Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Christian Magerl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 03.05.2018 Internationale Aktivitäten der Flughafen München GmbH (FMG) „Erfolg für das Consulting-Team der Flughafen München GmbH (FMG): Die Beratung der Holdinggesellschaft EMCO, die sich um die Konzession für den Neubau und Betrieb des Hauptstadtflughafens von Honduras beworben hatte, führte zum Erfolg.“ (Presseerklärung der Flughafen München GmbH, FMG) Kürzlich besuchte FMG-Chef Dr. Michael Kerkloh Honduras und ließ sich zusammen mit Lenir Pérez, dem Chef von PIA S. A./EMCO, auf der Baustelle des Flughafens Palmerola von der Presse fotografieren. Mitte 2017 hat die FMG die Tochterfirma Munich Airport International GmbH (MAI) gegründet. Dr. Ralf Gaffal, Managing Director der MAI, hat zudem die Gründung eigener Vertriebsbüros in Asien, im Mittleren Osten sowie in Mittel- und Südamerika angekündigt , um „schneller und effektiver auf Kundenbedürfnisse und Markterfordernisse reagieren können – hierbei sind wir auch an Kooperationen mit lokalen, strategischen Partnern interessiert“ (FMG-Pressemitteilung). Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Sind der Staatsregierung die Aktivitäten der FMG in Honduras bekannt? b) Was genau sind die Aktivitäten der FMG in Zusammenhang mit dem Flughafen Palmerola, nachdem die FMG Presseberichte dementiert hat, sie würde den neuen Flughafen betreiben? c) Wie beurteilt die Staatsregierung den „Erfolg“ der FMG angesichts der Tatsache, dass die honduranische Zivilgesellschaft die Bedingungen der Konzession, die ausschließlich das Unternehmen Palmerola International Airport S. A. (PIA) begünstigen, heftig kritisiert hat? 2. Wie beurteilt die Staatsregierung die Aktivitäten der FMG in Honduras angesichts der Tatsache, dass Lenir Pérez massive Menschenrechtsverletzungen (Entführung von internationalen Menschenrechtsbeobachterinnen und Menschenrechtsbeobachtern und Morddrohungen gegen diese und andere missliebige Personen) und Gesetzesverstöße (u. a. schwere Bestechung in mehreren Fällen) in Bezug auf seine Aktivitäten als Betreiber von Bergbauunternehmen vorgeworfen werden? 3. Wie beurteilt die Staatsregierung die fehlenden ethischen Standards der FMG bei der Wahl ihrer Geschäftspartner ? 4. Wurde für die Kooperation der FMG mit EMCO Inversiones bzw. wird für die Zusammenarbeit mit der PIA S. A. ein Risikoassessment im Hinblick auf die Prävention von Korruption und die Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten in allen Geschäftsbeziehungen gemäß den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte durchgeführt? Wenn ja, in welcher Form wird die in den Leitprinzipien geforderte Transparenz sichergestellt? Wenn nein, warum nicht? 5. Wie schützt der Freistaat als Mehrheitsanteilseigner – auch im Geiste der staatlichen Verpflichtungen, die sich aus den Demokratie- und Menschenrechtsklauseln des Assozierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und den zentralamerikanischen Staaten ergeben – die Geschäftstätigkeiten z. B. der FMG vor den Folgen von Konflikten, die sich bei Megaprojekten in Ländern wie Honduras nahezu zwangsläufig ergeben (wie historische Landkonflikte, Vertreibungen, irreparable Umweltschäden, Schäden an Kulturgütern und weitere Schäden für die betroffene Bevölkerung)? 6. Wie stellt die Staatsregierung sicher, dass es durch Geschäftstätigkeiten, wie z. B.der FMG in Ländern wie Honduras, nicht dazu kommt, dass indirekt (durch die Wahl der Geschäftspartner und deren geschäftliche Verflechtungen) oder direkt (im Rahmen der Durchführung und des Betriebs von Megaprojekten, wie z. B. dem Flughafen Palmerola) Praktiken gestärkt werden, die mit dem Einsatz von Geldern aus illegalen Geschäften (Geldwäsche, Steuerhinterziehung etc.) zu tun haben? 7. a) Gibt es Kriterien für „Kooperationen mit lokalen, strategischen Partnern“ im Ausland, wenn ja, welche? b) Wurden diese Kriterien in allen bisherigen Fällen von Kooperationen eingehalten und wie wird die Einhaltung dieser Kriterien kontrolliert? 8. Sollte es keine solchen Kriterien (siehe Frage 7) geben, hält die Staatsregierung die Schaffung solcher Kriterien für notwendig, wenn nein, weshalb nicht, wenn ja, wie würden diese aussehen und wann würden diese eingefordert? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter w w w. bayern. landtag. de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter w w w . bayern .landtag . de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 03.08.2018 Drucksache 17/22357 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/22357 Antwort des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat auf der Basis einer Stellungnahme der Flughafen München GmbH vom 05.06.2018 1. a) Sind der Staatsregierung die Aktivitäten der FMG in Honduras bekannt? b) Was genau sind die Aktivitäten der FMG in Zusammenhang mit dem Flughafen Palmerola, nachdem die FMG Presseberichte dementiert hat, sie würde den neuen Flughafen betreiben? c) Wie beurteilt die Staatsregierung den „Erfolg“ der FMG angesichts der Tatsache, dass die honduranische Zivilgesellschaft die Bedingungen der Konzession, die ausschließlich das Unternehmen Palmerola International Airport S. A. (PIA) begünstigen , heftig kritisiert hat? Die Flughafen München GmbH (FMG) hat die Holdinggesellschaft EMCO zunächst bei der Bewerbung um die Konzession für den Neubau und Betrieb des Hauptstadtflughafens von Honduras beraten. Die EMCO bzw. deren Tochtergesellschaft , Palmerola International Airport S. A. (PIA), hat 2015/2016 diese Konzession erhalten. Der Flughafen Palmerola wird von der PIA betrieben. Die Munich Airport International GmbH (MAI), eine 100-Prozent-Tochtergesellschaft der FMG, in die 2017 das internationale Beratungsgeschäft der FMG ausgegliedert wurde, erbringt in diesem Zusammenhang Beratungs- und Trainingsleistungen an die PIA. Weder die FMG noch die MAI werden den Flughafen Palmerola betreiben bzw. sind an der PIA beteiligt. Das öffentliche Vergabeverfahren der Konzession ist aus Sicht der FMG bzw. ihrer Tochtergesellschaft MAI transparent und fair abgelaufen: Eine Übervorteilung des Konzessionärs gegenüber dem honduranischen Staat ist nicht erkennbar. Dies bestätigt auch die Deutsch-Honduranische Industrie- und Handelskammer in Honduras. 2. Wie beurteilt die Staatsregierung die Aktivitäten der FMG in Honduras angesichts der Tatsache, dass Lenir Pérez massive Menschenrechtsverletzungen (Entführung von internationalen Menschenrechtsbeobachterinnen und Menschenrechtsbeobachtern und Morddrohungen gegen diese und andere missliebige Personen) und Gesetzesverstöße (u. a. schwere Bestechung in mehreren Fällen) in Bezug auf seine Aktivitäten als Betreiber von Bergbauunternehmen vorgeworfen werden? Zu den genannten Vorwürfen gegen Lenir Pérez hat die FMG bzw. MAI nach deren eigenen Angaben keine Kenntnis . 3. Wie beurteilt die Staatsregierung die fehlenden ethischen Standards der FMG bei der Wahl ihrer Geschäftspartner? Die Einhaltung nationaler und internationaler Normen und Standards ist konzernweit für die FMG in internen Vorschriften festgelegt. Auch im Rahmen der Markenpositionierung der FMG wird klargestellt, dass wirtschaftlicher Erfolg im Gleichgewicht mit u. a. sozialem und gesellschaftlichem Engagement stehen soll. 4. Wurde für die Kooperation der FMG mit EMCO Inversiones bzw. wird für die Zusammenarbeit mit der PIA S. A. ein Risikoassessment im Hinblick auf die Prävention von Korruption und die Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten in allen Geschäftsbeziehungen gemäß den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte durchgeführt ? Wenn ja, in welcher Form wird die in den Leitprinzipien geforderte Transparenz sichergestellt ? Wenn nein, warum nicht? Die FMG bzw. MAI wendet bei der Auswahl ihrer Geschäftspartner eine Sanktionslistenprüfung sowie eine ausführliche Compliance-Due-Diligence-Prüfung an. Diese Prüfungen – inklusive einer Länderrisikoprüfung – wurden vor Abschluss des Beratungsvertrags mit PIA von der FMG ohne negatives Ergebnis durchgeführt (vgl. Antwort zu Frage 7 a). 5. Wie schützt der Freistaat als Mehrheitsanteilseigner – auch im Geiste der staatlichen Verpflichtungen , die sich aus den Demokratie- und Menschenrechtsklauseln des Assozierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und den zentralamerikanischen Staaten ergeben – die Geschäftstätigkeiten z. B. der FMG vor den Folgen von Konflikten, die sich bei Megaprojekten in Ländern wie Honduras nahezu zwangsläufig ergeben (wie historische Landkonflikte, Vertreibungen, irreparable Umweltschäden, Schäden an Kulturgütern und weitere Schäden für die betroffene Bevölkerung )? Die FMG bzw. MAI wendet bei der Auswahl der Projekte entsprechende Prüfstandards (s. Antwort zu Frage 7) an. Ziel der Prüfung ist, die Beteiligung an Projekten auszuschließen , wenn es dabei zu in der Fragestellung genannten Konflikten kommen kann. Bei dem konkreten Projekt konnten die FMG bzw. MAI nach deren eigenen Angaben keine entsprechenden Konflikte feststellen. Durch die Verlagerung des Flugbetriebs aus der Hauptstadt Tegucigalpa an den Flughafen Palmerola wird zudem einer der aus luftverkehrlicher Sicht gefährlichsten Flughäfen der Welt geschlossen. Auch die spanische Regierung unterstützt das Projekt durch Direktinvestitionen in zweistelliger Millionenhöhe. Drucksache 17/22357 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Der Flughafen Palmerola wird auf Grundstücken errichtet, die sich im staatlichen Eigentum neben einer bestehenden honduranischen und US-amerikanischen Airbase befinden. Die Start- und Landebahn sowie das Rollwegsystem bestehen bereits. Deshalb bestehen keine Anhaltspunkte, dass Vertreibungen, Landkonflikte, irreparable Umweltschäden oder sonstige Schäden für die betroffene Bevölkerung zu erwarten sind. 6. Wie stellt die Staatsregierung sicher, dass es durch Geschäftstätigkeiten, wie z. B. der FMG in Ländern wie Honduras, nicht dazu kommt, dass indirekt (durch die Wahl der Geschäftspartner und deren geschäftliche Verflechtungen) oder direkt (im Rahmen der Durchführung und des Betriebs von Megaprojekten, wie z. B. dem Flughafen Palmerola ) Praktiken gestärkt werden, die mit dem Einsatz von Geldern aus illegalen Geschäften (Geldwäsche, Steuerhinterziehung etc.) zu tun haben ? Durch die FMG bzw. MAI werden jeweils entsprechende Prüfungen durchgeführt (siehe Antwort zu Frage 4). Der Neubau und Betrieb des Flughafens Palmerola wird durch Eigenkapital des Konzessionärs PIA, Fremdkapital (Bankenfinanzierung ), Kapital des honduranischen Staates und Kapital des spanischen Staates finanziert. Der Einsatz von Geldern aus illegalen Geschäften konnte seitens der FMG bzw. MAI nach deren eigenen Angaben weder bei den durchgeführten Prüfungen noch in der laufenden Geschäftsbeziehung festgestellt werden. 7. a) Gibt es Kriterien für „Kooperationen mit lokalen, strategischen Partnern“ im Ausland, wenn ja, welche ? b) Wurden diese Kriterien in allen bisherigen Fällen von Kooperationen eingehalten und wie wird die Einhaltung dieser Kriterien kontrolliert? 8. Sollte es keine solchen Kriterien (siehe Frage 7) geben, hält die Staatsregierung die Schaffung solcher Kriterien für notwendig, wenn nein, weshalb nicht, wenn ja, wie würden diese aussehen und wann würden diese eingefordert? Die FMG bzw. ihre Tochtergesellschaft MAI führen vor sämtlichen Projekten eine Risikoprüfung in den Bereichen „Länderrisiko “, „Kundenrisiko“ und „Projektrisiko“ durch, um zu einer kumulierten Gesamtrisikobewertung eines Projektes zu gelangen. Auf dieser Basis werden Entscheidungen über die Durchführbarkeit eines Projektes getroffen. Die Risikoprüfung im Bereich „Projektrisiko“ basiert auf einer rein wirtschaftlichen Evaluation. Die entsprechenden Kriterien der Länder- und Kundenrisikoprüfung lauten wie folgt: Länderrisiko (in Klammern die jeweilige Quelle): – politische Stabilität und Vorhandensein von Gewalt/Terrorismus (Weltbank); – Korruption (Weltbank;) – Rechtsstaatlichkeit (Weltbank); – Demokratisierung (Weltbank); – Wirtschaftswachstum (International Monetary Fund); – Inflation (International Monetary Fund); – Reisesicherheit (SOS International); – medizinisches Risiko (SOS International); – „Ease of Doing Business“ (Weltbank); – Lebensqualität (Weltbank); – Beziehung zu Deutschland (lokale Experteneinschätzung ). Kundenrisiko: – Kreditwürdigkeit; – Sanktionslistenprüfung; – Erfahrungen der FMG/MAI; – Interessenkonflikte; – Presseberichte zum Kunden; – „Brain drain by competition“ (Gefahr, dass betriebliches Wissen von Wettbewerbern abgegriffen wird). Diese Kriterien wurden bei der Anbahnung von Vertragsbeziehungen jeweils geprüft und eingehalten. Die Prüfung erfolgt sowohl im Akquiseprozess als auch später im Durchführungsprozess über interne Kontrollmechanismen der FMG bzw. MAI.