Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Annette Karl, Isabell Zacharias SPD vom 05.02.2018 Gründerkultur an Hochschulen In Zeiten geringer Arbeitslosigkeit fehlt es an Anreizen, selbst unternehmerisch tätig zu werden. Zum einen, weil oftmals unternehmerische Ideen und wirtschaftliche Kenntnisse fehlen, die zum Beispiel zur Umsatzplanung, Absatzidee und Produktentwicklung nötig sind. Zum anderen, weil es oftmals an Gründermentalität mangelt, die in Bildungsstätten noch zu wenig angesprochen wird. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie hat sich die Gründerkultur an den jeweiligen Hochschulen im Freistaat, vor allem in den MINT-Fächern, entwickelt? 2. Welche Instrumente stehen den Gründern an den jeweiligen Hochschulen zur Verfügung? 3. Inwieweit unterstützt die Staatsregierung die Gründer an Hochschulen? 4. Welche Möglichkeiten besitzt der Freistaat noch, um die Gründerkultur an Hochschulen zu fördern? Antwort des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst vom 03.04.2018 1. Wie hat sich die Gründerkultur an den jeweiligen Hochschulen im Freistaat, vor allem in den MINT- Fächern, entwickelt? Nach Auskunft der staatlichen bayerischen Hochschulen hat sich die Gründungskultur in den letzten Jahren positiv entwickelt . Verschiedene Maßnahmen der Hochschulen (sie he Antwort zu Frage 2) und des Freistaates Bayern (siehe Antwort zu Frage 3) haben dazu beigetragen, Studierende stärker für die Thematik der Selbstständigkeit als Karriereweg zu sensibilisieren. Besondere Impulse dafür sind in jüngster Zeit z. B. von der Errichtung digitaler Gründerzentren in allen bayerischen Regierungsbezirken ausgegangen, bei denen die Hochschulen vielfach eng in ein regionales Gründernetzwerk eingebunden sind, sodass Studierende auch von Angeboten und Expertise externer Kooperationspartner profitieren können. Außerdem lässt sich feststellen, dass die Gründungskultur in zunehmendem Maße eine strategische Verankerung an den Hochschulen und damit allgemein einen Bedeutungsgewinn erfährt. Das Ziel, das Interesse für die Entwicklung tragfähiger Geschäftsmodelle für Unternehmensgründungen zu stärken und so das an den Hochschulen vorhandene Potenzial für Unternehmensausgründungen besser zu heben, wird vermehrt auch in der Lehre in den Blick genommen. Mittlerweile existieren vielerorts Lehrstühle im Bereich Entrepreneurship. Im Zuge des Förderwettbewerbs des damaligen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW) bzw. des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst (StMWK) zur Stärkung der Entrepreneurship-Ausbildung mit dem Schwerpunkt Digitalisierung an Hochschulen werden bayernweit bestehende Lehrangebote ausgeweitet oder neue Lehrangebote aufgebaut, wodurch ein größerer Anteil der Studierenden erreicht wird. Da es neben der Qualifizierung und Unterstützung von Studierenden auch von anderen Faktoren abhängt, ob Vorhaben tatsächlich zur Gründung gelangen, lässt sich eine unmittelbar messbare Korrelation zwischen den ergriffenen Maßnahmen zur Stärkung der Gründungskultur an Hochschulen und der Anzahl an Ausgründungen nicht herstellen bzw. belegen. Gerade an kleineren Hochschulen unter liegt die Anzahl erfolgter Gründungen erheblichen Schwankungen . Insgesamt lässt sich in den letzten Jahren allerdings ein Aufwärtstrend feststellen. Haben die bayerischen staatlichen Hochschulen 2011 noch 84 Ausgründungen gemeldet, waren es im Jahr 2016 (Daten für 2017 liegen noch nicht vor) bereits 118; hierbei werden allerdings nur Ausgründungen erfasst, die staatlichen Förderprogrammen unterfallen oder an denen die Hochschule vertraglich beteiligt ist. Die Hochschulen berichten auch von einer deutlichen Zunahme der Beratungsgespräche in diesem Zeitraum. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 03.09.2018 Drucksache 17/21711 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/21711 Da fächerspezifische Daten nicht erhoben werden, können keine validen Aussagen zur Gründungskultur in MINT- Fächern getroffen werden. Generell ist davon auszugehen, dass ein hoher prozentualer Anteil von Gründungsvorhaben den MINT-Fächern zuzurechnen sind. 2. Welche Instrumente stehen den Gründern an den jeweiligen Hochschulen zur Verfügung? Die Hauptinstrumente für die Unterstützung von (künftigen) Gründern an Hochschulen, die an fast allen staatlichen bayerischen Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HaW) eingesetzt werden, sind: – Gründerberatung/Gründerservice (z. B. Erstberatung, Hilfestellung bei Antragstellung in Förderprogrammen, Herstellung von Kontakten und Anlaufstellen, weitere Begleitung der Gründung); – Gründerqualifizierung/gründungsrelevante Lehrveranstaltungen (z. B. Businessplanerstellung, unternehmerisches Denken und Handeln, Unternehmensführung, Marketing, Vermittlung von Rechtskenntnissen); – Durchführung von/Beteiligung an Gründer- und Ideenwettbewerben sowie Planspielen; – Kooperationen mit regionalen Gründerzentren und -netzwerken (z. B. Digitale Gründerzentren) und weiteren Partnern (z. B. Industrie- und Handwerkskammern , BayStart Up GmbH). Daneben gibt es an zahlreichen Hochschulstandorten noch weitere individuelle Maßnahmen und Instrumente, die Gründungsinteressierten zur Verfügung stehen. Zu solchen Zusatzangeboten zählen u. a.: – Sensibilisierungs- und Motivationsveranstaltungen (z. B. Workshops, Gründercafés oder Gründertage) an folgenden Hochschulen: HaW Augsburg, Universität Bayreuth, FAU Erlangen-Nürnberg, HaW München, TU München, Universität Passau, OTH Regensburg, HaW Rosenheim, Universität Würzburg; – Gründungsbeauftragte, Gründungsbotschafter/Mentoren und Gründerlotsen zur Weitergabe von Wissen und Erfahrung an folgenden Hochschulen: OTH Amberg -Weiden, HaW Augsburg, HaW Coburg, LMU München , TH Nürnberg, HaW Würzburg-Schweinfurt; – Bereitstellung von Geräten und Laborräumen (z. B. Entrepreneurship-Lab, Makerspace, Inkubator) an folgenden Hochschulen: Universität Regensburg, OTH Amberg-Weiden, TH Ingolstadt, HaW München, TU München, HaW Rosenheim, Universität Würzburg, HaW Würzburg-Schweinfurt; – Möglichkeit zur Beteiligung an Messeauftritten der Hochschule an folgenden Hochschulen: Universität Bayreuth, Universität Regensburg; – Anreizsysteme (z. B. Prämien für erfolgte Ausgründungen , Urlaubssemester zur Umsetzung von Gründungsideen ) an folgenden Hochschulen: Universität Bayreuth, Universität Passau, Universität Regensburg, OTH Regensburg. Die Auflistung ist exemplarisch und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. 3. Inwieweit unterstützt die Staatsregierung die Gründer an Hochschulen? Die Staatsregierung unterstützt die Gründer an Hochschulen mit folgenden Maßnahmen: – Mit dem Hochschulprogramm für Unternehmensgründungen („HOCHSPRUNG“) wird das Netzwerk der Gründerberater und Entrepreneurship-Lehrenden an Hochschulen gefördert. Das Netzwerk bietet Informationen , Kontakte, Beratung und Qualifizierungsmaßnahmen rund um den Gründungsprozess für Studierende , Wissenschaftler und Professoren. Es führt jährlich eine Konferenz und einen Wettbewerb durch. – Das „Programm zur Förderung des leichteren Übergangs in eine Gründerexistenz (FLÜGGE)“ unterstützt Unternehmensgründungen aus Hochschulen in Bayern. Es richtet sich an junge Hochschulabsolventinnen und -absolventen sowie Hochschulmitarbeiterinnen und -mitarbeiter an bayerischen staatlichen Hochschulen, die eine innovative Geschäftsidee aus dem Produktionsund Dienstleistungsbereich mit deutlich erkennbarem Marktvolumen in einem eigenen Unternehmen umsetzen wollen. – Das „Programm zur Förderung der Validierung von Forschungsergebnissen und Erfindungen“ unterstützt Vorhaben an staatlichen bayerischen Hochschulen zur Erforschung und Entwicklung technologisch neuer oder deutlich verbesserter Produkte, Produktionsverfahren und wissensbasierter Dienstleistungen mit dem Ziel der technologischen Absicherung einer möglichen Verwertung , die z. B. im Wege einer Ausgründung erfolgen kann. – Im Rahmen eines Förderwettbewerbs im Kontext des „Zentrums Digitalisierung.Bayern“ fördert das damalige StMBW bzw. das StMWK über einen Zeitraum von drei Jahren acht Konzepte zur Verstärkung bzw. Ausweitung der Entrepreneurship-Lehre mit dem Schwerpunkt Digitalisierung an insgesamt elf Hochschulen. – Ebenfalls im Kontext des „Zentrums Digitalisierung.Bayern “ werden an zehn Hochschulen über einen Zeitraum von zwei Jahren sog. Innovationslabore für Studierende gefördert, in denen Studierende an Lösungen für praxisorientierte Problemstellungen u. a. aus der Wirtschaft arbeiten und dabei Ideen für Produkte und Dienstleistungen entwickeln können, die sich ggf. auch als Grundlage für eine Gründung eignen. – Den Hochschulen ist gemäß Art. 63 Abs. 3 Satz 2 Bayerische Haushaltsordnung die Möglichkeit eingeräumt, Gründern, die im Rahmen staatlicher Programme zur Förderung von Unternehmensausgründungen gefördert werden, in der Planungsphase der Unternehmensgründung für die Dauer von bis zu einem Jahr notwendige Ressourcen, wie z. B. Räume, unentgeltlich zur Nutzung zu überlassen und, soweit die entsprechenden Förderrichtlinien dies vorsehen, nach erfolgter Gründung mit Fördermitteln beschaffte Vermögensgegenstände bis zur Höhe von 50.000 Euro an das gegründete Unternehmen kostenlos abzugeben oder zur weiteren unentgeltlichen Nutzung zu überlassen. 4. Welche Möglichkeiten besitzt der Freistaat noch, um die Gründerkultur an Hochschulen zu fördern? Die Staatsregierung sieht sich mit dem oben genannten Katalog an Maßnahmen zur Förderung der Gründungskultur an Hochschulen breit aufgestellt, sodass für zusätzliche Förderformate derzeit kein dringender Bedarf gesehen wird. Finanzielle Aufstockungen innerhalb der bestehenden Formate setzen die Verfügbarkeit entsprechender Haushaltsmittel voraus.