Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Peter Paul Gantzer SPD vom 08.04.2014 Asiatischer Laubholzbockkäfer im Münchner Osten Nachdem der asiatische Laubholzbockkäfer sich im Münchner Osten immer mehr ausbreitet und daher die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) vermehrt Bäume fällen lässt, frage ich die Staatsregierung: 1. Sind die zahlreichen Baumfällungen im Münchner Osten alternativlos, und wenn ja, welche Alternativen wurden geprüft? 2. Gibt es eine Zusammenarbeit mit Fachinstituten, Universitäten oder anderen Experten, um nach möglichen Alternativen zum Kahlschlag zu suchen? 3. Inwiefern kann das Vorgehen gegen den asiatischen Laubholzbockkäfer in anderen Ländern auf die Situation im Münchner Osten übertragen werden? 4. Nach welchen Kriterien werden Fällungen beschlossen und wer beschließt diese? 5. Was kann nach Untersuchung der gefällten Bäume über den tatsächlichen Befall gesagt werden? 6. Weswegen wird bei der Fällung der Bäume nicht auf die Vogelbrutzeit Rücksicht genommen? 7. Stimmt es, dass gefällte Bäume in der Nachbarschaft von gesunden Bäumen zwischengelagert werden? Bejahendenfalls : Aus welchen Gründen und wer ist für den Abtransport der gefällten Bäume verantwortlich? 8. Wie kann erklärt werden, dass Bäume im Privatbesitz erst einmal zur weiteren Beobachtung stehen bleiben können? 9. Hat der asiatische Laubholzbockkäfer natürliche Feinde und ist es möglich, den Befall durch die Ansiedlung dieser einzudämmen? Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 03.06.2014 1. Sind die zahlreichen Baumfällungen im Münchner Osten alternativlos, und wenn ja, welche Alternativen wurden geprüft? Der aus China eingeschleppte asiatische Laubholzbockkäfer (ALB) ist ein gefährlicher Quarantäneschaderreger, der gesunde Laubgehölze befällt und so weit schädigt, dass Teile abwelken und abbrechen, bis letztlich das gesamte Gehölz abstirbt. Aufgrund des Pflanzenschutzgesetzes und der Bekämpfungsleitlinie des Julius-Kühn-Institutes und aufgrund der vorgefundenen Befallsintensität in Feldkirchen besteht insgesamt keine Alternative zur Baumfällung. Werden die Wirtsbäume des Schadorganismus vernichtet, so werden auch die sich im Baum befindenden Entwicklungsstadien (Eier, Larven, Puppen und noch nicht ausgeflogene Käfer) vernichtet. Es gibt verschiedene Untersuchungen im Ausland zum Einsatz von Insektiziden. Durch Injektion oder Gießen in den Boden nimmt der Baum wasserlösliche Insektizide in sein lebendes Gewebe im Stamm, in Ästen, Zweigen und Blättern auf. Lebendes Gewebe am Ast oder Stamm sind Bast, Kambium und Teile des Splintholzes. Das Kernholz ist tot. Die Insektizide wirken gegen die Weibchen beim Fraß der Eiablagetrichter sowie Eiablage und auf junge Larven unmittelbar nach dem Schlupf aus dem Ei beim Fraß im Kambium und Splintholz. Bei bereits vorhandenen zweijährigen ALB-Larven im Kernholz, wie im Frühjahr des Jahres 2014 in Bäumen in Feldkirchen zu erwarten, werden die Larven vom Insektizid nicht erreicht. Die Larve kann sich verpuppen . Der Käfer kann ausfliegen. Auch gibt es in Deutschland kein Pflanzenschutzmittel, das für die Bekämpfung des asiatischen Laubholzbockkäfers zugelassen ist. Lockstofffallen dienen nur dem Monitoring, mit Lockstofffallen allein kann ein ALB-Befall nicht getilgt werden. 2. Gibt es eine Zusammenarbeit mit Fachinstituten, Universitäten oder anderen Experten, um nach möglichen Alternativen zum Kahlschlag zu suchen? Mitarbeiter der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) stehen im Austausch mit nationalen und internationalen Experten, die Erfahrung mit der ALB-Bekämpfung haben. Bereits im Januar des Jahres 2013 erfolgte in Feldkirchen ein Austausch mit den im Julius-Kühn-Institut (JKI) zuständigen Mitarbeitern. In Feldkirchen haben sich die zuständigen Mitarbeiter der LfL mit Experten aus anderen ALB-Befallsgebieten wie Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen sowie der Schweiz getroffen und die Bekämpfungsmaßnahmen erörtert. Zudem wurde der Maßnahmenkatalog der LfL vor dem Ständigen Ausschuss Pflanzenschutz (SAP) der Europäischen Union am 29./30. März 2013 umfassend diskutiert. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 25.07.2014 17/2319 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2319 In den letzten Jahren haben Mitarbeiter der LfL an mehreren internationalen Tagungen teilgenommen. Als Beispiel seien erwähnt das „Second international symposium on Anoplophora chinensis & A. glabripennis: Phytosanitary strategies and research“ in Italien im Jahr 2009, das 3. und 4. Expertentreffen Forstschutz in Österreich, ausgerichtet vom Institut für Waldschutz, Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft in den Jahren 2013 und 2014. Dabei wurden sowohl in Vorträgen als auch informell Themenbereiche zur ALB-Bekämpfung erörtert. Auf den Tagungen waren ALB-Experten fast aller europäischen Länder mit ALB-Befall (Österreich, Frankreich, Italien, Großbritannien) sowie der Europäischen Pflanzenschutzorganisation (EPPO) vertreten. In Italien haben zudem Vertreter aus Kanada und den USA teilgenommen . 3. Inwiefern kann das Vorgehen gegen den asiatischen Laubholzbockkäfer in anderen Ländern auf die Situation im Münchner Osten übertragen werden? Ziel der Maßnahmen in allen Ländern, in denen der ALB eingeschleppt wurde, ist die Ausrottung des Käfers. Grundsätzlich ist die Vorgehensweise in allen betroffenen Ländern vergleichbar. Um eine Ausrottungsmaßnahme zum Erfolg zu bringen, muss die Anzahl der Tiere auf eine äußerst geringe Zahl reduziert werden, damit diese auf natürliche Weise aussterben und der letzte Käfer tatsächlich getilgt wird. Hinsichtlich der aktuellen Forschung zu Ausrottungsverfahren des ALB wird auf die jährlich stattfindenden internationalen Tagungen des „U.S. Department of Agriculture, interagency research forum on invasive species (USDA) verwiesen. Die Tagungsberichte können unter der Internetadresse (http://www.nrs.fs.fed.us/disturbance/invasive_species/ interagency_forum) abgerufen werden. 4. Nach welchen Kriterien werden Fällungen beschlossen und wer beschließt diese? Das Julius-Kühn-Institut hat im Jahr 2007 eine Leitlinie zur Bekämpfung des ALB in Deutschland erlassen und im Jahr 2014 aktualisiert. Diese Leitlinie stellt das Kernstück der nationalen Bekämpfungsstrategie gegen den ALB dar. Zuständig für die Durchführung des Pflanzenschutzgesetzes und den nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen sind die LfL sowie im Bereich des Forstwesens die unteren Forstbehörden. 5. Was kann nach Untersuchung der gefällten Bäume über den tatsächlichen Befall gesagt werden? Werden gefällte Bäume sowohl durch den Menschen als auch durch einen geschulten ALB-Spürhund untersucht, kann der tatsächliche Befall mit größerer Sicherheit festgestellt werden. Trotzdem kann nicht mit 100 % Sicherheit die Befallsfreiheit des Baumes erklärt werden. Eingangsbereiche des ALB in den Baum sind oftmals durch die Rinde überdeckt. Zudem befindet sich gegebenenfalls an einzelnen Bäumen nur ein einzelnes Befallssymptom. 6. Weswegen wird bei der Fällung der Bäume nicht auf die Vogelbrutzeit Rücksicht genommen? Bei Fällmaßnahmen wird nach Möglichkeit auf die Vogelbrutzeit Rücksicht genommen. Vor der Fällung werden Bäume möglichst durch Baumkletterer oder mithilfe von Hebebühnen auf Vögel und Fledermäuse kontrolliert. Bäume, die vorher nicht untersucht werden können, werden bei der Aufarbeitung abgetragen und in Teilstücken am Boden untersucht . Durch dieses Vorgehen soll die Gefährdung einer lokalen Population vermieden werden. 7. Stimmt es, dass gefällte Bäume in der Nachbarschaft von gesunden Bäumen zwischengelagert werden? Bejahendenfalls: Aus welchen Gründen und wer ist für den Abtransport der gefällten Bäume verantwortlich ? Bei den Fällmaßnahmen im März dieses Jahres wurden gefällte Bäume wenige Tage zwischengelagert, bis der Häcksler vor Ort eintraf. Zu diesem Zeitpunkt ging von dem zwischengelagerten Holz keine Gefahr aus, da die Flugzeit des Käfers noch nicht begonnen hatte. Die Larven des Käfers leben geschützt im Holzkern des Baumes. Eier und Larven außerhalb des Gangsystems des Baumes sind nicht lebensfähig . Gemäß den rechtlichen Vorgaben ist grundsätzlich der Eigentümer des Baumes für die Fällung und Entsorgung verantwortlich. 8. Wie kann erklärt werden, dass Bäume im Privatbesitz erst einmal zur weiteren Beobachtung stehen bleiben können? Es ist grundsätzlich nicht zutreffend, dass Bäume im Privatbesitz erst einmal zur weiteren Beobachtung stehen bleiben können. Eine effektive Bekämpfung und Verhinderung der Ausbreitung ist nur möglich, wenn nicht nur die befallenen, sondern auch die als befallsverdächtig einzustufenden Bäume schnellstmöglich beseitigt werden. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass sich der Schadorganismus auch aus diesen Bäumen ausbohrt und anschließend verbreitet und weitere erhebliche Schäden verursacht. Ein Zuwarten steht diesem Ziel entgegen. 9. Hat der asiatische Laubholzbockkäfer natürliche Feinde und ist es möglich, den Befall durch die Ansiedlung dieser einzudämmen? Ziel aller Maßnahmen ist es, den ALB vollständig zu bekämpfen . Mit Gegenspielern kann nur eine Dichtereduktion erreicht werden. Im ostasiatischen Ursprungsgebiet des ALB sind als natürliche Gegenspieler neben einer räuberischen Käferart einige Raupenfliegen und parasitische Wespen bekannt . Die Wirkung dieser natürlichen Feinde ist gering, da der ALB die meiste Zeit geschützt im Holz lebt. Insbesondere bei sehr niedrigen Dichten des ALB – wie in Feldkirchen – kann erwartet werden, dass die Sucheffizienz, beispielweise von Spechten, soweit abnimmt, dass eine Ausrottung durch Gegenspieler nicht erreicht werden kann.