Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Herbert Kränzlein SPD vom 17.04.2018 Personalbeschaffung sowie Personalfinanzierung an bayerischen Krankenhäusern Der akute Personalmangel im Pflegebereich betrifft nahezu alle bayerischen Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft. Auf EU-Ebene wurde 2015 eine Studie vorgestellt für effektive Strategien für die Anwerbung und Bindung von Fachkräften im Gesundheitswesen. Internationale Fachkräfterekrutierung aus EU-Staaten sowie Bürokratieabbau wurden für die deutsche Pflegelandschaft als Lösung aufgezeigt. Neben dem Mangel an Fachpersonal führt die derzeitig unzureichende staatliche Investitionsförderung zu fehlgeleiteten Ausgaben von Sanierungsmaßnahmen aus dem Topf der Betriebskosten zulasten des zur Verfügung stehenden Budgets für Personalkosten. Daher frage ich die Staatsregierung: 1. In wie vielen bayerischen Krankenhäusern, die sich in öffentlicher Trägerschaft befinden, wurden in den letzten fünf Jahren Investitionsmaßnahmen aus den zur Verfügung stehenden Mitteln der Betriebskosten finanziert (bitte auflisten für die Geschäftsjahre 2012–2017 unterteilt nach Regierungsbezirk und mit Darstellung des jährlichen prozentualen Zuwachses oder ggf. Rückgangs)? 2. a) Gibt es staatliche koordinierte bzw. staatlich finanzierte Maßnahmen zur Personalbedarfsplanung bzw. Personalbeschaffung an öffentlichen bayerischen Kliniken ? b) Wenn ja, welche? c) Wenn nein: Hält es die Staatsregierung für sinnvoll, koordinierte Maßnahmen zur Personalgewinnung für alle bayerischen Kliniken in öffentlicher Hand zu initiieren ? 3. Inwiefern gibt es Bestrebungen der Staatsregierung, die in der EU-Studie von 2015 vorgeschlagene Strategie der Fachkräfterekrutierung aus EU-Staaten von staatlicher Seite als Mittel gegen den Pflegepersonalmangel zu unterstützen? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 30.05.2018 1. In wie vielen bayerischen Krankenhäusern, die sich in öffentlicher Trägerschaft befinden, wurden in den letzten fünf Jahren Investitionsmaßnahmen aus den zur Verfügung stehenden Mitteln der Betriebskosten finanziert (bitte auflisten für die Geschäftsjahre 2012–2017 unterteilt nach Regierungsbezirk und mit Darstellung des jährlichen prozentualen Zuwachses oder ggf. Rückgangs)? Die Finanzierung der Krankenhäuser erfolgt in Deutschland über zwei Säulen: Die gesetzlichen Krankenkassen und die private Krankenversicherung tragen die Betriebskosten, etwa für die abgerechneten medizinischen Leistungen und das Klinikpersonal. Die Länder verantworten die Investitionen , und zwar sowohl für die Klinikgebäude als auch deren Erhaltung sowie die medizinischen Großgeräte, die im Krankenhaus zum Einsatz kommen. Der Freistaat Bayern kommt der gesetzlichen Finanzierungsverpflichtung in der Krankenhausförderung vorbildlich nach. Seit Einführung der staatlichen Investitionskostenfinanzierung 1972 wurden in diesem wichtigen Bereich der Daseinsvorsorge gemeinsam mit den Kommunen insgesamt etwa 23 Mrd. Euro für Investitionen in den Krankenhäusern aufgebracht. Allein im Zeitraum 2008 bis 2017 (zehn Jahre) wurden 225 Investitionsvorhaben mit einem Gesamtkostenvolumen von rd. 3,2 Mrd. Euro zur Finanzierung in ein Jahreskrankenhausbauprogramm eingeplant. Im Februar 2018 hat der Landtag zusätzlich eine Anhebung des Krankenhausförderetats um 140 Mio. Euro auf rund 643 Mio. Euro beschlossen. Das ist ein Zuwachs von ungefähr 28 Prozent. Mit diesen Leistungen nimmt Bayern im Ländervergleich eine Spitzenposition ein. Einen Investitionsstau oder eine nennenswerte Warteliste für Bauvorhaben gibt es nicht. Aufgrund der dargestellten Finanzierungssituation geht die Staatsregierung davon aus, dass alle Investitionen in die akutstationären Versorgungsstrukturen im bedarfsnotwendigen Umfang aus staatlichen Mitteln bedient werden können. Inwieweit Krankenhausträger darüber hinaus Investitionen in ihre Kliniken tätigen, in welche Bereiche sie investieren und über welche Finanzierungsarten sie diese Vorhaben finanzieren, ist der Staatsregierung nicht bekannt. Als selbstständig agierende Wirtschaftsbetriebe unterliegen die Krankenhäuser diesbezüglich weder einer Berichts- noch einer Nachweispflicht gegenüber der Staatsregierung. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter w w w. bayern. landtag. de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter w w w . bayern .landtag . de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 17.09.2018 Drucksache 17/22556 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/22556 2. a) Gibt es staatliche koordinierte bzw. staatlich finanzierte Maßnahmen zur Personalbedarfsplanung bzw. Personalbeschaffung an öffentlichen bayerischen Kliniken? b) Wenn ja, welche? c) Wenn nein: Hält es die Staatsregierung für sinnvoll , koordinierte Maßnahmen zur Personalgewinnung für alle bayerischen Kliniken in öffentlicher Hand zu initiieren? Es gibt keine staatlich koordinierten bzw. staatlich finanzierten Maßnahmen zur Personalbedarfsplanung an öffentlichen bayerischen Kliniken. Zur Personalbeschaffung s. Frage 3. Das Problem des Personalmangels in Krankenhäusern ist vielschichtig und muss auf Bundesebene angegangen werden. Auf Bundesebene bestehende Handlungsmöglichkeiten wurden schon im Jahr 2016 mit dem Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) genutzt. So wurde der sogenannte Pflegezuschlag eingeführt, dessen Gesamtsumme von 500 Mio. Euro nach der Anzahl der angestellten Pflegekräfte auf die einzelnen Krankenhäuser verteilt wird und so einen Anreiz für die Beschäftigung von Pflegepersonal bietet. Zusätzlich wurde ein Pflegestellenförderprogramm in Höhe von 660 Mio. Euro in drei Jahren vorgesehen, das etwa 1.300 zusätzliche Stellen in Bayern bedeutet. Die künftige Finanzierung dieser zusätzlichen Stellen ist gesichert. Die Selbstverwaltung auf Bundesebene (Deutsche Krankenhausgesellschaft und Spitzenverband Bund der gesetzlichen Krankenversicherung) wurde zudem gesetzlich beauftragt, bis 30.06.2018 Personalmindeststandards zu vereinbaren. Mit dem Pflegeberufereformgesetz wird eine generalistische Pflegeausbildung eingeführt, mit der die Attraktivität der Pflegeberufe insgesamt gesteigert wird. Bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin hat sich die Staatsregierung dafür eingesetzt, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Situation in der Alten- und Krankenpflege in den Koalitionsvertrag aufgenommen werden. Dazu zählt, dass insbesondere: – Sofortmaßnahmen für eine bessere Personalausstattung in der Altenpflege und im Krankenhausbereich ergriffen werden, – eine konzertierte Aktion Pflege eingerichtet wird, – die krankenhausindividuellen Pflegepersonalkosten künftig unabhängig von den Fallpauschalen vergütet werden. 3. Inwiefern gibt es Bestrebungen der Staatsregierung , die in der EU-Studie von 2015 vorgeschlagene Strategie der Fachkräfterekrutierung aus EU- Staaten von staatlicher Seite als Mittel gegen den Pflegepersonalmangel zu unterstützen? Vor dem Hintergrund eines künftigen Fachkräftemangels haben die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH als komplementäre Strategie zu Maßnahmen im Inland ein gemeinsames Projekt ins Leben gerufen, in dem Pflegekräfte aus geeigneten Herkunftsländern für den deutschen Arbeitsmarkt gewonnen , vorqualifiziert und bei ihrer Integration begleitet werden. Im Projekt „Triple Win“ stellen faire und transparente Vermittlungsverfahren sicher, dass die Interessen aller Beteiligten gewahrt werden. Unerwünschte Nebeneffekte von Arbeitsmigration wie Lohndumping oder eine Verschuldung der Fachkräfte werden konsequent vermieden. Projektbeteiligte Arbeitgeber und Fachkräfte können sich auf einen eingespielten Prozess aus einer Hand mit transparenten Abläufen verlassen. Damit fördert das Projekt arbeitsmarktund entwicklungspolitische Ziele und setzt zugleich die Idee einer Willkommens- und Anerkennungskultur konkret um.