Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann, Dr. Herbert Kränzlein SPD vom 07.05.2018 Umsetzung von EU-Recht in Landesrecht (II) − Politikbereich Umwelt Wir fragen die Staatsregierung: 1. Wie viele Vertragsverletzungsverfahren sind nach Kenntnis der Staatsregierung im Zuständigkeitsbereich der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland anhängig (bitte jeweils eine tabellarische Aufstellung für nicht fristgerecht und nicht ordnungsgemäß umgesetzte Richtlinien, diese jeweils wiederum gegliedert nach Nummer der Vertragsverletzung, Thema und Stufe des Verfahrens)? 2. a) Wie viele der unter 1. abgefragten anhängigen Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland schließen eine nicht vollumfängliche Umsetzung im Bundesland Bayern ein? b) Welche spezifisch bayerischen Umsetzungsdefizite oder Verstöße gegen EU-Recht liegen jeweils vor? c) Welche Maßnahmen wurden seitens des Freistaates Bayern diesbezüglich jeweils eingeleitet? 3. a) In wie vielen der unter 1. abgefragten Fälle ist nach Kenntnis der Staatsregierung eine Anrufung des Europäischen Gerichtshofs nach Art. 258 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) erfolgt? b) In wie vielen dieser Fälle hat der Gerichtshof einen Verstoß festgestellt? 4. a) Bei welchen vom Gerichtshof festgestellten Verstößen wurde nach Kenntnis der Staatsregierung nach Art. 260 AEUV gegen Deutschland die Zahlung eines Pauschalbetrags oder eines Zwangsgelds verhängt? b) In welcher Höhe wurde der zu zahlende Pauschalbetrag oder das Zwangsgeld jeweils erhoben? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege sowie dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 06.06.2018 1. Wie viele Vertragsverletzungsverfahren sind nach Kenntnis der Staatsregierung im Zuständigkeitsbereich der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland anhängig (bitte jeweils eine tabellarische Aufstellung für nicht fristgerecht und nicht ordnungsgemäß umgesetzte Richtlinien, diese jeweils wiederum gegliedert nach Nummer der Vertragsverletzung, Thema und Stufe des Verfahrens )? Für Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland ist die Bundesregierung zuständig. Zur Anzahl der anhängigen Vertragsverletzungsverfahren führt die EU- Kommission eine elektronische Datenbank, die unter dem folgenden Link abgerufen werden kann: http://ec.europa.eu/ atwork/applying-eu-law/infringements-proceedings/infringe ment_decisions/index.cfm Ergänzende Informationen zu Vertragsverletzungsverfahren sind in den Jahresberichten der EU-Kommission über die Anwendung des Unionsrechts zusammengestellt, die hier abgerufen werden können: https://ec.europa.eu/ transparency/regdoc/rep/1/2017/DE/COM-2017-370-F1- DE-MAIN-PART-1.PDF (Jahresbericht vom 06.07.2017); https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/file_import/national_ factsheet_germany_2016_de_0.pdf (Zusammenfassung für Deutschland zum Jahresbericht vom 06.07.2017). 2. a) Wie viele der unter 1. abgefragten anhängigen Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland schließen eine nicht vollumfängliche Umsetzung im Bundesland Bayern ein? b) Welche spezifisch bayerischen Umsetzungsdefizite oder Verstöße gegen EU-Recht liegen jeweils vor? c) Welche Maßnahmen wurden seitens des Freistaates Bayern diesbezüglich jeweils eingeleitet? – 20170322 zur UVP-Änderungsrichtlinie (UVP = Umweltverträglichkeitsprüfung ): Das Gesetzgebungsverfahren zur Anpassung des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) an die UVP-Änderungsrichtlinie (durch Verweisung auf das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung – UVPG) läuft, ist aber noch nicht abgeschlossen. Der entsprechende Gesetzentwurf (Drs. 17/21732) ist dem Landtag vorgelegt und wurde am 17.05.2018 im federführenden Umweltausschuss zustimmend behandelt. Die Verabschiedung noch vor der Sommerpause ist wahrscheinlich. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter w w w. bayern. landtag. de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter w w w . bayern .landtag . de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 17.09.2018 Drucksache 17/22707 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/22707 – 20142262 zur FFH-Richtlinie (FFH = Fauna-Flora-Habitat ): Die EU-Kommission vertritt die Auffassung, dass die rechtliche Sicherung unterschiedlicher FFH-Gebiete bzw. Maßnahmenfestlegungen zum Zeitpunkt der Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens (Frühjahr 2015) in den FFH-Gebieten nicht ausreichend ist. Mit Inkrafttreten der Bayerischen Natura 2000-Verordnung am 01.04.2016 wurden in Bayern alle FFH-Gebiete rechtlich verbindlich gesichert. Die Fertigstellung der Managementplanung in Bayern wurde beschleunigt und verwaltungsübergreifend mit hoher Priorität bearbeitet. Im Bereich der Naturschutzverwaltung konnten die mit der Bearbeitung befassten Teams an den Bezirksregierungen durch mehrere Projektstellen verstärkt werden. Die Forstverwaltung führt die Bearbeitung mit eigenem Personal in den jeweiligen Regierungsbezirken (Regionale Kartierteams) durch. – 20150264 zur Seveso-III-Richtlinie: Die Richtlinie enthält einzelne Regelungen, die in die Kompetenz des Landesgesetzgebers fallen. In Bayern waren bzw. sind folgende Rechtsänderungen erforderlich: – Katastrophenschutz: Art. 3a Bayerisches Katastrophenschutzgesetz fristgerecht mit Wirkung zum 01.06.2015 durch Gesetz vom 24.04.2015 (GVBl. S. 70) umgesetzt; – Änderungen an der Infrastruktur in der Umgebung von Betriebsbereichen: Bayerisches Straßen- und Wegegesetz mit Wirkung zum 01.08.2017 durch Gesetz vom 12.07.2017 (GVBl. S. 375) umgesetzt; – Änderungen im Bestand von Gebäuden in der Umgebung von Betriebsbereichen: Bayerische Bauordnung mit Wirkung zum 01.08.2017 durch Gesetz vom 12.07.2017 (GVBl. S. 375) umgesetzt; – die Änderung des Bayerischen Immissionsschutzgesetzes (Drs. 17/21572) befindet sich im Gesetzgebungsverfahren im Landtag. – 20152073 zur Luftreinhaltung: In Bayern werden z. T. die NO2-Immissionsjahresgrenzwerte der Richtlinie 2008/50/EC an verkehrsnahen Messstandorten in den Ballungsräumen München und Nürnberg/Fürth/Erlangen überschritten. Maßnahmen zur Einhaltung der NO2- Grenzwerte enthalten die Luftreinhaltepläne für München und Nürnberg. Insbesondere hat die Staatsregierung am 18.07.2017 ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Reduzierung der Stickstoffdioxidbelastung in den Innenstädten bayerischer Großstädte aufgelegt, daneben gibt es ein breit angelegtes Maßnahmenpaket des Bundes. – 20162116 zur Umgebungslärmrichtlinie: Die EU-Kommission ist der Auffassung, dass alle der in der 2. Stufe der Lärmkartierung erfassten 1.260 Kommunen, unabhängig von der individuellen Belastungssituation, auch Lärmaktionspläne erstellen müssten. Bayern hingegen geht von einem Ermessen der Kommunen aus, solche Pläne zu erstellen, da die Umgebungslärmrichtlinie keine Grenzwerte festlegt. Des Weiteren haben die Regierungen bisher für die Flughäfen München und Nürnberg keine Lärmaktionspläne erstellt, da die Lärmkartierung die geringe Betroffenheit durch Fluglärm in Bayern bestätigt hat und die Kriterien für einen Lärmbrennpunkt nicht erreicht worden sind. Am 24.05.2018 fand ein Fachgespräch zwischen Vertretern des Bundes, des Bundesrates und der Länderarbeitsgemeinschaft Immissionsschutz mit der EU-Kommission zur Stellungnahme des Bundes vom 15.01.2018 hinsichtlich der Auslegung des Ermessenspielraums bei der Erstellung von Lärmaktionsplänen statt. 3. a) In wie vielen der unter 1. abgefragten Fälle ist nach Kenntnis der Staatsregierung eine Anrufung des Europäischen Gerichtshofs nach Art. 258 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) erfolgt? In vier Fällen ist nach der Datenbank der EU-Kommission eine Anrufung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nach Art. 258 AEUV erfolgt. b) In wie vielen dieser Fälle hat der Gerichtshof einen Verstoß festgestellt? Zu Verfahren 20074267 (Umsetzung von Art. 11 der UVP- Richtlinie und Art. 25 der Industrieemissions-Richtlinie) ist am 15.10.2015 ein EuGH-Urteil ergangen, das der hier zuständige Bund mit der letzten Novelle des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) umgesetzt hat (Neufassung: BGBl. I 2017, S. 3290). Im Verfahren 20132199 (Nitratrichtlinie ) und im Verfahren 20152073 (Luftreinhaltung – NO2) steht das Urteil noch aus. Zum Verfahren 20134286 (betreffend ein Kohlekraftwerk in Hamburg) liegen der Staatsregierung keine Informationen vor. 4. a) Bei welchen vom Gerichtshof festgestellten Verstößen wurde nach Kenntnis der Staatsregierung nach Art. 260 AEUV gegen Deutschland die Zahlung eines Pauschalbetrags oder eines Zwangsgelds verhängt? Hierzu liegen der Staatsregierung keine Informationen vor. b) In welcher Höhe wurde der zu zahlende Pauschalbetrag oder das Zwangsgeld jeweils erhoben? Hierzu liegen der Staatsregierung keine Informationen vor.