Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Klaus Adelt SPD vom 29.04.2014 Rechtsextremismus in Oberfranken Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie gefährlich schätzt die Staatsregierung die Partei „Der III. Weg“ ein? a) Welche Ziele verfolgt diese Partei? b) Wie ist „Der III. Weg“ aus Sicht der Staatsregierung und den Sicherheitsbehörden organisiert und strukturiert ? 2. Welche Rolle spielt die NPD gegenwärtig noch in der oberfränkischen rechtsradikalen Szene? 3. Was wissen sowohl die Staatsregierung als auch die zuständigen Sicherheitsbehörden konkret über eine Liegenschaft in Unterhartmannsreuth, die sich im Besitz der Familie des bekannten neonazistischen Liedermachers Renecke befinden und als bekannter Treffpunkt freier Kameradschaften dienen soll? 4. Welche Gefahr geht aus Sicht der Staatsregierung und der Sicherheitsbehörden von den neonazistischen Liegenschaften und ihren Besitzern bzw. Bewohnern in Oberprex und Unterhartmannsreuth aus? 5. Wie schätzt die Staatsregierung die Gesamtsituation hinsichtlich der oberfränkischen Neonazi-Szene ein? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 03.06.2014 1. Wie gefährlich schätzt die Staatsregierung die Partei „Der III. Weg“ ein? Von der rechtsextremistischen Szene geht insgesamt eine latente Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik aus. Daher steht sie auch im besonderen Fokus der Sicherheitsbehörden. Die sogenannte Partei „Der Dritte Weg“ („III. Weg“) ist Teil dieser Szene und versteht sich als revolutionäre Alternative. Die Strukturen des „III. Weg“ sind noch zu jung und wenig gefestigt, um eine abschließende Gefährdungsanalyse abgeben zu können. Die weitere Entwicklung wird von den bayerischen Sicherheitsbehörden genauestens beobachtet. a) Welche Ziele verfolgt diese Partei? Hinsichtlich der Ziele des „III. Weg“ wird auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Ulrike Gote betreffend „Rechtsextremistische Aktivitäten in Oberfranken – der III. Weg“ vom 09.05.2014 Drs. 17/1941 verwiesen. Einen momentanen Themenschwerpunkt der rechtsextremistischen Szene in Bayern stellt die Diskussion um die Einrichtung von neuen Unterkünften für Asylbewerber dar. In dieser Frage sehen sowohl die rechtsextremistische Szene allgemein als auch der „III. Weg“ einen Anknüpfungspunkt an breitere Gesellschaftsschichten. Daher versucht auch der „III. Weg“, z. B. mit Flyeraktionen, dieses Themenfeld öffentlichkeitswirksam für sich zu nutzen. b) Wie ist „Der III. Weg“ aus Sicht der Staatsregierung und den Sicherheitsbehörden organisiert und strukturiert? Es wird auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Ulrike Gote betreffend „Rechtsextremistische Aktivitäten in Oberfranken – der III. Weg“ vom 09.05.2014 Drs. 17/1941 verwiesen. 2. Welche Rolle spielt die NPD gegenwärtig noch in der oberfränkischen rechtsradikalen Szene? Die öffentlichen Aktivitäten der NPD in Oberfranken sind gering. So wurden im Jahr 2014 bislang lediglich zwei Veranstaltungen öffentlich bekannt. Dabei handelte es sich um das Dreikönigstreffen in Michelau am 06.01.2014 und einen Infostand in Lichtenfels am 29.03.2014. Insgesamt betrachtet tritt die NPD in Oberfranken nur selten öffentlichkeitswirksam in Erscheinung. Die aktivere Rolle spielen in Oberfranken Aktivisten der neonazistischen Szene, etwa Tony GENTSCH und seine Anhänger. Ergänzend wird auf den Beitrag im Informationsangebot der „Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus“ (BIGE) verwiesen: https://www.bayern-gegen-rechtsextremismus .bayern.de/wissen/rechtsextremismus-in-bayern/ oberfranken. Dort sind die Erkenntnisse zu Aktivitäten der NPD in Oberfranken ausführlich dargestellt. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 25.07.2014 17/2309 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2309 Dem NPD-Bezirksverband Oberfranken gehören nach derzeitigem Stand etwa 120 Mitglieder an. Folgende Kreisverbände sind ihm angegliedert: – Hof/Saale/Wunsiedel – Coburg – Bamberg/Forchheim – Kulmbach/Bayreuth – Lichtenfels/Kronach Zusätzlich umfasst das rechtsextremistische Personenpotenzial in Oberfranken rund 70 Neonazis, etwa 20 rechtsextremistische Skinheads und ca. 60 sonstige rechtsextremistische Personen (z. B. Splitterparteien, Verlage, Stammtischrunden, Gesprächszirkel etc.). Bei der Bundes- und der Landtagswahl 2013 erreichte die NPD in Oberfranken jeweils 1,3 % der Stimmen. Im Vergleich zur Bundestagswahl 2009 sank der Stimmenanteil um 0,5 %-Punkte, im Vergleich zur Landtagswahl 2008 um 0,4 %-Punkte. Der NPD-Bezirksverband und die Kreisverbände sind im Internet, der Bezirksverband darüber hinaus auch in Facebook vertreten. Neben dem Bezirksverband und den anhängigen Kreisverbänden erfolgte am 08.09.2012 die Gründung des Stützpunktes der Jungen Nationaldemokraten (JN) in Coburg. Der JN-Stützpunkt besteht aus 10 – 15 Personen, die bisher im Spektrum der „Freien Kräfte“ aktiv waren. 3. Was wissen sowohl die Staatsregierung als auch die zuständigen Sicherheitsbehörden konkret über eine Liegenschaft in Unterhartmannsreuth, die sich im Besitz der Familie des bekannten neonazistischen Liedermachers Renecke befinden und als bekannter Treffpunkt freier Kameradschaften dienen soll? Mit einer „Gemeinsamen Presseerklärung des Landratsamtes Hof, der Gemeinde Feilitzsch und der Sicherheitsbehörden “ (abrufbar im Internetangebot der BIGE; Rubrik: Aktuelles) wurde die Öffentlichkeit am 07.08.2012 über den Grundstückserwerb in der Gemeinde Feilitzsch informiert. Unmittelbar nach Bekanntwerden des Erwerbs der Immobilie wurden offene Kontaktgespräche mit der neuen Eigentümerin geführt. Am 08.03.2014 fand in der Liegenschaft in Unterhartmannsreuth eine „Rechtsschulung“ von einem in der rechtsextremistischen Szene bekannten Szeneanwalt statt. 4. Welche Gefahr geht aus Sicht der Staatsregierung und der Sicherheitsbehörden von den neonazistischen Liegenschaften und ihren Besitzern bzw. Bewohnern in Oberprex und Unterhartmannsreuth aus? Im Zusammenhang mit der Immobilie Oberprex 47 darf auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Katharina Schulze und Frau Abgeordneten Ulrike Gote vom 04.03.2014 betreffend „Rechtsextreme Aktivitäten in der Immobilie Oberprex 47“ (Drs. 17/958) verwiesen werden . Dass in dem Objekt in Unterhartmannsreuth eine rechtsextremistische Veranstaltung stattfand, ist neu. Ob es sich in Zukunft zu einem Szenetreffpunkt entwickelt, bleibt abzuwarten . Tatsächlich würde das Anwesen über eine ausreichende Infrastruktur – wie die bereits durchgeführte Rechtsschulung zeigt – verfügen. Allgemein bleibt festzuhalten, dass die Sicherheitsbehörden die rechtsextremistischen Aktivitäten in Oberfranken, insbesondere im Bereich Hochfranken, sehr aufmerksam beobachten und konsequent und mit aller Entschlossenheit gegen Straftaten und Ordnungsstörungen mit politischem Hintergrund vorgehen. Ein permanenter Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden ist gewährleistet. Um Rechtsextremismus wirkungsvoll zu begegnen, ist neben behördlichen Maßnahmen insbesondere ein Zusammenwirken von staatlichen Stellen, Kommunalbehörden und allen demokratischen Kräften in der Gesellschaft notwendig. Um dies dauerhaft zu gewährleisten, wurden vor Ort umfangreiche Maßnahmen getroffen. Zuletzt fand am 17.04.2014 ein Sicherheitsgespräch des Landratsamtes Hof mit dem Polizeipräsidium Oberfranken, der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) und den beiden Bürgermeistern von Feilitzsch und Regnitzlosau statt. 5. Wie schätzt die Staatsregierung die Gesamtsituation hinsichtlich der oberfränkischen Neonazi-Szene ein? Parallel zu den jüngsten Entwicklungen in der gesamten bayerischen neonazistischen Szene befindet sich auch die Szene in Oberfranken im Umbruch. Hier wurde schon frühzeitig ein Stützpunkt des „III. Weg“ gegründet. Der im letzten Jahr aus der Haft entlassene oberfränkische Rechtsextremist Tony GENTSCH hat sich wieder als Führungsaktivist etabliert, wie seine jüngsten Auftritte als Redner des „III. Weg“ bei den Demonstrationen am 15.02.2014 in Karlsbad (CZ) und am 01.05.2014 in Plauen belegen. Inwieweit dieser Umbruch schon abgeschlossen ist, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bewertet werden. Ergänzend darf nochmals auf die Informationen der BIGE auf der Internetseite https://www.bayern-gegen-rechtsex tremismus.bayern.de/wissen/rechtsextremismus-in-bayern/ oberfranken verwiesen werden: Als neonazistische Gruppierungen sind die „Freie Nationalisten Hof“ und die „Aktionsgruppe Bayreuth“ zu nennen . Beide Gruppierungen gehören dem „Freien Netz Süd“ (FNS) an. Von September 2010 bis Frühjahr 2013 hat eine Kleingruppe von Rechtsextremisten aus dem Raum Coburg unter dem Namen „Fränkischer Heimatschutz“ eine eigene Internetseite betrieben. Verschiedene Links führten auf andere bekannte rechtsextremistische Seiten. Verbindungen bestanden zum „Freien Netz Süd“ und nach Thüringen zum rechtsextremistischen „Bündnis Zukunft Hildburghausen“ (BZH).