Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Müller SPD vom 23.04.2014 Menschen in Angst – Hochwasserschutz ParkstettenReibersdorf Abschnitt 2 Auf der Homepage von Wasserwirtschaftsamt und RMD (http://www.rmd-wasserstrassen.de) wird auf das Landesentwicklungsprogramm Bayern verwiesen, nach dem besiedelte Gebiete vor einem 100-jährlichen Hochwasserereignis (HW100) geschützt werden sollen. Das dort aufgeführte Projekt Hochwasserschutz Parkstetten-Reibersdorf – Abschnitt 2 schließt an den ersten Bauabschnitt an, der bereits 1998 auf ein HW100 ausgebaut wurde. Es heißt: „Voll wirksam wird diese Schutzanlage jedoch erst dann, wenn der geplante Deichausbau östlich von Reibersdorf realisiert ist.“ Der Ausbau war im Zuge der vorgezogenen Hochwasserschutzmaßnahme Paket III mit Fertigstellung bis 2018 wie folgt vorgesehen: Bei Reibersdorf/Kinsach werden der vorhandene Donaudeich zwischen Reibersdorf und Schöpfwerk Alte Kinsach sowie ein Querdeich von der Donau bis zum Kinsachableiter erhöht bzw. neu gebaut. Der Querdeich bildet als neuer Hauptdeich eine 2. Deichlinie. Damit sind in Verbindung mit den Maßnahmen der variantenunabhängigen Untersuchungen die westlich des Querdeichs gelegenen Polderflächen auf Schutzgrad HQ100 geschützt. Der östliche, weitgehend unbesiedelte Teil verbleibt dagegen auf derzeitigem Ausbaustandard und wird bei einem großen Hochwasser (ab rd. HQ50) wie bisher überflutet. Der Polder bleibt somit als Hochwasserrückhalteraum erhalten. Am 23.07.2013 wurde die Gemeindeführung informiert, der Hochwasserschutz bei Reibersdorf sei nicht mehr im Paket III, sondern solle im Gesamtpaket Straubing-Vilshofen mit einer Bauzeit bis mind. 2022 realisiert werden. Seit dem Hochwasser 2013 leben die 3.000 Menschen in Parkstetten und Reibersdorf noch mehr als vorher in Angst vor einer Überschwemmungskatastrophe wie in Deggendorf. Bei einem Ortstermin am 31.01.2014 zum geplanten Hochwasserschutz im Gemeindegebiet Parkstetten haben Vertreter des Wasserwirtschaftsamts Deggendorf und der für die Planung verantwortlichen RMD Wasserstraßen GmbH erklärt, dass im Zuge der Sofortmaßnahmen zur Behebung der Hochwasserschäden der westliche KinsachDamm sowie der Donaudamm zwischen Bogen und Reibersdorf durch Spundwände abgedichtet und verstärkt werden. Das Einschlagen der Spundwände zur Erhöhung der Standsicherheit an der Kinsach war im ersten Abschnitt Bogen – Oberalteich bereits abgeschlossen. An der Donau werde die Baumaßnahme vom Schöpfwerk Bogen Land bis östlich Schöpfwerk Alte Kinsach demnächst beendet. Um doppelte Arbeit und damit unnötig hohe Kosten zu vermeiden , soll die vorgesehene Innenabdichtung durch Spundwände in diesem Abschnitt bereits so gesetzt werden, dass sie auch nach dem Ausbau zum Schutz HW100 ihren Zweck erfüllen kann. Nach einvernehmlicher Aussage der beiden anwesenden Spezialisten wird die Verstärkung des bestehenden Hochwasserschutzes im Rahmen des Sofortprogrammes in diesem Jahr abgeschlossen sein. Der Schutzgrad bleibt aber unverändert wie bisher bei etwa HW30. Im Sommer 2013 ereignete sich hier jedoch ein 50-jähriges Hochwasser. Ich frage die Staatsregierung: 1. Was spricht dagegen, den Abschnitt Reibersdorf bis Schöpfwerk Alte Kinsach gleich zum Hochwasserschutz HW100 auszubauen, wo doch Planung und Finanzierung bereits geklärt sind? 2. Wann ist der nun mehrfach verzögerte Baubeginn und die Fertigstellung der 2. Deichlinie von der Donau bis zum Kinsachableiter nunmehr geplant und somit mit dem der Bevölkerung seit Langem versprochenen Lückenschluss HW100 zu rechnen, um den Menschen in Parkstetten/ Reibersdorf ein weiteres Stück Sicherheit zu gewähren? 3. Was unternimmt die Staatsregierung, um bei einem nicht wegzudenkenden zwischenzeitlichen Hochwasser über HW30 die 3.000 Menschen in Parkstetten/Reibersdorf zu schützen? 4. Plant die Staatsregierung eine Ausgleichsregelung für die östlich der 2. Deichlinie gelegenen landwirtschaftlichen Nutzflächen und Einrichtungen der dort angesiedelten Vereine, insbesondere da bei einer Überflutung die Existenzen der Eigentümer auf dem Spiel stehen? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 22.05.2014 1. Was spricht dagegen, den Abschnitt Reibersdorf bis Schöpfwerk Alte Kinsach gleich zum Hochwasserschutz HW100 auszubauen, wo doch Planung und Finanzierung bereits geklärt sind? Mit dem Ausbau des Abschnitts von Reibersdorf bis Schöpfwerk Alte Kinsach würde sich, da der Rückstaupunkt nach unterstrom verlagert wird, das Überschwemmungsgebiet im gesamten Bereich oberhalb des Schöpfwerks Alte Kinsach verkleinern. Da der Deichausbau damit den Hochwasserab- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 18.07.2014 17/2176 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2176 fluss beeinflussen würde, handelt es sich nach § 67 WHG um einen Gewässerausbau, der wiederum nach § 68 WHG einer Planfeststellung durch die zuständige Behörde bedarf. 2. Wann ist der nun mehrfach verzögerte Baubeginn und die Fertigstellung der 2. Deichlinie von der Donau bis zum Kinsachableiter nunmehr geplant und somit mit dem der Bevölkerung seit Langem versprochenen Lückenschluss HW100 zu rechnen, um den Menschen in Parkstetten/Reibersdorf ein weiteres Stück Sicherheit zu gewähren? Nach derzeitigem Zeitplan wird das Planfeststellungsverfahren für den Donauausbau mit Hochwasserschutz im Gesamtabschnitt Straubing – Deggendorf im August 2014 eingeleitet. Anschließend ist von einer Verfahrensdauer von rund 2 Jahren und einer Bauzeit von rund 6 Jahren für den gesamten Abschnitt Straubing – Deggendorf auszugehen. Die Abfolge der Einzelmaßnahmen in diesem Gesamtabschnitt ist noch nicht festgelegt. 3. Was unternimmt die Staatsregierung, um bei einem nicht wegzudenkenden Hochwasser über HW30 die 3.000 Menschen in Parkstetten/Reibersdorf zu schützen ? Mit den bereits durchgeführten bzw. im Jahr 2014 noch vorgesehenen Sofortmaßnahmen wird die Sicherheit und damit auch die Verteidigbarkeit des Deichsystems bei großen Hochwasserereignissen für den Polder Parkstetten weiter verbessert. 4. Plant die Staatsregierung eine Ausgleichsregelung für die östlich der 2. Deichlinie gelegenen landwirtschaftlichen Nutzflächen und Einrichtungen der dort angesiedelten Vereine, insbesondere da bei einer Überflutung die Existenzen der Eigentümer auf dem Spiel stehen? Für die genannten Flächen bleibt der bestehende Teilschutz (Schutzgrad ca. HQ30) bestehen. Nach den Vorgaben des Landesentwicklungsprogramms Bayern sollen „Siedlungen vor hundertjährlichen Hochwasser geschützt werden“ (LEP 2013, Nr. 7.2.5). In der Begründung hierzu ist ausgeführt, dass „land- und forstwirtschaftliche Flächen in der Regel nicht hochwassergeschützt werden“. Insofern besteht auf den genannten Flächen weder ein Anspruch auf noch das Ziel nach einem verbesserten Hochwasserschutz. Ein Ausgleich kommt grundsätzlich dann infrage, wenn durch die Maßnahme eine Verschlechterung der derzeitigen örtlichen Situation (im Sinne des WHG §14 (3)) durch die Baumaßnahmen entsteht und nicht durch Inhalts- und Nebenbestimmungen im Planfeststellungsbeschluss verhindert werden kann. Derzeit beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des StMUV, StMELF, StMFLH sowie des Bayerischen Bauernverbands mit der Thematik „Ausgleich und Entschädigung“. Der angesprochene Bereich Parkstetten -Reibersdorf wird in der Arbeitsgruppe mit betrachtet. Die Gespräche sind jedoch noch nicht abgeschlossen, sodass noch keine abschließenden Ergebnisse genannt werden können.