Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Jutta Widmann FREIE WÄHLER vom 06.04.2018 Mittelschulen und Kombiklassen Ich frage die Staatsregierung: 1. Gibt es in Bayern mittlerweile Kombiklassen an Mittelschulen ? 2.1 Wo sind solche Kombiklassen an Mittelschulen geplant ? 2.2 Wenn ja, aus welchem Grund? 2.3 Wenn ja, sieht das Staatsministerium für Unterricht und Kultus (StMUK) solche Kombiklassen an Mittelschulen als zukunftsträchtiges Modell für den Erhalt kleinerer Schulen an? 3.1 Wie würden solche Kombiklassen aussehen (z. B. 5. und 6. Klasse kombiniert – wie ginge es weiter?)? 3.2 Gibt es bereits Lehrpläne? 3.3 Wenn nein, wie lange würde dies dauern? 4. Am Beispiel Arnstorf/Johanniskirchen/Eichendorf: Sollen aus Sicht des StMUK und des Schulamtes alle drei Schulstandorte erhalten bleiben? 5. Welche Mindestklassenstärken gibt es aus Sicht des StMUK und des Schulamtes, um einen Schulerhalt zu garantieren? 6. Wie viele Schüler kommen im Lauf ihrer Schullaufbahn von den weiterführenden Schulen wieder zurück auf die Mittelschule an den drei genannten Standorten (alle Jahrgangsstufen der letzten fünf Jahre)? 7.1 Welche Planungssicherheiten haben die Schulen an den drei genannten Standorten für die nächsten fünf bis zehn Jahre im Hinblick auf den Erhalt der Standorte ? 7.2 Welche Sicherheiten haben die Sachaufwandsträger der Gemeinden, die viel Geld für die Digitalisierung in die Hand nehmen, im Hinblick auf die Standorterhaltung ? 8. Gibt es aus Sicht des StMUK unter Beibehaltung der Schulsprengel eine gewisse Flexibilität im Hinblick auf Schülerbewegungen, damit kleine Schulstandorte gehalten werden können und aus größeren Schulstandorten Kinder zu kleineren Schulen gebracht werden können (und damit auch größere Klassen entlastet werden könnten)? Antwort des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 28.05.2018 1. Gibt es in Bayern mittlerweile Kombiklassen an Mittelschulen? 2.1 Wo sind solche Kombiklassen an Mittelschulen geplant? 2.2 Wenn ja, aus welchem Grund? 2.3 Wenn ja, sieht das Staatsministerium für Unter richt und Kultus (StMUK) solche Kombiklassen an Mittelschulen als zukunftsträchtiges Modell für den Erhalt kleinerer Schulen an? 3.1 Wie würden solche Kombiklassen aussehen (z. B. 5. und 6. Klasse kombiniert – wie ginge es wei ter?)? 3.2 Gibt es bereits Lehrpläne? 3.3 Wenn nein, wie lange würde dies dauern? Die Bildung jahrgangskombinierter Klassen ist gesetzlich an staatlichen Schulen für den Grundschulbereich, nicht aber für den Mittelschulbereich vorgesehen (vgl. Art. 32 Abs. 2 und Art. 32a Abs. 2 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen – BayEUG). Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen sind hierfür auch fachlichpädagogische Gesichtspunkte maßgeblich. Beispielsweise sehen die Jahrgangsstufen 5 und 6 an der Mittelschule unterschiedliche Arbeitsweisen und Zielsetzungen vor. Auch eine Kombination höherer Jahrgangsstufen ist an der Mittelschule wie auch an anderen weiterführenden Schulen – insbesondere im Hinblick auf eine optimale Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf den Abschluss – nicht vorgesehen , um den fachlichen Anspruch und den gesetzlichen Bildungsauftrag der Mittelschule zu sichern. Jahrgangsstufenübergreifender Unterricht ist nur in Ausnahmefällen und nur für bestimmte Fächer denkbar. Über die Einrichtung von jahrgangsstufenübergreifendem Unterricht in den Pflichtfächern Religionslehre, Ethik und Sport entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter unter Beachtung der amtlichen Vorgaben für die Klassen- und Gruppenbildung (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 1 Mittelschulordnung – MSO). Bei Wahlpflichtfächern oder Wahlfächern ist in besonderen Fällen ein jahrgangsstufenübergreifender Unterricht möglich (vgl. § 9 Abs. 3 MSO). Die Einzelheiten müssten vor Ort auch mit der Verbundkoordinatorin bzw. dem Verbundkoordinator und im Verbundausschuss im Gesamtkontext der Klassenbildung erörtert werden. Vor diesem Hintergrund gibt es an staatlichen Mittelschulen bislang keine jahrgangskombinierten Klassen. Die Frage , ob für jahrgangskombinierte Klassen eigene Lehrpläne erforderlich wären bzw. wie lange ihre Erstellung dauern würde, stellt sich daher nicht. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter w w w. bayern. landtag. de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter w w w . bayern .landtag . de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 17.09.2018 Drucksache 17/22305 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/22305 4. Am Beispiel Arnstorf/Johanniskirchen/Eichendorf: Sollen aus Sicht des StMUK und des Schulamtes alle drei Schulstandorte erhalten bleiben? Ziel des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (StMUK) ist es, möglichst viele Mittelschulen zu erhalten. Dies gilt auch für die Closen-Mittelschule Arnstorf, die Mittelschule Johanniskirchen (beide Landkreis Rottal-Inn) und die Joseph-von-Eichendorff-Mittelschule Eichendorf (Landkreis Dingolfing-Landau). Die Frage nach dem Erhalt von bestimmten Mittelschulen ist aber weder vom StMUK noch vom jeweiligen Staatlichen Schulamt zu beantworten. Die konkreten Umstände vor Ort sind insoweit von hoher Bedeutung . Die Voraussetzungen für den Betrieb von staatlichen Mittelschulen sind in Art. 32a BayEUG geregelt. Dabei ist insbesondere zu erwähnen, dass einer Mittelschule im Verbund erst dann die Auflösung droht, wenn sie keine Klasse mehr umfasst, sofern nicht der Schulaufwandsträger einen Antrag auf Auflösung stellt, vgl. Art. 32a Abs. 4 Satz 1 BayEUG. Über die Auflösung von staatlichen Mittelschulen entscheidet die örtlich zuständige Regierung, vgl. Art. 26 BayEUG. 5. Welche Mindestklassenstärken gibt es aus Sicht des StMUK und des Schulamtes, um einen Schul erhalt zu garantieren? Im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der Hauptschule zur Mittelschule wurde, um insbesondere den Fortbestand kleinerer Mittelschulen zu ermöglichen, ein nach der Gesamtschülerzahl der Schulen im Verbund errechnetes Budget von Lehrerstunden eingeführt. Dieses Gesamtbudget wird dem Verbund zugewiesen. Dabei liegt die Entscheidung über die Klassenbildung, die Standorte der Klassen und die Klassenstärken in den Händen der Verbundkoordinatorin bzw. des Verbundkoordinators, die bzw. der die Planungen auf der Grundlage der vom StMUK übermittelten Richtlinien vornimmt. Die Richtlinien werden unter Beachtung organisatorischer Erfordernisse jährlich neu festgelegt. Die für das Schuljahr 2017/2018 gültigen Richtlinien zur Klassenbildung an Mittelschulen geben keine Mindestschülerzahl für Klassen an Mittelschulen vor, sondern legen lediglich fest, dass im Rahmen der verbundbezogenen Lösungen auf eine ausgewogene Klassenbildung zu achten ist. Dabei sollen insbesondere Klassen in der Jahrgangsstufe 5 so errichtet werden, dass ein Bestand bis Jahrgangsstufe 9 erwartet werden kann. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die Klassen in Jahrgangsstufe 5 mit mindestens 15 Schülern gebildet werden . Als Höchstschülerzahl gilt an Mittelschulen die Zahl 30 als unverbindliche Richtzahl. Diese Grundsätze gelten auch für das Schuljahr 2018/2019. Die Entscheidung, ob die Spielräume des einem Verbund zur Verfügung stehenden Budgets zugunsten kleiner Klassen oder für die Errichtung von weiteren Arbeitsgemeinschaften oder Förderunterricht verwendet werden, liegt in der Zuständigkeit der Verbundkoordinatorin bzw. des Verbundkoordinators und hängt auch von den jährlich veränderlichen Rahmenbedingungen (z. B. Wohnorte der Schülerinnen und Schüler etc.) ab. 6. Wie viele Schüler kommen im Lauf ihrer Schullauf bahn von den weiterführenden Schulen wieder zurück auf die Mittelschule an den drei genannten Standorten (alle Jahrgangsstufen der letzten fünf Jahre)? Im Rahmen des Verfahrens Amtliche Schuldaten werden an den allgemein bildenden Schulen jährlich zum Stichtag 01.10. die Abgänger- und Absolventendaten für den Zeitraum der vorangegangenen zwölf Monate erhoben. Diese bilden die Grundlage für Auswertungen zu den Schulartwechslern , welche aus Sicht der abgebenden Schule betrachtet werden. Die zum 01.10.2016 erhobenen Daten zu den Schulartwechslern beziehen sich beispielsweise auf den Erhebungszeitraum 02.10.2015 bis 01.10.2016. Informationen über den genauen Zeitpunkt des Schulartwechsels der einzelnen Schüler liegen nicht vor, in der überwiegenden Zahl der Fälle dürfte der Schulartwechsel jedoch mit dem Übergang zum neuen Schuljahr erfolgen. Die zum 01.10.2017 erhobenen Daten zu den Schulartwechslern stehen derzeit noch nicht vollständig plausibilisiert zur Verfügung, weshalb in der nachfolgenden Beantwortung auf die fünf vorangegangenen Erhebungszeiträume Bezug genommen wird. Eine Darstellung der Anzahl der Schulartwechsler auf der Ebene der drei in der Antwort zu Frage 4 genannten Einzelschulen oder in Aufgliederung nach der zuletzt besuchten Jahrgangsstufe hätte die Darstellung von zahlreichen Einzelfällen zur Folge. Neben der damit verbundenen geringen statistischen Aussagekraft wäre eine Abbildung in dieser Feinheit aus datenschutzrechtlichen Aspekten problematisch , da Rückschlüsse auf Einzelpersonen nicht ausgeschlossen werden könnten. Die Auswertung wurde daher auf der Ebene der beiden zugrunde liegenden Landkreise vorgenommen. Die Anzahl der Schulartwechsler der Wirtschaftsschule, der Realschule bzw. des Gymnasiums an die Mittel-/Hauptschule im Landkreis Rottal-Inn ist in nachfolgender Tabelle 1 zu Frage 6 ausgewiesen. Drucksache 17/22305 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Tabelle 1 zu 6. Schulartwechsler an die Mittel/Hauptschule im Landkreis RottalInn Zeitraum Schulartwechsler im Landkreis Rottal-Inn aus den Jahrgangsstufen 5 bis 10 von der Wirtschaftsschule an die Mittel-/Hauptschule von der Realschule an die Mittel-/Hauptschule vom Gymnasium an die Mittel-/ Hauptschule 02.10.2011 bis 01.10.2012 - 50 15 02.10.2012 bis 01.10.2013 - 62 10 02.10.2013 bis 01.10.20141 - 62 10 02.10.2014 bis 01.10.2015 - 47 10 02.10.2015 bis 01.10.2016 - 50 17 1 Bei den Schularten Realschule und Gymnasium stehen aufgrund einer Umstellung des Erhebungsverfahrens zu den Schulartwechslern im Zeitraum 02.10.2013 bis 01.10.2014 keine belastbaren Daten zur Verfügung, sodass ersatzweise die zum 01.10.2013 erhobenen Daten zu den Schulartwechslern im Zeitraum 02.10.2012 bis 01.10.2013 ausgewiesen wurden. In identischer Struktur zu Tabelle 1 zu Frage 6 enthält die folgende Tabelle 2 zu Frage 6 die entsprechenden Daten zu den Schulartwechslern im Landkreis Dingolfing-Landau. Tabelle zu Frage 6 Tabelle 2 zu 6. Schulartwechsler an die Mittel/Hauptschule im Landkreis DingolfingLandau Zeitraum Schulartwechsler im Landkreis Dingolfing-Landau aus den Jahrgangsstufen 5 bis 10 von der Wirtschaftsschule an die Mittel-/Hauptschule von der Realschule an die Mittel-/Hauptschule vom Gymnasium an die Mittel-/ Hauptschule 02.10.2011 bis 01.10.2012 - 49 - 02.10.2012 bis 01.10.2013 - 48 4 02.10.2013 bis 01.10.20141 - 48 4 02.10.2014 bis 01.10.2015 - 60 1 02.10.2015 bis 01.10.2016 - 53 5 1 Bei den Schularten Realschule und Gymnasium stehen aufgrund einer Umstellung des Erhebungsverfahrens zu den Schulartwechslern im Zeitraum 02.10.2013 bis 01.10.2014 keine belastbaren Daten zur Verfügung, sodass ersatzweise die zum 01.10.2013 erhobenen Daten zu den Schulartwechslern im Zeitraum 02.10.2012 bis 01.10.2013 ausgewiesen wurden. Es sei angemerkt, dass mit dem Wechsel eines Schülers an eine andere Schulart keine endgültige Entscheidung über den zu erreichenden Schulabschluss einhergeht. Entgegen der Formulierung der Frage handelt es sich auch bei der Mittelschule um eine weiterführende Schulart. Insbesondere können Schüler, die von der Realschule oder dem Gymnasium an eine Mittel-/Hauptschule wechseln, über den M- Zweig den Mittleren Schulabschluss erwerben. Durch den anschließenden Besuch der Beruflichen Oberschule ist ferner der Erwerb einer Hochschulreife möglich. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/22305 7.1 Welche Planungssicherheiten haben die Schulen an den drei genannten Standorten für die nächsten fünf bis zehn Jahre im Hinblick auf den Erhalt der Standorte? 7.2 Welche Sicherheiten haben die Sachaufwandsträ ger der Gemeinden, die viel Geld für die Digitali sierung in die Hand nehmen, im Hinblick auf die Standorterhaltung? Auf die Antworten zu den Fragen 4 und 5 wird verwiesen. 8. Gibt es aus Sicht des StMUK unter Beibehaltung der Schulsprengel eine gewisse Flexibilität im Hin blick auf Schülerbewegungen, damit kleine Schul standorte gehalten werden können und aus größe ren Schulstandorten Kinder zu kleineren Schulen gebracht werden können (und damit auch größere Klassen entlastet werden könnten)? Schülerinnen und Schüler einer Mittelschule erfüllen ihre Schulpflicht in der Schule, in deren Schulsprengel sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Für die an einem Schulverbund beteiligten Mittelschulen bestimmt die Regierung einen gemeinsamen Sprengel. Soweit innerhalb eines Sprengels mehrere Mittelschulen bestehen, haben die Erziehungsberechtigten das Recht, eine Schule zu wählen. Die Wahlfreiheit kann insbesondere durch Bestimmungen der Verbundvereinbarung beschränkt werden; die Beschränkungen gelten nicht, soweit zwingende persönliche Gründe zum Besuch einer anderen Schule im Verbund bestehen (vgl. Art. 42 Abs. 1 und Art. 32 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. Art. 32a Abs. 3 Satz 4 BayEUG). Gastschulverhältnisse können von den zuständigen Stellen vor Ort nach Art. 43 BayEUG begründet werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen.