Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Günther Knoblauch SPD vom 26.03.2018 Kirchenasyl und Strafverfolgung von Pfarrern und Pa dres Die Zahl der Flüchtlinge, die im Freistaat Zuflucht ins Kir chenasyl gesucht haben, sei nicht so hoch, dass radikale Schritte gerechtfertigt wären – so Ministerpräsident Horst Seehofer im Sommer 2017. Weiterhin wies der Ministerprä sident darauf hin, dass in Bayern an erster Stelle die Huma nität stehe. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Inwiefern lässt sich die Vorgehensweise der bayeri schen Staatsanwaltschaft – die Befragung von Pfar rern und Padres als Beschuldigte – damit vereinbaren, dass Kirchenasyl als christliche Tradition zu respektie ren ist? b) Warum werden trotz der Worte des Ministerpräsiden ten im vergangenen Sommer weiterhin Befragungen von Pfarrern und Padres als Beschuldigte durchge führt, also Strafverfahren eingeleitet? c) Warum findet eine solche Strafverfolgung von Kirchen asylfällen nur in Bayern statt? 2. a) Wie ist es zu erklären, dass die Staatsanwaltschaft in Bayern von sich aus tätig wird, während in anderen Bundesländern Fälle von Kirchenasyl in der Regel nicht von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden, also die Staatsanwaltschaft nicht selbst aktiv wird, außer die Staatsanwaltschaft muss aufgrund einer Anzeige tätig werden? b) Welche (An)Weisungen an die bayerischen Staatsan waltschaften gibt es, Kirchenasylfälle zu verfolgen, und c) wer hat sie erlassen? 3. a) Wie lauten diese Weisungen und Vereinbarungen? b) Wie gehen andere Bundesländer, nach Kenntnis der Staatsregierung, mit Fällen von Kirchenasyl um? c) Wie viele Fälle von Kirchenasyl gab es 2015, 2016, 2017 und bislang in 2018 in Bayern? 4. a) In wie vielen Fällen ermittelt die Staatsanwaltschaft? b) Welche Konsequenzen hatten die bisherigen Ermitt lungsverfahren für die Pfarrer und Padres? c) Welche Konsequenzen können solche Ermittlungsver fahren für die Pfarrer und Padres haben und welche Möglichkeiten Strafen zu verhängen, hat die Staatsan waltschaft in solchen Ermittlungsverfahren? 5. a) Warum werden Kirchenasylfälle in Bayern strafrecht lich verfolgt, im Hinblick darauf, dass die Ermittlungs verfahren in der Regel ohnehin eingestellt werden und solche Verfahren viel Geld und Manpower in Anspruch nehmen? b) Wann ist mit einem „geordneten Verfahren“ zu rech nen, welches der Ministerpräsident letzten Sommer gefordert hat? c) Wie sähe eine möglichst bundeseinheitliche Lö sung aus, von der der Staatsminister der Justiz Prof. Dr. Winfried Bausback im vergangenen Sommer gesprochen hat? 6. Inwiefern setzt sich Bayern für eine bundeseinheitliche Lösung ein? 7. a) Ist mit einer solchen bundeseinheitlichen Lösung zu rechnen? b) Wenn ja, wann? c) Wenn nein, warum nicht? 8. a) Wie wird das weitere Vorgehen hinsichtlich Kirchen asyl in Bayern sein? b) Wie beurteilt die Staatsregierung die Tatsache, dass die Kirchen in den allermeisten Fällen ihre Kirchen asylfälle gemeldet haben und sich dadurch koopera tiv gezeigt haben, ihnen jedoch Beihilfe zum illegalen Aufenthalt vorgeworfen wird, was in einem gewissen Widerspruch steht zum kooperativen Melden? Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 24.04.2018 1. a) Inwiefern lässt sich die Vorgehensweise der bay erischen Staatsanwaltschaft – die Befragung von Pfarrern und Padres als Beschuldigte – damit ver einbaren, dass Kirchenasyl als christliche Tradi tion zu respektieren ist? b) Warum werden trotz der Worte des Ministerpräsi denten im vergangenen Sommer weiterhin Befra gungen von Pfarrern und Padres als Beschuldigte durchgeführt, also Strafverfahren eingeleitet? Kirchenasyl ist für die Staatsregierung nicht nur eine christ liche Tradition, sondern auch Ausdruck des großen humani tären Engagements der Kirchen und Klöster vor Ort für die Flüchtlinge. Jedoch muss sich auch ein solches, zweifellos von ehrenwerten Motiven getragenes Engagement im Rah men des geltenden Rechts halten. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 03.09.2018 Drucksache 17/21894 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/21894 Wenn entgegen der im Einzelfall ergangenen asyl und aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen der zuständigen Ausländerbehörden und ggf. der Verwaltungsgerichte voll ziehbar ausreisepflichtigen Personen Kirchenasyl gewährt wird, kann dies nach übereinstimmender Auffassung der bayerischen Staatsanwaltschaften nach den gesetzlichen Vorschriften den Anfangsverdacht der Anstiftung oder Bei hilfe zum unerlaubten Aufenthalt begründen. Besteht der Verdacht einer Straftat, sind die Staatsanwaltschaften nach dem sogenannten Legalitätsprinzip (§ 152 Abs. 2 Straf prozessordnung – StPO) verpflichtet, Ermittlungen aufzu nehmen und den Sachverhalt aufzuklären. Die Pflicht der Staatsanwaltschaften, auch in Fällen des Kirchenasyls ggf. einzuschreiten, ergibt sich daher seit jeher aus dem Gesetz. Wie in allen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren klären die bayerischen Staatsanwaltschaften auch bei der Gewäh rung von Kirchenasyl sämtliche be und entlastenden Um stände des jeweiligen Einzelfalls sorgfältig auf. Dazu gehört grundsätzlich auch, dass sie den am Kirchenasyl Beteiligten Gelegenheit geben, sich zu dem im Raum stehenden Ver stoß gegen das Aufenthaltsgesetz zu äußern. Auf der Grundlage des Ermittlungsergebnisses treffen die Staatsanwaltschaften dann eine dem jeweiligen Fall ange messene Entscheidung. Sie gehen bei ihren Ermittlungen mit Augenmaß vor und berücksichtigen dabei auch die be sonderen Umstände, die das Kirchenasyl in der Regel prä gen. Dies ist nicht zuletzt daran zu ersehen, dass bislang nahezu alle hier bekannten Verfahren gegen Geistliche, die Kirchenasyl gewährt haben, wegen geringer Schuld einge stellt worden sind. Insoweit wird ergänzend auf die Antwort zu Frage 4 b Bezug genommen. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren sind daher so gestaltet, dass den Anforderungen der Verhältnis mäßigkeit und den Besonderheiten der persönlichen Ge wissensentscheidung in ganz besonderer Weise Rechnung getragen wird. Genau dies entspricht auch der Intention der Äußerungen des früheren Ministerpräsidenten Horst See hofer zum Thema Kirchenasyl. Er hat darin den Respekt vor dem humanitären Engagement der Kirchen in den Mittel punkt gestellt und die Bedeutung des Verhältnismäßigkeits grundsatzes unterstrichen. c) Warum findet eine solche Strafverfolgung von Kir chenasylfällen nur in Bayern statt? Die der Frage zugrunde liegende Annahme trifft nicht zu. Ermittlungsverfahren wegen Inanspruchnahme und Ge währung von Kirchenasyl werden nicht nur in Bayern geführt. Eine im Jahr 2017 erfolgte Abfrage der Generalstaatsan waltschaft Nürnberg bei den übrigen deutschen General staatsanwaltschaften ergab, dass auch außerbayerische Staatsanwaltschaften in Fällen des Kirchenasyls einen straf rechtlichen Anfangsverdacht bejahen. Demnach sind in den letzten Jahren in BadenWürttemberg, Brandenburg, Hes sen, Niedersachsen, NordrheinWestfalen, RheinlandPfalz, dem Saarland, Sachsen, SchleswigHolstein und Thüringen einzelne Ermittlungsverfahren wegen Inanspruchnahme bzw. Gewährung von Kirchenasyl eingeleitet worden. 2. a) Wie ist es zu erklären, dass die Staatsanwaltschaft in Bayern von sich aus tätig wird, während in an deren Bundesländern Fälle von Kirchenasyl in der Regel nicht von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden, also die Staatsanwaltschaft nicht selbst aktiv wird, außer die Staatsanwaltschaft muss auf grund einer Anzeige tätig werden? Das bundesrechtlich in § 152 Abs. 2 StPO normierte Legali tätsprinzip gilt für alle Staatsanwaltschaften in Deutschland gleichermaßen. Hiernach sind die Staatsanwaltschaften verpflichtet, Ermittlungen einzuleiten, wenn ihnen Umstände bekannt werden, die den Verdacht einer Straftat begründen. Auch in Bayern erhalten die Staatsanwaltschaften in der Regel durch entsprechende polizeiliche Anzeigen oder Mitteilungen der Ausländerbehörden Kenntnis von den Kir chenasylfällen. Sie prüfen dann, ob die mitgeteilten Umstän de geeignet sind, einen strafrechtlichen Anfangsverdacht zu begründen, und leiten, wenn dies der Fall ist, ein Ermitt lungsverfahren ein. Ergänzend wird auf die Antwort zu den Fragen 1 a und 1 b Bezug genommen. Nach dem Ergebnis der in der Antwort zu Frage 1 c ge nannten Abfrage der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg wurden auch in anderen Ländern Ermittlungsverfahren we gen Inanspruchnahme bzw. Gewährung von Kirchenasyl eingeleitet. Darüber hinaus liegen der Staatsregierung keine belastbaren Erkenntnisse zur Strafverfolgungspraxis in den anderen Ländern vor. b) Welche (An)Weisungen an die bayerischen Staatsanwaltschaften gibt es, Kirchenasylfälle zu verfolgen, und c) wer hat sie erlassen? 3. a) Wie lauten diese Weisungen und Vereinbarungen? Weisungen des Staatsministeriums des Justiz oder Verein barungen mit den Behörden des hiesigen Geschäftsbereichs, wonach die an einem Kirchenasyl Beteiligten strafrechtlich zu verfolgen sind, existieren nicht. Aufgrund des Legalitäts prinzips ergibt sich Pflicht der Staatsanwaltschaften, auch in Fällen des Kirchenasyls gegebenenfalls einzuschreiten, seit jeher aus dem Gesetz. Ergänzend wird auf die Antwort zu den Fragen 1 a und 1 b Bezug genommen b) Wie gehen andere Bundesländer, nach Kenntnis der Staatsregierung, mit Fällen von Kirchenasyl um? Auf die Antworten zur den Fragen 1 c und 2 a wird Bezug genommen. Drucksache 17/21894 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 c) Wie viele Fälle von Kirchenasyl gab es 2015, 2016, 2017 und bislang in 2018 in Bayern? Nach Mitteilung des Staatsministeriums des Innern und für Integration stellen sich die Fallzahlen in Bayern wie folgt dar: – Im Jahr 2015 wurde 321 Personen in insgesamt 278 Fällen Kirchenasyl gewährt. – Im Jahr 2016 wurde 546 Personen in insgesamt 417 Fällen Kirchenasyl gewährt. – Im Jahr 2017 wurde 556 Personen in insgesamt 477 Fällen Kirchenasyl gewährt. – Im Jahr 2018 wurde 165 Personen in insgesamt 125 Fällen Kirchenasyl gewährt (Stand 31.03.2018). 4. a) In wie vielen Fällen ermittelt die Staatsanwalt schaft? Die Gewährung bzw. Inanspruchnahme von Kirchenasyl ist kein statistisches Merkmal, das in der Geschäftsstatistik der bayerischen Staatsanwaltschaften gesondert erfasst wird. Es liegen daher keine Daten zur Gesamtzahl der Ermitt lungsverfahren, die im Zusammenhang mit der Gewährung oder Inanspruchnahme von Kirchenasyl eingeleitet wurden, vor. Eine Aussage hierüber wäre nur aufgrund einer hän dischen Durchsicht aller Verfahrensakten der letzten Jahre mit Bezug zum Aufenthaltsrecht möglich, die aufgrund des hiermit verbundenen Aufwands nicht geleistet werden kann. b) Welche Konsequenzen hatten die bisherigen Er mittlungsverfahren für die Pfarrer und Padres? Da die Gewährung von Kirchenasyl kein statistisches Merkmal ist, das in der Geschäftsstatistik der bayerischen Staatsanwaltschaften oder der Strafverfolgungsstatistik er fasst wird, liegen keine belastbaren Daten zum Ausgang der bislang abgeschlossenen Verfahren vor. Soweit die Staats anwaltschaften seit dem Jahr 2015 zu Einzelfällen berichtet haben, ergibt sich hieraus, dass sie in großem Umfang von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, Verfahren gegen Geistliche, die Kirchenasyl gewährt haben, wegen geringer Schuld gemäß § 153 Abs. 1 StPO einzustellen. Lediglich in einem der berichteten Fälle wurde das Verfahren gemäß § 153a Abs. 1 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage ein gestellt. Über Verfahren, in denen es zu einer strafgericht lichen Verurteilung von Geistlichen wegen der Gewährung von Kirchenasyl gekommen ist, wurde im genannten Zeit raum nicht berichtet. c) Welche Konsequenzen können solche Ermitt lungsverfahren für die Pfarrer und Padres haben und welche Möglichkeiten, Strafen zu verhängen, hat die Staatsanwaltschaft in solchen Ermittlungs verfahren? Geistliche, die Kirchenasyl gewähren, können sich nach übereinstimmender Auffassung der bayerischen Staats anwaltschaften wegen Anstiftung oder Beihilfe zum uner laubten Aufenthalt gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2 Aufenthaltsge setz i. V. m. § 26 Strafgesetzbuch (StGB) bzw. § 27 StGB strafbar machen. Die Anstiftung zum unerlaubten Aufenthalt kann mit Frei heitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden. Die Strafe für Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt ist nach Maßgabe von §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu mildern, sodass der Strafrahmen in diesen Fällen von Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafe von neun Monaten reicht. Geld oder Freiheitsstrafen können nur von den Gerich ten nach Maßgabe der Vorschriften des Straf und Straf prozessrechts verhängt werden, nicht aber von den Staats anwaltschaften. Gemäß § 153a Abs. 1 StPO können diese allerdings mit Zustimmung des Beschuldigten von der Erhe bung der öffentlichen Klage absehen, wenn der Beschuldig te bestimmte Auflagen oder Weisungen, die geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseiti gen, erfüllt und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflage kommt etwa die Zahlung eines Geldbetrags zuguns ten einer gemeinnützigen Einrichtung in Betracht. Hier ist bislang lediglich ein Verfahren gegen einen Pfarrer bekannt geworden, in dem die Staatsanwaltschaft von die ser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 4 b Bezug genommen. 5. a) Warum werden Kirchenasylfälle in Bayern straf rechtlich verfolgt, im Hinblick darauf, dass die Ermittlungsverfahren in der Regel ohnehin einge stellt werden und solche Verfahren viel Geld und Manpower in Anspruch nehmen? Die Staatsanwaltschaften sind nach dem Legalitätsprinzip zur Einleitung von Ermittlungen verpflichtet, wenn der Ver dacht einer Straftat besteht. Ergänzend wird auf die Antwort zu den Fragen 1 a und 1 b Bezug genommen. Erst auf der Grundlage der im Ermittlungsverfahren ge wonnenen Erkenntnisse können die Staatsanwaltschaften entscheiden, ob sie im Einzelfall nach dem sogenannten Opportunitätsprinzip von der (weiteren) Verfolgung absehen. Wie in der Antwort zu Frage 4 b dargestellt, haben die baye rischen Staatsanwaltschaften in Fällen, in denen Kirchen asyl gewährt wurde, in großem Umfang von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Verfahren wegen geringer Schuld ge mäß § 153 Abs. 1 StPO – also nach dem Opportunitätsprin zip – einzustellen. b) Wann ist mit einem „geordneten Verfahren“ zu rechnen, welches der Ministerpräsident letzten Sommer gefordert hat? Die bayerischen Staatsanwaltschaften bearbeiten Kirchen asylfälle seit jeher in einem geordneten, durch Bundesrecht vorgegebenen Verfahren. Sie führen ihre Ermittlungen ge mäß den Vorschriften der Strafprozessordung durch, wobei sie die Umstände des Einzelfalls – auch, soweit sich die Be teiligten hierzu äußern, hinsichtlich der individuellen Motive für die Gewährung des Kirchenasyls – sogfältig aufklären. Auf der Grundlage der Ermittlungsergebnisse treffen sie dann eine dem jeweiligen Fall angemessene Entscheidung. c) Wie sähe eine möglichst bundeseinheitliche Lö sung aus, von der der Staatsminister der Justiz Prof. Dr. Winfried Bausback im vergangenen Som mer gesprochen hat? 6. Inwiefern setzt sich Bayern für eine bundeseinheit liche Lösung ein? 7. a) Ist mit einer solchen bundeseinheitlichen Lösung zu rechnen? b) Wenn ja, wann? c) Wenn nein, warum nicht? Es wurde erwogen, den Besonderheiten des Kirchenasyls durch entsprechende Rechtsänderungen auf Bundesebene Rechnung zu tragen. Für eine solche Lösung waren letzt endlich aber keine Mehrheiten erkennbar. Um gleichwohl Rechtssicherheit für die am Kirchenasyl Beteiligten zu schaffen, sind die bayerischen Staatsanwalt schaften bestrebt, so bald wie möglich eine obergerichtliche Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/21894 Klärung der strittigen strafrechtlichen Fragen in diesem Zu sammenhang herbeizuführen. Ergänzend wird auf die Ant worten zu den Fragen 8 a und 8 b Bezug genommen. 8. a) Wie wird das weitere Vorgehen hinsichtlich Kirchen asyl in Bayern sein? Anders als Geistliche, die Kirchenasyl gewährt haben, sind einzelne Asylbewerber, die sich ihrer behördlich bzw. ver waltungsgerichtlich festgestellten Ausreisepflicht durch In anspruchnahme von Kirchenasyl entzogen haben, bereits wegen unerlaubten Aufenthalts verurteilt worden. Nach den vorliegenden Informationen haben die bayerischen Amtsgerichte eine Strafbarkeit wegen Inanspruchnahme von Kirchenasyl bislang überwiegend bejaht. Die bisherige Rechtsprechung ist allerdings nicht einheitlich. So hat das Amtsgericht Freising im Oktober 2017 einen Asylbewerber, der Kirchenasyl in Anspruch genommen hatte, vom Vorwurf des unerlaubten Aufenthalts freigesprochen. Die für diesen Fall zuständige Staatsanwaltschaft hat gegen das Urteil Sprungrevision zum Oberlandesgericht München eingelegt, um die zugrunde liegende Rechtsfrage obergerichtlich klären lassen. Eine Entscheidung über die Revision ist noch nicht ergangen. Da die anstehende Entscheidung des Oberlandegerichts bezüglich der verfahrensgegenständlichen Rechtsfrage grundsätzliche Bindungswirkung für andere Oberlandesge richte entfaltet, könnte eine solche Grundsatzentscheidung Rechtsklarheit und sicherheit für alle am Kirchenasyl Betei ligten – insbesondere auch Pfarrer und andere Geistliche – schaffen und über Bayern hinaus richtungsweisende Be deutung erlangen. b) Wie beurteilt die Staatsregierung die Tatsache, dass die Kirchen in den allermeisten Fällen ihre Kirchenasylfälle gemeldet haben und sich dadurch kooperativ gezeigt haben, ihnen jedoch Beihilfe zum illegalen Aufenthalt vorgeworfen wird, was in einem gewissen Widerspruch steht zum koopera tiven Melden? Nach übereinstimmender Rechtsauffassung der baye rischen Staatsanwaltschaften kommt es für die strafrecht liche Beurteilung des unerlaubten Aufenthalts – wie bei den meisten anderen Tatbeständen des Strafgesetzbuches auch – nicht darauf an, ob das Kirchenasyl heimlich oder in aller Öffentlichkeit erfolgt und ob die Behörden über Namen und Anschrift der betroffenen Personen informiert sind. Allerdings hat das Amtsgericht Freising den Freispruch in dem oben genannten Strafverfahren (siehe Antwort zu Frage 8 a) nicht zuletzt damit begründet, dass die Behör den Kenntnis vom Aufenthaltsort des Asylbewerbers gehabt haben. Ziel der Sprungrevision gegen das Urteil des Amts gerichts Freising ist es daher auch, eine obergerichtliche Klärung dieser Rechtsfrage herbeizuführen.