Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Joachim Unterländer CSU vom 22.02.2018 Therapie und Begleitung bei ALS-Erkrankungen (ALS – Amyotrophe Lateralsklerose) Im Zusammenhang mit der Begleitung, Betreuung und Therapie von Betroffenen bei sogenannten ALS-Erkrankungen stellt sich immer wieder die Frage nach einer bedarfsgerechten und passgenauen Unterstützung. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. Wie beurteilt die Staatsregierung die Begleitungs-, Betreuungs - und Therapiesituation bei ALS-Erkrankungen im Freistaat Bayern? 2. Welche konkreten Angebote sowohl im medizinischen als auch im pflegerischen bzw. familienunterstützenden Bereich werden als sinnvoll und notwendig angesehen ? 3. Wie beurteilt die Staatsregierung Modelle in anderen Ländern, die speziell dieses Angebot vorsehen (Generationenhäuser in Baden-Württemberg)? 4. Wie kann und soll die Umsetzung dieses Bedarfs erfolgen ? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales vom 16.05.2018 1. Wie beurteilt die Staatsregierung die Begleitungs-, Betreuungs- und Therapiesituation bei ALS-Erkrankungen im Freistaat Bayern? 2. Welche konkreten Angebote sowohl im medizinischen als auch im pflegerischen bzw. familienunterstützenden Bereich werden als sinnvoll und notwendig angesehen? Die Begleitungs-, Betreuungs- und Therapieangebote für Menschen mit ALS-Erkrankungen umfassen Dienste der Offenen Behindertenarbeit (OBA), Leistungen der Pflege und für pflegende Angehörige sowie die akutstationäre und ambulante Versorgung. I. Offene Behindertenarbeit Der Freistaat Bayern und die bayerischen Bezirke fördern regionale und überregionale Dienste der OBA. So können sich Menschen mit einer ALS-Erkrankung und ihre Angehörigen in allen Fragen zum Thema Behinderung an einen Dienst der OBA wenden. Die Dienste der regionalen OBA stellen einen wichtigen Baustein in der Gesamtversorgung von Menschen mit Behinderungen dar. Es handelt sich hierbei um ein sozialraumorientiertes und niedrigschwelliges Angebot für Menschen mit wesentlichen geistigen und/oder körperlichen Behinderungen sowie für sinnesbehinderte oder chronisch kranke Menschen nach §§ 53 ff Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) und deren Angehörige. Auch das Angebot der überregionalen OBA-Dienste wird niedrigschwellig vorgehalten. Es richtet sich an Menschen , die durch eine spezifische Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt sind, sowie an deren Angehörige. Zu den Aufgaben der Dienste zählen insbesondere allgemeine Beratung, Informations- und Bil dungsangebote, Öffentlichkeitsarbeit, Einbindung in und Aufbau von Netzwerken sowie fachliche Leitung des Dienstes . Die regionalen Dienste der OBA bieten darüber hinaus noch Organisation und Sicherstellung von Freizeit-, Bildungsund Begegnungsmaßnahmen, Organisation und Sicherstellung des Familienentlastenden Dienstes (FED)/Familienunterstützenden Dienstes (FUD) sowie Gewinnung, Schulung und Koordination von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an. Träger der OBA-Dienste sind die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Bayern, deren Mitgliedsorganisationen oder die Landesbehindertenverbände. In vielen Regionen haben mehrere Anbieter in Kooperation miteinander die Offenen Hilfen aufgeteilt. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter w w w . bayern . landtag . de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter w w w . bayern . landtag . de–Aktuelles/ Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 10.09.2018 Drucksache 17/22276 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/22276 Im Jahr 2017 wurden durch den Freistaat Bayern rund 9,2 Mio. Euro für die Dienste der OBA bereitgestellt. Hinzu kommen die Zuschüsse der Bezirke. Insgesamt sind in Bayern derzeit 262 regionale und überregionale OBA-Dienste (175 regionale und 87 überregionale Dienste) anerkannt. Die Versorgung mit Fachkräften für die regionale OBA ist landesweit einheitlich, da in den Förderrichtlinien eine Fachkraftquote von 1 : 50.000 bezogen auf die Einwohnerzahl im Landkreis bzw. in der kreisfreien Stadt festgelegt ist. II. Leistungen der Pflege und für pflegende Angehörige Im Bereich der Pflege steht den ALS-Patienten und deren pflegenden Angehörigen in Bayern ein breites Spektrum an Angeboten und Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung. Angebote zur Unterstützung im Alltag stärken die häusliche Pflege und ermöglichen Pflegebedürftigen den längeren Verbleib in den eigenen vier Wänden. Da die Pflege eines Angehörigen oder einer vergleichbar nahestehenden Person und die damit verbundenen vielfältigen Aufgaben für Pflegende oft eine extreme körperliche und seelische Belastung darstellen, werden sie durch Angebote zur Unterstützung im Alltag in ihrem Engagement unterstützt. Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45 a SGB XI ersetzen ab dem 01.01.2017 die niedrigschwelligen Betreuungs - und Entlastungsangebote nach § 45 c SGB XI (alte Fassung), ohne dass dies zu inhaltlichen Änderungen der Angebote führt. Seit 01.01.2017 können Pflegebedürftige nach § 45 b Abs. 1 und 2 SGB XI die Kosten für qualitätsgesicherte Leistungen der Betreuung und Entlastung aus der Pflegeversicherung bis zu einem einheitlichen monatlichen Entlastungsbetrag von 125 Euro erstattet bekommen. Neben den Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag können auch Aufwendungen für Tages- oder Nachtpflege, Kurzzeitpflege und Leistungen der ambulanten Pflegedienste im Sinne des § 36 SGB XI, in den Pflegegraden 2 bis 5 jedoch nicht von Leistungen im Bereich der Selbstversorgung, erstattet werden. Derzeit bestehen rund 880 förderfähige Angebote zur Unterstützung im Alltag, wovon tatsächlich rund 630 Angebote gefördert werden. Die Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45 a SGB XI werden nach Betreuungs- und Entlastungsangeboten unterschieden. Derzeit engagieren sich rund 2.400 Menschen ehrenamtlich in den Angeboten. Darüber hinaus wurden für die Förderung der bayernweit rund 100 Fachstellen für pflegende Angehörige 1,85 Mio. Euro im Haushalt für das Jahr 2018 bereitgestellt. Durch psychosoziale Beratung, begleitende Unterstützung und Entlastung der pflegenden Angehörigen von älteren pflegebedürftigen Menschen sollen die Fachstellen für pflegende Angehörige verhindern, dass die Angehörigen durch die oft lang andauernde Pflege selbst erkranken und zum Pflegefall werden (Angehörigenarbeit). Zur Entlastung der pflegenden Angehörigen wäre zudem eine ausreichend zur Verfügung stehende Anzahl an Kurzzeitpflegeplätzen sinnvoll. Dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) ist bewusst, dass es in bestimmten Zeiträumen, wie z. B. in Ferienzeiten, zu Schwierigkeiten in der Verfügbarkeit von Kurzzeitpflegeplätzen kommen kann. Dies ist meist darin begründet, dass sich bei Anbietern von Kurzzeitpflegeplätzen im Hinblick auf die zeitliche Planbarkeit ihrer Angebote, wegen schwankender Belegungsnachfrage , das Problem der Wirtschaftlichkeit dieser Versorgungsform ergibt. Die Staatsregierung setzt sich für eine bayernweite Sicherstellung des Angebots an Kurzzeitpflegeplätzen in ausreichender Anzahl ein. Aufgrund der Bedeutung der Kurzzeitpflege für die Stärkung der häuslichen Pflege hat eine künftige finanzielle Unterstützung aus Landesmitteln zum Ziel, die besonderen Belastungen der Pflegeeinrichtungen , die im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Kurzzeitpflegeplätzen entstehen, abzufedern. Damit wird beabsichtigt, Mindererträge, die in dieser Versorgungsform durch naturgemäß auftretende Nachfrageschwankungen und damit verbundene Zeiten von Leerständen entstehen können, finanziell abzuschwächen. Betreiber sollen durch Gewährung einer finanziellen Unterstützung für Zeiten einer Nichtbelegung dazu ermuntert werden, wieder vermehrt dauerhafte Kurzzeitpflegeplätze anzubieten. Dafür stehen im Nachtragshaushalt 2018 Ausgabemittel in Höhe von 1 Mio. Euro zur Verfügung sowie eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 2 Mio. Euro, davon jeweils 1 Mio. Euro fällig 2019 und 2020. Damit können bei einer vorgesehenen höchstmöglichen Fördersumme je Platz in Höhe von 10.000 Euro rechnerisch mindestens 100 Plätze neu entstehen. Gegenwärtig werden die Förderdetails erarbeitet und die rechtlichen Grundlagen für das neue Handlungsfeld geschaffen. Die Planungen sehen vor, dass das neue Förderprogramm Anfang des dritten Quartals 2018 starten wird. Im Zusammenhang mit den Beschlüssen des Ministerrats vom 10.04.2018 konnten weitere Verbesserungen erreicht werden. So soll eine Aufstockung der Ausgabemittel um 4 Mio. auf 5 Mio. Euro erfolgen. Diese Summe reicht damit für mindestens 500 neue Kurzzeitpflegeplätze. Zudem wird die Familienpflege über die Förderrichtlinie „Bayerisches Netzwerk Pflege“ mit rund 1 Mio. Euro jährlich durch den Freistaat Bayern gefördert. Die Familienpflege ist ein wichtiger Baustein zur Stützung und Stabilisierung der Familie in Krisensituationen. Die Familienpflege tritt dann ein, wenn die Person, die bisher einen Haushalt mit mindestens einem Kind geführt hat, in der Regel Mutter oder Vater, diesen z. B. wegen Krankheit, Schwangerschaft, Erholungsoder Kuraufenthalt nicht mehr selbst oder nicht mehr allein führen kann. Eine pflegerische Versorgung im Bereich der Tages- und Nachtpflege kann in den frühen bis mittleren Phasen der Erkrankung häuslich Pflegende entlasten. In den Stadien, in der an ALS erkrankte Menschen im großen Umfang behandlungspflegerische Maßnahmen unter hohem Einsatz an Hilfsmitteln benötigen, wird eine Tages- oder Nachtpflege nur sehr schwer umzusetzen sein, zumal die Gefahr von Komplikationen durch den häufigen Transport zu befürchten sind. III. Therapie und medizinische Versorgung Für die Therapie der ALS-Erkrankung stehen ambulante und stationäre Versorgungsstrukturen zur Verfügung. Nach Angaben aus allen Regierungsbezirken findet die Versorgung dieser z. T. schwerkranken Menschen mit hohem Hilfeund Unterstützungsbedarf in der klassischen Versorgungslandschaft eingestreut statt. Mit Ausnahme des Zentrums für stationäre Schwerstpflege (ZesS) in Burghausen, das zehn stationäre Plätze zur Versorgung von maschinell beatmeten Bewohnern vorhält, deren Zielgruppe u. a. Patienten mit Muskeldystrophien und -atrophien sind, ist keine Einrichtung oder ambulant betreute Wohngemeinschaften bekannt, die auf an ALS erkrankte Menschen spezialisiert ist. Vereinzelt Drucksache 17/22276 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 leben an ALS erkrankte Menschen in ambulant betreuten Wohngemeinschaften für intensivpflegepflichtige Patienten, vorausgesetzt sie sind als intensivpflichtig eingestuft. Das Krankheitsbild der ALS ist regelmäßig Gegenstand ärztlicher Fortbildung. Der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) wurden von 2013 bis 2017 14 Fortbildungsveranstaltungen zum Thema ALS zur Kenntnis gebracht. Über eigene Daten zur ambulanten Versorgungslage von ALS-Patienten verfügt das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) nicht. Den Sicherstellungsauftrag für die gesamte vertragsärztliche Versorgung hat der Bundesgesetzgeber den Kassenärztlichen Vereinigungen übertragen. Für Bayern übernimmt diese Aufgabe die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) in eigener Zuständigkeit und Verantwortung. Das StMGP übt nach der bundesgesetzlichen Aufgabenverteilung nur die Rechtsaufsicht über die KVB aus. Daher hat das StMGP die KVB um entsprechende Stellungnahme gebeten. Nach Angaben der KVB erfolgt die Behandlung der Erkrankung Amyotrophe Lateralsklerose wegen der vielfältigen und unterschiedlich geprägten Symptomatik durch Hausärzte sowie unterschiedliche Facharztgruppen. Im Jahr 2016 wurde von ca. 3.300 Ärzten in etwa 8.000 Behandlungsfällen die gesicherte Diagnose G12.2 (nach International Classification of Diseases [ICD]-10) „Motoneuron-Krankheit “, die auch ALS umfasst, kodiert. Die behandelnden Arztgruppen umfassen dabei in erster Linie die Hausärzte (ca. 2.200 Ärzte), gefolgt von Nervenärzten (ca. 200 Ärzte), Neurologen (ca. 170 Ärzte), Orthopäden (ca. 150 Ärzte) sowie weitere Facharztgruppen/Psychotherapeuten (insgesamt etwa 600 Ärzte). Im akutstationären Bereich steht die Behandlung der ALS als solche nicht im Vordergrund. Wenn vielmehr bei ALS- Patienten eine akutstationäre Versorgung erforderlich wird, dann in der Regel zur Behandlung der auftretenden Begleiterkrankungen . Eine Auswertung der ICD G12.2 „Motoneuron -Krankheit“ hat ergeben, dass im Jahr 2016 in Bayern 118 Krankenhäuser Patienten mit der Diagnose Motoneuron -Krankheit behandelt haben. Erwartungsgemäß liegt hierbei ein gewisser Schwerpunkt bei den Unikliniken und Maximalversorgern. Im Jahr 2016 wurden in Bayern insgesamt 879 entsprechende Krankenhausfälle verzeichnet. Von diesen Patienten sind 96 im Krankenhaus verstorben. Nach Informationen der Fachstellen für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA) werden auch in Hospizeinrichtungen in Bayern ALS- Patienten palliativ versorgt. Bei der Betreuung von an ALS erkrankten Menschen wird ein multiprofessioneller, interdisziplinärer Versorgungsansatz als notwendig erachtet (z. B. palliative Versorgung, Vernetzung der einzelnen Akteure und Professionen, wie bspw. Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie). Dieser notwendige multiprofessionelle Versorgungsansatz findet sich z. B. in Überleitungseinrichtungen für schwer Hirngeschädigte wie die oben genannte Einrichtung ZesS Burghausen . Ebenso wird die Notwendigkeit in der Stärkung der Fachkompetenz, gerade der der Fachkräfte in der Altenpflege , gesehen. Damit steht in Bayern ein weitgefächertes Begleitungs-, Betreuungs- und Therapieangebot für an ALS erkrankte Patienten zur Verfügung. Dieses wird seitens der Staatsregierung als sinnvoll und ausreichend erachtet. Der Staatsregierung , der Bayerischen Krankenhausgesellschaft und der KVB liegen bisher keine Anhaltspunkte für strukturelle Defizite in der Begleitungs-, Betreuungs- und Therapiesituation von ALS-Patienten vor. 3. Wie beurteilt die Staatsregierung Modelle in anderen Ländern, die speziell dieses Angebot vorsehen (Generationenhäuser in Baden-Württemberg)? Das genannte Modell aus Baden Württemberg bietet in seinem Grundsatz in erster Linie barrierefreies Wohnen, mit dem Angebot von ortsnahen niederschwelligen Betreuungsund Unterstützungsleistungen. Zum Vergleich finden sich in Bayern Konzepte zur Gestaltung des Lebensumfeldes, wie Quartierskonzepte mit besonderer Berücksichtigung älterer Menschen. Dies bedeutet , dass eigenständiges Wohnen im bisherigen Zuhause ermöglicht und ein Verbleib älterer Menschen im vertrauten Umfeld länger gesichert wird. Dafür werden, z. B. im Stadtviertel oder im Dorf, kleinteilige sowie personen orientierte Dienstleistungs-, Wohn- und Versorgungsformen geschaffen . Dies erfordert eine gute Vernetzung der lokalen und auch regionalen Dienstleistungen im sozialen Nahraum sowie die Förderung nachbarschaftlicher Strukturen und der aktiven Bürgerbeteiligung. Quartierskonzepte sind nicht nur auf spezifische Problemlagen Einzelner fokussiert, sondern verknüpfen und ergänzen die bestehenden Strukturen mit Blick auf die Versorgungssicherheit aller älteren Menschen im sozialen Nahraum . Grundlage für die Quartierskonzepte sind folgende Bausteine: Wohnen und Grundversorgung, ortsnahe Unterstützung und Pflege sowie Beratung und soziale Netzwerke. Das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS) unterstützt die Entwicklung solcher Quartierskonzepte mit bis zu 80.000 Euro für vier Jahre nach der Förderrichtlinie „Selbstbestimmt Leben im Alter – SeLA“. Es handelt sich hierbei um ein sozialraumorientiertes Konzept als Instrument kommunaler Seniorenpolitik. Ziel ist es, „sorgende Gemeinschaften“ in den Kommunen aufzubauen. Diese Wohnform kann für an ALS erkrankte Menschen insbesondere in der ersten Phase hilfreich sein. Voraussetzung dafür ist der noch aktive und belastungsfähige häuslich Pflegende. Zielführender zeigt sich die Wohnform des betreuten Wohnens angegliedert an eine stationäre Einrichtung. Hierbei ist es von großem Nutzen, dass die von Betroffenen benötigten pflegerischen Leistungen über kurze Wege angeboten werden können. Mit der Möglichkeit des Trägers einer solchen Einrichtung, einen Gesamtversorgungsvertrag mit den Kostenträgern zu schließen, kann hierbei ein höherer Aufwand an Pflegezeit, auch in der Nacht, und eine höhere Kontinuität in der Fachlichkeit angeboten werden. Des Weiteren bietet sich für den an ALS Erkrankten und die pflegenden Angehörigen einfacher und schonender die Möglichkeit, Kurzzeit-/Verhinderungspflege in einer personell vertrauten Umgebung in Anspruch zu nehmen. 4. Wie kann und soll die Umsetzung dieses Bedarfs erfolgen? Die Versorgung von an ALS erkrankten Menschen im fortgeschrittenen Stadium ist sowohl in der Grund- und Behandlungspflege als auch in der Anforderung an die nonverbale Kommunikationsfähigkeit ein komplexes Aufgabenfeld. Während Altenpflegerinnen und Altenpfleger ihre Kernkompetenzen in der grundpflegerischen Versorgung und in der Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/22276 Betreuung und Kommunikation besitzen, verfügt die Fachkraft in der Krankenpflege im Allgemeinen über eine höhere Fachkompetenz in der Behandlungspflege. Neben den in der Antwort zu Frage 3 genannten Ansätzen kann die Einführung der generalistischen Pflegeausbildung einen Beitrag zur besseren Versorgung von an ALS erkrankten Menschen leisten. Um die Pflegeausbildungen weiterzuentwickeln und die darin vermittelten Kompetenzen den veränderten Strukturen und erhöhten Anforderungen in der Pflege anzupassen, wurde auf Bundesebene eine grundlegende Reform der Ausbildung zu den Pflegeberufen auf den Weg gebracht – in Form des im Juli 2017 verabschiedeten Pflegeberufereformgesetzes. Hierin werden die bisher getrennt geregelten Pflegeausbildungen der Kranken-, Alten- und Kinderkrankenpflege in einem neuen Berufsgesetz zusammengefasst. Die generalistische Ausbildung soll diejenigen Kompetenzen vermitteln, die für die selbstständige und umfassende Pflege von Menschen aller Altersstufen in akut und dauerhaft stationären sowie ambulanten Pflegesituationen erforderlich sind. Durch die Modernisierung der Ausbildungsinhalte, eine bessere Ausstattung der Pflegeschulen und mehr Praxisanleitung im Ausbildungsbetrieb gewinnt die Ausbildung an Qualität und Attraktivität. Dies soll die angehenden Pflegenden für die gestiegenen Anforderungen rüsten.