Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Isabell Zacharias SPD vom 22.05.2018 Bayerische Autismusforschung Die Erforschung von Autismus ist aktuell wie nie. Während die Sensibilisierung in der Gesellschaft für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) wächst, gibt es aufgrund der enormen Vielseitigkeit von Autismus noch allzu große Lücken bei dessen wissenschaftlicher Erforschung. Dabei sind wissenschaftliche Kenntnisse über die speziellen Formen von Autismus für die individuelle Betreuung und Therapie von Menschen mit ASS unabdingbar. Nur wenn Betroffene, Therapeuten und letztlich auch das soziale Umfeld über ausreichende Kenntnisse über Autismus verfügen, kann eine umfangreiche und individuelle Unterstützung sowie gesellschaftliche Teilhabe von Betroffenen gelingen. Deshalb frage ich die Staatsregierung: 1. In welcher Höhe liegen die finanziellen Mittel, die Bayern derzeit der Autismusforschung zur Verfügung stellt? 2. a) Gibt es derzeit konkrete vom Freistaat geförderte Programme zur wissenschaftlichen Erforschung von Autismus und, wenn nicht, sind derartige in Planung? b) Wie hoch ist der Anteil der bereits vorhandenen oder geplanten Autismusforschung in Bayern, der sich speziell mit der Situation von erwachsenen Menschen mit ASS befasst? 3. Gibt es eine zentrale Koordinierungsstelle für Forschungsprogramme zu Autismus und, wenn nicht, ist eine derartige in Planung? Antwort des Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst vom 26.06.2018 1. In welcher Höhe liegen die finanziellen Mittel, die Bayern derzeit der Autismusforschung zur Verfügung stellt? Der Freistaat Bayern betreibt im Zuge der Hochschulautonomie grundsätzlich keine Projektförderung an Hochschulen . Vielmehr findet bei den Hochschulen eine institutionelle Förderung statt. Über den Einsatz der vom Freistaat zur Verfügung gestellten Mittel und der eingeworbenen Drittmittel entscheiden die Hochschulen in eigener Verantwortung. Dies gilt auch für das Thema „Autismus“. 2. a) Gibt es derzeit konkrete vom Freistaat geförderte Programme zur wissenschaftlichen Erforschung von Autismus und, wenn nicht, sind derartige in Planung? Wissenschaftliche Erforschung von Autismus erfolgt in Bayern innerhalb der unter Frage 1 dargestellten Rahmenbedingungen . An den verschiedenen Hochschulstandorten finden folgende Aktivitäten statt: a) Ludwig-Maximilians-Universität München Dr. von Haunersches Kinderspital Am dortigen Integrierten Sozialpädiatrischen Zentrum gehören Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) zum Beratungsspektrum des Bereichs der Entwicklungsneurologie. Zusatzqualifikation: Pädagogik bei Autismus-Spektrum-Störungen Am Lehrstuhl für Pädagogik bei geistiger Behinderung und Pädagogik bei Verhaltensstörungen an der Fakultät für Psychologie und Pädagogik wird im Rahmen der Lehr- und Forschungsinitiative „Pädagogik bei Autismus-Spektrum- Störungen“ (P-ASS) seit dem Sommersemester 2014 für Studierende des Lehrstuhls, zunächst in einer Pilotphase, eine weiterbildende Zusatzqualifikation im Umfang von 30 ECTS-Punkten angeboten. P-ASS wird gefördert durch die Stiftung Irene, Gemeinnützige Stiftung zum Wohle autistischer Menschen. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www . bayern . landtag . de – Dokumente  abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www . bayern . landtag . de – Aktuelles / Sitzungen/ T agesübersicht  zur Verfügung. 17. Wahlperiode 10.08.2018 Drucksache 17/23007 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23007 b) Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Psychiatrische Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Erlangen Dort wird eine Sprechstunde für Autismus im Erwachsenenalter betrieben. Dabei werden u. a. folgende Forschungsthemen bearbeitet: – Persönlichkeit und Autismus, – geschlechtsspezifische Unterschiede in der Symptomatik , – Autismus und komorbide Aufmerksamkeits-Defizit- (Hyperaktivitäts-)Störung – AD(H)S, – Fingerlängen und Autismus. c) Julius-Maximilians-Universität Würzburg Die Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Zentrums für Psychische Gesundheit hat an dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt SOSTA-Net (Leitung Prof. Dr. Robert Freitag, Frankfurt), einem sozialen Kompetenztraining für Jugendliche mit Autismus, teilgenommen . Aktuell wird ein Pilotprojekt zu peripheren Markern (Proteomics) durchgeführt. Seit Anfang 2015 wird im Rahmen der generationenübergreifenden Familienambulanz des Zentrums für Psychische Erkrankungen in der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie eine Spezialambulanz für Erwachsene mit Autismus aufgebaut. Es handelt sich dabei um die erste entsprechende Einrichtung in Unterfranken . Nach Aufbau der klinischen Struktur sind am Zentrum für Psychische Gesundheit generationenübergreifende Forschungsprojekte geplant. d) Universität Regensburg Am Lehrstuhl für Medienwissenschaft wird zum Thema Autismus geforscht. Das Forschungsvorhaben zum Autismus geht in Richtung einer Ästhetik des Autismus in Film, Fernsehen und anderen Medien. Dabei soll ein wichtiger Akzent auf den Mechanismen der Repräsentation von Autismus liegen, wobei Fragen der Inklusion und der ‚richtigen‘ oder produktiven Repräsentation behandelt werden, aber es soll darüber hinaus auch medienwissenschaftlich erkundet werden, worin das Interesse oder die Faszination für Repräsentationen , die mit Autismus zu tun haben, begründet liegt, welche Aspekte der Wirkung und Form von Filmen und anderen Medien unmittelbar von Aspekten des Autismus beeinflusst werden. e) Technische Universität München Lehrstuhl für Mensch-Maschine-Kommunikation Dieser Lehrstuhl beteiligt sich am EU-Projekt „ASC-Inclusion “ (http://www.asc-inclusion.eu/). Lehrstuhl für Kognitive Systeme An diesem Lehrstuhl wurden verschiedene Studien mit jungen Erwachsenen mit Autismus durchgeführt. f) Ostbayerische Technische Hochschule (OTH) Regensburg An der OTH Regensburg gehört das Thema Autismus (insbesondere die berufliche Teilhabe von Menschen aus dem autistischen Spektrum, Wohn- und Lebenssituation) zu den Hauptforschungsbereichen von Prof. Dr. Matthias Dalferth. g) Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg- Schweinfurt Herr Prof. Dr. Thomas Wosch (Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften ) und Herr Prof. Eberhard Grötsch (Fakultät Informatik und Wirtschaftsinformatik) forschen mit verschiedenen internationalen Kooperationspartnern zur Thematik „Autismus“. b) Wie hoch ist der Anteil der bereits vorhandenen oder geplanten Autismusforschung in Bayern, der sich speziell mit der Situation von erwachsenen Menschen mit ASS befasst? Hierzu liegen keine Informationen vor. 3. Gibt es eine zentrale Koordinierungsstelle für Forschungsprogramme von Autismus und, wenn nicht, ist eine derartige in Planung? Hierzu liegen keine Informationen vor. Allerdings wird derzeit im Auftrag des Landtags (Drs. 17/20622) eine Autismusstrategie für den Freistaat entwickelt , die zum Ziel hat, die Kooperation der Hilfen sowie die Benennung von Leistungsoptimierungen zur bestmöglichen Inklusion von Menschen mit Autismus in allen Lebensbereichen zu verbessern. Sie wird auf der Grundlage der Ergebnisse eines Projekts der Hochschule München unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Markus Witzmann (Geschäftsführer des Autismuskompetenzzentrums Oberbayern) entwickelt . Die Bayerische Autismusstrategie, an der Experten des Autismusbereichs beteiligt sind (Wissenschaftler, Vertreter der Selbsthilfe, der Kostenträger und Vertreter von Beratungsstellen und Einrichtungen, die täglich mit Menschen mit Autismus zusammentreffen), soll sich des gesamten Spektrums der verschiedenen Arten des Autismus und aller Lebensphasen von der Frühförderung bis zur Pflege im Alter annehmen.