Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 24.02.2014 Blutkonservengeschäft des BRK mit der DDR Das ARD-Magazin „Report Mainz“ deckte im Januar dieses Jahres auf, dass das Bayerische Rote Kreuz (BRK) Mitte der 80er-Jahre Blutkonserven aus der damaligen DDR bezogen hat. Dieses Blut war – wahrscheinlich auch unter Zwang – Häftlingen entnommen worden. Laut Angaben des damaligen Geschäftsführers des BRK-Blutspendedienstes, Heinrich Hiedl, hat Franz Josef Strauß das Geschäft eingefädelt . Etwa zeitgleich, nämlich 1983, handelte Strauß mit dem obersten Devisenbeschaffer der DDR, Alexander Schalck-Golodkowski, den Milliardenkredit aus, der der DDR nach Ansicht vieler Historiker die Existenz verlängerte. Mit Schalck-Golodkowski verband ihn auch bis zu seinem Tod eine enge Freundschaft. Das Handelsblatt spricht von 238 Kontakten, die Strauß ab 1983 mit Schalck-Golodkowski hatte . Auch sonst hatte Strauß eifrigen Umgang mit Vertretern des Unrechtsstaates. Erich Honecker richtete er 1987 einen Staatsbesuch aus, dessen Pomp Honecker begeistert und gerührt habe, wie die Zeit in der Rückschau 2012 berichtete. In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung: 1. Waren Mitglieder oder Vertreterinnen bzw. Vertreter der Staatsregierung bei der Anbahnung, Vermittlung, Durchführung oder in sonstiger Form in das Geschäft mit Blutkonserven zwischen der DDR und dem Bayerischen Roten Kreuz (BRK) involviert? 1.1 Wenn ja, erhielten sie für ihre Dienste Geldzuwendungen , Provisionen, Auszeichnungen oder ähnliche Vergünstigungen seitens des BRK oder der DDR? 1.2 Wenn ja, waren sie im Auftrag oder mit Kenntnis der Staatsregierung tätig? 1.3 Trifft insbesondere die Aussage des damaligen Geschäftsführers des BRK-Blutspendedienstes, Heinrich Hiedl, gegenüber der BILD zu, dass Franz Josef Strauß das Geschäft „eingefädelt“ habe? 2. Trifft die Behauptung der Süddeutschen Zeitung vom 16.01.2014 zu, dass die Antwort der Staatsregierung auf die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hiersemann (Drs. 12/13945) zum „Bezug von Blutkonserven aus der ehemaligen DDR durch das Bayerische Rote Kreuz“ vom 16.09.1993 falsch war? 2.1 Trifft die Behauptung der Süddeutschen Zeitung zu, dass die von der Münchner Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit einer Schmiergeldaffäre Ende der 90er-Jahre beschlagnahmten Akten über die DDRBlutprodukte dem BRK später in „einem völlig ungeordneten Zustand“ zurückgegeben wurden? 2.2 Wenn ja, war die Art der Antwort auf die Anfrage und die unübliche Rückgabe der Akten auf die Einflussnahme von am Geschäft Beteiligten zurückzuführen? 3. Waren Mitglieder oder Vertreterinnen bzw. Vertreter der Staatsregierung, insbesondere Franz Josef Strauß, bei einem oder mehreren Geschäften von Westfirmen mit der DDR beteiligt, die der Historiker Tobias Wunschik in seiner im Auftrag des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, erstellten Studie „Knastware für den Klassenfeind“ aufzählt? 3.1 Wenn ja, gibt es Erkenntnisse oder Hinweise, dass für die Vermittlung solcher Geschäfte im Gesamtvolumen von mehreren Milliarden Euro die Beteiligten Provisionen , Aufwandsentschädigungen oder sonstige Leistungen erhalten haben? 3.2 Welche Erkenntnisse hatte die Staatsregierung zum damaligen Zeitpunkt über die geschäftlichen Beziehungen der Westfirmen mit der DDR und insbesondere vom Einsatz von Häftlingen der DDR an der Produktion der bestellten Waren, und welche hat sie heute? 4. Ist der Staatsregierung bekannt, wer aufseiten der DDR die Verhandlungen zur Lieferung der Blutkonserven mit dem Bayerischen Roten Kreuz führte, bzw. ob Alexander Schalck-Golodkowski als Leiter der Kommerziellen Koordinierung (KoKo) im Ministerium für Außenhandel daran beteiligt war? 4.1 War dieser nach Kenntnis der Staatsregierung auch in die damaligen Geschäfte der DDR mit Westfirmen eingebunden? 4.2 Ist der Staatsregierung bekannt, ob der bayerische Unternehmer und CSU-Mitglied Josef März im Blutkonservenhandel oder den oben genannten Geschäften der Westfirmen eine Rolle spielte, beispielsweise als Mittelsmann? 5. Wie beurteilt die Staatsregierung mit heutigem Wissen um den Unrechtsstaat DDR den von Franz Josef Strauß ausgehandelten Milliardenkredit im Jahr 1983, etwa auch im Hinblick auf die Erkenntnisse von Historikern , wonach dieser die Existenz der damals finanziell klammen DDR verlängert habe? 5.1 Wie beurteilt die Staatsregierung mit heutigem Wissen um den Unrechtsstaat DDR den von Franz Josef Strauß beim Staatsbesuch von Erich Honecker in München betriebenen Aufwand, mit dem er nach Ansicht von Kritikern die DDR ohne Not aufgewertet habe, da er Honecker als hochrangigen Staatsbesuch empfing, indem er ihm u. a. mit 15 Motorrädern die volle Eskorte gewährte – im Gegensatz zur Bundesregierung in Bonn, die lediglich 7 Maschinen bereitstellte – und ihn zum Mittagessen ins Antiquarium der Residenz einlud ? 5.2 Trifft die im Jahr 2000 von mehreren Zeitungen und Zeitschriften geäußerte und kürzlich von der Süddeut- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 25.07.2014 17/2317 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2317 schen Zeitung aufgegriffene Vermutung zu, dass die Stasi-Akten von Strauß vom Verfassungsschutz aus Sorge um dessen Ansehen vernichtet wurden? 6. Kann Strauß nach Ansicht der Staatsregierung heute noch als Vorbild und Namensgeber öffentlicher Einrichtungen , Straßen etc. dienen? 6.1 Erfüllt das Wirken von Strauß die hohen Anforderungen , die zuletzt von der Öffentlichkeit und auch von der Staatsregierung in der Diskussion um die Benennung von Schulen aufgestellt wurden? 6.2 Ist seitens der Staatsregierung daran gedacht, den Franz-Josef-Strauß-Flughafen in München umzubenennen ? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 30.05.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit der Bayerischen Staatskanzlei und den anderen Staatsministerien wie folgt beantwortet: Es wurden die Textbeiträge der StK, des StMBW, StMFLH, StMI und StMJ übernommen. Die übrigen Ressorts haben sich den Ausführungen der StK bzw. anderer Ressorts angeschlossen oder Fehlanzeige gemeldet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (BayVerfGH), zuletzt in der Entscheidung vom 20.03.2014 (Vf. 72-IVa-12), unterliegt die Antwortpflicht der Staatsregierung auf parlamentarische Anfragen Grenzen , die sich aus der Verfassung und verfassungsrechtlichen Grundsätzen ergeben. Danach können insbesondere Antworten auf Anfragen von Abgeordneten von geringerem Umfang, geringerer Intensität, Tiefe und Detailliertheit sein, je länger der aufzuklärende Sachverhalt zurückliegt und je weniger aktuelle Bezüge er aufweist. Die vorliegende Anfrage betrifft im Kern Sachverhalte, die rund 30 Jahre zurückliegen. Von den damaligen Mitgliedern der Staatsregierung (Kabinett Strauß II) ist keines mehr im Amt, viele sind bereits verstorben. Aktuelle Bezüge zur Tätigkeit der derzeitigen Staatsregierung, die Gegenstand des parlamentarischen Fragerechts ist, sind ggf. lediglich in Frage Nr. 6 erkennbar. Es liegt nahe, dass eine umfassende Aufklärung des 30 Jahre zurückliegenden Sachverhalts zur Beantwortung der vorliegenden parlamentarischen Anfrage mit einem ganz erheblichen Zeitaufwand aufseiten der Staatsregierung verbunden wäre, zumal die Anfrage die Staatskanzlei und alle Ressorts betrifft, in der Zwischenzeit umfangreiche Umressortierungen und Neuorganisationen innerhalb und zwischen den Ressorts stattgefunden haben, Zuständigkeiten, wie z. B. die Kontakte zur „DDR“, seit über zwanzig Jahren schlicht entfallen sind, kaum einer der damals handelnden Beamten noch im aktiven Dienst ist, Aktenaufbewahrungsfristen abgelaufen und eine elektronische Aktenauswertung 30 Jahre alter Vorgänge oftmals kaum möglich ist. Die Staatsregierung hat deshalb nach einer Abwägung zwischen Bearbeitungsaufwand einerseits und konkretem Informations-/Kontrollinteresse des Fragestellers anderer- seits zur Beantwortung der Anfrage Recherchen in der Registratur nach bestimmten Schlagworten und nach sachlich nachvollziehbaren Zeiträumen durchgeführt. Nachdem diese Registratur-Recherche keine weiteren Anhaltspunkte ergeben hat, wurde grundsätzlich auf Befragungen von (damals ) handelnden Personen verzichtet. Ausgehend von dieser Rechtsprechung des BayVerfGH hat die Staatsregierung nach einer weiteren Abwägung zwischen Bearbeitungsaufwand und Informations-/Kontrollinteresse die Abfrage auf Kontakte von Mitgliedern und Vertretern der Staatsregierung alleine auf Ministerpräsidenten a. D. Strauß beschränkt, nach dessen Rolle der Fragesteller an mehreren Stellen explizit („insbesondere“) fragt. Maßgeblich dafür sprach auch, dass der Fragesteller, soweit für die Staatsregierung erkennbar, nur über Ministerpräsidenten a. D. Strauß einen aktuellen Bezug zum Handeln der amtierenden Staatsregierung herzustellen versucht, der ein Informations-/Kontrollinteresse der konkreten Anfrage zumindest theoretisch begründen könnte. 1. Waren Mitglieder oder Vertreterinnen bzw. Vertre- ter der Staatsregierung bei der Anbahnung, Vermittlung , Durchführung oder in sonstiger Form in das Geschäft mit den Blutkonserven zwischen der DDR und dem Bayerischen Roten Kreuz (BRK) involviert ? 1.1 Wenn ja, erhielten sie für ihre Dienste Geldzuwendungen , Provisionen, Auszeichnungen oder ähnliche Vergünstigungen seitens des BRK oder der DDR? 1.2 Wenn ja, waren sie im Auftrag oder mit Kenntnis der Staatsregierung tätig? Umfangreiche Recherchen haben ergeben, dass in der Staatskanzlei und allen Staatsministerien für den Zeitraum 1983 bis heute keinerlei Vorgänge zu der Thematik vorhanden sind, die zur Beantwortung der Anfrage herangezogen werden könnten. Es haben sich auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass entsprechende Akten an das Staatsarchiv abgegeben worden sind. Eine Beteiligung von Mitgliedern oder Vertretern der Bayerischen Staatsregierung an den genannten Geschäften ist nicht ersichtlich. Die in der Studie „Knastware für den Klassenfeind: Häftlingsarbeit in der DDR, der Ost-West-Handel und die Staatssicherheit (1970–1989)“ von Tobias Wunschik erwähnten westlichen Firmen, die an Blutkonservengeschäften mit der DDR beteiligt gewesen sein sollten, waren dabei ebenfalls Teil der Suchabfragen. Sonstige Anhaltspunkte für eine Beteiligung von Angehörigen der Staatskanzlei und der Staatsministerien an dem Geschäft mit Blutkonserven zwischen der DDR und dem Bayerischen Roten Kreuz (BRK) bestehen nicht. 1.3 Trifft insbesondere die Aussage des damaligen Geschäftsführers des BRK-Blutspendedienstes, Heinrich Hiedl, gegenüber der BILD zu, dass Franz Josef Strauß das Geschäft „eingefädelt“ habe? Nach Erkenntnissen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr trifft die Aussage des Herrn Hiedl nicht zu. Es liegen keine Hinweise darauf vor, dass Ministerpräsident a. D. Strauß am Blutkonservenhandel des BRK mit der DDR beteiligt war. 2. Trifft die Behauptung der Süddeutschen Zeitung vom 16.01.2014 zu, dass die Antwort der Staatsregierung auf die Schriftliche Anfrage des Abge- Drucksache 17/2317 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 ordneten Hiersemann (Drs. 12/13945) zum „Bezug von Blutkonserven aus der ehemaligen DDR durch das Bayerische Rote Kreuz“ vom 16.09.1993 falsch war? Der Staatsregierung war erst nach Mitteilung des Abschlussberichts des BRK am 24.05.2000 an das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit bekannt, dass eine unproblematische Rückverfolgung der Blutspenden bis zum einzelnen Blutspender nicht gewährleistet war. Der Studie „Knastware für den Klassenfeind“ folgend wurden seitens der DDR Maßnahmen zur Verschleierung der Herkunft des Blutes ergriffen (S. 244/245). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, die die in der Frage getroffene Feststellung bzgl. der Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit auf die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hiersemann stützen könnten. 2.1 Trifft die Behauptung der Süddeutschen Zeitung zu, dass die von der Münchner Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit einer Schmiergeldaffäre Ende der 90er-Jahre beschlagnahmten Akten über die DDR-Blutprodukte dem BRK später in „einem völlig ungeordneten Zustand“ zurückgegeben wurden? Die Staatsanwaltschaft München I führte in den Jahren 1998 bis 2000 gegen Verantwortliche des BRK ein Ermittlungs - bzw. Strafverfahren u. a. wegen des Verdachts der Bestechung. In diesem Verfahren erfolgten umfangreiche Durchsuchungsmaßnahmen, u. a. Durchsuchungen in der Zentrale des Blutspendedienstes München, des Präsidiums des BRK München und des Archivs des Blutspendendienstes Bayreuth. Hierbei wurden zahlreiche Unterlagen sichergestellt . Dass darunter auch Unterlagen betreffend etwaige Blutkonservengeschäfte des BRK mit der DDR gewesen wären, ergibt sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft München I aus den in den Akten befindlichen Sicherstellungsverzeichnissen nicht; es kann jedoch aufgrund der Art der konkreten Erfassung der sichergestellten Gegenstände auch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Ob die sichergestellten Unterlagen jemals zur Staatsanwaltschaft München I gelangten oder damals im Bayerischen Landeskriminalamt , das die Ermittlungen führte, asserviert und von dort nach Abschluss des Verfahrens wieder zurückgegeben wurden, kann nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft München I heute aus den Akten nicht mehr nachvollzogen werden. Die Staatsanwaltschaft München I kann aus den dortigen Ermittlungsakten auch nicht nachvollziehen, in welchem Zustand die sichergestellten Akten zurückgegeben wurden. Nach Mitteilung des Bayerischen Landeskriminalamtes werden Asservatenrückgaben nach Auflistung in den Sicherstellungsverzeichnissen grundsätzlich systematisch bei der Rückgabe abgearbeitet. Die Befragung eines der damaligen polizeilichen Sachbearbeiter durch die Staatsanwaltschaft München I und das Bayerische Landeskriminalamt ergab, dass ihm ein „völlig ungeordneter Zustand“ der Akten nicht erinnerlich ist. 2.2 Wenn ja, war die Art der Antwort auf die Anfrage und die unübliche Rückgabe der Akten auf die Einflussnahme von am Geschäft Beteiligten zurückzuführen ? Es wird auf die Antwort zu Frage 2.1 Bezug genommen. Aus den bei der Staatsanwaltschaft München I vorliegenden Akten ergibt sich nach deren Angaben hierzu nichts. 3. Waren Mitglieder oder Vertreterinnen bzw. Vertreter der Staatsregierung, insbesondere Franz Josef Strauß, bei einem oder mehreren Geschäften von Westfirmen mit der DDR beteiligt, die der Historiker Tobias Wunschik in seiner im Auftrag des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, erstellten Studie „Knastware für den Klassenfeind “ aufzählt?“ 3.1 Wenn ja, gibt es Erkenntnisse oder Hinweise, dass für die Vermittlung solcher Geschäfte im Gesamtvolumen von mehreren Milliarden Euro die Beteiligten Provisionen, Aufwandsentschädigungen oder sonstige Leistungen erhalten haben? 3.2 Welche Erkenntnisse hatte die Staatsregierung zum damaligen Zeitpunkt über die geschäftlichen Beziehungen der Westfirmen mit der DDR und insbesondere vom Einsatz von Häftlingen der DDR an der Produktion der bestellten Waren, und welche hat sie heute? Für sechs Unternehmen, die in der Studie „Knastware für den Klassenfeind“ im Zusammenhang mit der Thematik „Blutkonservengeschäfte BRK-DDR“ aufgeführt wurden, wurde – nach Abwägung zwischen Bearbeitungsaufwand und Informations -/Kontrollinteresse, vgl. Vorbemerkung – ebenfalls eine Registraturabfrage für den Zeitraum 1983–1985 durchgeführt . Auch hier sind keine Unterlagen in der Registratur zur Beantwortung vorhanden. Hierzu ergeben sich bereits aus der in der Anfrage zitierten Studie von Tobias Wunschik keine Anhaltspunkte. 4. Ist der Staatsregierung bekannt, wer aufseiten der DDR die Verhandlungen zur Lieferung der Blutkonserven mit dem Bayerischen Roten Kreuz führte, bzw. ob Alexander Schalck-Golodkowski als Leiter der Kommerziellen Koordinierung (KoKo) im Ministerium für Außenhandel daran beteiligt war? 4.1 War dieser nach Kenntnis der Staatsregierung auch in die damaligen Geschäfte der DDR mit Westfirmen eingebunden? 4.2 Ist der Staatsregierung bekannt, ob der bayerische Unternehmer und CSU-Mitglied Josef März im Blutkonservenhandel oder den oben genannten Geschäften der Westfirmen eine Rolle spielte, beispielsweise als Mittelsmann? Der Fragekomplex zielt nicht auf ein Verhalten von Mitgliedern der Staatsregierung. Nach Abwägung zwischen Bearbeitungsaufwand und Informations-/Kontrollinteresse sowie nach den allgemeinen Grundsätzen zur Zulässigkeit parlamentarischer Anfragen wird deshalb von einer Beantwortung abgesehen. 5. Wie beurteilt die Staatsregierung mit heutigem Wissen um den Unrechtsstaat DDR den von Franz Josef Strauß ausgehandelten Milliardenkredit im Jahr 1983, etwa auch im Hinblick auf die Erkenntnisse von Historikern, wonach dieser die Existenz der damals finanziell klammen DDR verlängert habe? 5.1 Wie beurteilt die Staatsregierung mit heutigem Wissen um den Unrechtsstaat DDR den von Franz Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2317 Josef Strauß beim Staatsbesuch von Erich Honecker in München betriebenen Aufwand, mit dem er nach Ansicht von Kritikern die DDR ohne Not aufgewertet habe, da er Honecker als hochrangigen Staatsbesuch empfing, indem er ihm u. a. mit 15 Motorrädern die volle Eskorte gewährte – im Gegensatz zur Bundesregierung in Bonn, die lediglich 7 Maschinen bereitstellte – und ihn zum Mittagessen ins Antiquarium der Residenz einlud? Der Staatsmann und Politiker Franz Josef Strauß hat die deutsche Teilung nach 1945 nie akzeptiert. Die Einheit Deutschlands war stets oberste Maxime seines staatspolitischen Handelns. So hätte es ohne die Initiative von Ministerpräsident a. D. Strauß kein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Grundlagenvertrag gegeben, welches alle Verfassungsorgane der Bundesrepublik ausdrücklich darauf verpflichtete, auf die Wiedervereinigung hinzuarbeiten . Die Folgen der Teilung für die Menschen in Ost und West zu lindern, war ein Kernanliegen von Ministerpräsident a. D. Strauß. Er hat sich für tausende Familien in der damaligen DDR eingesetzt. Vor diesem Hintergrund ist sowohl der Staatsbesuch von Erich Honecker als auch die Vermittlung des Milliardenkredits für die DDR zu sehen. Als Gegenleistung für den Milliardenkredit ließ sich die DDR weitreichende Zugeständnisse abringen, wie Erleichterungen bei Grenzkontrollen und der Familienzusammenführung. Die Zahl der DDR-Besucher aus dem Westen stieg daraufhin sprunghaft an, die Übersiedlungen aus der DDR erreichten neue Rekordstände . Insbesondere aber baute die DDR als Reaktion auf den Milliardenkredit die mörderischen Selbstschussanlagen an der deutsch-deutschen Grenze ab. 5.2 Trifft die im Jahr 2000 von mehreren Zeitungen und Zeitschriften geäußerte und kürzlich von der Süddeutschen Zeitung aufgegriffene Vermutung zu, dass die Stasi-Akten von Strauß vom Verfassungsschutz aus Sorge um dessen Ansehen vernichtet wurden? Dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz sind Anfang 1990 unter anderem personenbezogene Dossiers über Bewohner der Bundesrepublik Deutschland zugegangen , die aus Abhörmaßnahmen des ehemaligen DDR-Minis- teriums für Staatssicherheit stammten. Diese Unterlagen wurden in Bayern in Umsetzung eines Beschlusses des Bundesregierung vom 28.03.1990 nach Weisung des Bayerischen Staatsministers des Innern vom 29.03.1990 sowie in Umsetzung eines Beschlusses der Innenministerkonferenz vom 29.06.1990 unverzüglich und ohne vorherige Auswertung vernichtet; dies gilt auch für Unterlagen, die Ministerpräsident a. D. Strauß betrafen. Vor diesem Hintergrund kann die der Frage zugrunde liegende Vermutung nicht bestätigt werden. 6. Kann Strauß nach Ansicht der Staatsregierung heute noch als Vorbild und Namensgeber öffentlicher Einrichtungen, Straßen etc. dienen? Nach Art. 52 Abs. 1 BayStrWG können die Gemeinden den öffentlichen Straßen Namen geben. Es handelt sich um eine Selbstverwaltungsangelegenheit im eigenen Wirkungskreis der Gemeinden, die die Entscheidung über die Erteilung oder Änderung eines Straßennamens nach pflichtgemäßem Ermessen treffen. Sie haben dabei einen weiten Gestaltungsspielraum , müssen aber die Grundsätze der Erforderlichkeit , Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit beachten und im Fall einer möglichen Umbenennung die für und gegen diese Maßnahme sprechenden Gründe gegeneinander abwägen . Es gibt keine Erkenntnisse, die nach Auffassung der Staatsregierung Ministerpräsident a. D. Strauß als Namensgeber für öffentliche Straßen und Plätze als ungeeignet erscheinen lassen. Vielmehr sprechen seine Verdienste, die er als Bundesminister verschiedener Ressorts und als langjähriger Bayerischer Ministerpräsident erworben hat, dafür, ihn mit der Benennung einer öffentlichen Straße nach seinem Namen zu ehren. 6.1 Erfüllt das Wirken von Strauß die hohen Anforderungen , die zuletzt von der Öffentlichkeit und auch von der Staatsregierung in der Diskussion um die Benennung von Schulen aufgestellt wurde? Die von der Staatsregierung entwickelten Kriterien hinsichtlich der Dignität von Personen als Namensgeber von Schulen betreffen allein den Kontext, der sich durch Verstrickungen in das NS-Regime, in Verbindung mit bestimmten administrativen und ökonomischen Tätigkeiten bzw. mit dem Gedankengut, auf dem das NS-Regime beruhte, ergab. Mit diesem Kontext hat die Biografie des Ministerpräsidenten a. D. Strauß nichts zu tun. Ministerpräsident a. D. Strauß stand dem NS-Regime nach allen vorliegenden Kenntnissen und Zeugnissen sehr distanziert gegenüber, auf der Grundlage seiner persönlichen christlichen Überzeugungen, seiner moralischen Bewertungen, seines abendländischen historischen Geschichtsbildes und seiner politischen Einschätzungen , die dahin gingen, dass die Hybris dieses Regimes es selbst in den Abgrund stoßen müsse. 6.2 Ist seitens der Regierung daran gedacht, den Franz-Josef-Strauß-Flughafen in München umzubenennen ? In der luftrechtlichen Genehmigung vom 09.05.1974, die nach § 42 Abs. 2 Nr. 1 LuftVZO die vollständige Bezeichnung des Flughafens enthalten muss, findet sich die Bezeichnung „Flughafen München“. Im Tenor der Genehmigung heißt es: „Der Flughafen München GmbH wird die Genehmigung zur Anlegung und zum Betrieb eines Verkehrsflughafens mit der Bezeichnung „Flughafen München“ im nachstehendem Umfang erteilt.“ Der Zusatz „Franz Josef Strauß“ geht auf einen Beschluss in der 75. Gesellschafterversammlung der Flughafen München GmbH (FMG) vom 28.11.1990 zurück. Mit dieser Benennung des neuen Flughafens wurden die besonderen Verdienste des verstorbenen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß um die Luftfahrt und im Besonderen um die Verwirklichung des Flughafenneubaus bleibend gewürdigt . An dieser Zielsetzung hat sich bis heute nichts geändert.