Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kathrin Sonnenholzner SPD vom 08.02.2018 Anerkennung ausländischer Abschlüsse von Pflegefachkräften Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele ausländische Pflegefachkräfte aus welchen Ländern wurden seit 2011 pro Jahr anerkannt? 2. Wie viele Anerkennungsverfahren für Pflegefachkräfte haben die jeweiligen Bezirksregierungen seit 2011 pro Jahr abgeschlossen? 3. Wie lange dauern Anerkennungsverfahren für Pflegefachkräfte im Schnitt? 4. a) Hat die Staatsregierung Kenntnis, ob in Anerkennungsverfahren für Pflegefachkräfte bereits gefälschte Zertifikate aufgetaucht sind? b) Wenn ja, aus welchen Ländern stammten diese? c) Um welche Papiere (Sprachzertifikate, Berufsabschluss ) handelte es sich? 5. a) Wie können die Behörden kontrollieren, ob nicht anerkannte Fachkräfte doch in der ambulanten Pflege arbeiten? b) Hat die Staatsregierung Kenntnis von solchen Fällen? c) Wenn ja, wie viele? 6. a) Wie können die Behörden kontrollieren, ob nicht anerkannte Fachkräfte womöglich auch in der Pflege in Alten- und Pflegeheimen arbeiten? b) Hat die Staatsregierung Kenntnis von entsprechenden Fällen? c) Wenn ja, wie viele Fälle sind der Staatsregierung bekannt ? 7. a) Wie können die Behörden kontrollieren, ob nicht anerkannte Fachkräfte womöglich auch als Pflegekräfte in Krankenhäusern arbeiten? b) Hat die Staatsregierung Kenntnis von derartigen Fällen ? c) Wenn ja, von wie vielen Fällen? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 22.04.2018 1. Wie viele ausländische Pflegefachkräfte aus welchen Ländern wurden seit 2011 pro Jahr anerkannt ? Für das Verfahren zur Anerkennung von im Ausland absolvierten Berufsabschlüssen in den Gesundheitsfachberufen sind in Bayern die sieben Bezirksregierungen zuständig, abhängig vom (beabsichtigten) Tätigkeitsort. Für die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in der Altenpflege ist ausschließlich die Regierung von Oberfranken zuständig, da die Fallzahlen angesichts der Tatsache, dass es den Beruf „Altenpflegerin/Altenpfleger“ in den meisten anderen Staaten nicht gibt, sehr gering sind. Aus den Rückmeldungen der bayerischen Anerkennungsbehörden ergeben sich folgende Zahlen: Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 03.09.2018 Drucksache 17/21895 Bayerischer Landtag Tabelle zu Frage 1 Anerkennung (= Feststellung der Gleichwertigkeit) 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Regierung von Oberbayern 133 225 320 422 524 818 741 Regierung von Unterfranken 9 10 23 63 71 68 116 Regierung von Mittelfranken 12 42 56 75 102 122 29 Regierung von Oberfranken 4 41 61 74 74 62 91 Regierung von Niederbayern 17 14 19 37 39 37 33 Regierung von Schwaben 17 20 44 82 61 66 36 Regierung der Oberpfalz 23 47 69 87 109 123 116 Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/21895 2. Wie viele Anerkennungsverfahren für Pflegefachkräfte haben die jeweiligen Bezirksregierungen seit 2011 pro Jahr abgeschlossen? Anerkennungsverfahren werden abgeschlossen durch: – Feststellung der Gleichwertigkeit und sofortige Anerkennung , – Anerkennung mit Berücksichtigung der Berufserfahrung, – Anerkennung mit erfolgreichem Abschluss von Ausgleichsmaßnahmen , – Ablehnung von Anträgen aufgrund nicht abgeschlossener Ausbildung, fehlendem Abschluss im Referenzberuf oder nicht nachgereichten Unterlagen (Ablehnungsbescheid ), – erfolglose Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen oder – Antragsrücknahme, Wegzug oder Ähnliches. Tabelle zu Frage 2 Abgeschlossene Verfahren (inkl. Rücknahme, Zuständigkeitswechsel) 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Regierung von Oberbayern 278 285 460 777 1159 1176 1259 Regierung von Unterfranken 12 14 29 78 87 110 32 Regierung von Mittelfranken 27 89 77 65 92 170 151 Regierung von Oberfranken 27 84 Zahlen konnten nicht ermittelt werden 73 100 Regierung von Niederbayern 30 40 41 61 101 92 98 Regierung von Schwaben 54 61 106 147 134 147 90 Regierung der Oberpfalz 43 66 96 123 160 181 172 3. Wie lange dauern Anerkennungsverfahren für Pflegefachkräfte im Schnitt? Die Anerkennung ausländischer Ausbildungen in den Gesundheitsfachberufen ist grundsätzlich durch die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und die Berufsgesetze des Bundes (z. B. Altenpflegegesetz und Krankenpflegegesetz) geregelt. Von dem gesetzlich vorgeschriebenen Ablauf des Anerkennungsverfahrens kann nicht abgewichen werden. Eine konkrete Aussage zur Dauer der Anerkennungsverfahren kann aufgrund der vielen verschiedenen Fallkonstellationen hinsichtlich Art und Herkunft der Berufsabschlüsse nicht getroffen werden. Zudem ist die Verfahrensdauer von vielfältigen Kriterien abhängig , z. B. von der Notwendigkeit, ein externes Gutachten zur Feststellung der Gleichwertigkeit des ausländischen Berufsabschlusses einzuholen, und variiert je nach Ablauf des Verfahrens. Über Anträge auf Berufszulassung ist im Regelfall innerhalb von drei Monaten und für den Fall, dass die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstands festgestellt werden muss, innerhalb von vier Monaten nach Vorlage aller vorgeschriebenen Unterlagen zu entscheiden. Die Anerkennungsverfahren können nach Vorlage vollständiger Unterlagen und der Möglichkeit einer sofortigen auflagenfreien Anerkennung bei Abschlüssen aus EU-/EWR-Staaten (EWR = Europäischer Wirtschaftsraum) in der Regel in nur wenigen Wochen abgeschlossen werden. Sind die Antragsunterlagen unvollständig oder ist bei Abschlüssen aus Nicht-EU- Staaten ein Anpassungslehrgang zu absolvieren oder eine Eignungs- oder Kenntnisprüfung als Ausgleich festgestellter Ausbildungsdefizite abzulegen, kann der Abschluss des Verfahrens wesentlich länger dauern. Teilweise haben die Anerkennungsbehörden aufgrund der immer noch stetig steigenden Antragszahl bei annähernd gleichbleibender Personalausstattung erhebliche Bearbeitungsrückstände . Im Bereich der Krankenpflege werden die gesetzlichen Bearbeitungsfristen regelmäßig ausgeschöpft bzw. zum Teil überschritten. 4. a) Hat die Staatsregierung Kenntnis, ob in Anerkennungsverfahren für Pflegefachkräfte bereits gefälschte Zertifikate aufgetaucht sind? Nach Aussage der Anerkennungsbehörden werden von Zeit zu Zeit gefälschte Nachweise vorgelegt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass noch mehr gefälschte Ausbildungsnachweise oder andere Zertifikate vorgelegt werden, ohne von der Anerkennungsstelle als solche erkannt zu werden. b) Wenn ja, aus welchen Ländern stammten diese? Gefälschte Zertifikate stammten aus Griechenland, Bosnien -Herzegowina und Serbien. c) Um welche Papiere (Sprachzertifikate, Berufsabschluss ) handelte es sich? Hauptsächlich handelte es sich dabei um Sprachzertifikate. Vereinzelt sind auch gefälschte Berufsdiplome und Ausbildungsnachweise eingereicht worden. Drucksache 17/21895 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 5. a) Wie können die Behörden kontrollieren, ob nicht anerkannte Fachkräfte doch in der ambulanten Pflege arbeiten? b) Hat die Staatsregierung Kenntnis von solchen Fällen ? c) Wenn ja, wie viele? 6. a) Wie können die Behörden kontrollieren, ob nicht anerkannte Fachkräfte womöglich auch in der Pflege in Alten- und Pflegeheimen arbeiten? b) Hat die Staatsregierung Kenntnis von entsprechenden Fällen? c) Wenn ja, wie viele Fälle sind der Staatsregierung bekannt? 7. a) Wie können die Behörden kontrollieren, ob nicht anerkannte Fachkräfte womöglich auch als Pflegekräfte in Krankenhäusern arbeiten? b) Hat die Staatsregierung Kenntnis von derartigen Fällen? c) Wenn ja, von wie vielen Fällen? Bisher gibt es in der Pflege keine berufsrechtlich geregelten Tätigkeiten, die nur Pflegefachkräften vorbehalten sind. Im Bereich der Kranken- und Altenpflege ist durch das Krankenpflegegesetz und das Altenpflegegesetz lediglich das Führen der Berufsbezeichnungen Gesundheits- und Krankenpfleger bzw. -pflegerin, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger bzw. -pflegerin und Altenpfleger bzw. -pflegerin erlaubnispflichtig und staatlich geschützt, nicht die Berufstätigkeit an sich. Sogenannte vorbehaltene Tätigkeiten werden für Pflegefachkräfte erst mit dem neuen Pflegeberufegesetz eingeführt, das am 24.07.2017 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden ist (BGBl. I S. 2581) und insoweit am 01.01.2020 in Kraft tritt. Demnach können grundsätzlich Tätigkeiten in der Pflege unabhängig von der Anerkennung eines im Ausland erworbenen Berufsabschlusses ausgeübt werden. Der Arbeitgeber trägt die Verantwortung dafür, dass die erforderliche fachliche Kompetenz für die vorgesehenen Tätigkeiten gegeben ist. Dennoch gibt es verschiedene Möglichkeiten einer Qualitätskontrolle . Die stationären Einrichtungen der Pflege werden durch die Fachstellen für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA), den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) und den Prüfdienst der Privaten Krankenversicherung (PKV) regelmäßig geprüft. Die FQA ist bei den Landkreisen und kreisfreien Städten angesiedelt, der MDK und der Prüfdienst der PKV sind Gemeinschaftseinrichtungen der privaten bzw. gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen. Die FQA hat nach Art. 11 Abs. 2 des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (PfleWoqG), der MDK und der Prüfdienst der PKV haben nach § 114a Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) Elftes Buch (XI) ein umfassendes Prüfungsrecht. Sie können insbesondere in der Einrichtung den Pflegeprozess teilnehmend beobachten und Rückfragen stellen. Außerdem können sie in die verpflichtende Pflegedokumentation Einsicht nehmen, woraus ersichtlich ist, welche Pflegekraft welche Pflegehandlung vorgenommen hat. Da es noch keine gesetzlich geregelten Vorbehaltsaufgaben gibt, kann und darf eine Hilfskraft bei ordnungsgemäßer Delegation durch die Fachkraft pflegerische Aufgaben von dieser übernehmen. Nicht nur stationäre Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime), sondern auch ambulante Pflegeeinrichtungen (Pflegedienste ) werden durch den MDK und den Prüfdienst der PKV regelmäßig geprüft. Für Pflegedienste, die einen Versorgungsvertrag für Leistungen der häuslichen Krankenpflege und für Leistungen der sozialen Pflegeversicherung haben, ergibt sich das umfassende Prüfungsrecht des MDK aus § 114 a SGB XI. Für Leistungserbringer, die ausschließlich Verträge im Bereich der häuslichen Krankenpflege nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) – Gesetzliche Krankenversicherung – abgeschlossen haben (§ 132a Abs. 4 SGB V), ergibt sich das Prüfrecht des MDK aus § 275b SGB V. Der MDK prüft entsprechend der Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR) des GKV-Spitzenverbandes (GKV = gesetzliche Krankenversicherung). In die Prüfung wird die notwendige Qualifikation der Pflegekräfte mit einbezogen. Aufgrund der fehlenden gesetzlich geregelten Vorbehaltsaufgaben im Bereich der allgemeinen pflegerischen Tätigkeit kann eine verantwortliche Pflegefachkraft Aufgaben der Behandlungspflege an Hilfskräfte delegieren, sodass eine Hilfskraft nach Einweisung, Schulung und regelmäßiger Überprüfung Aufgaben der Behandlungspflege übernehmen darf. Im Rahmen der Intensivpflege sind Qualifikationsanforderungen gestellt, die nur eine Pflegefachkraft erfüllen kann. Wenn hier die Versorgung nicht durch eine Pflegefachkraft übernommen wird, wird dies vom MDK bemängelt. Der MDK weist bei Übernahme von gefahrengeneigten behandlungspflegerischen Tätigkeiten (z. B. Umgang mit chronischen Wunden, Medikamentenmanagement, Abgabe von Betäubungsmitteln , Umgang mit Trachealkanülen) durch Hilfskräfte nicht nur die Kostenträger auf einen solchen Mangel hin, sondern auch die Pflegeeinrichtungen auf die haftungsrechtlichen Gegebenheiten. In den neuen QPR, die seit dem 01.01.2018 in Kraft sind, wurden Prüfkriterien insbesondere auch für die intensivpflegerische Versorgung im Rahmen der häuslichen Krankenpflege festgelegt. Bei der Prüfung werden ausdrücklich auch Patienten mit Intensivpflegebezug in organisierten Wohngruppen berücksichtigt. Der Staatsregierung ist bekannt, dass in der ambulanten Pflege, gerade im Bereich der medizinischen Behandlungspflege , auch der Einsatz von nicht ausreichend qualifiziertem Personal als eine Ausprägung von Betrugshandlungen stattfindet . Über Auffälligkeiten, die der MDK oder der Prüfdienst der PKV bei ihren Regel- oder Anlassprüfungen feststellen, erstellen diese einen Prüfbericht für die Kranken- und Pflegekassen bzw. die Versicherer. Diese verfolgen die Hinweise weiter und schalten bei konkretem Verdacht auf strafbare Handlungen die Staatsanwaltschaft ein. Fallzahlen, die sich konkret auf den Einsatz nicht qualifizierten Personals in Bayern beziehen, liegen der Staatsregierung nicht vor. Zu bundesweiten Zahlen wird auf den 5. Pflege-Qualitätsbericht des MDS nach § 114a Abs. 6 SGB XI „Qualität in der ambulanten und stationären Pflege“ hingewiesen. Im Bereich der Krankenhäuser obliegen die Organisation der klinikinternen Abläufe und damit auch der Einsatz examinierter Gesundheits- und Krankenpfleger sowie der Krankenpflegehelfer dem Träger in eigener Verantwortung. Gesetzliche Vorgaben existieren hierzu nicht. Folglich gibt es auch weder entsprechende Kontrollen noch eine dafür zuständige Behörde. Im Übrigen ist das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege zwar für die Krankenhausplanung und Krankenhausförderung zuständig, hat aber keine Aufsicht über die bayerischen Krankenhäuser.