Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Mütze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 19.03.2018 Erhebung einer kommunalen Wettbürosteuer in Bayern Am 29.06.2017 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG; Az. 9 C 7.16) einen gemeindlichen Steuerbescheid in Nord rheinWestfahlen über eine Wettbürosteuer aufgehoben. Das Gericht hat die Steuer grundsätzlich für zulässig erklärt. In anderen Bundesländern werden Wettbüros über die Vergnügungssteuer besteuert; entweder indem eine Be steuerung über das kommunale Abgabengesetz ermöglicht wird oder indem das Land direkt besteuert. Dazu frage ich die Staatsregierung: 1. a) Welche Steuern muss ein Sportwettbüro im Freistaat Bayern abführen? b) An wen? c) In welcher Höhe jeweils? 2. Mit welcher Begründung verneint die Staatsregierung das Erheben einer Vergnügungssteuer in Bayern? 3. a) Plant die Staatsregierung, in Bayern aufgrund des Ur teils eine kommunale Aufwandsteuer zuzulassen oder selbst eine landesweite Steuer zu erheben? b) Wenn ja, in welcher Form? c) Wenn nein, warum nicht? 4. Welche Kritierien sieht die Staatsregierung für die Aus gestaltung der Wettbürosteuer, wenn die Steuerquelle nicht der Gewinn des Wettbüros bzw. die Fläche des Wettbüros sein darf? 5. Stimmt die Staatsregierung zu, dass eine Wettbüro steuer keine Doppelbelastung nach Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz darstellt? 6. Wie steht die Staatsregierung zur Ausgestaltung einer Wettbürosteuer analog des Rennwett und Lotteriege setzes (RennwLottG)? Antwort des Staatsministeriums des Innern und für Integration im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen , für Landesentwicklung und Heimat vom 16.04.2018 1. a) Welche Steuern muss ein Sportwettbüro im Freistaat Bayern abführen? b) An wen? c) In welcher Höhe jeweils? Klassische Wettbüros im Sinne von Wettvermittlungsstellen, die ggf. auch Getränke und Verpflegung verkaufen, unter liegen mit den Vermittlungstätigkeiten in Bezug auf Wetten nicht der Sportwettensteuer (i. S. d. § 17 Abs. 2 i. V. m. § 19 Abs. 2 Satz 1 RennwLottG); diese Tätigkeit ist insoweit nicht steuerbar. Umsatzsteuerrechtlich ist auf den konkreten Einzelfall und die jeweilige Leistung abzustellen. Es ist zu unterschei den, ob die einzelne Vermittlungsleistung des Wettbüros für einen in oder ausländischen Sportwettenanbieter erfolgt. Vermittelt ein Wettbüro bzw. eine Wettannahmestelle im Auftrag und für Rechnung eines im Ausland ansässigen Sportwettenveranstalters Sportwetten im Inland, sind diese Vermittlungsleistungen im Inland nicht steuerbar (Beschluss des Bundesfinanzhofs, BFH, vom 15.02.2017 – XI R 21/15). Die Umsätze des Vermittlers bzw. Wettbüros unterliegen nicht der deutschen Umsatzsteuer. Dagegen fällt die Vermittlung von Sportwetten für inlän dische Sportwettenanbieter unter die deutsche Umsatzbe steuerung. Die Umsätze des Vermittlers bzw. Wettbüros un terliegen der deutschen Umsatzsteuer und werden mit dem Regelsteuersatz von 19 Prozent versteuert. Soweit darüber hinaus vom Wettbüro Umsätze z. B. aus dem Verkauf von Getränken und Verpflegung erzielt werden, sind diese Umsätze im Inland steuerpflichtig. Gewinne aus der gewerblichen Tätigkeit eines Wettbüros unterliegen wie bei anderen Unternehmen auch der Ertrags besteuerung. Hierzu rechnet die Gewerbesteuer, die die je weilige Stadt oder Gemeinde auf der Grundlage des vom zuständigen Finanzamt ermittelten GewerbesteuerMess betrags festsetzt und erhebt. Hinzu kommt die je nach Or ganisationsform des Betriebs vom zuständigen Finanzamt festzusetzende und zu erhebende Einkommen bzw. Kör perschaftsteuer (einschließlich Solidaritätszuschlag). 2. Mit welcher Begründung verneint die Staatsregierung das Erheben einer Vergnügungssteuer in Bayern? Gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) dürfen in Bayern eine Getränkesteuer, eine Jagdsteuer, eine Speiseeissteuer und eine Vergnügungssteuer nicht erhoben werden. Bereits durch das Gesetz zur Abschaffung kommu naler Bagatellsteuern vom 21.12.1979 (GVBl. S. 436) wurde Art. 3 des KAG i. d. F. vom 04.02.1977 dahin gehend geän dert. Die kommunale Wettbürosteuer stellt eine Unterart der Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 03.09.2018 Drucksache 17/21738 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/21738 Vergnügungssteuer dar und darf demnach ebenfalls nicht erhoben werden. Das damalige gesetzgeberische Ziel war es, mit der Abschaffung bestimmter Bagatellsteuern, bei de nen zwischen der Ertragslage und dem verursachten Ver waltungsaufwand ein Missverhältnis entstehen kann, das kommunale Abgabensystem zu vereinfachen. 3. a) Plant die Staatsregierung, in Bayern aufgrund des Urteils eine kommunale Aufwandsteuer zuzulassen oder selbst eine landesweite Steuer zu erheben ? Nein, derzeit nicht. b) Wenn ja, in welcher Form? Siehe Frage 3 a. c) Wenn nein, warum nicht? Eine gemeindliche Steuer für Wettbüros oder auf Spielge räte ist bereits mehrfach als Instrument zur Bekämpfung der Glücksspielsucht diskutiert worden. Es hat sich dabei ge zeigt, dass die Wirkungen einer solchen Steuer nicht unum stritten sind. Für eine spezielle Abgabe spricht, dass sie die wirtschaftliche Attraktivität des Betriebs von Spielhallen oder Wettbüros einschränken könnte. Zum Teil wird aber auch vorgebracht, dass Kommunen aus fiskalischem Interesse die Ansiedlung von Spielhallen oder Wettbüros befürworten könnten, wenn ihnen die Möglichkeit der Erhebung einer entsprechenden Steuer eröffnet wird. Auch unter Berück sichtigung des Ziels der Staatsregierung, zusätzliche Belas tungen der Wirtschaft und der Bürger durch neue Abgaben zu vermeiden, wird die Einführung einer Vergnügungssteuer in Form einer Wettbüro oder Spielgerätesteuer daher der zeit nicht weiter verfolgt. 4. Welche Kritierien sieht die Staatsregierung für die Ausgestaltung der Wettbürosteuer, wenn die Steuerquelle nicht der Gewinn des Wettbüros bzw. die Fläche des Wettbüros sein darf? Siehe Frage 3 a. Es wird hierzu auf die Rechtsprechung, u. a. das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.06.2017 (Az. 9 C 7.16), verwiesen. 5. Stimmt die Staatsregierung zu, dass eine Wettbürosteuer keine Doppelbelastung nach Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz darstellt? Nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 Grundgesetz (GG) haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch und Aufwandsteuern, solange und soweit die nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. In Bayern wurde die Befugnis in Art. 3 Abs. 1 KAG auf die Gemeinden übertragen. Auch für sie gilt das Gleichartig keitsverbot, das eine Doppelbelastung derselben Steuer quelle verbietet. Ob sich der Landesgesetzgeber bzw. eine Gemeinde mit dem Erlass eines entsprechenden Steuerge setzes im Rahmen der Kompetenzgrundlage des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG bzw. Art. 3 Abs. 1 KAG bewegt, hängt vom Charakter der geschaffenen Steuer ab. Die Merkmale der geschaffenen Steuer sind im Einzelfall mit der in Be tracht kommenden Bundessteuer nach Steuergegenstand, Steuermaßstab, Art der Erhebungstechnik und den wirt schaftlichen Auswirkungen zu vergleichen. Generell dürfte eine Gleichartigkeit im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG ge geben sein, wenn eine örtliche Steuer dieselbe Quelle wirt schaftlicher Leistungsfähigkeit wie eine bundesgesetzlich geregelte Steuer nicht nur in kleinen Teilbereichen, sondern in ganzer Breite oder zumindest weitgehend in Anspruch nimmt. In seinem Urteil vom 29.06.2017 (Az. 9 C 7.16) er achtete das Bundesverwaltungsgericht die inmitten stehen de Wettbürosteuer der Stadt Hagen als nicht gleichartig mit der Sportwettensteuer nach § 17 Abs. 2 RennwLottG. 6. Wie steht die Staatsregierung zur Ausgestaltung einer Wettbürosteuer analog des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG)? Siehe Frage 4.