Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Verena Osgyan, Markus Ganserer, Martin Stümpfig BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 11.04.2018 Klinikneubau in Fürth Aus der Presseberichterstattung Anfang des Jahres (u. a. Süddeutsche Zeitung vom 09.04.2018, Nürnberger Nachrichten vom 10.01.2018) wurden einige Details zum geplanten Klinikneubau in Fürth bekannt. Vor diesem Hintergrund wird die Staatsregierung in ihrer Funktion als Rechtsaufsicht Folgendes gefragt: 1.1 Wann haben die Bezirkskliniken Mittelfranken einen Bauantrag zum Zwecke des Klinikneubaus an die Stadt Fürth gestellt? 1.2 Ist dieser bereits beschieden bzw. in welchem Verfahrensstatus befindet sich das Bauverfahren bei der Stadt Fürth derzeit? 2.1 Wann erfuhr der Vorstand der Bezirkskliniken Mittelfranken von der möglichen Existenz des baubehindernden Stollens auf dem geplanten Klinikgelände? 2.2 Wann informierte der Vorstand den Verwaltungsrat über die Existenz dieses Stollens? 2.3 Stellt eine nicht unverzügliche Information gegenüber dem Verwaltungsrat nach Ansicht der Staatsregierung einen Verstoß gegen geltende rechtliche Vorschriften bzw. Sorgfalts- oder Informationspflichten dar? 3. Warum war die Existenz des Stollens weder dem Bauherrn , dem bisherigen Grundstückseigner noch der Stadt Fürth bekannt? 4.1 Ist derzeit ein statisches Gutachten zur Beschaffenheit des Baugrundes in Auftrag? 4.2 Wenn ja, wann ist mit dessen Ergebnis zu rechnen? 4.3 Wenn nein, warum nicht? 5.1 Gibt es bereits Zwischenergebnisse aus einem eventuellen Gutachten? 5.2 Wer wurde mit der Erstellung dieses Gutachtens betraut ? 6. Welche voraussichtlichen Mehrkosten für die Bezirkskliniken Mittelfranken sind durch Bauverzögerung, Begutachtung und eventuelle Beseitigung des Stollens zu erwarten? 7. Gibt es ein Konzept zur Sicherstellung der Betreuung von psychisch erkrankten Patientinnen und Patienten, die ab dem geplanten Fertigstellungstermin eigentlich in Fürth hätten behandelt werden können? 8.1 Sieht die Staatsregierung einen Zusammenhang zwischen der Entlassung der für den Bau zuständigen Angestellten bei den Bezirkskliniken Mittelfranken und ihren Bedenken gegenüber dem Fürther Klinikneubau? 8.2 Kommen bei diesen Kündigungen damit eventuelle arbeitsrechtliche Verstöße in Betracht? Antwort des Staatsministeriums des Innern und für Integration im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Woh nen, Bau und Verkehr sowie dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege vom 18.05.2018 1.1 Wann haben die Bezirkskliniken Mittelfranken ei nen Bauantrag zum Zwecke des Klinikneubaus an die Stadt Fürth gestellt? Der Bauantrag der Bezirkskliniken Mittelfranken ging am 09.02.2016 bei der Bauaufsicht der Stadt Fürth ein. 1.2 Ist dieser bereits beschieden bzw. in welchem Ver fahrensstatus befindet sich das Bauverfahren bei der Stadt Fürth derzeit? Der Bauantrag ist geprüft, eine abschließende Verbescheidung ruht, solange die Statik und Prüfstatik aufgrund des Stollenverlaufs und die Betroffenheit des Baugrundstücks nicht hinreichend geklärt sind. 2.1 Wann erfuhr der Vorstand der Bezirkskliniken Mittelfranken von der möglichen Existenz des bau behindernden Stollens auf dem geplanten Klinik gelände? Der Vorstand der Bezirkskliniken hat mitgeteilt, dass er am 19.07.2016 in einem gemeinsamen Gespräch mit der Stadt Fürth und dem Landesamt für Denkmalpflege über mögliche Stollen am Gelände des Klinikums Fürth und des Baufeldes informiert worden sei. 2.2 Wann informierte der Vorstand den Verwaltungsrat über die Existenz dieses Stollens? Der Vorstand der Bezirkskliniken hat mitgeteilt, dass er in der Sitzung des Verwaltungsrats am 21.06.2016 diesen darüber informiert habe, dass die Stadt Fürth die Tragfähigkeit der Straße aufgrund eines bekannt gewordenen Stollens prüfe. In der Verwaltungsratssitzung am 26.07.2016, nach einem klärenden Gespräch mit dem zuständigen Bauamt der Stadt Fürth und etwaigen Beteiligten (siehe dazu Antwort zu Frage 2.1), sei der Verwaltungsrat darüber informiert worden, dass sich daraus möglicherweise Probleme für das Bauvorhaben ergeben. Seitdem sei der Verwaltungsrat immer wieder über neue Sachstände informiert worden. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter w w w . bayern . landtag . de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter w w w . bayern . landtag . de–Aktuelles/ Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 10.09.2018 Drucksache 17/22288 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/22288 2.3 Stellt eine nicht unverzügliche Information gegen über dem Verwaltungsrat nach Ansicht der Staats regierung einen Verstoß gegen geltende rechtliche Vorschriften bzw. Sorgfalts oder Informations pflichten dar? Da der Verwaltungsrat innerhalb einer Frist von wenigen Tagen informiert worden ist, ist nicht davon auszugehen, dass es an einer unverzüglichen Unterrichtung gefehlt hat. 3. Warum war die Existenz des Stollens weder dem Bauherrn, dem bisherigen Grundstückseigner noch der Stadt Fürth bekannt? Gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) muss das Grundstück nach Lage, Form, Größe und Beschaffenheit für die beabsichtigte Bebauung geeignet sein. Es ist primär Aufgabe des Bauherrn, dafür Sorge zu tragen, ob und inwieweit das Grundstück für die beabsichtigte Bebauung geeignet ist. Im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens wurde bekannt, dass sich im Bereich der Zufahrtsstraße ein nicht zugängliches Tunnelbauwerk befinden könnte. Bei Sondierungen im Jahr 2014 vor der Abgabe der Haushaltsunterlagen und vor Abgabe des Bauantrags hatten sich keinerlei Auffälligkeiten ergeben (vgl. auch die Antwort zu den Fragen 4.1 bis 4.3). Die eingeleiteten Untersuchungen und Erkundungen führten danach zum Auffinden eines Stollens in acht Metern Tiefe unter der öffentlichen Straße. Ausmaß und Verlauf konnten bisher aufgrund von möglicherweise toxischem oder infektiösem Material im Inneren noch nicht abschließend geklärt werden. 4.1 Ist derzeit ein statisches Gutachten zur Beschaf fenheit des Baugrundes in Auftrag? 4.2 Wenn ja, wann ist mit dessen Ergebnis zu rech nen? 4.3 Wenn nein, warum nicht? Derzeit ist kein weiteres Gutachten seitens der Bezirkskliniken Mittelfranken beauftragt. Vielmehr fanden nach Auskunft der Bezirkskliniken Mittelfranken und der Stadt Fürth Sondierungsbohrungen statt, um zu klären, ob der Tunnel negative Auswirkungen auf das Baugrundstück hat. Diese Bohrungen haben die Bezirkskliniken Mittelfranken veranlasst . Nach Auskunft der unteren Bauaufsichtsbehörde der Stadt Fürth und der Bezirkskliniken wird nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse der Sondierungen ausgeschlossen , dass sich der sogenannte Meierskeller vom öffentlichen Straßengrund ausgehend in Richtung der geplanten Baumaßnahme fortsetzt. Ein schriftlicher Ergebnisbericht liegt den Bezirkskliniken nach deren Auskunft allerdings noch nicht vor. Im Baufeld waren bereits im Jahr 2014 vor der Abgabe der Haushaltsunterlage-Bau und vor Abgabe des Bauantrags Sondierungen durchgeführt worden. Dies geschah im Zuge der sowieso notwendigen Baugrunduntersuchung bzw. eines Bodengutachtens. Hier ergaben sich keinerlei Auffälligkeiten , sondern die Tragfähigkeit des Untergrundes wurde bescheinigt. Gleichzeitig wurde für das gesamte Baufeld eine Kampfmittelfreigabe eingeholt. Mit dem Bauantrag wurde dann eine Baustatik bei der Stadt Fürth vorgelegt. Zuvor stand auf dem Baugrund ein achtstöckiges Klinikgebäude mit zwei Kellergeschossen. Die Planung der Bezirkskliniken Mittelfranken sieht ein Gebäude mit zwei oberirdischen Stockwerken und einem Kellergeschoss vor. 5.1 Gibt es bereits Zwischenergebnisse aus einem eventuellen Gutachten? 5.2 Wer wurde mit der Erstellung dieses Gutachtens betraut? Das Gutachten des Sachverständigeninstituts für Geotechnik Nürnberg, das zusammen mit dem Bauantrag vorgelegt worden war, hatte keine Auffälligkeiten ergeben. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 4.1 bis 4.3 verwiesen. 6. Welche voraussichtlichen Mehrkosten für die Be zirkskliniken Mittelfranken sind durch Bauverzö gerung, Begutachtung und eventuelle Beseitigung des Stollens zu erwarten? Die Bezirkskliniken Mittelfranken rechnen aufgrund der eingetretenen Bauverzögerung, der damit einhergehenden Preisentwicklung, Mehrleistungen (z. B. Probebohrungen im Baufeld bzw. Umfeld) und möglicher Rechtsstreitigkeiten mit einem Mehraufwand in Höhe von rd. 2 Mio. Euro. 7. Gibt es ein Konzept zur Sicherstellung der Betreu ung von psychisch erkrankten Patientinnen und Patienten, die ab dem geplanten Fertigstellungs termin eigentlich in Fürth hätten behandelt werden können? Die psychiatrische Versorgung in Mittelfranken wird durch die Bezirkskliniken Mittelfranken sowie das Klinikum Nürnberg und das Universitätsklinikum Erlangen sichergestellt. Die stationäre psychiatrische Versorgung von Patienten aus Stadt und Landkreis Fürth erfolgt im Rahmen der Fachrichtung Psychiatrie und Psychotherapie überwiegend am Klinikum am Europakanal. In Fürth besteht bereits eine psychiatrische Tagesklinik der Bezirkskliniken Mittelfranken mit 20 teilstationären Plätzen, die zur vollstationären Klinik mit 100 Betten/20 Plätzen erweitert wird. Bei der Psychiatrischen Klinik Fürth handelt es sich um eine Dezentralisierungsmaßnahme der psychiatrischen Versorgung, die durch Verlagerung von Kapazitäten (Betten) aus dem Klinikum am Europakanal Erlangen entsteht. Der entsprechende Kapazitätsabbau am Klinikum am Europakanal wird erst mit Inbetriebnahme der Einrichtung in Fürth wirksam. 8.1 Sieht die Staatsregierung einen Zusammenhang zwischen der Entlassung der für den Bau zustän digen Angestellten bei den Bezirkskliniken Mit telfranken und ihren Bedenken gegenüber dem Fürther Klinikneubau? 8.2 Kommen bei diesen Kündigungen damit eventuel le arbeitsrechtliche Verstöße in Betracht? Gegenstand der staatlichen Rechtsaufsicht über die Bezirkskliniken Mittelfranken ist es gemäß Art. 77 Abs. 3 und Art. 91 Abs. 1 der Bezirksordnung (BezO), die Erfüllung der gesetzlich festgelegten und übernommenen öffentlichrechtlichen Aufgaben und Verpflichtungen und die Gesetzmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit zu überwachen. Spekulationen über arbeitsvertragliche Verhältnisse verbieten sich für die staatlichen Rechtsaufsichtsbehörden von vornherein, da diese nicht der aufsichtlichen Bewertung unterliegen.