Schienenpersonennahverkehr (SPNV) zu reduzieren. Fahrzeuge, die ihre Antriebsenergie aus Wasserstoff beziehen, sind eine von mehreren möglichen Alternativen zum Dieselmotor. Daneben kommen aber auch herkömmliche Elektrifizierungen für verkehrsreichere Strecken sowie elektrische Hybridfahrzeuge mit einer Speicherbatterie für die Fahrt auf nicht elektrifizierten Abschnitten in Betracht. Diese beiden Alternativen sind nach derzeitigem Stand der technischen Entwicklung und den aktuellen finanziellen Rahmenbedingungen als deutlich kostengünstiger für den SPNV-Aufgabenträger anzunehmen als Wasserstofffahrzeuge. Dies hat eine kürzlich von der Technischen Universität Dresden im Auftrag der Bay erischen Eisenbahngesellschaft (BEG) erstellte Studie zu alternativen Antriebskonzepten ergeben, die auf den Internetseiten der BEG unter der Adresse https:// beg.bahnland-bayern.de/de/aktuelles/gutachten-alternativeantriebe -im-bahnland-bayern abrufbar ist. Derzeit gibt es erst von einem Fahrzeughersteller (Alstom) einen fahrbereiten Triebwagen mit Brennstoffzelle und Tanks für gasförmigen Wasserstoff, dessen Zulassungsverfahren zudem noch im Gange ist. Es liegen daher noch keine Praxiserfahrungen im Umgang mit Wasserstoff in Schienenfahrzeugen sowie mit daneben erforderlichen, technisch aufwendigen Anlagen für Erzeugung, Verteilung, Lagerung und Betankung des leicht entzündlichen und sehr flüchtigen Gases vor. Der hohe technische Aufwand für eine vielerorts noch gar nicht vorhandene Infrastruktur ist ein weiteres Hemmnis für die rasche Verbreitung von Wasserstoff im Schienenverkehr . In vier Ländern soll in den nächsten Jahren in Pilotprojekten mit finanzieller Unterstützung durch den Bund der Einsatz dieser Wasserstofffahrzeuge im planmäßigen SPNV erprobt werden. Die Staatsregierung wird diese Piloteinsätze mit Interesse verfolgen und auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse gegebenenfalls einen späteren Einsatz solcher Fahrzeuge auch in Bayern in Betracht ziehen. Eine vielversprechende, aber noch nicht produktreife technische Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.07.2018 Drucksache 17/21704 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/21704 Entwicklung ist die LOHC-Technik (LOHC = Liquid Organic Hydrogen Carrier), bei der Wasserstoff in eine nicht brennbare Trägerflüssigkeit eingelagert wird. Diese kann mit herkömmlicher und vorhandener Infrastruktur für Dieselkraftstoff gehandhabt werden. Während die Zulässigkeit von Fahrzeugen mit brennbarem gasförmigen Wasserstoff auf Strecken mit längeren Tunnelanteilen derzeit unklar ist, dürften mit der LOHC-Technik keine Einsatzbeschränkungen in Tunneln verbunden sein. 2.1 Wird diese Technik in Bayern gefördert? 2.2 Wenn ja, seit wann und in welcher Höhe? 2.3 Wenn nein, warum nicht? Die Staatsregierung unterstützt die Forschung zu alternativen Antriebstechnologien, insbesondere am Helmholtz- Institut Erlangen-Nürnberg (HI ERN) im Bereich Wasserstoff /LOHC als Dieselersatz. Eine aktuelle, vom damaligen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie geförderte Studie („Neue Optionen für einen wirtschaftlichen Betrieb von Wasserstoffzügen durch Nutzung der LOHC-Technologie?“) hat gezeigt, dass die LOHC- Technologie mittelfristig einen Beitrag für einen emissionsfreien Bahnverkehr auf nicht elektrifizierten Bahnstrecken leisten kann. Im Nachtragshaushalt 2018 wurden zusätzliche Ausgabemittel in Höhe von 25 Mio. Euro für die Erforschung alternativer Antriebe aus Brennstoffzelle und LOHC- Speicher bewilligt. Hierzu soll am HI ERN – mit weiteren Partnern aus der Industrie – in den nächsten Jahren intensiv geforscht und getestet werden. Die Staatsregierung hat in Aussicht gestellt, im Anschluss daran einen Zug mit der LOHC-Technik im Rahmen eines Pilotprojekts auf der Verbindung Augsburg – Füssen bzw. Eichstätt-Bahnhof – Eichstätt -Stadt zu testen. 3. Hat es in Bayern bereits Testfahrten mit solchen Zügen gegeben oder sind bereits Testfahrten geplant ? Über etwaige Testfahrten in Bayern auf Veranlassung des Herstellers Alstom zum Erhalt der Inbetriebnahmegenehmigung durch das Eisenbahn-Bundesamt liegen der Staatsregierung keine Informationen vor. Testfahrten mit Fahrgästen sind derzeit nicht geplant, schon weil noch gar keine Zulassung für den allgemeinen Fahrgastbetrieb vorliegt. 4. Welche konkreten Vorteile bietet die Wasserstofftechnik , insbesondere im Hinblick auf Umweltschutz , Stromverbrauch etc.? Bei der Verbrennung von Wasserstoff entsteht lediglich Wasserdampf, wodurch Brennstoffzellenfahrzeuge örtlich weder Luftschadstoffe noch Partikel noch Kohlenstoffdioxid (CO2) emittieren. Allerdings muss gasförmiger Wasserstoff (H2) zunächst erzeugt werden. Wird er durch das bislang vorherrschende Verfahren der Reformierung aus fossilen Energieträgern wie Öl oder Erdgas abgespalten oder wird bei der Elektrolyse von Wasserstoff elektrische Energie aus fossilen Kraftwerken eingesetzt, entstehen andernorts Emissionen. Gewinnung, Umwandlung, Transport und Lagerung von Energie bzw. Energieträgern erfordern selbst Energieaufwand oder sind mit Umwandlungsverlusten behaftet . Für einen Vergleich der Umweltfreundlichkeit zweier Antriebssys teme muss eine sogenannte Well-to-Wheel-Betrachtung im Einzelfall angestellt und der gesamte Energiebereitstellungspfad „von der Quelle bis zum Rad“ insgesamt betrachtet werden. Pauschale Aussagen zur Umweltfreundlichkeit sind daher nicht möglich.