Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Streibl FREIE WÄHLER vom 27.03.2018 Schutz von Polizisten in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. In wie vielen Fällen wurden Polizistinnen und Polizisten in Bayern in den Jahren 2015, 2016 und 2017 Opfer von Beleidigung (§ 185 Strafgesetzbuch – StGB), übler Nachrede (§ 186 StGB) bzw. Opfer von Mobbing über soziale Netzwerke (bitte aufgeschlüsselt nach – den einzelnen Jahren, – den betroffenen Beamten nach Geschlecht, – der Anzahl der jeweils bekannt gewordenen Fälle nach Beleidigung, übler Nachrede und Mobbing)? 2. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wie viele der in Frage 1 genannten Fälle nicht zur Anzeige gebracht wurden? 3. In wie vielen Fällen der in Frage 1 genannten Delikte wurde Polizistinnen und Polizisten Schmerzensgeld zugesprochen? 4. Ist es zutreffend, dass die Staatsregierung die Auffassung vertritt, dass bei „einfachen“ Beleidigungen eine Geltendmachung von Schmerzensgeld nicht statthaft sei? 5. In wie vielen Fällen kam es in den Jahren seit 2010 bis Ende 2017 zur dauerhaften oder vorübergehenden Dienstunfähigkeit von Polizistinnen und Polizisten aufgrund von Mobbing bzw. Straftaten gegenüber Polizisten im Kontext Beleidigung und übler Nachrede? 6. Wie hoch ist der Anteil an Kosten für psychologische bzw. psychotherapeutische Behandlung von Polizistinnen und Polizisten in den Jahren seit 2010? 7. Welche Mittel hat die Staatsregierung im Zeitraum 2010 bis 2018 zur Verfügung gestellt, um Polizistinnen und Polizisten Fortbildungen anzubieten, die der psychischen Gesundheit und u. a. der Prävention von Mobbing dienen? 8. In wie vielen Fällen wurden bayerischen Beamten, aufgegliedert nach den Zuständigkeitsbereichen der einzelnen Staatsministerien, dienstrechtliche Konsequenzen angedroht bzw. tatsächlich dienstrechtliche Konsequenzen gezogen, nachdem diese Strafanzeige wegen Fällen einfacher Beleidigung gestellt hatten (bitte aufgeschlüsselt nach – entsprechenden Fällen im Bereich der Bayerischen Polizei, – entsprechenden Fällen im Bereich der staatlichen Schulen, – der Art der dienstrechtlichen Konsequenzen)? Antwort des Staatsministeriums des Innern und für Integration vom 14.05.2018 1. In wie vielen Fällen wurden Polizistinnen und Polizisten in Bayern in den Jahren 2015, 2016 und 2017 Opfer von Beleidigung (§ 185 Strafgesetzbuch – StGB), übler Nachrede (§ 186 StGB) bzw. Opfer von Mobbing über soziale Netzwerke (bitte aufgeschlüsselt nach – den einzelnen Jahren, – den betroffenen Beamten nach Geschlecht, – der Anzahl der jeweils bekannt gewordenen Fälle nach Beleidigung, übler Nachrede und Mobbing)? Im Jahr 2010 wurde bei der Bayerischen Polizei das periodische „Lagebild Gewalt gegen Polizeibeamte in Bayern“ eingeführt. Mit dem Lagebild soll auf Basis gesicherter Informationen eine objektive, belastbare und aussagekräftige Erkenntnislage zum Phänomenbereich „Gewalt gegen Polizeibeamte in Bayern“ geschaffen werden. Erfasst werden ausschließlich vollendete und versuchte Straftaten zum Nachteil von Polizeibeamten in Bayern. Ergänzend zu den Delikten des Bundeslagebilds „Gewalt gegen Polizeibeamte“ werden in Bayern auch Beleidigungsdelikte (einschließlich übler Nachrede und Verleumdung) zum Nachteil von Polizeibeamten in ihrer Gesamtheit erfasst . Eine gesonderte Auswertung nach dem Delikt „üble Nachrede“ kann daher nicht erfolgen. Als Tathandlung im Zusammenhang mit Beleidigungsdelikten werden „verbal, schriftlich, Gestik/Mimik, spucken und Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter w w w . bayern . landtag . de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter w w w . bayern . landtag . de–Aktuelles/ Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 10.09.2018 Drucksache 17/22257 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/22257 sonstige Tathandlung“ erfasst. Eine Erfassung des Tatmittels „Internet“ erfolgt nicht. „Mobbing“ an sich stellt keine Straftat dar, sondern setzt sich aus einer Vielzahl von Handlungen, welche auch mitunter strafrechtlich relevant sind (z. B. Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung, Nötigung, Bedrohung etc.) zusammen . Eine Aufzeichnung, inwieweit Polizeibeamte Opfer von Mobbing geworden sind, erfolgt bei der Bayerischen Polizei nicht. Das Landeslagebild 2017 wird derzeit noch erstellt. Die nachfolgenden Angaben beziehen sich daher auf das Landeslagebild 2016 und 2015: Geschädigte Polizeibeamte 2015 2016 Beleidigung gesamt 5.145 5.454 davon männlich 4.402 4.657 davon weiblich 743 797 2. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wie viele der in Frage 1 genannten Fälle nicht zur Anzeige gebracht wurden? Es werden keine Aufzeichnungen über Fälle, die nicht zur Anzeige gebracht werden, geführt. 3. In wie vielen Fällen der in Frage 1 genannten Delikte wurde Polizistinnen und Polizisten Schmerzensgeld zugesprochen? Eine Zählung, in welchen Fällen und für welche Delikte einem Polizeibeamten Schmerzensgeld zugesprochen wurde , erfolgt nicht. Im Übrigen sind Beamte nicht verpflichtet , die Geltendmachung zivilrechtlicher Forderungen dem Dienstherrn zu melden. 4. Ist es zutreffend, dass die Staatsregierung die Auffassung vertritt, dass bei „einfachen“ Beleidigungen eine Geltendmachung von Schmerzensgeld nicht statthaft sei? Nein. Ausweislich der einschlägigen Rechtsprechung besteht bei Beleidigungen nur in Ausnahmefällen ein Anspruch der Beamten auf Schmerzensgeld (u. a. Landgericht Oldenburg, Beschluss v. 04.03.2004, Az. 1 BvR 2098/01; Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss v. 22.05.2014, Az. 1 Ss 270/14). Wird eine entsprechende Anfrage an den Dienstherrn gestellt , ist es aus Gründen der Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten geboten, diese auf das (Kosten-)Risiko einer gerichtlichen Geltendmachung des Schmerzensgeldes hinzuweisen. Es steht aber jedem Polizeibeamten frei, ein Schmerzensgeld gegenüber dem Täter zivilrechtlich oder im Rahmen des Adhäsionsverfahrens im Strafverfahren geltend zu machen. 5. In wie vielen Fällen kam es in den Jahren seit 2010 bis Ende 2017 zur dauerhaften oder vorübergehenden Dienstunfähigkeit von Polizistinnen und Polizisten aufgrund von Mobbing bzw. Straftaten gegenüber Polizisten im Kontext Beleidigung und übler Nachrede? Im Jahr 2017 kam es zu insgesamt 3.133 Dienstausfalltagen (2016: 3.346; 2015: 3.090). Im Übrigen sind keine Gesamtzahlen vorhanden. Eine statistische Zählung, in wie vielen Fällen es zu einer dauerhaften oder vorübergehenden Dienstunfähigkeit von Polizistinnen und Polizisten aufgrund von Mobbing bzw. Straftaten gegenüber Polizisten im Kontext mit Beleidigung und übler Nachrede gekommen ist, erfolgt nicht. 6. Wie hoch ist der Anteil an Kosten für psychologische bzw. psychotherapeutische Behandlung von Polizistinnen und Polizisten in den Jahren seit 2010? Die Kosten für psychologische oder psychotherapeutische Behandlungen von Polizeibeamten, insbesondere im Zusammenhang mit Beleidigungsstraftaten, können nicht ermittelt werden. Entsprechende Statistiken werden weder im Rahmen der Unfallfürsorge noch bei der Beihilfe geführt. Allgemeine Erhebungen nach bestimmten Ursachen wären im Rahmen der Kostenerstattung aus datenschutzrechtlichen Gründen auch nicht zulässig. 7. Welche Mittel hat die Staatsregierung im Zeitraum 2010 bis 2018 zur Verfügung gestellt, um Polizistinnen und Polizisten Fortbildungen anzubieten, die der psychischen Gesundheit und u. a. der Prävention von Mobbing dienen? Für Fortbildungsausgaben waren bzw. sind im Polizeihaushalt in den Jahren 2010 bis 2018 folgende Mittel veranschlagt : 2010 1.795.000 Euro 2011 1.765.000 Euro 2012 1.765.000 Euro 2013 1.778.000 Euro 2014 1.778.000 Euro 2015 2.093.000 Euro 2016 2.093.000 Euro 2017 2.093.000 Euro 2018 2.093.000 Euro Eine Aufgliederung, welche Mittel hiervon für Fortbildungen, die der psychischen Gesundheit dienen, verwendet wurden bzw. werden, ist nicht möglich. Lediglich beispielhaft können aber folgende einschlägige Seminare genannt werden: Die Seminarreihe „PAKET“ (Polizeiliches Antistress-, Kommunikations - und Einsatzbewältigungstraining) ist für alle Polizeivollzugsbeamten konzipiert. Sie wird unter der Fachaufsicht des Zentralen Psychologischen Dienstes der Bayerischen Polizei (ZPD) angeboten. Zentrale Themen sind Interaktionen im Innen- und Außenverhältnis, die Stressbewältigung , die emotionale Stabilität, die Fähigkeit zur sozialen Wahrnehmung und die Selbstkontrolle. Für besondere Fragestellungen werden aufbauend auf PAKET themenspezifische Trainingsmodule, wie etwa „Miteinander reden/arbeiten“, „Konfliktmanagement“, „Selbstmanagement “, „IchPowermich“ oder „Umgang mit Belastungen“ angeboten. All diese Seminare sollen den Teilnehmern ermöglichen , mit Stress- und Belastungssituationen besser zurechtzukommen. Drucksache 17/22257 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Eine besondere Bedeutung kommt der persönlichen und sozialen Kompetenz von Führungskräften zu. Sie hat erhebliche Auswirkungen auf das Betriebsklima, die Motivation der Beamten und deren Leistungsbereitschaft. Für Führungskräfte werden daher spezielle aufeinander aufbauende Führungstrainings (Führungstraining 1 bis 4, Führungstraining Dienstgruppenleiter [DGL]) angeboten. Darüber hinaus bietet der sogenannte Zentrale PAKET Service (ZPS) zur Unterstützung von Dienststellen der Bayerischen Polizei individuelle Maßnahmen an, wie zum Beispiel „Teamfindung/Teamentwicklung“, „Klimakonferenzen“, „Konfliktmoderation“, „Begleitung bei Zielfindungen und Zielvereinbarungen “ sowie „Coaching/Führungsberatung“. Der ZPS unterstützt außerdem die professionelle Vorbereitung der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten auf Großeinsätze mit Maßnahmen zum „Stress- und Konfliktmanagement“. Aber auch in vornehmlich fachlichen Seminaren werden grundsätzlich zielgruppenspezifisch Aspekte des Stressund Konflikthandhabungstrainings durch entsprechende Unterrichtseinheiten abgedeckt. Denn Fortbildung bedeutet einerseits Professionalisierung der Fachkompetenz, andererseits aber auch die Steigerung der sozialen Kompetenz von Führungskräften und Sachbearbeitern. 8. In wie vielen Fällen wurden bayerischen Beamten, aufgegliedert nach den Zuständigkeitsbereichen der einzelnen Staatsministerien, dienstrechtliche Konsequenzen angedroht bzw. tatsächlich dienstrechtliche Konsequenzen gezogen, nachdem diese Strafanzeige wegen Fällen einfacher Beleidigung gestellt hatten (bitte aufgeschlüsselt nach – entsprechenden Fällen im Bereich der bayerischen Polizei, – entsprechenden Fällen im Bereich der staatlichen Schulen, – der Art der dienstrechtlichen Konsequenzen)? Die Stellung von Strafanträgen in Fällen von (einfacher) Beleidigung stellt kein Dienstvergehen dar. Folglich wurden in der Vergangenheit und werden auch künftig keine dienstrechtlichen Konsequenzen angedroht oder vollzogen. Im Übrigen sind jegliche Straftaten gegenüber (Polizei-)Beamten keinesfalls von diesen hinzunehmen, sondern nach entsprechender Strafantragstellung – sofern dieser erforderlich ist – strafrechtlich zu verfolgen.