Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Müller SPD vom 26.04.2018 Landespflegegeld Ministerpräsident Dr. Markus Söder hat in seiner Regierungserklärung am 18.04.2018 ein „Landespflegegeld“ angekündigt . Künftig soll eine jährliche Einmalzahlung von 1.000 Euro erfolgen. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Bleibt es beim angekündigten Start des Landespflegegeldes ab September 2018? b) Ab wann kann das Landespflegegeld beantragt werden ? c) Wer ist antragsberechtigt? 2. a) An wen wird das Landespflegegeld ausbezahlt? b) Wann wird das Landespflegegeld im Jahresverlauf ausbezahlt? c) Wie werden Veränderungen im Lauf eines Antragsjahres (An- bzw. Aberkennung eines Pflegegrades, Ableben des zu Pflegenden, Wechsel von der häuslichen in die stationäre Pflege, stationäre Kurzzeitpflege etc.) berücksichtigt? 3. a) Wird bei der Antragstellung die tatsächliche Pflegesituation berücksichtigt (Familienangehörige in der Pflege, ausländische Ganztagspflegekräfte etc.)? b) Wie wird die Pflegesituation zu Hause überprüft? c) Wird das Landespflegegeld auf andere Leistungen (z. B. Hartz IV, Sozialhilfe etc.) angerechnet? 4. a) Wie wird sichergestellt, dass das Landespflegegeld in dem ihm angedachten Sinne verwendet wird? b) Wie läuft die Abwicklung der Antragstellung und Auszahlung ab, wenn Antragsberechtigte nicht mehr geschäftsfähig sind? 5. a) Welche Mittel werden pro Jahr dafür in den Haushalt eingestellt? b) Wie viele Personen sind in Bayern antragsberechtigt? c) Wie viele Personen werden in Bayern von Familienangehörigen gepflegt? 6. a) Wie hoch ist der monatliche finanzielle Aufwand eines pflegenden Familienangehörigen in Bayern im Durchschnitt (Einkommensausfall, Fahrtkosten, sonstige Kosten)? b) Wie hoch ist der monatliche zeitliche Aufwand eines pflegenden Familienangehörigen in Bayern im Durchschnitt ? c) Wie erklärt die Staatsregierung den monatlichen Pauschalbetrag von 83,33 Euro in Anbetracht des monatlichen Pflegegeldes für Angehörige, das von 316 bis 901 Euro (Pflegegrad 2 bis Pflegegrad 5) variiert? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege in Abstimmung mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat und dem Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales vom 22.05.2018 1. a) Bleibt es beim angekündigten Start des Landespflegegeldes ab September 2018? Das Inkrafttreten des Bayerischen Landespflegegeldgesetzes (BayLPflGG) ist – vorbehaltlich der Beschlussfassung des Landtags – mit Wirkung vom 01.05.2018 geplant , damit mit dessen Umsetzung (Antragsbearbeitung) schnellstmöglich begonnen werden kann. Die Auszahlung ist ab September geplant. b) Ab wann kann das Landespflegegeld beantragt werden? Anträge können seit der Ministerratsbehandlung (08.05.2018) gestellt werden. c) Wer ist antragsberechtigt? Anspruch auf Landespflegegeld hat nach dem Kabinettsentwurf des BayLPflGG, wer 1. den Vorgaben des Bundesmeldegesetzes (BMG) entsprechend mit seiner alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung im Freistaat Bayern gemeldet ist und 2. nachweist, dass er an mindestens einem Tag des Pflegegeldjahres (01.10.–30.09.) in einem Umfang von mindestens Pflegegrad 2 pflegebedürftig war. 2. a) An wen wird das Landespflegegeld ausbezahlt? Das Landespflegegeld wird nach dem Kabinettsentwurf des BayLPflGG an den jeweiligen Antragsteller ausbezahlt. b) Wann wird das Landespflegegeld im Jahresverlauf ausbezahlt? Im Jahr 2018 soll das Landespflegegeld ab September ausbezahlt werden. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter w w w. bayern. landtag. de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter w w w . bayern .landtag . de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 17.09.2018 Drucksache 17/22557 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/22557 c) Wie werden Veränderungen im Lauf eines Antragsjahres (An- bzw. Aberkennung eines Pflegegrades , Ableben des zu Pflegenden, Wechsel von der häuslichen in die stationäre Pflege, stationäre Kurzzeitpflege etc.) berücksichtigt? Da es nach dem Kabinettsentwurf des BayLPflGG nur auf den Pflegegrad (2 und höher) ankommt, ist ein Wechsel von der häuslichen in die stationäre Pflege oder in die stationäre Kurzzeitpflege insoweit irrelevant. Bei Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen nach Auszahlung des Landespflegegeldes erfolgt für das nächste Jahr keine Folgezahlung . Nicht ausgezahlt bzw. zurückgefordert werden soll das Landespflegegeld, wenn der Pflegebedürftige vor Antragstellung oder im Zeitraum zwischen Antragstellung und Auszahlung verstirbt. Im Übrigen soll es ausreichen, dass der Pflegebedürftige an einem Tag des Pflegegeldjahres pflegebedürftig war (Pflegegrad 2 und höher). 3. a) Wird bei der Antragstellung die tatsächliche Pflegesituation berücksichtigt (Familienangehörige in der Pflege, ausländische Ganztagspflegekräfte etc.)? Der Pflegebedürftige soll unabhängig von der Pflegesituation selbstbestimmt die Möglichkeit erhalten, das Landespflegegeld zu verwenden. b) Wie wird die Pflegesituation zu Hause überprüft? Der Nachweis des Pflegegrades (2 und höher) wird durch den Bescheid erbracht, der den Pflegegrad feststellt. Eine weitere Überprüfung der konkreten Pflegesituation zu Hause findet nicht statt, da diese für den Anspruch auf Landespflegegeld irrelevant ist. c) Wird das Landespflegegeld auf andere Leistungen (z. B. Hartz IV, Sozialhilfe etc.) angerechnet? Eine Anrechnung auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende , sog. Hartz IV – erfolgt nicht. Auch eine Anrechnung auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder bei der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII scheidet aus, da das Landespflegegeld nicht der Sicherung des allgemeinen Lebensunterhalts dient. Eine Anrechnung auf Leistungen zur Hilfe zur Pflege nach SGB XII ist demgegenüber nicht vermeidbar. Auf das bayerische Landesblindengeld wird das Landespflegegeld nach dem Gesetzentwurf nicht angerechnet. 4. a) Wie wird sichergestellt, dass das Landespflegegeld in dem ihm angedachten Sinne verwendet wird? Die Verwendung des Landespflegegeldes durch die Pflegebedürftigen soll – anders als die Leistungen der Pflegeversicherung – nicht zweckgebunden sein, um ihnen die freie, selbstbestimmte Entscheidung darüber zu ermöglichen. b) Wie läuft die Abwicklung der Antragstellung und Auszahlung ab, wenn Antragsberechtigte nicht mehr geschäftsfähig sind? In diesem Fall stellt der Betreuer den Antrag. Die Auszahlung erfolgt auf das Konto des Pflegebedürftigen. 5. a) Welche Mittel werden pro Jahr dafür in den Haushalt eingestellt? In den zweiten Nachtragshaushalt 2018 werden vorbehaltlich der Entscheidung des Landtags 400 Mio. Euro eingestellt . b) Wie viele Personen sind in Bayern antragsberechtigt ? Derzeit sind rd. 360.000 Personen in Bayern antragsberechtigt . c) Wie viele Personen werden in Bayern von Familienangehörigen gepflegt? Laut Bericht des Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung gab es zum Stand 15.12.2015 in Bayern insgesamt 348.253 Pflegebedürftige; die Statistik 2017 erscheint Ende 2018. Die Anzahl der Pflegebedürftigen, die zu Hause gepflegt werden, belief sich einschließlich Personen in ambulanter Pflege auf 241.290. Nachdem die Pflege zu Hause sowohl durch Angehörige als auch Nachbarn, Freunde und Pflegekräfte erfolgt, ist die konkrete Zahl der pflegenden Angehörigen statistisch nicht erfasst. 6. a) Wie hoch ist der monatliche finanzielle Aufwand eines pflegenden Familienangehörigen in Bayern im Durchschnitt (Einkommensausfall, Fahrtkosten, sonstige Kosten)? Dazu liegen keine statistischen Daten vor. b) Wie hoch ist der monatliche zeitliche Aufwand eines pflegenden Familienangehörigen in Bayern im Durchschnitt? Dazu liegen keine statistischen Daten vor. c) Wie erklärt die Staatsregierung den monatlichen Pauschalbetrag von 83,33 Euro in Anbetracht des monatlichen Pflegegeldes für Angehörige, das von 316 bis 901 Euro (Pflegegrad 2 bis Pflegegrad 5) variiert? Pflegegeld nach § 37 SGB XI und Bayerisches Landespflegegeld unterscheiden sich: Der Anspruch auf Pflegegeld setzt nach § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB XI voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderlichen körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Demgegenüber ist der Pflegebedürftige bei der Verwendung des Bayerischen Landespflegegeldes frei. Das Bayerische Landespflegegeld dient nicht dazu, die Versorgung des Pflegebedürftigen sicherzustellen, sondern ist eine zusätzliche Leistung des Landes, um die individuelle und eigenständige Lebensführung Pflegebedürftiger über die Absicherung durch das SGB XI hinaus zu unterstützen.