Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kathi Petersen SPD vom 19.02.2018 Kinderarmut im Regierungsbezirk Unterfranken Der „Kinderreport 2018“ zeigt nachdrücklich, dass Kinderarmut nicht auf sogenannte Entwicklungsländer begrenzt ist. Auch hier im sich seines Wohlstand rühmenden Freistaat Bayern leben Kinder in Armut oder sind von ihr bedroht. Nach einem Bericht der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2016 nimmt die Stadt Schweinfurt mit einer Quote von 21,9 Prozent bayernweit eine unrühmliche Spitzenposition ein. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie viele Kinder und Jugendliche leben aktuell im Regierungsbezirk Unterfranken in Bedarfsgemeinschaften (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen, kreisfreien Städten sowie der Art und Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft – Partner-Bedarfsgemeinschaft oder Alleinerziehenden-Bedarfsgemeinschaft – und Kinderzahl)? b) Wie viele Jugendliche unter 18 Jahren beziehen im Regierungsbezirk Unterfranken derzeit Leistungen der Grundsicherung nach Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen , kreisfreien Städten und Alter)? c) Wie viele Kinder leben derzeit im Regierungsbezirk Unterfranken in Haushalten, die Wohngeld erhalten (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? 2. a) Für wie viele Kinder im Regierungsbezirk Unterfranken übernehmen derzeit die jeweiligen Jugendämter die Kitabeiträge (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? b) Wie haben sich die in den Fragen 1 a, 1 b, 1 c und 2 a erfragten Zahlen seit dem Jahr 2013 entwickelt? 3. a) Worin sieht die Staatsregierung die sozialen, strukturellen , soziologischen und regionalen Gründe der Kinderarmut im Regierungsbezirk Unterfranken (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? b) Welche dieser Gründe sind nach Auffassung der Staatsregierung im Regierungsbezirk Unterfranken besonders gravierend im Vergleich zu den anderen bayerischen Regierungsbezirken? c) Aus welchen gesellschaftlichen Gruppen stammen die von Armut betroffenen Kinder und Jugendlichen (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? 4. Sieht die Staatsregierung einen Zusammenhang mit der kürzlich vermeldeten hohen Überschuldung der über 18-Jährigen im Regierungsbezirk Unterfranken? 5. a) Wie viele alleinerziehende Eltern beziehen im Regierungsbezirk Unterfranken aktuell Unterhaltsvorschuss, da der jeweils andere Elternteil zu wenig oder keinen Unterhalt bezahlt (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? b) Wie hoch ist die Anzahl der von den in der Frage 5 a erfragten Informationen betroffenen Kinder im Regierungsbezirk Unterfranken (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen, kreisfreien Städten und Altersgruppen – 0–5 Jahre, 6–11 Jahre und 12–17 Jahre)? c) Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über verstärkte gesundheitliche Probleme von Kindern aus armen Familien im Regierungsbezirk Unterfranken vor (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? 6. Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass viele der in der Frage 5 c erfragten gesundheitlichen Probleme auf Bewegungsmangel (es fehlt häufig das Geld für den Sportverein o. Ä.) und unzureichende Ernährung – entsprechende Lebensmittel sind meistens günstiger) zurückzuführen sind? 7. a) Was tut oder plant die Staatsregierung zur Bekämpfung der Kinderarmut? b) Wie bewertet sie den vom Deutschen Kinderhilfswerk geforderten bundesweiten Aktionsplan zur effektiven Bekämpfung von Kinderarmut? c) Lehnt sie eine Kindergrundsicherung weiterhin ab (Antwort bitte mit Begründung)? 8. a) Welche Landkreise und Kommunen im Regierungsbezirk Unterfranken bieten welche speziellen Hilfen für von Armut bedrohte Kindern und Jugendliche an? b) Welche Sozialverbände im Regierungsbezirk Unterfranken bieten in welchen Landkreisen und Kommunen besondere Hilfen für von Armut bedrohte Kinder und Jugendliche an? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 10.09.2018 Drucksache 17/22246 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/22246 Antwort des Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales nach Einbeziehung des Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr sowie des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 09.05.2017 1. a) Wie viele Kinder und Jugendliche leben aktuell im Regierungsbezirk Unterfranken in Bedarfsgemeinschaften (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen, kreisfreien Städten sowie der Art und Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft – Partner-Bedarfsgemeinschaft oder Alleinerziehenden -Bedarfsgemeinschaft – und Kinderzahl)? Die nachfolgenden Daten beruhen auf der veröffentlichten Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Eigene Datenquellen stehen der Staatsregierung nicht zur Verfügung. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren, die im Regierungsbezirk Unterfranken (Landkreise und kreisfreie Städte) in Bedarfsgemeinschaften leben, ist der Tabelle der Antwort zu Frage 2 b zu entnehmen. In der veröffentlichten Statistik der Bundesagentur für Arbeit wird keine Übersichtstabelle mit allen Kreisen und kreisfreien Städten in Bayern nach Typ der Bedarfsgemeinschaft (BG) zur Verfügung gestellt. Es ist jedoch möglich, sich die aktuelle Statistik „Kinder in Bedarfsgemeinschaften “ als Excel-Datei von der Statistikseite der Bundesagentur für Arbeit herunterzuladen (Link: https://statistik.ar beitsagentur.de/Navigation/Statistik/Statistik-nach-Themen/ Grundsicherung-fuer-Arbeitsuchende-SGBII/Personengrup pen-Bedarfsgemeinschaften/Personengruppen-Bedarfs gemeinschaften-Nav.html). In der Tabelle 2.3 „Bestand an Kindern nach Alter und BG-Typ“ dieser Excel-Datei lassen sich durch Auswählen des Landkreises bzw. der kreisfreien Stadt die Zahlen nach BG-Typ (sowie gegliedert nach weiteren Merkmalen) anzeigen. Nachfolgende Tabelle zeigt am Beispiel der Stadt Aschaffenburg die Zahl der unverheirateten Kinder unter 18 Jahren in der BG ihrer Eltern, aufgegliedert nach BG-Typ im Juni 2017. Stadt Aschaffenburg Kinder unter 18 Jahren in BG mit Kindern unter 18 Jahren 1.820 mit einem Kind 500 mit zwei Kindern 696 mit drei und mehr Kindern 624 davon in Alleinerziehenden-BG 881 mit einem Kind 355 mit zwei Kindern 354 mit drei und mehr Kindern 172 davon in Partner-BG mit Kindern 939 mit einem Kind 145 Stadt Aschaffenburg Kinder unter 18 Jahren mit zwei Kindern 342 mit drei und mehr Kindern 452 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit „Kinder in Bedarfsgemeinschaften (Monatszahlen)“, Tabelle 2.3 „Bestand an Kindern nach Alter und BG-Typ“, Juni 2017, eigene Berechnungen b) Wie viele Jugendliche unter 18 Jahren beziehen im Regierungsbezirk Unterfranken derzeit Leistungen der Grundsicherung nach Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen, kreisfreien Städten und Alter)? Die Zahl der Jugendlichen unter 18 Jahren, die im Regierungsbezirk Unterfranken (Landkreise und kreisfreie Städte) Leistungen der Grundsicherung nach SGB II beziehen, ist der Tabelle der Antwort zu Frage 2 b zu entnehmen. Eine Tabelle, welche nach weiteren Altersstufen der Jugendlichen unter 18 Jahren für den Landkreis Unterfranken differenziert, ist nicht bekannt. c) Wie viele Kinder leben derzeit im Regierungsbezirk Unterfranken in Haushalten, die Wohngeld erhalten (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? Die Anzahl der Kinder (Personen unter 18 Jahren) in reinen Wohngeldhaushalten für den Regierungsbezirk Unterfranken für das Jahr 2016 kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Die statistische Auswertung für das Jahr 2017 wird Mitte dieses Jahres vorliegen. 2016 Kreisfreie Städte Aschaffenburg 402 Schweinfurt 233 Würzburg 1.027 Landkreise Aschaffenburg 422 Bad Kissingen 440 Rhön-Grabfeld 304 Haßberge 235 Kitzingen 356 Miltenberg 757 Main-Spessart 219 Drucksache 17/22246 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 2016 Schweinfurt 383 Würzburg 563 Unterfranken gesamt 5.341 2. a) Für wie viele Kinder im Regierungsbezirk Unterfranken übernehmen derzeit die jeweiligen Jugendämter die Kitabeiträge (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? Die Übernahme von Kostenbeiträgen im Wege der wirtschaftlichen Jugendhilfe fällt in die Zuständigkeit der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, also der Landkreise und kreisfreien Städte. Die Staatsregierung hat keine Kenntnis der Fallzahlen. b) Wie haben sich die in den Fragen 1 a, 1 b, 1 c und 2 a erfragten Zahlen seit dem Jahr 2013 entwickelt ? Mangels Kenntnis der Fallzahlen zu Frage 2 a kann eine Darstellung der Entwicklung dieser Zahlen nicht erfolgen. Entwicklung der Zahlen aus den Fragen 1 a und 1 b Zu einer BG gehören grundsätzlich alle erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit deren Ehegatten/Partnern und unverheirateten Kindern, wenn diese Kinder in der BG der Eltern leben und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Hierzu zählen auch Kinder, deren Einkommen den eigenen Bedarf übersteigt und die daher keine individuellen Leistungen beziehen (= Kinder ohne Leistungsanspruch – KOL). Mangels eigener Datenquellen der Staatsregierung beruhen auch die nachfolgenden Daten auf der veröffentlichten Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Nachfolgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Zahl der unverheirateten Kinder unter 18 Jahren in der BG ihrer Eltern seit 2013 für Unterfranken. Tabelle zu Frage 2 b Juni 2013 Juni 2014 Juni 2015 Juni 2016 Juni 2017 Unterfranken Kinder unter 18 Jahren in BG 13.343 13.417 13.558 14.405 16.058 davon leistungsberechtigt nach SGB II 11.491 11.752 12.063 12.839 14.689 Aschaffenburg, Stadt Kinder unter 18 Jahren in BG 1.611 1.547 1.639 1.756 1.820 davon leistungsberechtigt nach SGB II 1.488 1.464 1.569 1.663 1.739 Aschaffenburg Kinder unter 18 Jahren in BG 1.480 1.591 1.635 1.768 2.148 davon leistungsberechtigt nach SGB II 1.203 1.335 1.416 1.586 2.002 Bad Kissingen Kinder unter 18 Jahren in BG 916 859 866 1.008 1.104 davon leistungsberechtigt nach SGB II 769 720 735 851 971 Rhön-Grabfeld Kinder unter 18 Jahren in BG 550 574 555 594 686 davon leistungsberechtigt nach SGB II 374 401 415 465 563 Haßberge Kinder unter 18 Jahren in BG 701 696 697 752 851 davon leistungsberechtigt nach SGB II 374 401 415 465 563 Kitzingen Kinder unter 18 Jahren in BG 809 824 784 834 871 davon leistungsberechtigt nach SGB II 705 704 679 727 784 Miltenberg Kinder unter 18 Jahren in BG 1.398 1.321 1.294 1.256 1.358 davon leistungsberechtigt nach SGB II 1.206 1.173 1.163 1.110 1.241 Main-Spessart Kinder unter 18 Jahren in BG 736 754 748 823 1.063 davon leistungsberechtigt nach SGB II 633 640 645 714 951 Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/22246 Juni 2013 Juni 2014 Juni 2015 Juni 2016 Juni 2017 Schweinfurt, Stadt Kinder unter 18 Jahren in BG 1.357 1.469 1.588 1.786 1.955 davon leistungsberechtigt nach SGB II 1.323 1.398 1.495 1.682 1.853 Schweinfurt Kinder unter 18 Jahren in BG 752 770 835 913 934 davon leistungsberechtigt nach SGB II 610 646 710 769 819 Würzburg, Stadt Kinder unter 18 Jahren in BG 2.162 2.090 2.009 1.967 2.167 davon leistungsberechtigt nach SGB II 1.938 1.942 1.883 1.794 2.035 Würzburg Kinder unter 18 Jahren in BG 1.022 1.044 1.050 1.106 1.265 davon leistungsberechtigt nach SGB II 868 928 938 1.013 1.168 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit „Kinder in Bedarfsgemeinschaften (Monatszahlen)“, Tabelle 2.1 „Bestand der Kinder in Bedarfsgemeinschaften nach Strukturmerkmalen und Vergleichsmonaten“, Juni 2017, eigene Berechnungen Entwicklung der Zahlen aus der Antwort zu Frage 1 c Die Entwicklung der Anzahl der Kinder (Personen unter 18 Jahren) in reinen Wohngeldhaushalten für den Regierungsbezirk Unterfranken seit dem Jahr 2013 kann der folgenden Tabelle entnommen werden. Bezüglich des Anstiegs der Zahlen im Jahr 2016 weisen wir darauf hin, dass durch die Wohngeldreform 2016 die Zahl der reinen Wohngeldhaushalte im Vergleich zum Vorjahr bayernweit um fast 49 Prozent gestiegen ist, da das Wohngeld an die Mieten- und Einkommensentwicklung angepasst wurde. Dadurch wurden viele Haushalte wohngeldberechtigt , die zuvor auf Grundsicherung angewiesen waren. Zudem wurden viele Haushalte erstmals wohngeldberechtigt . 2013 2014 2015 2016 Kreisfreie Städte Aschaffenburg 429 363 363 402 Schweinfurt 167 146 143 233 Würzburg 1.015 976 893 1.027 Landkreise Aschaffenburg 448 387 357 422 Bad Kissingen 648 598 449 440 Rhön-Grabfeld 435 353 301 304 Haßberge 239 207 190 235 Kitzingen 329 326 305 356 Miltenberg 783 668 646 757 Main-Spessart 217 206 165 219 2013 2014 2015 2016 Schweinfurt 455 395 350 383 Würzburg 642 627 533 563 Unterfranken gesamt 5.807 5.252 4.695 5.341 3. a) Worin sieht die Staatsregierung die sozialen, strukturellen , soziologischen und regionalen Gründe der Kinderarmut im Regierungsbezirk Unterfranken (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? b) Welche dieser Gründe sind nach Auffassung der Staatsregierung im Regierungsbezirk Unterfranken besonders gravierend im Vergleich zu den anderen bayerischen Regierungsbezirken? Der deutsche Sozialstaat ist durch das Grundgesetz dazu verpflichtet, seinen Bürgerinnen und Bürgern das soziokulturelle Existenzminium zu sichern. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 (BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09) umfasst dieses sowohl „die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben […], denn der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen“. Dieses Existenzminimum wird mit den Mindestsicherungsleistungen gedeckt . Armut wird also durch die Gewährung von Grundsicherungsleistungen bekämpft. Gleichwohl ist es nicht von der Hand zu weisen, dass Menschen – gleich welchen Alters –, die mit geringeren Einkommen auskommen müssen als der Rest der Bevölkerung, geringere finanzielle Ressourcen zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Teilhabe haben. Die Armutsgefährdung von Kindern leitet sich aus deren familiärem Umfeld ab; sie hängt also vom Einkommen (Er- Drucksache 17/22246 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 werbsbeteiligung und Erwerbsumfang) der Einkommensbezieher des Haushalts, meistens der Eltern, ab, da Kinder selbst in der Regel keinen Beitrag zum Haushaltseinkommen leisten. Zentrale Voraussetzung für die finanzielle Möglichkeit zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Teilhabe ist ein existenzsichernder, qualifikationsgerechter Arbeitsplatz für Eltern. Am bayerischen Arbeitsmarkt bietet sich für Familien eine grundsätzlich gute Ausgangslage: Derzeit sind rund 5,5 Mio. Menschen in Bayern sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das ist ein historischer Höchststand. Die Arbeitslosenquote liegt aktuell (April 2018) bei 2,9 Prozent (0,3 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr). Bayern hat damit erneut die niedrigste Arbeitslosenquote aller Bundesländer . Unterfranken kann mit 2,7 Prozent sogar eine noch deutlich niedrigere Arbeitslosigkeit vorweisen. Zusammen mit Schwaben belegt Unterfranken hinter der Oberpfalz Position 2 im Vergleich der bayerischen Regierungsbezirke. Zudem zeigt sich die bayerische Wirtschaft weiterhin als robust, die Nachfrage nach Arbeitskräften ist groß. Preisstabilität , niedrige Zinsen sowie steigende Einkommen stärken den privaten Konsum als Stütze der Konjunktur. Auch die geringe Jugendarbeitslosigkeit zeigt, dass junge Menschen in Bayern grundsätzlich gute Zukunftsperspektiven haben. Dass die Jugendarbeitslosenquote in Bayern mit aktuell 2,4 Prozent (Unterfranken: 2,4 Prozent; April 2018) zu den niedrigsten in Deutschland und Europa gehört , ist auch ein Ergebnis der jahrelangen Förderung des Übergangs leis tungsschwächerer junger Menschen in Ausbildung durch das Programm Fit for Work. Darüber hinaus leisten die Partner in der „Allianz für starke Berufsbildung in Bayern“ ihren Beitrag, möglichst viele Jugendliche unmittelbar in Ausbildung zu bringen und somit der Jugendarbeitslosigkeit vorzubeugen, z. B. mit Maßnahmen für junge Erwachsene ohne Berufsabschluss oder Studienabbrecher. In regionaler Hinsicht unterscheidet sich die Situation in Unterfranken nicht maßgeblich von der in den anderen baye rischen Regierungsbezirken. Dementsprechend profitieren auch in Unterfranken Kinder und Jugendliche von der für Bayern insgesamt feststellbaren deutlich unterdurchschnittlichen Armutsgefährdung im Vergleich zu (West-)Deutschland. Maßgeblich hierfür ist die sehr positive Lage am Arbeitsmarkt, die eine verhältnismäßig hohe Erwerbsbeteiligung und eine geringe Arbeitslosigkeit der unterfränkischen wie insgesamt der bayerischen Bevölkerung sicherstellt und über eine Erwerbsbeteiligung der Eltern eine wirksame Prävention vor Kinderarmutsgefährdung darstellt. 3. c) Aus welchen gesellschaftlichen Gruppen stammen die von Armut betroffenen Kinder und Jugendlichen (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? Hierzu liegen der Staatsregierung keine Informationen vor. 4. Sieht die Staatsregierung einen Zusammenhang mit der kürzlich vermeldeten hohen Überschuldung der über 18-Jährigen im Regierungsbezirk Unterfranken? Die Überschuldung der unterfränkischen Bevölkerung ist wie die der bayerischen insgesamt weiterhin sehr gering. Entsprechend dem SchuldnerAtlas Deutschland 2017 der Creditreform AG finden sich mit den Landkreisen Schweinfurt und Würzburg zwei der zehn Kreise mit der niedrigsten Schuldnerquote in Deutschland, die alle zehn in Bayern verortet sind, in Unterfranken. Damit ist Unterfranken sogar im bayerischen Vergleich überrepräsentiert. Im Zuge der Veröffentlichung des SchuldnerAtlas wurde für Unterfranken lediglich ein prozentual etwas stärkerer Anstieg von 2016 auf 2017 registriert als in Deutschland insgesamt. Dieser beruht auch auf dem eingangs beschriebenen deutlich geringeren Ausgangsniveau (sog. Basiseffekt). 5. a) Wie viele alleinerziehende Eltern beziehen im Regierungsbezirk Unterfranken aktuell Unterhaltsvorschuss , da der jeweils andere Elternteil zu wenig oder keinen Unterhalt bezahlt (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen und kreisfreien Städten )? Daten hierzu liegen der Staatsregierung nicht vor. Die statistischen Erhebungen im Rahmen des Vollzugs des Gesetzes zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen (UVG) geben nur Aufschluss darüber, wie viele Kinder Unterhaltsvorschüsse oder Unterhaltsausfallleistungen erhalten (vgl. hierzu beigefügte Tabelle zu Frage 5 b). Dies liegt darin begründet, dass der anspruchsberechtigte Personenkreis für Leistungen nach dem UVG die Kinder und nicht die alleinerziehenden Mütter und Väter sind. Zudem können Alleinerziehende auch für mehrere Kinder Unterhaltsvorschuss oder Unterhaltsausfallleistungen beziehen. b) Wie hoch ist die Anzahl der von den in der Frage 5 a erfragten Informationen betroffenen Kinder im Regierungsbezirk Unterfranken (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen, kreisfreien Städten und Altersgruppen – 0–5 Jahre, 6–11 Jahre und 12–17 Jahre)? Folgende Tabelle erfasst die Anzahl der Leistungsberechtigten zum Stichtag 31.12.2017. Seit der Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes zum 01.07.2017 kann der Unterhaltsvorschuss auch an Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren gezahlt werden. Tabelle zu Frage 5 b Zahl der Fälle, in denen Unterhaltsleistungen gezahlt wurden, nach Alter der Leistungsberechtigten Kreisfreie Stadt oder Landkreis 1. Altersstufe (0–5 Jahre) 2. Altersstufe (6–11 Jahre) 3. Altersstufe (12–17 Jahre) Gesamt Stadt Aschaffenburg 161 233 122 516 Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/22246 Zahl der Fälle, in denen Unterhaltsleistungen gezahlt wurden, nach Alter der Leistungsberechtigten Kreisfreie Stadt oder Landkreis 1. Altersstufe (0–5 Jahre) 2. Altersstufe (6–11 Jahre) 3. Altersstufe (12–17 Jahre) Gesamt Stadt Schweinfurt 129 157 50 336 Stadt Würzburg 318 368 274 960 Landkreis Aschaffenburg 468 667 263 1.398 Landkreis Bad Kissingen 164 282 244 690 Landkreis Rhön-Grabfeld 95 166 158 419 Landkreis Haßberge 103 144 71 318 Landkreis Kitzingen 148 228 174 550 Landkreis Miltenberg 181 284 270 735 Landkreis Main-Spessart 157 225 155 537 Landkreis Schweinfurt 127 202 145 474 Landkreis Würzburg 154 282 202 638 Regierungsbezirk Unterfranken 2.205 3.238 2.128 7.571 c) Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über verstärkte gesundheitliche Probleme von Kindern aus armen Familien im Regierungsbezirk Unterfranken vor (Antworten bitte aufgeteilt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? Repräsentative Daten liegen der Staatsregierung zur Fragestellung nicht vor. Eine eigenständige Erhebung dazu ist kurzfristig nicht realisierbar und auf Landkreisebene auch nicht sinnvoll, weil für eine Erhebung auf Kreisebene sehr große Fallzahlen notwendig wären. Es ist davon auszugehen , dass die gesundheitlichen Probleme von Kindern aus sozial benachteiligten Familien in Unterfranken denen andernorts entsprechen, dazu sei auf den Kindergesundheitsbericht (https://www.bestellen.bayern.de/application/applst arter?APPL=eshop&DIR=eshop&ACTIONxSETVAL(artdtl. htm,APGxNODENR:332601,AARTxNR:stmgp_kiges_014, AARTxNODENR:339963,USERxBODYURL:artdtl.htm,KAT ALOG:StMGP,AKATxNAME:StMGP,ALLE:x)=X) verwiesen (S. 12). 6. Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass viele der in der Frage 5 c erfragten gesundheitlichen Probleme auf Bewegungsmangel (es fehlt häufig das Geld für den Sportverein o. Ä.) und unzureichende Ernährung – entsprechende Lebensmittel sind meistens günstiger) zurückzuführen sind? Die Staatsregierung bezieht sich auf die Antwort zu Frage 5 c. Es ist davon auszugehen, dass Bewegungsmangel und ungesunde Ernährung zu einem Teil der gesundheitlichen Probleme (z. B. Adipositas) beitragen. Jedoch ist die tägliche Bewegung nicht von einer Mitgliedschaft in einem Sportverein abhängig und auch gesunde Ernährung muss nicht notwendigerweise teurer sein. Je nach gesundheitlicher Problemlage dürften auch andere Ursachen eine Rolle spielen, z. B. psychische Belastungen bei Arbeitslosigkeit der Eltern. 7. a) Was tut oder plant die Staatsregierung zur Bekämpfung der Kinderarmut? Die Lebenslage von Kindern und Jugendlichen kann nicht isoliert von der Situation der Eltern verändert werden. Zur Bekämpfung von „Kinderarmut“ gibt es aufgrund vielfältiger Ursachen kein „Einheitsrezept“. Notwendig ist ein Maßnahmenbündel . Maßnahmen für Eltern (Ermöglichung von Erwerbstätigkeit , finanzielle Unterstützung, Beratung) sowie Maßnahmen für Kinder und Jugendliche (insbesondere Kinder - und Jugendhilfe einschließlich frühkindlicher Bildung und Betreuung, Förderung von Ausbildung) ergeben zusammen ein tragfähiges Netz für Familien. Zentrale Voraussetzung für die Verhinderung von Armutsgefährdung bei Familien ist ein existenzsichernder, qualifikationsgerechter Arbeitsplatz für Eltern. Am bayerischen Arbeitsmarkt bietet sich für Familien eine grundsätzlich gute Ausgangslage, vgl. Antwort zu Frage 3 b. Neben den guten Chancen, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen , werden die Lebensbedingungen für Familien zudem durch viele Leistungen gestärkt: Familien werden durch Familien- und Sozialleistungen des Bundes und des Freistaates Bayern finanziell unterstützt (u. a. Kindergeld, Kinderzuschlag , Unterhaltsvorschuss, Wohngeld, Bayerisches Landeserziehungsgeld, Bayerisches Betreuungsgeld, zukünftig Bayerisches Familiengeld). Viele dieser Leistungen Drucksache 17/22246 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 7 wurden erst kürzlich angehoben bzw. eingeführt oder werden ausgeweitet. Zuletzt erhielten rund 28 Prozent der Eltern das Bayerische Landeserziehungsgeld. Bayern hat zwischenzeitlich bereits über 3 Mrd. Euro Landeserziehungsgeld an Familien ausgezahlt und ist darüber hinaus neben Sachsen das einzige Land, das Familien mit einem eigenen Landeserziehungsgeld unterstützt. Ministerpräsident Dr. Markus Söder hat in seiner Regierungserklärung am 18.04.2018 ein Bayerisches Familiengeld angekündigt. Vom Familiengeld werden künftig alle Eltern von ein- und zweijährigen Kindern profitieren. Es soll unabhängig von Einkommen, Betreuungsform und Erwerbstätigkeit gezahlt werden. Dazu werden das bisherige Bayerische Betreuungsgeld und das Bayerische Landeserziehungsgeld gebündelt und aufgestockt. Familien erhalten für das erste und zweite Kind monatlich 250 Euro. Mehrkindfamilien werden besonders gefördert: Ab dem dritten Kind gibt es monatlich 300 Euro. Das Bayerische Familiengeld wird damit im bundesweiten Vergleich einzigartig sein. Im Koalitionsvertrag vom 07.02.2018 wurde zur gezielten Entlastung von einkommensschwächeren Familien (Eineltern - und Mehrkindfamilien) und Bekämpfung der Kinderarmut eine Reform von Leistungen auf Bundesebene vereinbart : Beim Kinderzuschlag sollen Verbesserungen z. B. durch Wegfall der „harten Abbruchkante“ (Einkommenshöchstgrenze ) für ein langsames Auslaufen der Leistung bei steigendem Einkommen erreicht werden. Das Bildungsund Teilhabepaket soll entbürokratisiert werden. Zudem soll das Schulstarterpaket aufgestockt werden. Der Eigenanteil bei der Mittagsverpflegung und der Schülerbeförderung soll entfallen. Sozial benachteiligte junge Menschen und deren Familien erhalten besondere Unterstützung auf der Grundlage des Kinder- und Jugendprogramms der Staatsregierung. Ziele sind dabei insbesondere die Stärkung familiärer Ressourcen , soziale und berufliche Integration junger Menschen, Sicherung der Funktionsfähigkeit des Sozialstaates und des sozialen Friedens sowie die Bekämpfung von Jugendgewalt und Extremismus. Mit dem Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen und den Investitionen in Qualität wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert, Erwerbstätigkeit ermöglicht und frühkindliche Bildung gefördert. Der Freistaat Bayern unterstützt die zuständigen Kommunen umfassend bei der Schaffung eines bedarfsgerechten, qualitativ hochwertigen Angebots. Bis 2020 werden 30.000 neue Plätze in Kindertageseinrichtungen geschaffen. Außerdem werden in den nächsten fünf Jahren 2.000 Stellen für Tagespflegepersonen im Anstellungsverhältnis gefördert, um das pädagogische Personal in den Einrichtungen zu entlasten, die Randzeitenbetreuung zu verbessern und neue Betreuungsplätze in der Tagespflege zu schaffen. Zudem soll gemeinsam mit dem Bund der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter umgesetzt werden. Als Sofortmaßnahme werden 10.000 Hortplätze neu geschaffen. Armutsgefährdung kann für Kinder zu einem Entwicklungsrisiko führen, auf das die Kindertageseinrichtung mit inklusiver Pädagogik reagiert. Ziel von Inklusion ist es, Teilhabebarrieren bewusst wahrzunehmen und abzubauen und eine Lebenswelt ohne Ausgrenzung zu gestalten. Die Jugendarbeit umfasst ein breites und vielfältiges Spektrum von Bildungs- und Freizeitangeboten in Jugendverbänden, Vereinen und Einrichtungen der offenen Jugendarbeit und wirkt damit auch der sozialen Ausgrenzung von Kindern und Jugendlichen entgegen. Darüber hinaus sind beispielhaft zu nennen die Landesförderprogramme Koordinierende Kinderschutzstellen (KoKi), Erziehungsberatungsstellen (EB), Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS) und Arbeitsweltbezogene Jugendsozialarbeit (AJS). Mit den beiden letztgenannten bundesweit beachteten Förderprogrammen engagiert sich der Freistaat seit Jahrzehnten gezielt für sozial benachteiligte junge Menschen, damit diese ein selbstbestimmtes Leben durch eigene Arbeit ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen führen können. Deshalb unterstützt er die Kommunen bei der AJS seit 1983 und bei der JaS seit 2002 in erheblichem Umfang: 2018 mit insgesamt 24,4 Mio. Euro. Mit der JaS wird die Zielgruppe dort erreicht, wo sie sich aufhält. Sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche erhalten individuelle Hilfe, um sich in die Gesellschaft zu integrieren, um in der Schule erfolgreich zu sein und den Übergang in die Arbeitswelt zu meistern. Durch den Einsatz von JaS-Fachkräften an der Schule wird eine optimale Kooperation sichergestellt. JaS ist die „Filiale“ des Jugendamts an der Schule. Aufgrund der Zunahme von jungen Menschen mit Migrationshintergrund hat die Staatsregierung am 09.10.2015 beschlossen, den Ausbau der JaS zu beschleunigen und Einsatzorte mit hohem Migrantenanteil zu priorisieren . Hierfür werden jährlich 1,9 Mio. Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. Bereits bis zum Ende des Jahres 2018 werden Freistaat und Kommunen das Ziel von 1.000 Stellen (Vollzeitäquivalente) erreicht haben. Hierfür sind im Doppelhaushalt 2017/2018 17,48 Mio. Euro und 18,22 Mio. Euro vorgesehen. Bayernweiter Ausbaustand zum 01.04.2018: 900 Stellen an insgesamt 1.200 Einsatzorten. Mit der AJS nimmt sich der Freistaat der jungen Menschen an, die besondere Schwierigkeiten haben, ihren Platz in der Arbeitswelt zu finden, um sie beruflich und sozial einzugliedern . In Bayern gibt es hierfür ein hochwertiges Angebot an erfolgreichen ganzheitlichen Qualifizierungs- und Ausbildungsprojekten, insbesondere in Jugendwerkstätten. Durch passgenaue Hilfen wird eine nachhaltige Eingliederung in die Arbeitswelt ermöglicht und ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit geleistet . Gefördert werden außerbetriebliche Ausbildungs- und Vorschaltprojekte, in denen soziale Kompetenzen und berufliche Fertigkeiten vermittelt werden. Mit Blick auf diese Zielgruppe hat der Freistaat die Förderung ab 2016 um 1,5 Mio. Euro erhöht. Für die AJS stehen im Landeshaushalt 2018 einschließlich des Arbeitsmarktfonds 6,15 Mio. Euro zur Verfügung, zudem 40 Mio. Euro ESF-Mittel (ESF = Europäischer Sozialfonds) von 2014 bis 2020. Darüber hinaus trug das Strukturprogramm Nürnberg/ Fürth mit den Modellprojekten „Perspektiven für Familien“ in Nürnberg und „TANDEM“ in Fürth (Laufzeit: 01.07.2010 bis 30.12.2016) dazu bei, der sozialen Ausgrenzung von Kindern und Jugendlichen entgegenzuwirken. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen auf den Seiten 9/10 der Antwort zur Schriftlichen Anfrage (21.02.2017) der Abgeordneten Dr. Simone Strohmayr betreffend „Kinderarmut in Bayern“ (Drs. 17/16529) verwiesen. Weil die beiden Modellprojekte unter Berücksichtigung der Zielgruppe so erfolgreich waren, soll der im Rahmen dessen entwickelte und umgesetzte ganzheitliche Ansatz über deren Laufzeit hinaus in weiteren Regionen Bayerns genutzt werden, um die urbane Arbeitslosigkeit zu bekämpfen . Deshalb haben die Regionaldirektion Bayern der Bun- Seite 8 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/22246 desagentur für Arbeit und das Staatsministerium für Familie , Arbeit und Soziale (StMAS) zusammen die Projektidee „CURA – Coaching von Familien zur Bekämpfung urbaner Arbeitslosigkeit“ entwickelt: Jobcenter (SGB II) und Jugendamt (SGB VIII) arbeiten intensiv zusammen, um mit individuell aufeinander abgestimmten Maßnahmen die Arbeitsmarktsituation der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in der Bedarfsgemeinschaft und auch die Gesamtsituation der Familie zu verbessern. Um Langzeitarbeitslosigkeit wirkungsvoll und nachhaltig zu bekämpfen, reicht es nicht aus, nur die Betroffenen selbst zu unterstützen. Kernstück der CURA-Landesförderung ist die Unterstützung der betroffenen Familien durch eine zusätzliche sozialpädagogische Fachkraft im Jugendamt. Die CURA-Fachkraft im Jugendamt unterstützt die Eltern in ihrer Erziehungsverantwortung und fördert die soziale, schulische und berufliche Entwicklung der jungen Menschen. So wird verhindert, dass der Sozialleistungsbezug von einer Generation zur nächsten weitergegeben wird. 2018 ist das Förderprogramm mit Landesmitteln von rund 780.000 Euro ausgestattet. Konkret besteht das Angebot, die Arbeitsmarktintegration im Rahmen von CURA mit der Möglichkeit einer ESF- Förderung im Rahmen des Coachings von Bedarfsgemeinschaften (Unterstützungsmöglichkeit für die Jobcenter) in folgenden Städten mit umliegenden Landkreisen zu unterstützen : Aschaffenburg, Schweinfurt, Hof, Nürnberg, Fürth, Amberg, Weiden i. d. OPf., Straubing, München, Augsburg. b) Wie bewertet sie den vom Deutschen Kinderhilfswerk geforderten bundesweiten Aktionsplan zur effektiven Bekämpfung von Kinderarmut? Die Forderung nach einem bundesweiten Aktionsplan ist nicht zielführend. Ein bundesweiter Aktionsplan trägt den örtlichen Spezifika und den landesspezifischen Regelungen keine Rechnung. Eine Abstimmung von Bund, Ländern und Kommunen ist zwar notwendig. Dennoch bleibt jede Ebene (Bund, Länder, Kommunen) auch in ihrem eigenen Bereich gefordert. Auf Bundesebene wurden bereits Verbesserungen einzelner Leistungen wie des Unterhaltsvorschusses und des Kinderzuschlags erreicht. Im Koalitionsvertrag vom 08.02.2018 wurde zur gezielten Entlastung von einkommensschwächeren Familien (Eineltern- und Mehrkindfamilien) und Bekämpfung der Kinderarmut eine Reform von Leistungen auf Bundesebene vereinbart. Diese soll sowohl die im bundesweiten Aktionsplan geforderte Entbürokratisierung als auch die Verbesserung von Leistungen wie dem Kinderzuschlag und dem Bildungs- und Teilhabepaket umfassen. Vom Bayerischen Familiengeld sollen zukünftig alle, also auch einkommensschwächere Familien mit kleinen Kindern und Familien mit mehreren Kindern profitieren. Der Fortschritt beim Ausbau der Kindertagesbetreuung im Krippenalter dokumentiert exemplarisch die gute Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen. Sowohl für die Investitionen in Betreuungsplätze als auch für die laufenden Betriebskosten kommen Bundesmittel, Landesmittel und Mittel der Kommunen zum Einsatz. Die Staatsregierung befindet sich im ständigen Austausch mit den Kommunen auf der einen und dem Bund auf der anderen Seite. Die Weiterentwicklung der Qualität der Kindertagesbetreuung ist dabei neben dem weiteren quantitativen Ausbau des Angebots ein zentrales Anliegen. Dabei wird sich der Freistaat auch am Qualitätsentwicklungsprozess des Bundes beteiligen, der landesspezifische Maßnahmen zur Qualitätssteigerung in Abstimmung zwischen dem Bund auf der einen und den Ländern auf der anderen Seite sowie entsprechende Bundesmittel zur Finanzierung vorsieht. c) Lehnt sie eine Kindergrundsicherung weiterhin ab (Antwort bitte mit Begründung)? Die Schriftliche Anfrage lässt offen, wie eine Kindergrundsicherung ausgestaltet sein soll. Hinter diesem Stichwort verbergen sich unterschiedliche Reformmodelle. Die Diskussion hierüber wird insbesondere mit dem Ziel der Bekämpfung von Kinderarmut geführt. Allgemein nimmt die Staatsregierung wie folgt Stellung: Eine Grundsicherung für Kinder besteht bereits in Gestalt des Sozialgeldes nach dem SGB II. Kinderarmut kann auch nicht losgelöst von den Eltern bekämpft werden. Hierzu sind zudem vielfältige Strategien gefordert – von der Investition in Bildung, über Gesundheitsprävention bis hin zur Arbeitsmarktpolitik . Zu den einzelnen Maßnahmen wird auf die Antwort zu Frage 7 a Bezug genommen. Bei den finanziellen Leistungen bedarf es zielgenauer Verbesserungen wie sie u. a. bereits im Koalitionsvertrag vom 07.02.2018 vereinbart worden sind (Weiterentwicklung Kindergeld, Kinderzuschlag, Bildungs- und Teilhabeleis tungen ). Diese Maßnahmen werden von der Staatsregierung ausdrücklich unterstützt. 8. a) Welche Landkreise und Kommunen im Regierungsbezirk Unterfranken bieten welche speziellen Hilfen für von Armut bedrohte Kinder und Jugendliche an? Der Staatsregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. b) Welche Sozialverbände im Regierungsbezirk Unterfranken bieten in welchen Landkreisen und Kommunen besondere Hilfen für von Armut bedrohte Kinder und Jugendliche an? Der Staatsregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.