Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Herbert Kränzlein SPD vom 11.05.2018 Steuerpflicht bei Betrieben der Justizvollzugsanstalten Aufgrund neuer Bestimmungen sind Betriebe der Justizvollzugsanstalten nun vollumfänglich steuerpflichtig (Umsatz-, Körperschaft-, Gewerbesteuer), dies führt zu einem hohen Verwaltungsaufwand für die einzelnen Anstalten und zu finanziellen Belastungen. Die Einnahmen der verschiedenen begünstigten staatlichen und kommunalen Empfänger werden vollumfänglich durch die Steuerzahlungspflicht der Justizvollzugsanstalten, gesamtstaatlich betrachtet, aufgezehrt . Daher frage ich die Staatsregierung: 1. a) Gibt es Möglichkeiten, die Betriebe der Justizvollzugsanstalten von der Pflicht diese Steuern zu zahlen auszunehmen ? b) Wenn ja, welche sind das? 2. Die Justizvollzugsanstalt Landsberg muss, um die entsprechenden Grundlagen (rechtliche Fragen, IT- Software) zu schaffen, eine teure Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beschäftigen, wieso übernimmt dies nicht die staatliche Finanzverwaltung? 3. Wieso muss sich jede Justizvollzugsanstalt einzeln um die Abrechnung der Steuern kümmern? Antwort des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz vom 12.06.2018 Vorbemerkung: Bei den in der Schriftlichen Anfrage genannten neuen Bestimmungen handelt es sich um die Neuregelung der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand. Im Rahmen des Steueränderungsgesetzes 2015 wurde diese durch Streichung der bisherigen Regelung des § 2 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz (UStG) unter Neueinfügung eines § 2b UStG geändert. Dies war aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung erforderlich geworden, da die öffentliche Hand zu weitgehend zulasten privater Wirtschaftsteilnehmer von der Umsatzsteuerpflicht ausgenommen worden war. Diese Änderung hat dabei lediglich Auswirkung auf die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand, nicht aber auf die Ertragsbesteuerung (Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer ). Insoweit verbleibt es ohne Änderung bei der bisherigen ertragsteuerlichen Behandlung. 1. a) Gibt es Möglichkeiten, die Betriebe der Justizvollzugsanstalten von der Pflicht diese Steuern zu zahlen auszunehmen? Nein. Treten die Justizvollzugsanstalten mit ihren Betrieben (z. B. Verkauf der in den Arbeitsbetrieben hergestellten Gegenstände an Dritte, Einspeisung von erzeugtem Strom in das allgemeine Stromnetz) in Wettbewerb mit privaten Wirtschaftsteilnehmern , unterliegen diese Tätigkeiten unter Geltung der Neuregelung des § 2b UStG stets – vorbehaltlich einer Umsatzsteuerbefreiung des § 4 UStG – der Umsatzsteuer . b) Wenn ja, welche sind das? Entfällt. 2. Die Justizvollzugsanstalt Landsberg muss, um die entsprechenden Grundlagen (rechtliche Fragen, IT-Software) zu schaffen, eine teure Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beschäftigen, wieso übernimmt dies nicht die staatliche Finanzverwaltung? Aufgabe der Finanzverwaltung ist nach den Vorschriften der Abgabenordnung die gleichmäßige Festsetzung und Erhebung von Steuern. Insbesondere haben die Finanzbehörden sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergünstigungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden. Es würde zu einem Interessenkonflikt kommen, wenn die Finanzverwaltung Steuerpflichtige berät und/oder deren Steuererklärungen anfertigt und gleichzeitig für deren Steuerfestsetzung zuständig ist. Unter anderem auch aus diesem Grund ist Angehörigen der Steuerverwaltung nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes die geschäftsmäßige Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 24.09.2018 Drucksache 17/22740 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/22740 Hilfeleistung in Steuersachen grundsätzlich untersagt. Es ist daher regelmäßig sachgerecht, sich in steuerlichen Fragen an die Angehörigen der steuerberatenden Berufe (u. a. Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Rechtsanwälte) zu wenden, deren Aufgabe es ist, ihre Auftraggeber in Steuersachen umfassend zu beraten, sie zu vertreten und ihnen bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten Hilfe zu leisten. Das Staatsministerium der Justiz hat externe Beratungsgesellschaften beauftragt, um die Grundlagen dafür zu schaffen, dass ab dem Jahr 2021 von allen Justizvollzugsanstalten die anfallende Umsatzsteuer ordnungsgemäß abgeführt werden kann. Die Projektleitung für alle Justizvollzugsanstalten wurde der Service- und Koordinierungsstelle für das vollzugliche Arbeitswesen bei der Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld übertragen. Die hierfür entstehenden Kosten werden vom Staatsministerium der Justiz getragen. Mit diesen Kosten werden die einzelnen Justizvollzugsanstalten , wie z. B. die Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech, nicht belastet. 3. Wieso muss sich jede Justizvollzugsanstalt einzeln um die Abrechnung der Steuern kümmern? Nach dem umsatzsteuerrechtlichen Grundsatz der Unternehmenseinheit hat der Unternehmer, hier der Freistaat Bayern, für alle seine unternehmerischen Tätigkeiten eine einheitliche Umsatzsteuererklärung (Jahreserklärung und ggf. Voranmeldungen) an das Finanzamt zu übermitteln. Aufgrund des Ressortprinzips und aus Vereinfachungsgründen für die unternehmerisch tätigen Behörden wird es bei den Gebietskörperschaften Bund und Länder von der Steuerverwaltung jedoch bislang und voraussichtlich auch unter der Neuregelung des § 2b UStG nicht beanstandet, wenn sich diese für Zwecke der Umsatzsteuer dezentral erfassen lassen. Die Justizvollzugsanstalten nehmen diese Nichtbeanstandung aktuell in Anspruch. Diese Praxis hat sich nach Ansicht des Staatsministeriums der Justiz bewährt. Bei einer Erfassung der Umsatzsteuer auf einer höheren Verwaltungsebene müsste im Bereich des Justizvollzugs eine entsprechende Einrichtung erst geschaffen werden, da dem Justizministerium im Bereich des Justizvollzugs keine Mittelbehörde nachgeordnet ist. Allenfalls könnte eine Justizvollzugsanstalt zentral mit dieser Aufgabe betraut werden. Im Rahmen des derzeitigen Aufbaus einer Organisation zur Erfassung und Abführung der Umsatzsteuer unter der Neuregelung in § 2b UStG wurde diese Frage mit der hinzugezogenen Beratungsfirma noch nicht erörtert. Vorrangig sind die seitens der Justiz beauftragten externen Beratungsgesellschaften in Zusammenarbeit mit der Service- und Koordinierungsstelle für das vollzugliche Arbeitswesen derzeit damit befasst, zunächst die Grundlagen für die in jedem Fall in den einzelnen Anstalten vorzunehmende geeignete Erfassung und datenmäßige Verarbeitung der steuerbaren Sachverhalte in den Betrieben zu schaffen.