Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Mütze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 17.04.2014 Landesgartenschauen und regionale Gartenschauen Gartenschauen sollen dazu beitragen, in bayerischen Städten , Märkten und Gemeinden zusammenhängende Grünzonen zu schaffen, zu gestalten und zu sichern und dadurch die Erholungsmöglichkeiten, das Stadtklima und die Lebensbedingungen für die heimische Pflanzen- und Tierwelt zu verbessern. Sie sollen die Bevölkerung durch die beispielhafte Gestaltung und Pflege von Grünflächen und Gärten , durch Lehrschauen, pflanzenbauliche Ausstellungen und sonstige Veranstaltungen über Fragen des Gartenbaus und der Umweltgestaltung, besonders des Naturschutzes und der Landschaftspflege informieren. Insbesondere sollen sie die Möglichkeit bieten, die Leistungsfähigkeit des bayerischen Garten- und Landschaftsbaus darzustellen. Sie sind ein integraler Bestandteil der kommunalen Entwicklungspolitik und unterstützen das lokale Handeln, dabei zeigen sie Lösungsbeispiele für besondere regionale Fragen und Problembereiche auf. Entgegen dieser Prämissen wurden nach meine Informationen ca. 3.000 Tonnen chinesischer Granit für die Landesgartenschau in Deggendorf verbaut. Natursteinimporte aus China verursachen pro Tonne Frachtaufkommen 265 Kilo CO². Beim Verwenden von heimischem Naturstein wären 4,4 Kilo CO² pro Tonne Naturstein angefallen. Außerdem hätte bei heimischem Stein die Materialstärke geringer ausfallen können, wodurch die Kosten gesenkt worden wären. Zwar müssen solche EU-Projekte EU-weit ausgeschrieben werden, die EU-Verordnung (2014/24/EU) legt hinsichtlich des Preis-Leistungs-Verhältnisses eine nicht abschließende Liste möglicher Zuschlagskriterien, die ökologische und soziale Aspekte mit einschließen, fest, mit dem Ziel, öffentliche Auftraggeber zur Wahl von Zuschlagskriterien zu ermutigen. Dazu frage ich die Staatsregierung: 1. Wieso wurde bei einem kommunalen Projekt mit Vorbildfunktion , wie es eine Landesgartenschau ist, nicht verstärkt Wert auf Ökologie, Regionalität und Nachhaltigkeit gelegt, obwohl diese Werte Grundbotschaften solcher Gartenschauen sein sollen? 2. Welche Richtlinien gelten bei Landes- und Regionalgartenschauen bezüglich der Verwendung von Torf? Wurde bzw. wird bei der Bebauung und Bepflanzung der Landesgartenschau in Deggendorf auf Torffreiheit geachtet? Ist geplant, die Besucher/-innen der Gartenschau auf die herausragende Rolle des Torfes beim Klimaschutz hinzuweisen? 3. Wird in den Ausschreibungen eine umweltgerechte Beschaffung gefordert? Wenn nein, denkt die Staatsregierung unter den oben genannten Maßgaben über eine Einführung solcher Kriterien nach? Wenn ja, in welcher Form wird diesem Anspruch Genüge geleistet ? 4. In welcher Form wird in Zukunft die EU-Richtlinie 2014/24/EU bei Landes- und regionalen Gartenschauen umgesetzt? Wenn dazu noch keine Planung vorliegt , bis wann wird dann eine Umsetzung geplant? 5. Beinhaltet das Ausstellungskonzept die Aufklärung der Besucher/-innen über a) Klimaschutz? b) Verwendung regionaler Produkte? c) umweltgerechte Beschaffung? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 22.05.2014 1. Wieso wurde bei einem kommunalen Projekt mit Vorbildfunktion, wie es eine Landesgartenschau ist, nicht verstärkt Wert auf Ökologie, Regionalität und Nachhaltigkeit gelegt, obwohl diese Werte Grundbotschaften solcher Gartenschauen sein sollen? Bei jeder Landesgartenschau wird gemäß den „Förderrichtlinien für Wanderwege, Unterkunftshäuser und Grün- und Erholungsanlagen“ sowie den „Zielen und Grundsätzen für Landesgartenschauen und Natur in der Stadt“ auf Ökologie, Regionalität und Nachhaltigkeit großer Wert gelegt. Veranstalter und Maßnahmenträger der Landesgartenschau 2014 ist die Stadt Deggendorf. Der Freistaat Bayern stellt hier insbesondere für die Investitionen Fördermittel zur Verfügung. Die Abwicklung der Gartenschau erfolgt über die örtliche Durchführungsgesellschaft, die Ausschreibungen und Vergaben nach Zustimmung des Aufsichtsrats durchführt . Nach Angaben der Durchführungsgesellschaft wurden bei der Landesgartenschau Deggendorf trotz der EU-weiten Ausschreibungen fast die gesamten Landschaftsbauarbeiten an zwei regionale Firmen als wirtschaftlichste Bieter vergeben. Die Ausschreibung für das Liefern und Verlegen der Natursteinbeläge erfolgte im Rahmen der Gesamtausschreibungen der Landschaftsbauarbeiten für die jeweili- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 18.07.2014 17/2175 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2175 gen Teilbereiche. Entgegen öffentlich publizierten Angaben waren die ausgeschriebenen Natursteine in den jeweiligen Leistungsbeschreibungen VOB-konform ohne Vorgabe eines bestimmten Produkts oder eines regionalen Herkunftsbereichs lediglich mit bestimmten Mindesteigenschaften beschrieben . Dabei wurden Bezug nehmend auf § 7 (8) VOB/A Eigenschaften und Kennwerte vorgegeben, die neutral und auch durch die heimische Natursteinindustrie – aber auch von Material anderer Herkunftsbereiche – zu erfüllen waren. Nach § 7 (8) VOB/A darf in den technischen Spezifikationen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden. Für die Wertung wurde als einziges Kriterium der „Preis“ in den Ausschreibungsunterlagen festgelegt. Das Einstellen weiterer Wertungskriterien, wie ökologische und soziale Aspekte, wäre nur in einem geringen Maßstab möglich gewesen, da der Anteil der Natursteinbeläge zum gesamten Ausschreibungsvolumen nur max. 15–20 % des Gesamtvolumens beträgt. Im Rahmen eines den Vergaben bei der Landesgartenschau vorgelagerten anderen Ausschreibungsverfahrens, an dem heimische Lieferanten beteiligt waren, hat sich nach Angaben der Durchführungsgesellschaft gezeigt, dass dabei mit Mehrkosten von ca. 40 % zu rechnen gewesen wäre. Diese Mehrkosten wären auch durch die angemessene Einbeziehung eines entsprechenden Wertungskriteriums für „ökologische oder soziale“ Aspekte nicht zu kompensieren. Die Erfahrung zeigt, dass ein Bieter, dessen grundsätzliches Augenmerk bei der Kalkulation dem Gesamtauftrag gilt, in Teilleistungen auf solche Produkte nicht abstellt, wenn er erkennt, dass er dies durch das entsprechende Wertungskriterium nicht aufholen kann. Die geltenden Vergaberichtlinien erlauben leider nicht, hier maßgeblich steuernd eingreifen zu können. Die Entscheidung für Naturstein wurde schon vor Jahren im Deggendorfer Stadtrat getroffen. Er hat sich bewusst gegen Beton entschieden und für den wesentlich länger haltbaren Naturstein. Das Argument, dass bei Verwendung von heimischem Granit eine geringere Materialstärke angefallen wäre, ist angesichts der Vergleichswerte für die Druck- und Biegefestigkeit nicht nachvollziehbar. Es wurden keine eingrenzenden Vorgaben zu den Druck- und Biegefestigkeiten gemacht, sondern Mindestanforderungen gestellt. Unabhängig davon wurden im Rahmen des Ausstellungskonzepts regionale Themen von besonderer Bedeutung aufgenommen , z. B. die Glasproduktion aus dem Bayerischen Wald, Handwerkskunst aus der Region, alte Apfelsorten, geologische Formationen vom Bayerischen Wald bis zur Donau, die Bedeutung der Donau aus der Sicht der Fischerei , touristische und gärtnerische Darstellung der Region, der Auwald und die Auwiese als unentdeckter Lebensraum, Informationen zu nachwachsenden Rohstoffen und zum Nationalpark Bayerischer Wald. 2. Welche Richtlinien gelten bei Landes- und Regionalgartenschauen bezüglich der Verwendung von Torf? Wurde bzw. wird bei der Bebauung und Bepflanzung der Landesgartenschau in Deggendorf auf Torffreiheit geachtet? Ist geplant, die Besu- cher/-innen der Gartenschau auf die herausragende Rolle des Torfes beim Klimaschutz hinzuweisen? Die Förderrichtlinien für Wanderwege, Unterkunftshäuser und Grün- und Erholungsanlagen – FöR-WaGa (zuletzt ak- tualisiert am 24.04.2014), nach denen Landes- und Regionalgartenschauen eine Förderung erhalten können, sehen bezüglich der Verwendung von Torf keine Regelungen vor. Das Ministerium empfiehlt, bei Gartenschauen nach Möglichkeit auf Torf zu verzichten, und wird diese Bemühungen kontinuierlich unterstützen. Auf dem Gelände der Landesgartenschau Deggendorf (17 ha) wurde in allen investiven, dauerhaften Maßnahmen auf die Einbringung von Torf bzw. torfhaltigen Substraten verzichtet. Auf den Deichgärten der neu gebauten Parkgarage wurden ca. 14.000 qm Hochbeete mit torffreiem Dachbegrünungssubstrat angelegt. Ebenso erfolgte bei den insgesamt ca. 2.000 qm Staudenflächen die Einpflanzung in torffreiem Material. Im gesamten Gebiet der Gartenschau wurde in den neu modellierten Geländeteilen der anstehende Oberboden verwendet bzw. an manchen Stellen durch Einbringung von Sand oder Kompost verbessert. Die Bereiche, in denen torfhaltiges Substrat zur Anwendung kam, beschränken sich auf die temporär für die Durchführung der Gartenschau angelegten Ausstellungsflächen. Hier wurden zu Beginn der Ausstellergespräche mit den mitwirkenden Gärtnereien unterschiedliche Zusammensetzungen bemustert. Die jahrelangen Erfahrungen der mit Gartenschauen befassten Fachleute haben ergeben, dass in diesen Flächen aktuell auf Torf nicht vollständig verzichtet werden kann, da sonst das Wachstum der Zierpflanzen nicht garantiert werden kann. Dabei wurde ausschließlich mit RAL-Gütezeichen geprüfter Torf verwendet. Bei der Landesgartenschau Deggendorf werden die Besucher in dem Veranstaltungsbeitrag „Gärtnern ohne Torf“ über die Wichtigkeit des Themas informiert. 3. Wird in den Ausschreibungen eine umweltgerechte Beschaffung gefordert? Wenn nein, denkt die Staatsregierung unter den oben genannten Maßgaben über eine Einführung solcher Kriterien nach? Wenn ja, in welcher Form wird diesem Anspruch Genüge geleistet? Eine explizite Forderung nach einer „umweltgerechten Beschaffung “ ist in den standardisierten Verdingungsunterlagen nicht ausgegeben und ist in den Ausschreibungen zu Aufträgen bei Gartenschauen bislang nicht enthalten. Das Ministerium wird im Rahmen der Förderung prüfen, inwieweit bei künftigen Gartenschauen ein derartiges Kriterium bei Ausschreibungen Berücksichtigung finden kann. 4. In welcher Form wird in Zukunft die EU-Richtlinie 2014/24/EU bei Landes- und regionalen Gartenschauen umgesetzt? Wenn dazu noch keine Planung vorliegt, bis wann wird dann eine Umsetzung geplant? Bei öffentlichen Auftragsvergaben und damit auch bei Aufträgen im Zusammenhang mit der Schaffung von dauerhaften Grün- und Erholungsanlagen bei Gartenschauen sind die jeweils geltenden vergaberechtlichen Bestimmungen anzuwenden. Die Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/ EG aktualisiert den vergaberechtlichen Rahmen für EUweite Ausschreibungen. Die neue Richtlinie 2014/24/EU ist nach dem dortigen Art. 90 aber erst bis zum 18. April 2016, in Teilen sogar erst bis 2018 umzusetzen. Bis 2016 gilt die bisherige Richtlinie 2004/18/EG weiter. Drucksache 17/2175 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Die europäischen Vorgaben sind aktuell im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und in der Vergabeverordnung (VgV) sowie den Verdingungsordnungen VOL/A, VOB/A und VOF in nationales Recht umgesetzt. Die nationalen Regelungen sind, soweit die Richtlinie 2014/24/ EU Änderungen vorsieht, durch den Bundesgesetzgeber bzw. die Verdingungsausschüsse bis zu den vorgenannten Zeitpunkten anzupassen. 5. Beinhaltet das Ausstellungskonzept die Aufklärung der Besucher/-innen über a) Klimaschutz? b) Verwendung regionaler Produkte? c) umweltgerechte Beschaffung? Im Veranstaltungsprogramm, das in Printversion und auf der Homepage der Landesgartenschau Deggendorf 2014 einsehbar ist, ist eine Vielzahl von Veranstaltungen aufgeführt, die die Besucher zu den Themen Klimaschutz, Verwendung regionaler Produkte und umweltgerechte Beschaffung aufklärt . Diese Veranstaltungen finden auf der Landesgartenschau Deggendorf vor allem bei den Standorten des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz, des Nationalparks Bayerischer Wald, der Technischen Hochschule Deggendorf, des gärtnerischen Infozentrums und des Kreisverbandes für Gartenbau und Landespflege Deggendorf e.V. statt. Daneben werden im Rahmen des Programms „Schule im Grünen“ die Lehrer aufgefordert, mit ihren Klassen die Schule zu verlassen und den Unterricht ins Freie zu verlagern . Ein vielfältiges und praxisorientiertes Programm erwartet alle Altersstufen und Schularten. Es werden die Themenbereiche „Natur, Garten und Umwelt“, „Wasser und Schifffahrt“, „Sport und Gesundheit“, „Kunst und Kreativität “, „Geschichte, Tradition und Heimat“, „Wissenschaft und Technik“, „Glaube und Gesellschaft“ aufgegriffen.