Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 27.04.2018 Kündigung Veranstaltungsraum bei einer Veranstaltung zu rechtem Terror in Bayern Am 24.03.2018 fand in Passau eine Veranstaltung mit Robert A. zum Thema „Rechter Terror in Bayern“ statt. Die Veranstaltung ist Teil der Veranstaltungsreihe „5 Jahre NSU-Prozess“, die von dem Asylcafé Passau, der Gruppe NullAcht51, der Studierendengruppe LUKS und dem Kreisverband Passau-Stadt von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN organisiert wurde. Kurzfristig wurde der Veranstaltungsraum im Ort 9 den Veranstaltern gekündigt. Der Staatsschutz Passau hatte zuvor mit der Vermieterin Kontakt gehabt, jedoch keinen Kontakt zu den Veranstaltern aufgenommen. Deshalb frage ich die Staatsregierung: 1.1 Ist es korrekt, dass die Polizei Passau im Vorfeld der Veranstaltung mit der Vermieterin der Räume (Organisation „Gemeinsam leben und lernen in Europa“) Kontakt aufnahm? 1.2 Warum fand die Kontaktaufnahme statt? 1.3 Was war der Inhalt des Gesprächs? 2. Wurde in gleicher Weise auch Kontakt mit der Vermieterin des Evangelischen Zentrums in Passau Kontakt aufgenommen, welches als ursprünglicher Veranstaltungsort geplant war, aber dann den Veranstaltern kurzfristig abgesagt wurde, woraufhin die Veranstalter sich an „Gemeinsam leben und lernen in Europa“ wendeten ? 3.1 Welche Bedrohungslage hat die Polizei Passau in der Veranstaltung gesehen? 3.2 Wie sahen die Vorbereitungen der Polizei Passau zum Schutz der Veranstaltung aus? 4.1 War die Polizei Passau am Veranstaltungstag im neuen Veranstaltungsort anwesend? 4.2 Wenn nein, warum nicht? 5.1 Gab es Auffälligkeiten an dem Abend der Veranstaltung ? 5.2 Wenn ja, welche? 6.1 Warum wurde nicht mit den Veranstaltern, also z. B. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Passau-Stadt, im Vorfeld der Veranstaltung über ein mögliches Gefährdungspotenzial gesprochen, sondern ausschließlich mit der Vermieterin der Räume? 6.2 Warum wurde im Vorfeld einer zweiten Veranstaltung am 28.03.2018 erneut „Gemeinsam leben und lernen“ angerufen, aber nicht die Veranstalter kontaktiert, obwohl die Handynummer des Landesvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausdrücklich als Kontaktmöglichkeit benannt war? 7.1 Ist es regelmäßige Praxis der Polizei Passau, nur mit den Vermieterinnen und Vermietern zu sprechen und nicht mit den Veranstaltern? 7.2 Wie bewertet die Staatsregierung dieses Vorgehen? Antwort des Staatsministeriums des Innern und für Integration nach Einbindung des Polizeipräsidiums Niederbayern vom 20.06.2018 1.1 Ist es korrekt, dass die Polizei Passau im Vorfeld der Veranstaltung mit der Vermieterin der Räume (Organisation „Gemeinsam leben und lernen in Europa“) Kontakt aufnahm? Am 23.03.2018 wurde durch das Kriminalpolizeiinspek tion Passau (KPI) zunächst ein Telefonat und dann ein persönliches Kontaktgespräch mit dem Vermieter in den Geschäftsräumen des Vereins „Gemeinsam leben und lernen in Europa“ geführt. Zu diesem Zeitpunkt ging die KPI davon aus, dass es sich bei diesem Verein auch um den Veranstalter handelte. 1.2 Warum fand die Kontaktaufnahme statt? Durch die KPI wurde das Gespräch mit der Zielrichtung der Bewertung geführt, ob möglicherweise erforderliche polizeiliche Maßnahmen zu treffen sind, bzw. darauf hinzuwiesen, bei auftretenden Problemen jederzeit die Polizei zu verständigen . Ziel der Kontaktaufnahme war deshalb, nähere Informationen zur Veranstaltung zu gewinnen und den Veranstalter hinsichtlich der nachfolgend dargestellten Sachverhalte zu sensibilisieren: Am 22.03.2018 stellte die KPI unter anderem auf der Internetseite www.aida-archiv.de fest, dass auf einen Vortrag am 24.03.2018, 19.00 Uhr, beim Verein „Gemeinsam leben und lernen in Europa“, 94032 Passau, Ort 9, zum Thema „Geschichte, Konzepte und Bedingungen rechten Terrors in Bayern“ mit „Robert A.“ hingewiesen wurde. Ein Veranstalter war nicht genannt, jedoch wurde bereits ein (selbst so bezeichneter ) Einlassvorbehalt gegenüber „neonazistischen Organisationen“ veröffentlicht. Beim angekündigten Vortragenden „Robert A.“ handelt es sich um einen auch in Kreisen des politischen Gegners bekannten und abgelehnten Publizisten. Im Jahr 2008 wurde Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www . bayern . landtag . de – Dokumente  abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www . bayern . landtag . de – Aktuelles / Sitzungen/ T agesübersicht  zur Verfügung. 17. Wahlperiode 01.10.2018 Drucksache 17/23008 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23008 dieser in Passau anlässlich einer Beisetzung von Teilnehmern der Beerdigung eines bekannten Rechtsextremisten körperlich attackiert und konnte nur durch massiven Polizeieinsatz vor körperlichen Schäden bewahrt werden. Der KPI wurden im Jahr 2018 bislang zwei Vorgänge bekannt, bei denen mehrfach Drohungen gegen Veranstaltungsörtlichkeiten in Passau durch eine Organisation „Interventionistische Rechte – Kommando Otto Skorzeny“ (IR-KOS) über das Internet verbreitet wurden. In diesen Drohungen wurden Gaststätteninhaber aufgefordert, „keine Veranstaltungen durch ‚linke‘ Organisationen in ihren Räumen zuzulassen, da ansonsten mit Sachbeschädigungen u. a. zu rechnen sei“. Tatverdächtige wurden hierzu bisher nicht ermittelt. 1.3 Was war der Inhalt des Gesprächs? Die KPI thematisierte die unter 1.2 dargestellte abstrakte Gefährdungslage in Passau. Die Polizeiinspektion (PI) Passau als für den Versammlungsort zuständige Dienststelle informierte sich im Hinblick auf möglicherweise erforderliche polizeiliche Maßnahmen während der Veranstaltung im Gespräch beim Vermieter. Im Rahmen des Gesprächs äußerte der Vermieter eigenständig Bedenken und erwähnte, die Veranstaltung absagen zu wollen. Der Vermieter wurde darauf hingewiesen, dass der Polizei keine konkreten Erkenntnisse über geplante oder beabsichtigte Störungen der Veranstaltung vorlagen, diese aber grundsätzlich nicht auszuschließen wären und bei der Veranstaltung entsprechende sichernde Vorkehrungen (z. B. Einlasskontrollen, Ordner) als sinnvoll erachtet würden. 2. Wurde in gleicher Weise auch Kontakt mit der Vermieterin des Evangelischen Zentrums in Passau Kontakt aufgenommen, welches als ursprünglicher Veranstaltungsort geplant war, aber dann den Veranstaltern kurzfristig abgesagt wurde, woraufhin die Veranstalter sich an „Gemeinsam leben und lernen in Europa“ wendeten? Dieser Veranstaltungsort war nach Mitteilung des Polizeipräsidiums (PP) Niederbayern nicht bekannt, auf die Angaben zu den Fragen 1.1 und 1.2 darf verwiesen werden. 3.1 Welche Bedrohungslage hat die Polizei Passau in der Veranstaltung gesehen? Eine „Bedrohungslage“ in der Veranstaltung wurde zu keinem Zeitpunkt erkannt. Auf die Angaben unter 1.2 darf verwiesen werden. 3.2 Wie sahen die Vorbereitungen der Polizei Passau zum Schutz der Veranstaltung aus? 4.1 War die Polizei Passau am Veranstaltungstag im neuen Veranstaltungsort anwesend? 4.2 Wenn nein, warum nicht? Der Veranstaltungsschutz oblag der örtlich zuständigen PI Passau. Ein enger Informationsfluss zwischen der PI und der KPI Passau wurde gewährleistet. Erforderliche Meldeverpflichtungen wurden umgesetzt. 5.1 Gab es Auffälligkeiten an dem Abend der Veranstaltung ? 5.2 Wenn ja, welche? Die Veranstaltung verlief nach Angaben des PP Niederbayern ohne besondere Vorkommnisse. 6.1 Warum wurde nicht mit den Veranstaltern, also z. B. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Passau-Stadt, im Vorfeld der Veranstaltung über ein mögliches Gefährdungspotenzial gesprochen, sondern ausschließlich mit der Vermieterin der Räume? Veranstalter waren der Polizei namentlich nicht bekannt. Aus den Internetauftritten war keine Organisation ersichtlich , die tatsächlich für die Durchführung der Veranstaltung verantwortlich zeichnete. Es bestand zu diesem Zeitpunkt keine Veranlassung, davon auszugehen, dass der Vermieter nicht im Namen der Veranstalter handelt. Dem PP Niederbayern lagen somit keine Informationen über den Veranstalter BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Passau vor. 6.2 Warum wurde im Vorfeld einer zweiten Veranstaltung am 28.03.2018 erneut „Gemeinsam leben und lernen“ angerufen, aber nicht die Veranstalter kontaktiert , obwohl die Handynummer des Landesvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausdrücklich als Kontaktmöglichkeit benannt war? Am 27.03.2018 nahm die KPI Passau aufgrund einer im Internet für den Folgetag angekündigten Veranstaltung erneut telefonisch Kontakt mit dem Vermieter auf. Als Veranstalter war erneut der Verein „Gemeinsam leben und lernen in Europa “ benannt. Erst bei diesem Telefonat erhielt die KPI eine Mobiltelefonnummer, unter der ein Ansprechpartner der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erreichbar sein sollte. Auf die Angaben zu Frage 6.1 darf verwiesen werden. 7.1 Ist es regelmäßige Praxis der Polizei Passau, nur mit den Vermieterinnen und Vermietern zu sprechen und nicht mit den Veranstaltern? Nachdem für Versammlungen in geschlossenen Räumen keine gesetzliche Anmeldepflicht besteht, hat die Polizei keine Kenntnis von allen Versammlungen in geschlossenen Räumen. Sobald der Polizei jedoch Versammlungen in geschlossenen Räumen bekannt werden, findet eine Lagebeurteilung im Hinblick auf die zu treffenden polizeilichen Schutzmaßnahmen statt. Sollte es aufgrund der polizeilichen Lagebeurteilung erforderlich sein, wird mit den Vermietern und den Veranstaltern gesprochen, soweit diese auch bekannt sind. 7.2 Wie bewertet die Staatsregierung dieses Vorgehen ? Dem gesetzlichen Auftrag entsprechend waren Ziel und Inhalt der präventiven Maßnahmen der Schutz einer Veranstaltung /Versammlung in geschlossenen Räumen. Das polizeiliche Vorgehen war nach Angaben des PP Niederbayern aufgrund der getroffenen Lagebeurteilung geboten und diente in erster Linie dem Schutz der Versammlung sowie des Versammlungslokals.