Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 12.03.2018 Abschiebung von L. C. Vorbemerkung: Der 20 Jahre alte Flüchtling aus Sierra Leone kam vor einem Jahr nach Deutschland, wo sich herausstellte, dass er schwerkrank ist. Trotzdem wurde er abgeschoben. Er schaffte es nochmal, nach Deutschland zu kommen. Inzwischen Krebspatient im Klinikum Passau, sollte der 20-Jährige Ende Februar erneut abgeholt werden und das Land verlassen . Die Ärzte konnten das verhindern, sein Leben aber nicht retten: L. C. starb am 02.03.2018 im Klinikum Passau . Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Warum wurde entschieden, Herrn L. C. im Sommer 2017 abzuschieben, obwohl der Krankheitsverlauf und der gesundheitliche Zustand allen zuständigen Behörden bekannt war? 1.2 Welche therapeutischen Maßnahmen waren eingeleitet worden, als man Herrn L. C. schwere Erkrankung festgestellt hatte? 1.3 Wo wurde er behandelt und mit welchen Medikamenten ? 2.1 Warum wurde entschieden, Herrn L. C. Ende Februar 2018 erneut abzuschieben, obwohl er sich aufgrund seiner schweren Krankheit im Krankenhaus befand? 2.2 Warum wurde Herrn L. C. der Abschiebebescheid erst am Tag der Abschiebung ausgehändigt, obwohl – da sich Herr L. C. im Krankenhaus befand – keine Gefahr des Untertauchens bestand? 2.3 Konnte die Staatsregierung im Sommer 2017 ausschließen , dass die Abschiebung von Herr L. C. im Sommer 2017 zu einer Verschlechterung seiner gesundheitlichen Situation führen wird, da in Italien keine Behandlung der Krankheit erfolgt, und bekannt ist, dass die Abgeschobenen ohne Betreuung „auf der Straße leben“ müssen? 3.1 Wenn ja, warum wurde von einer Abschiebung nicht abgesehen? 3.2 Wird die Staatsregierung zukünftig vor Abschiebungen die gesundheitliche Situation von kranken Asyl- und Schutzsuchenden besser berücksichtigen? 3.3 Welche Überlegungen gibt es, die Abschiebungen nach Italien auszusetzen, bis dort wieder eine Aufnahme und Betreuung für Gesunde und Kranke gewährleistet ist? 4.1 Wer ist dafür verantwortlich, dass bei der Abschiebung im Sommer 2017 keine Rücksicht auf die Aussagen von Herr L. C. und das Vorzeigen eines entsprechenden Dokuments während der Fahrt zum Frankfurter Flughafen bzgl. seiner Krankheit und den am gleichen Tag anstehenden Arzttermin genommen wurde? 4.2 Warum wurde am Frankfurter Flughafen im Sommer 2017 keine ärztliche Begutachtung von Herrn L. C. verlangt? 4.3 Aus welchen Gründen haben die für die Abschiebung Verantwortlichen ignoriert, dass die Erkrankung von Herrn L. C. infolge Nichtbehandlung in Italien lebensbedrohlich werden kann? 5. Warum sollte im März 2018 der sterbenskranke Herr L. C. in die Gemeinschaftsunterkunft zurückverlegt werden? 6.1 Warum wurde Freundinnen, Freunden und Bekannten von Herr L. C., die in dem Transitzentrum in Deggendorf untergebracht waren, die Fahrt – und damit die Teilnahme an der Beerdigung – nach Passau/ Huthurm nicht gestattet bzw. durch verspätete Öffnung des Büros der Verwaltungsangestellten im Transitzentrum und restriktive Genehmigung verwehrt? 6.2 Wie viele Geflüchtete wurden durch die Ausländerbehörde Deggendorf an der Teilnahme an der Beerdigung gehindert? 6.3 Trifft es zu, dass Geflüchtete, die eine Erlaubnis zur Teilnahme an der Beerdigung bei der Ausländerbehörde erlangen wollten, gleich die Aufenthaltserlaubnis entzogen wurde und so diese und weitere Geflüchtete eingeschüchtert wurden? 7.1 Wer trägt für die Behinderung der Teilnahme von über 100 Geflüchteten an der Beerdigung die Verantwortung ? 7.2 Ist die Staatsregierung der Meinung, dass durch ein solches Vorgehen der Behörden den Geflüchteten abendländische Werte vermittelt werden? 8. In welchen Fällen brauchen Geflüchtete für Beerdigungen innerhalb Bayerns oder desselben Regierungsbezirks für wenige Stunden Abwesenheit aus ihnen zugewiesenen Unterkünften eine Genehmigung der Ausländerbehörde? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 10.09.2018 Drucksache 17/22058 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/22058 Antwort des Staatsministeriums des Innern und für Integration vom 03.05.2018 1.1 Warum wurde entschieden, Herrn L. C. im Sommer 2017 abzuschieben, obwohl der Krankheitsverlauf und der gesundheitliche Zustand allen zuständigen Behörden bekannt war? Herr L. C. reiste am 24.12.2016 ins Bundesgebiet ein und stellte am 17.01.2017 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag. Mit Bescheid vom 22.02.2017, zugestellt am 02.03.2017, wurde der Asylantrag als unzulässig abgelehnt, festgestellt, dass Abschiebungsverbote hinsichtlich Italien nicht vorliegen und die Überstellung nach Italien angeordnet. Herr L. C. wurde ferner über seine Pflichten belehrt, für den Fall, dass er der Abschiebung entgegenstehende gesundheitliche Gründe geltend machen möchte. Gegen den Bescheid des Bundesamts wurde von Herrn L. C. beim Verwaltungsgericht Regensburg verspätet Klage erhoben und ein Eilrechtschutzantrag gestellt . Der Eilrechtschutzantrag wurde vom Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 09.05.2017 abgelehnt . Dabei stellte das Verwaltungsgericht unter anderem ausdrücklich fest, dass Duldungsgründe nicht vorliegen und von Herrn L. C. auch nicht vorgetragen wurden. Auch der von Herrn L. C. beim Verwaltungsgericht eingereichte Untersuchungsbericht des Gesundheitsamts vom 03.01.2017, in dem eine chronische Hepatitis-B-Erkrankung festgehalten sei, stehe der Abschiebung nicht entgegen. Reiseunfähigkeit liege nicht vor und in Italien sei eine ausreichende medizinische Versorgung gegeben. Herr L. C. hat in der Folge keine weiteren Einwendungen gegen die Überstellung erhoben und keine qualifizierte ärztliche Bescheinigung bei den beteiligten Behörden vorgelegt. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, lagen demzufolge nicht vor. Herr L. C. wurde daher am 25.07.2017 auf dem Luftweg nach Italien abgeschoben. Grundlage für die Überstellung an den jeweils zuständigen Mitgliedstaat ist die sog. Dublin-III-Verordnung sowie die bundesgesetzliche Regelung des § 34a Asylgesetz (AsylG). Im Vorfeld von Überstellungen nach der Dublin-III- Verordnung hat das Bundesamt stets die rechtliche und tatsächliche Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl mögliche zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse im Sinne von § 60 a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) (z. B. Reiseunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen) umfassend zu prüfen. Der Ausländerbehörde steht daher keine eigene Prüfungskompetenz zu. Vielmehr ist diese an die Entscheidung des Bundesamts bzw. des Verwaltungsgerichts gebunden und nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht berechtigt, dem Ausländer eine Duldung zu erteilen. 1.2 Welche therapeutischen Maßnahmen waren eingeleitet worden, als man Herrn L. C. schwere Erkrankung festgestellt hatte? Asylbewerber nehmen im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften grundsätzlich am allgemeinen ärztlichen Versorgungsangebot teil und haben ein Recht auf freie Arztwahl. Sie erhalten hierfür vom zuständigen örtlichen Leistungsträger pro Quartal einen Behandlungsschein und können damit niedergelassene Ärzte vor Ort aufsuchen. Soweit neben diesem allgemeinen ärztlichen Versorgungsangebot erforderlich , hat der Freistaat Bayern in allen Aufnahmeeinrichtungen Ärztezentren eingerichtet, um Asylbewerber vor Ort auf niedrigschwelliger Basis kurativ versorgen zu können. Entscheidungen über medizinische Belange obliegen allein den behandelnden Ärzten, die insoweit der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen. Der Staatsregierung ist daher nicht bekannt, welche therapeutischen Maßnahmen während der Zeit der Aufenthalte des Betreffenden im Bundesgebiet von den behandelnden Ärzten eingeleitet worden sind. 1.3 Wo wurde er behandelt und mit welchen Medikamenten ? Nach Mitteilung des Sozialamts Deggendorf stellte sich Herr L. C. am 13.01.2017 bei dem für die kurative Versorgung der Asylbewerberinnen und Asylbewerber im bayerischen Transitzentrum Deggendorf zuständigen Arzt vor. Er wurde daraufhin an einen Internisten in Plattling zur Therapie der festgestellten chronischen Erkrankung der Leber überwiesen. Herr L. C. nahm einen Termin am 18.01.2017 und einen Folgetermin am 19.01.2017 bei diesem wahr. Weitere Folgetermine sind dem Sozialamt nicht bekannt. Am 16.05.2017 wurde Herr L. C. zur ambulanten Behandlung im Klinikum Deggendorf vorstellig. Anlass und Art der ambulanten Behandlung sind nicht bekannt. Nach der Wiedereinreise von Herrn L. C. am 03.08.2017 wurde am 19.09.2017 durch einen Arzt ein Rezept ausgestellt . Die Kosten der Arznei beliefen sich auf 12,17 Euro. Näheres ist nicht bekannt. Nach Mitteilung des Landratsamts Passau wurde Herr L. C. ferner im Klinikum Passau stationär behandelt und es erfolgte eine ambulante ärztliche Behandlung durch einen Allgemeinarzt in Hutthurm. Seitens des Landratsamts Passau wurden für Herrn L. C. für das dritte und vierte Quartal 2017 und das erste Quartal 2018 Krankenbehandlungsscheine ausgestellt. Mit welchen Medikamenten Herr L. C. gegebenenfalls im Klinikum Deggendorf, im Klinikum Passau bzw. von anderen behandelnden Ärzten versorgt wurde, ist nicht bekannt. Er hat der Ausländerbehörde darüber auch keine Mitteilung gemacht. 2.1 Warum wurde entschieden, Herrn L. C. Ende Februar 2018 erneut abzuschieben, obwohl er sich aufgrund seiner schweren Krankheit im Krankenhaus befand? Am 03.08.2017 reiste Herr L. C. erneut ins Bundesgebiet ein und stellte am 08.08.2017 beim Bundesamt einen Asylfolgeantrag . Mit Bescheid vom 29.09.2017, zugestellt am 16.11.2017, hat das Bundesamt festgestellt, dass die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht vorliegen und eine erneute Überstellung nach Italien angeordnet. Darüber hinaus wurde Herr L. C. wiederum darüber belehrt, dass und auf welche Weise der Abschiebung möglicherweise entgegenstehende gesundheitliche Gründe gemäß den gesetzlichen Bestimmungen geltend zu machen sind. Herr L. C. legte in der Folge keinen Rechtsbehelf gegen den Bescheid des Bundesamts ein und legte Drucksache 17/22058 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 auch keine qualifizierte ärztliche Bescheinigung über eine mögliche Reiseunfähigkeit bei den beteiligten Behörden vor. Die Abschiebungsanordnung war somit ab dem 17.10.2017 vollziehbar. Die erneute Überstellung nach Italien wurde daher für den 30.01.2018 terminiert. Am 29.01.2018 wurde bekannt, dass Herr L. C. sich nicht mehr in der Unterkunft, sondern im Klinikum Passau aufhielt. Der geplante Termin für die Abschiebung wurde daraufhin storniert. Am Vormittag des 30.01.2018 ging schließlich per Telefax eine ärztliche Bescheinigung des Klinikums Passau vom 29.01.2018 bei der zuständigen Ausländerbehörde ein. 2.2 Warum wurde Herrn L. C. der Abschiebebescheid erst am Tag der Abschiebung ausgehändigt, obwohl – da sich Herr L. C. im Krankenhaus befand – keine Gefahr des Untertauchens bestand? Wie in der Antwort zu Frage 2.1 beschrieben, wurde die erneute Abschiebungsanordnung im Bescheid des Bundesamts vom 29.09.2017 verfügt. Dieser wurde am 16.11.2017 an die Wohnadresse des Herrn L. C. zugestellt. 2.3 Konnte die Staatsregierung im Sommer 2017 ausschließen , dass die Abschiebung von Herr L. C. im Sommer 2017 zu einer Verschlechterung seiner gesundheitlichen Situation führen wird, da in Italien keine Behandlung der Krankheit erfolgt, und bekannt ist, dass die Abgeschobenen ohne Betreuung „auf der Straße leben“ müssen? 3.1 Wenn ja, warum wurde von einer Abschiebung nicht abgesehen? Auf die Antworten zu den Fragen 1.1 und 1.3 wird verwiesen. Wie bereits ausgeführt, waren für die Entscheidung über die Überstellung des Herrn L. C. nach Italien nicht bayerische Behörden zuständig und entscheidungsbefugt, sondern das Bundesamt. Im Übrigen hielt sich Herr L. C. nach seiner Überstellung im Sommer 2017 für einen Zeitraum von weniger als zwei Wochen in Italien auf. Darüber hinaus entspricht die unsubstanziierte Behauptung , dass Asylbewerber in Italien keine ausreichende medizinische Behandlung erhalten, nicht den allgemein zugänglichen Erkenntnismitteln zur Situation von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in Italien. Auch die obergerichtliche Rechtsprechung in Deutschland geht davon aus, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien keine systemischen Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von rücküberstellten Asylbewerbern in Italien implizieren; insbesondere ist nach der Rechtsprechung eine medizinische Versorgung von Dublin-Rückkehrern gewährleistet. 3.2 Wird die Staatsregierung zukünftig vor Abschiebungen die gesundheitliche Situation von kranken Asyl- und Schutzsuchenden besser berücksichtigen ? Auf die Antworten zu den Fragen 1.1 und 2.3 wird verwiesen. Die Berücksichtigung der gesundheitlichen Situation von abzuschiebenden , vollziehbar ausreisepflichtigen Personen ist bundesgesetzlich geregelt und unterliegt voller gerichtlicher Kontrolle. Gemäß § 60a Abs. 2c Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) wird gesetzlich vermutet, dass gesundheitliche Gründe einer Abschiebung nicht entgegenstehen. Ausländer müssen eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen (§ 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG). Wird von vollziehbar ausreisepflichtigen Betroffenen keine ärztliche Bescheinigung vorgelegt, die diesen Anforderungen entspricht, sind die Ausländerbehörden bundesgesetzlich zu deren Abschiebung verpflichtet. 3.3 Welche Überlegungen gibt es, die Abschiebungen nach Italien auszusetzen, bis dort wieder eine Aufnahme und Betreuung für Gesunde und Kranke gewährleistet ist? Auf die Antworten zu den Fragen 2.3, 3.1 und 3.2 wird verwiesen . Allgemeine Überlegungen zum Vollzug von Überstellungen bzw. deren Aussetzung nach der Dublin-III-Verordnung obliegen ausschließlich der Bundesregierung. 4.1 Wer ist dafür verantwortlich, dass bei der Abschiebung im Sommer 2017 keine Rücksicht auf die Aussagen von Herr L. C. und das Vorzeigen eines entsprechenden Dokuments während der Fahrt zum Frankfurter Flughafen bzgl. seiner Krankheit und den am gleichen Tag anstehenden Arzttermin genommen wurde? Auf die Antwort zu Frage 1.1 wird verwiesen. Die Abschiebung des Herrn L. C. wurde von Beamten des Polizeipräsidiums Niederbayern durchgeführt. Herr L. C. wurde am 25.07.2017, gegen 02.30 Uhr, durch drei Polizeibeamte in der Asylbewerberunterkunft aufgesucht und zur Durchführung der Abschiebung in Gewahrsam genommen. Er wurde zunächst zur zuständigen Polizeiinspektion Passau verbracht . Anschließend wurde Herr L. C. in Begleitung von zwei Polizeibeamten zum Flughafen nach Frankfurt am Main gebracht. Herr L. C. äußerte dabei gegenüber den eingesetzten Polizeibeamten zu keinem Zeitpunkt, dass er an einer akuten Erkrankung leide bzw. einer sofortigen ärztlichen Behandlung bedürfe. Herr L. C. legte den eingesetzten bayerischen Polizeibeamten auch kein Dokument vor, welches eine Erkrankung oder einen bevorstehenden Arzttermin am selben Tag bescheinigte. Nach Eintreffen am Flughafen Frankfurt am Main wurde er an die zuständige Bundespolizei übergeben. 4.2 Warum wurde am Frankfurter Flughafen im Sommer 2017 keine ärztliche Begutachtung von Herrn L. C. verlangt? Auf die Antworten zu den Fragen 1.1 und 4.1 wird verwiesen. 4.3 Aus welchen Gründen haben die für die Abschiebung Verantwortlichen ignoriert, dass die Erkrankung von Herrn L. C. infolge Nichtbehandlung in Italien lebensbedrohlich werden kann? Auf die Antworten zu den Fragen 1.1, 2.3 und 4.1 wird verwiesen . 5. Warum sollte im März 2018 der sterbenskranke Herr L. C. in die Gemeinschaftsunterkunft zurückverlegt werden? Am 15.02.2018 teilte das Landratsamt Passau der Regierungsaufnahmestelle mit, dass bei Herrn L. C. Leberkrebs im Endstadium diagnostiziert worden sei und er nach Aussage der behandelnden Ärzte in nächster Zeit versterben werde. Eine Prognose, wie lange Herr L. C. noch zu le- Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/22058 ben habe, sei nur schwer möglich, aber es sei von einem Zeitraum von etwa sechs bis acht Wochen auszugehen. Herr L. C. befand sich zu diesem Zeitpunkt noch im Klinikum Passau, sollte aber in der darauffolgenden Woche nach Entscheidung der behandelnden Ärzte entlassen werden . Die aufgrund dessen beabsichtigte Umverteilung nach Passau sollte dazu dienen, die verbleibende Lebenszeit für Herrn L. C. so erträglich wie möglich zu gestalten. Da eine weitere Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft Hutthurm seinem gesundheitlichen Zustand nicht zuträglich gewesen wäre, sollte Herr L. C. stattdessen in eine Unterkunft in Passau verlegt werden. Von dort wäre es ihm möglich gewesen, nach der angekündigten Entlassung aus dem Klinikum Passau dieses weiterhin für die notwendige Schmerztherapie aufzusuchen. Die Krankentransporte wären aufgrund der deutlich geringeren Fahrtstrecke und der erheblich kürzeren Fahrtdauer für Herrn L. C. weniger belastend gewesen. Es war zudem beabsichtigt, einen Freund von Herrn L. C. zur Unterstützung ebenfalls nach Passau umzuverteilen und beiden dort ein Zimmer ohne weitere Mitbewohner zuzuweisen . Diese Möglichkeit bestand in der Gemeinschaftsunterkunft Hutthurm nicht. Beide Personen kannten sich offenbar bereits aus dem gemeinsamen Heimatland und waren zusammen nach Deutschland gekommen. Der Bekannte besuchte Herrn L. C. zuletzt täglich im Klinikum und kümmerte sich um ihn. Er hatte sich außerdem bereit erklärt, die von ihm geleistete Unterstützung nach der Entlassung des Herrn L. C. aus dem Klinikum fortzuführen. Die Entscheidung über eine Entlassung aus dem Klinikum oblag allein den behandelnden Ärzten. 6.1 Warum wurde Freundinnen, Freunden und Bekannten von Herr L. C., die in dem Transitzentrum in Deggendorf untergebracht waren, die Fahrt – und damit die Teilnahme an der Beerdigung – nach Passau/Huthurm nicht gestattet bzw. durch verspätete Öffnung des Büros der Verwaltungsangestellten im Transitzentrum und restriktive Genehmigung verwehrt? 6.2 Wie viele Geflüchtete wurden durch die Ausländerbehörde Deggendorf an der Teilnahme an der Beerdigung gehindert? Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass Bewohnern des bayerischen Transitzentrums Deggendorf die Teilnahme an der Beerdigung des Herrn L. C. am 07.03.2018 aus den genannten Gründen verwehrt worden ist. Vielmehr wurden die notwendigen Erlaubnisse allen vorstellig gewordenen Personen erteilt. Am Vortag der Beerdigung wurde an die Unterkunftsverwaltung die Frage herangetragen, ob ca. 20 ehemalige Mitschülerinnen und Mitschüler des Herrn L. C. an der Beerdigung teilnehmen dürften und ob die Unterkunftsverwaltung hierfür einen Bus bereitstellen könnte. Wann die Beerdigung stattfinden würde, konnte zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht mitgeteilt werden. Noch am 06.03.2018 erteilte die Unterkunftsverwaltung die Auskunft, dass die Bereitstellung eines Busses durch diese nicht möglich sei, die interessierten Personen jedoch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Ort der Beerdigung fahren könnten. Es wurde darauf hingewiesen , dass sich die Personen die gegebenenfalls notwendigen Verlassenserlaubnisse ausstellen lassen müssten. Am Morgen des 07.03.2018 wurde von der Unterkunftsverwaltung gegenüber der Schülergruppe nochmals ausdrücklich bestätigt, dass eine Teilnahme an der Beerdigung gestattet sei. Ebenfalls am 07.03.2018 wurde von der Caritas Sozialbetreuung im Rahmen einer Besprechung mitgeteilt, dass einige Asylbewerber an der Beerdigung eines Freundes in Passau teilnehmen wollten. Die Zuständigkeit für die Erteilung von Verlassenserlaubnissen liegt in Abhängigkeit vom Aufenthaltsstatus der Betroffenen beim Bundesamt oder der Zentralen Ausländerbehörde . Die Mitarbeiter des Bundesamts und der Zentralen Ausländerbehörde wurden daher umgehend darüber informiert, dass Verlassenserlaubnisse zu diesem Zweck auf Antrag der Betroffenen auszustellen seien. Tatsächlich sprachen acht Personen bei der Außenstelle der Zentralen Ausländerbehörde Niederbayern vor. Den vorstellig gewordenen Personen wurde durch die Zentrale Ausländerbehörde entweder eine Verlassenserlaubnis ausgestellt oder – soweit die Personen keinen entsprechenden Auflagen unterlagen – erklärt, dass für sie keine räumliche Beschränkung vorliegt und sie daher ohne Verlassenserlaubnis zu der Beerdigung fahren dürfen. Die Anliegen aller vorstellig gewordenen Personen wurden von der Zentralen Ausländerbehörde Niederbayern abschließend bearbeitet. Die Zentrale Ausländerbehörde geht aufgrund des persönlichen Eindrucks der ca. acht vorstellig gewordenen Personen davon aus, dass diese auch tatsächlich zur Beerdigung nach Passau gefahren sind. 6.3 Trifft es zu, dass Geflüchtete, die eine Erlaubnis zur Teilnahme an der Beerdigung bei der Ausländerbehörde erlangen wollten, gleich die Aufenthaltserlaubnis entzogen wurde und so diese und weitere Geflüchtete eingeschüchtert wurden? Auf die Antwort zu Frage 6.1 wird verwiesen. Dies trifft nicht zu. Von den vorsprechenden Personen war keine im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Bei Vorsprache wurden jedoch einige Bescheinigungen über die Aufenthaltsgestattung von Personen, deren Asylverfahren zwischenzeitlich abgeschlossen und die vollziehbar ausreisepflichtig geworden waren, ungültig gestempelt. Den Betroffenen wurde jedoch ebenso wie den anderen Personen, die teilweise im Besitz von bereits als ungültig gekennzeichneten Bescheinigungen über die Aufenthaltsgestattung waren, die beantragte Verlassenserlaubnis erteilt. 7.1 Wer trägt für die Behinderung der Teilnahme von über 100 Geflüchteten an der Beerdigung die Verantwortung ? Auf die Antwort zu Frage 6.1 wird verwiesen. 7.2 Ist die Staatsregierung der Meinung, dass durch ein solches Vorgehen der Behörden den Geflüchteten abendländische Werte vermittelt werden? Auf die Antworten zu den Fragen 6.1 und 6.3 wird verwiesen. 8. In welchen Fällen brauchen Geflüchtete für Beerdigungen innerhalb Bayerns oder desselben Regierungsbezirks für wenige Stunden Abwesenheit aus ihnen zugewiesenen Unterkünften eine Genehmigung der Ausländerbehörde? Asylbewerber und vollziehbar ausreisepflichtige, abgelehnte Asylbewerber benötigen für vorübergehende Aufenthalte außerhalb des Geltungsbereichs der räumlichen Beschrän- Drucksache 17/22058 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 kung grundsätzlich eine vorherige Genehmigung (sog. Verlassenserlaubnis ), sofern ihr Aufenthalt nach den Bestimmungen des Asylgesetzes oder des Aufenthaltsgesetzes entweder kraft Gesetzes auf ein bestimmtes Gebiet räumlich beschränkt ist oder eine solche Beschränkung durch die Ausländerbehörde im Einzelfall angeordnet worden ist. Ausnahmsweise kann ein betroffener Asylbewerber Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen. Er hat diese Termine der Aufnahmeeinrichtung und dem Bundesamt jedoch anzuzeigen, sofern er verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.