Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Gehring BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 19.03.2014 Ruhestand von Lehrkräften Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele Lehrer und Lehrerinnen sind in den Jahren 2003 bis 2013 jeweils aus dem Dienst des Landes Bayern ausgeschieden (bitte aufgeschlüsselt in absoluten und Prozentzahlen nach Regelaltersgrenze mit 65 Jahren , Dienstunfähigkeit, Antragsaltersgrenze unter 60 Jahren und Antragsaltersgrenze unter 50 Jahren? 2. Aus welchen Gründen wurden Lehrer und Lehrerinnen vorzeitig in den Ruhestand versetzt? 3. Gibt es für Lehrer und Lehrerinnen, die aus psychischen oder psychotischen Gründen dienstunfähig wurden, eine kurative Begleitung? 4. Gibt es nach Wissen der Staatsregierung Programme, die zur Früherkennung von psychischen Krankheiten bei Lehrern und Lehrerinnen dienen? 5. Wie hoch ist das Durchschnittsalter der vorzeitig aus dem Dienst ausgeschiedenen Lehrer und Lehrerinnen? 6. Welche Kosten entstehen dem Land durch vorzeitiges Ausscheiden dieser Lehrer und Lehrerinnen pro Jahr? 7. Aus welchen Gründen werden die Arbeitsschutzbestimmungen für Lehrer und Lehrerinnen in Bayern nicht umgesetzt ? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 20.05.2014 1. Wie viele Lehrer und Lehrerinnen sind in den Jahren 2003 bis 2013 jeweils aus dem Dienst des Landes Bayern ausgeschieden (bitte aufgeschlüsselt in absoluten und Prozentzahlen nach Regelaltersgrenze mit 65 Jahren, Dienstunfähigkeit, Antragsaltersgrenze unter 60 Jahren und Antragsaltersgrenze unter 50 Jahren? Bis zum 31.12.2010 war die Altersgrenze für den gesetzlichen Ruhestandseintritt bei Lehrkräften an öffentlichen Schulen das Ende des Schuljahres, das dem Schuljahr vorangeht, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden. Seit dem Inkrafttreten der Dienstrechtsreform zum 01.01.2011 ist nach Art. 62 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) die Altersgrenze für den gesetzlichen Ruhestandseintritt von Lehrkräften an öffentlichen Schulen das Ende des Schulhalbjahres , in dem sie das 67. Lebensjahr vollenden. Art. 143 BayBG enthält dabei Übergangsregelungen zur Anhebung der Altersgrenzen. Ein Beamter oder eine Beamtin auf Lebenszeit kann nach Art. 64 BayBG auf Antrag in den Ruhestand versetzt werden , wenn er oder sie 1. das 64. Lebensjahr vollendet hat und nicht Altersteilzeit im Blockmodell (Art. 91 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) in Anspruch nimmt, soweit nicht besonders schwerwiegende Gründe eine Versetzung in den Ruhestand vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze rechtfertigen, oder 2. schwerbehindert im Sinn des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) ist und mindestens das 60. Lebensjahr vollendet hat. Ein Antragsruhestand unter 60 Jahren ist bei Lehrkräften gesetzlich nicht vorgesehen. In den beiliegenden Tabellen 1 und 2 sind für den Bereich der staatlichen Schulen die Abgänge voll- und teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte aus dem Schuldienst ausgewiesen, wobei eine Differenzierung nach den im Rahmen der Amtlichen Schuldaten erhobenen Gründen vorgenommen wurde . Tabelle 1 können Absolutzahlen entnommen werden, in Tabelle 2 werden diese auf die voll- und teilzeitbeschäftigten Lehrkräfte staatlicher Schulen des jeweiligen Schuljahres insgesamt bezogen. Da abgehende Lehrkräfte innerhalb eines Schuljahres (Stichtag 1. Oktober an allgemeinbildenden bzw. 20. Oktober an beruflichen Schulen) von den Schulen erst zu Beginn des Folgeschuljahres gemeldet werden und abschließend plausibilisierte amtliche Schuldaten des Unterrichts- und Lehrerteils für das Schuljahr 2013/2014 noch nicht vorliegen , ist eine Beantwortung der Frage für das Schuljahr 2012/2013 zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 04.07.2014 17/2187 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2187 2. Aus welchen Gründen wurden Lehrer und Lehrerinnen vorzeitig in den Ruhestand versetzt? Aus folgenden Gründen erfolgten Ruhestandsversetzungen: Ruhestandsversetzung auf Antrag in den Fällen des Art. 64 BayBG, Ruhestandsversetzung auf Antrag wegen Dienstunfähigkeit nach Art. 65 Abs. 3 BayBG und Ruhestandsversetzung infolge einer Zwangspensionierung nach Art. 66 BayBG. 3. Gibt es für Lehrer und Lehrerinnen, die aus psychischen oder psychotischen Gründen dienstunfähig wurden, eine kurative Begleitung? Maßnahmen zur kurativen Begleitung von Lehrkräften, die aus psychischen Gründen dauerhaft dienstunfähig sind, gibt es vonseiten des Dienstherrn nicht. Zur Erhaltung der Gesundheit der Lehrkräfte bieten an den neun Staatlichen Schulberatungsstellen Beauftragte für Lehrergesundheit Maßnahmen zur Prävention psychischer Erkrankungen von Lehrkräften, zur Beratung bei akuten Belastungssituationen und zur Information über therapeutische Angebote außerhalb der Schule an. 4. Gibt es nach Wissen der Staatsregierung Programme , die zur Früherkennung von psychischen Krankheiten bei Lehrern und Lehrerinnen dienen? Das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst hat in Zusammenarbeit mit der Ludwig-Maximilians -Universität München, der Klinik Roseneck Prien am Chiemsee und den St.-Augustinus-Kliniken Neuss das Programm „AGIL – Arbeit und Gesundheit im Lehrerberuf“ entwickelt. Dieses Trainingsprogramm zu gesundheitsförderlichem Verhalten hilft den teilnehmenden Lehrkräften, individuelle Stresssymptome im beruflichen Alltag frühzeitig zu erkennen und langfristig tragbare Handlungskompetenzen zu erwerben, um die eigenen Belastungen im Lehrberuf niedrig zu halten. 5. Wie hoch ist das Durchschnittsalter der vorzeitig aus dem Dienst ausgeschiedenen Lehrer und Lehrerinnen ? Das Durchschnittsalter der staatlichen Lehrkräfte (inkl. Fachlehrkräfte), die im Schuljahr 2011/12 vorzeitig aus dem Dienst ausgeschieden sind (aufgrund von Eintritt in den Ruhestand auf Antrag bzw. wegen Dienstunfähigkeit oder durch Tod), betrug 60,4 Jahre. 6. Welche Kosten entstehen dem Land durch vorzeitiges Ausscheiden dieser Lehrer und Lehrerinnen pro Jahr? Die Bezifferung der auf vorzeitiges Ausscheiden von Lehrern und Lehrerinnen zurückführenden Kosten wäre nur mit sehr hohem Aufwand möglich und mit erheblichen Prognoseunsicherheiten verbunden, weil diese von zahlreichen individuellen Einflussfaktoren abhängen. Die wichtigsten sind: • das Lebensalter, mit dem die Lehrkraft ausscheidet (Höhe der Pension und deren Bezugsdauer) • das Geschlecht (Bezugsdauer der Pension) • berufliche Position/Werdegang/Beschäftigungsumfang (Höhe der Pension) • der Familienstand (Hinterbliebenenversorgung) Daneben wären auch die Kosten für die vorzeitige Nachbesetzung der frei werdenden Stelle zu berücksichtigen. 7. Aus welchen Gründen werden die Arbeitsschutzbestimmungen für Lehrer und Lehrerinnen in Bayern nicht umgesetzt? Die Umsetzung der Arbeitsschutzbestimmungen im nachgeordneten Bereich Bildung und Kultus des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst gliedert sich a) in die arbeitssicherheitstechnische und b) in die arbeitsmedizinische Betreuung der staatlichen Schulen auf. a) Die arbeitssicherheitstechnische Betreuung der Schulen erfolgt durch die Sicherheitsbeauftragten der Schulen, die für diese Aufgabe ihrerseits im Rahmen eines Stufenmodells durch die Fachberaterinnen und Fachberater in verpflichtenden Dienstbesprechungen geschult werden. Die Fachberaterinnen und Fachberater selbst werden zukünftig im Rahmen der bereits bestehenden jährlichen Schulungsmaßnahmen von der Bayerischen Landesunfallkasse auch über die im Rahmen des Dienststellenmodells zu schulenden Inhalte informiert (wichtige Module sind nach Mitteilung der Bayerischen Landesunfallkasse insbesondere die Verantwortung für den Arbeitsschutz und für die Sicherheit an den Schulen, die Sicherheitsorganisation an Schulen und die Gefährdungsbeurteilung). Zudem stehen seit Beginn des Schuljahres 2013/14 zwei Fachkräfte für Arbeitssicherheit an der Spitze eines mehrstufigen arbeitssicherheitstechnischen Betreuungssystems zur Beratung der Schulleiterinnen und Schulleiter zur Verfügung. Das vorstehend dargestellte arbeitssicherheitstechnische Betreuungssystem für den inneren Schulbereich stellt eine kompetente Beratung der Schulleiterinnen und Schulleiter bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung für den inneren Schulbereich sicher. Die genannten Fachkräfte für Arbeitssicherheit werden die Schulen darüber, an welcher Stelle schulartübergreifende Dokumente zum Arbeitsschutz künftig eingesehen bzw. abgerufen werden können, gesondert informieren. b) Die arbeitsmedizinische Betreuung der Schulen erfolgt im Rahmen zur Verfügung stehender Haushaltsmittel auf der Grundlage des sog. „Dienststellenmodells“. Seit dem laufenden Schuljahr 2013/14 gibt es ein auf drei Jahre befristetes Forschungs- und Entwicklungsprojekt für die arbeitsmedizinische Betreuung der Lehrkräfte und des Verwaltungspersonals im nachgeordneten Geschäftsbereich Bildung und Kultus des Staatsministeriums. Das Projekt wird in Kooperation mit zwei kompetenten Partnern mit ausgewiesen hoher fachlicher Expertise, den Instituten und Polikliniken für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Universität Erlangen-Nürnberg, durchgeführt. In Umsetzung des Forschungsauftrags soll unter Wahrung der einschlägigen datenschutzrechtlichen Vorgaben ein dezentrales modernes und am Bedarf orientiertes arbeitsmedizinisches Betreuungskonzept entwickelt werden , welches zusätzlich den Mutterschutz integriert. Einzelne Inhalte des Projekts sind: • Gewinnung von belastbaren repräsentativen Daten, auf deren Grundlage ein dezentrales modernes und am spezifischen bayerischen Bedarf orientiertes Betreuungskonzept entwickelt werden kann. Das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst betreut innerhalb der Bayerischen Staatsregierung im nachgeordneten Geschäftsbereich Bildung Drucksache 17/2187 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 und Kultus den mit Abstand größten Personalkörper. Es bestehen vor diesem Hintergrund derzeit noch keine detaillierten Erkenntnisse über die genaue Höhe des arbeitsmedizinischen Betreuungsbedarfs. Forschungsbedarf besteht insbesondere für arbeitsmedizinische Betreuungsmodelle, die den Mutterschutz adäquat integrieren. Gleichzeitig wird versucht, im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel eine arbeitsmedizinische Betreuung auf der Grundlage des sog. Dienststellenmodells bis zum Ende des Forschungs- und Entwicklungsprojekts aufzubauen bzw. zu ermöglichen. • Angebot einer individuellen betriebsärztlichen Beratung der Schulleiterinnen und Schulleiter bei akuten Fragen durch die Institute und Polikliniken für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Ludwig-MaximiliansUniversität München und der Universität ErlangenNürnberg . • Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel erfolgt darüber hinaus im Laufe des dreijährigen Zeitraums des Entwicklungs- und Forschungsprojekts eine Beratung sowohl der Schwangeren an allen Schulen als auch die Organisation eines präventiven Mutterschutzes (Impfangebot, ggf. Titerbestimmung), der vor allem für den Schutz des Kindes in der Frühschwangerschaft wichtig ist, für alle weiteren weiblichen Lehrkräfte und Verwaltungsangestellten im nachgeordneten Geschäftsbereich Bildung und Kultus des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst. • Soweit darüber hinaus im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel möglich, werden zusätzlich auch arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt. Tabelle 1. Abgänge voll- und teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte aus dem Schuldienst an staatlichen Schulen seit dem Schuljahr 2003/04 Abgangsgrund Abgänge voll- und teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte staatlicher Schulen1 im Schuljahr2 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 Eintritt in den Ruhestand 1.560 1.571 1.317 1.483 1.552 1.421 1.311 1.598 1.023 davon nach Erreichen der Altersgrenze 890 874 791 827 938 845 793 1.056 344 auf Antrag nach Vollendung des 63. Lebensjahres3 387 335 266 316 301 269 264 297 458 wegen Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze 283 362 260 340 313 307 254 245 221 Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell 1.369 1.428 1.777 1.024 436 877 1.455 1.694 1.544 Tod 83 78 105 71 79 81 78 73 82 zusammen 3.012 3.077 3.199 2.578 2.067 2.379 2.844 3.365 2.649 1 Ohne Berufsfachschulen des Gesundheitswesens und Schulen im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. 2 An allgemein bildenden Schulen vom 2. Oktober des jeweiligen Schuljahres bis 1. Oktober des Folgejahres; an beruflichen Schulen vom 21.Oktober bis 20.Oktober des Folgejahres. 3 Bei Schwerbehinderten nach dem 60. Lebensjahr. Tabelle 2. Abgänge voll- und teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte aus dem Schuldienst an staatlichen Schulen seit dem Schuljahr 2003/04 – Relativer Anteil Abgangsgrund Abgänge voll- und teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte staatlicher Schulen1 als Anteil an allen voll- und teilzeitbeschäftigen Lehrkräften staatlicher Schulen im Schuljahr2 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 Eintritt in den Ruhestand 1,8 % 1,8 % 1,5 % 1,7 % 1,8 % 1,6 % 1,5 % 1,6 % 1,2 % davon nach Erreichen der Altersgrenze 1,0 % 1,0 % 0,9 % 1,0 % 1,1 % 1,0 % 0,9 % 1,2 % 0,4 % auf Antrag nach Vollendung des 63. Lebensjahres3 0,4 % 0,4 % 0,3 % 0,4 % 0,4 % 0,3 % 0,3 % 0,3 % 0,5 % wegen Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze 0,3 % 0,4 % 0,3 % 0,4 % 0,4 % 0,4 % 0,3 % 0,3 % 0,3 % Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell 1,6 % 1,7 % 2,1 % 1,2 % 0,5 % 1,0 % 1,7 % 1,9 % 1,8 % Tod 0,1 % 0,1 % 0,1 % 0,1 % 0,1 % 0,1 % 0,1 % 0,1 % 0,1 % zusammen 3,5 % 3,6 % 3,7 % 3,0 % 2,4 % 2,7 % 3,3 % 3,8 % 3,1 % 1 Ohne Berufsfachschulen des Gesundheitswesens und Schulen im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. 2 An allgemein bildenden Schulen vom 2. Oktober des jeweiligen Schuljahres bis 1. Oktober des Folgejahres; an beruflichen Schulen vom 21.Oktober bis 20.Oktober des Folgejahres. 3 Bei Schwerbehinderten nach dem 60. Lebensjahr.