Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kerstin Celina BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 13.04.2018 Konkrete Umsetzung der Anmelde- und Beratungspflicht zum Schutz der in der Prostitution tätigen Personen in Unterfranken gemäß der Regelungen aus dem „Gesetz zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (Prostituiertenschutzgesetz – ProstSchG)“ Seit dem 01.07.2017 müssen sich alle in der Prostitution tätigen Personen in Deutschland amtlich registrieren, egal ob dies ihre Haupterwerbsquelle ist oder sie dieses Gewer be nur gelegentlich ausüben. Die Anmeldepflicht gilt für alle Personen, die ein Prostitutionsgewerbe betreiben. Mit dem Gesetz soll auch mehr Schutz für die in diesem Gewerbe tätigen Personen erreicht werden, indem z. B. im Rahmen der Anmeldung konkret nach Hinweisen gesucht wird, ob es sich um Fälle von Ausbeutung oder Zwangsprostitution han deln könnte. Zum Schutz der davon betroffenen Personen ist es wichtig, dass die staatlichen Behörden bei der Ertei lung von Erlaubnisscheinen in diesem Bereich besonders sensibel sind und ausreichende Kenntnisse haben, um den Hilfebedarf betroffener Personen erkennen zu können und entsprechend handeln zu können. 1. a) Wie viele Anmeldungen gemäß § 3 Prostituierten schutzgesetz (ProstSchG) im Prostitutionsgewerbe sind in Unterfranken seit dem 01.07.2017 erfolgt (bitte unterscheiden nach Geschlecht und Staatsangehörig keit der Registrierten, der Kommune, für die die An meldung gilt, und der Art der Tätigkeit, d. h. Anmeldung als angestellt oder selbstständig)? b) Wie hoch schätzt die Staatsregierung die Zahl der tat sächlich in diesem Gewerbe in Unterfranken Tätigen ein (bitte auch die Grundlage der Informationen ange ben, auf die sich diese Schätzung stützt, z. B. polizeili che Ermittlungen etc.)? c) Wie erklärt sich die Staatsregierung die Differenz zwi schen der erfolgten Zahl der Anmeldungen und der geschätzten Zahl der in der Prostitution tätigen Perso nen? 2. a) Wie wird in dem vorgeschriebenen amtlichen Bera tungs und Informationsgespräch gemäß § 7 Prost SchG konkret dafür Sorge getragen, dass Zwangspros titution und Ausbeutung entdeckt werden, z. B. durch Gesprächsleitfäden, in denen geeignete Fragen zu den Lebens und Arbeitsumständen der Antragsstel lerin bzw. des Antragstellers vorgeschlagen werden, deutsch und fremdsprachige Flyer mit diversen Hilfs angeboten und Erklärungen zu sozialen Sicherungs systemen und steuerlichen Pflichten? b) Wie wurde in den Fällen konkret verfahren, in denen Anzeichen für Zwangsprostituition oder Ausbeutung erkannt wurden (bitte auflisten)? c) In welcher Form wird denjenigen, die sich registrieren lassen wollen, im Rahmen des Beratungsgesprächs Kontakt zu einer Hilfestelle angeboten, z. B. durch ei nen deutsch oder fremdsprachigen Flyer, um deutlich zu machen, dass der/die Registrierte auch nach der Registrierung jederzeit die Möglichkeit hat, sich bei Bedarf an Hilfestellen zu wenden? 3. a) Gab es im Rahmen der bisherigen Registrierung in Unterfranken auch Fälle, in denen Menschen ohne eine gültige Arbeits und Aufenthaltserlaubnis eine Re gistrierung beantragt haben? b) Was ist in diesen Fällen mit den Antragstellerinnen bzw. Antragstellern passiert? 4. a) In wie vielen Fällen wurden seit dem 01.07.2017 Ver stöße gegen die Anmeldepflicht bzw. gegen die Pflicht zur Vornahme einer gesundheitlichen Beratung festge stellt? b) In welcher Höhe wurden Bußgelder dafür festgelegt? 5. a) Für wie viele Prostitutionsgewerbe, also Prostitutions stätten, Prostitutionsfahrzeuge, Prostitutionsveran staltungen und Prostitutionsvermittlungen, in Unter franken wurde eine Erlaubnis gemäß § 12 ProstSchG beantragt? b) Wie viele davon wurden genehmigt? c) Welche Gründe lagen vor, aufgrund derer eine Ge nehmigung nicht erteilt werden konnte (z. B. Zuverläs sigkeit der beantragenden Person, Mängel beim Be triebskonzept)? 6. a) Welche Art von sachgerechten Notrufsystemen ge mäß § 18 ProstSchG wurden in den betreffenden Anla gen genehmigt? b) In wie vielen Fällen wurden Ausnahmen von der Pflicht zur Bereitstellung von sachgerechten Notrufsystemen genehmigt? 7. a) In welcher Form werden die Betreiber von Prostitutions gewerben überprüft und kontrolliert (bitte auch erläu tern, ob die Kontrollen unangekündigt, regelmäßig oder überwiegend auf konkreten Verdacht hin erfol gen)? b) Welche Kontrollen sind in Unterfranken seit dem 01.07.2017 erfolgt? c) Welche konkreten Ergebnisse haben diese Kontrollen erbracht? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 01.10.2018 Drucksache 17/23055 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23055 8. a) Welche staatlichen Anweisungen bzw. Verfahrensvor schriften bzw. Ausführungsvorschriften wurden von seiten der Staatsregierung an die beteiligten Behörden und Dienststellen ausgegeben (bitte Kopie beilegen)? b) Ist der Staatsregierung bekannt, ob andere Bundes länder andere Weisungen an ihre Behörden ausgege ben haben? c) Welche Unterschiede in den verschiedenen Weisun gen zwischen Bayern und anderen Bundesländern sind der Staatsregierung bekannt? Antwort des Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales vom 01.07.2018 1. a) Wie viele Anmeldungen gemäß § 3 Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) im Prostitutionsgewerbe sind in Unterfranken seit dem 01.07.2017 erfolgt (bitte unterscheiden nach Geschlecht und Staatsangehörigkeit der Registrierten, der Kommune, für die die Anmeldung gilt, und der Art der Tätigkeit, d. h. Anmeldung als angestellt oder selbstständig )? Eine Abfrage der Regierung von Unterfranken hat erge ben, dass im Zeitraum seit dem 01.07.2017 insgesamt 225 Anmeldungen gemäß § 3 Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) erfolgt sind. Der Großteil der in diesem Zeit raum in Unterfranken angemeldeten Personen besitzt die rumänische, deutsche oder ungarische Staatsangehörigkeit. Im Einzelnen stellen sich die Staatsangehörigkeiten wie folgt dar: Großbritannien 1 Bulgarien 7 China 9 Deutschland 37 Dominikanische Republik 3 Estland 3 Iran 1 Italien 4 Kasachstan 1 Lettland 6 Litauen 4 Niederlande 2 Österreich 1 Philippinen 1 Polen 4 Rumänien 97 Russland 4 Saint Lucia 1 Serbien 1 Spanien 5 Thailand 7 Tschechien 3 Ukraine 4 Ungarn 18 Venezuela 1 Summe 225 (Quelle: Abfrage der Regierung von Unterfranken, Stand: 30.04.2018) Eine Konkretisierung nach Geschlecht bzw. Art der Tätigkeit (angestellt oder selbstständig) ist nicht möglich, da diese Merkmale weder Inhalt der Anmeldebescheinigung gemäß § 6 ProstSchG sind noch im Rahmen der Statistik gemäß § 2 Verordnung über die Führung einer Bundesstatistik nach dem Prostituiertenschutzgesetz (ProstStatV) erfasst wer den. Die Anmeldebescheinigungen sind gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 ProstSchG bundesweit gültig, da Bayern von der Ab weichungsmöglichkeit in § 5 Abs. 3 Satz 1 ProstSchG keinen Gebrauch gemacht hat. Als geplantes Tätigkeitsgebiet wur de dementsprechend weit überwiegend das gesamte Bun desgebiet angegeben. b) Wie hoch schätzt die Staatsregierung die Zahl der tatsächlich in diesem Gewerbe in Unterfranken Tätigen ein (bitte auch die Grundlage der Informationen angeben, auf die sich diese Schätzung stützt, z. B. polizeiliche Ermittlungen etc.)? c) Wie erklärt sich die Staatsregierung die Differenz zwischen der erfolgten Zahl der Anmeldungen und der geschätzten Zahl der in der Prostitution tätigen Personen? Eine valide Schätzung der Zahl der tatsächlich in Unterfran ken im Prostitutionsgewerbe tätigen Personen ist nicht mög lich. Die Frage nach möglichen Gründen für eine eventuelle Drucksache 17/23055 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Differenz zwischen der erfolgten Zahl der Anmeldungen und einer Schätzung der in der Prostitution tatsächlich tätigen Personen ist daher obsolet. 2. a) Wie wird in dem vorgeschriebenen amtlichen Beratungs - und Informationsgespräch gemäß § 7 ProstSchG konkret dafür Sorge getragen, dass Zwangspros titution und Ausbeutung entdeckt werden, z. B. durch Gesprächsleitfäden, in denen geeignete Fragen zu den Lebens- und Arbeitsumständen der Antragsstellerin bzw. des Antragstellers vorgeschlagen werden, deutsch- und fremdsprachige Flyer mit diversen Hilfsangeboten und Erklärungen zu sozialen Sicherungssystemen und steuerlichen Pflichten? Die Staatsregierung hat eine Informationsbroschüre mit Hin weisen zu Hilfsangeboten, sozialen Sicherungssystemen und steuerlichen Pflichten erstellt, in 14 Sprachen übersetzt und verteilt. Im Übrigen stehen Schulungsangebote der Po lizei und der Fachberatungsstellen für Opfer von Menschen handel/Zwangsprostitution für die Behörden vor Ort zur Ver fügung. b) Wie wurde in den Fällen konkret verfahren, in denen Anzeichen für Zwangsprostituition oder Ausbeutung erkannt wurden (bitte auflisten)? Nach Auskunft der Regierung von Unterfranken wurden im Zeitraum seit dem 01.07.2017 keine Fälle aufgedeckt, in denen Anzeichen für Zwangsprostitution oder Ausbeutung erkannt wurden. c) In welcher Form wird denjenigen, die sich registrieren lassen wollen, im Rahmen des Beratungsgesprächs Kontakt zu einer Hilfestelle angeboten, z. B. durch einen deutsch- oder fremdsprachigen Flyer, um deutlich zu machen, dass der/die Registrierte auch nach der Registrierung jederzeit die Möglichkeit hat, sich bei Bedarf an Hilfestellen zu wenden? Die o. g. Informationsbroschüre enthält Hinweise zu Hilfsan geboten und wird im Anschluss an eine Anmeldung ausge händigt. 3. a) Gab es im Rahmen der bisherigen Registrierung in Unterfranken auch Fälle, in denen Menschen ohne eine gültige Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis eine Registrierung beantragt haben? b) Was ist in diesen Fällen mit den Antragstellerinnen bzw. Antragstellern passiert? Nach Auskunft der Regierung von Unterfranken wurden im Zeitraum seit dem 01.07.2017 keine Fälle bearbeitet, in de nen Menschen ohne eine gültige Arbeits und Aufenthaltser laubnis eine Registrierung beantragt haben. 4. a) In wie vielen Fällen wurden seit dem 01.07.2017 Verstöße gegen die Anmeldepflicht bzw. gegen die Pflicht zur Vornahme einer gesundheitlichen Beratung festgestellt? Nach Auskunft der Regierung von Unterfranken wurden seit dem 01.07.2017 drei Fälle bekannt, in denen gegen die An melde bzw. Beratungspflicht verstoßen wurde. b) In welcher Höhe wurden Bußgelder dafür festgelegt ? Nach Auskunft der Regierung von Unterfranken wurde in einem Fall ein Bußgeld in Höhe von 50 Euro festgelegt. 5. a) Für wie viele Prostitutionsgewerbe, also Prosti tutions stätten, Prostitutionsfahrzeuge, Prostitutionsveranstaltungen und Prostitutions vermittlungen, in Unterfranken wurde eine Erlaubnis gemäß § 12 ProstSchG beantragt? b) Wie viele davon wurden genehmigt? c) Welche Gründe lagen vor, aufgrund derer eine Genehmigung nicht erteilt werden konnte (z. B. Zuverlässigkeit der beantragenden Person, Mängel beim Betriebskonzept)? Eine Abfrage der Regierung von Unterfranken hat ergeben, dass im Zeitraum seit dem 01.07.2017 insgesamt 42 Prosti tutionsgewerbe in Unterfranken eine Erlaubnis gemäß § 12 ProstSchG beantragt haben (Stand: 30.04.2018). Davon wurden zwei Prostitutionsgewerbe genehmigt. Ein Prostitu tionsgewerbe wurde aus baurechtlichen Gründen untersagt. In den übrigen Fällen wurde bis zur Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis eine vorläufige Erlaub nisfiktion nach § 37 Abs. 4 ProstSchG ausgestellt. § 37 Abs. 4 ProstSchG sieht eine Übergangsregelung vor für bereits vor dem Inkrafttreten des ProstSchG betriebene Prostitutionsgewerbe, wonach die Fortführung des Prosti tutionsgewerbes bis zur Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis als erlaubt gilt, wenn die maßgeb lichen Übergangsfristen bzgl. Anzeige und Erlaubnisantrag gemäß § 37 Abs. 2 ProstSchG beachtet wurden. 6. a) Welche Art von sachgerechten Notrufsystemen gemäß § 18 ProstSchG wurden in den betreffenden Anlagen genehmigt? Nach Auskunft der Regierung von Unterfranken werden un terschiedliche Notrufsysteme genutzt. Die häufigste Form ist ein Notrufknopf in den Räumen. b) In wie vielen Fällen wurden Ausnahmen von der Pflicht zur Bereitstellung von sachgerechten Notrufsystemen genehmigt? Nach Auskunft der Regierung von Unterfranken liegen keine Informationen zu genehmigten Ausnahmen von der Pflicht zur Bereitstellung von sachgerechten Notrufsystemen vor. 7. a) In welcher Form werden die Betreiber von Prostitutionsgewerben überprüft und kontrolliert (bitte auch erläutern, ob die Kontrollen unangekündigt, regelmäßig oder überwiegend auf konkreten Verdacht hin erfolgen)? b) Welche Kontrollen sind in Unterfranken seit dem 01.07.2017 erfolgt? c) Welche konkreten Ergebnisse haben diese Kontrollen erbracht? Jedes Prostitutionsgewerbe ist grundsätzlich regelmäßig zweimal pro Jahr zu kontrollieren. Zudem haben anlassbe zogene Kontrollen stattzufinden. Nach Auskunft der Regierung von Unterfranken finden in Unterfranken Überprüfungen durch die Ordnungsbehörden, ggf. mit Unterstützung der Polizeibehörden, einmal halbjähr Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23055 lich sowie bei konkretem Verdacht statt. Dabei konnten nur sehr wenige Verstöße festgestellt werden. Eine statistische Erfassung der Kontrollen sowie der Verstöße erfolgte nicht. 8. a) Welche staatlichen Anweisungen bzw. Verfahrensvorschriften bzw. Ausführungsvorschriften wurden vonseiten der Staatsregierung an die beteiligten Behörden und Dienststellen ausgegeben (bitte Kopie beilegen)? Die Staatsregierung hat einen Leitfaden zum Anmeldever fahren für Prostituierte und einen Leitfaden zum Erlaubnis verfahren für Prostitutionsgewerbe und Überwachung des Prostitutionsgewerbes zur internen Verwendung erstellt. b) Ist der Staatsregierung bekannt, ob andere Bundesländer andere Weisungen an ihre Behörden ausgegeben haben? c) Welche Unterschiede in den verschiedenen Weisungen zwischen Bayern und anderen Bundesländern sind der Staatsregierung bekannt? Soweit der Bund von der Ermächtigung gemäß § 36 Abs. 1 ProstSchG keinen Gebrauch gemacht hat und keine bun desweit einheitliche Regelung getroffen hat, ist davon auszugehen, dass die Länder eigene, ggf. abweichende Re gelungen erlassen haben. Diese sind der Staatsregierung im Einzelnen nicht bekannt.