Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Alexander Muthmann (fraktionslos) vom 06.06.2018 Investitionsbedarf an Bayerns Hochschulen In ihrer Antwort auf eine Schriftliche Anfrage (Drs. 17/9076 vom 22.01.2016) führt die Staatsregierung aus, dass die Koalitionsvereinbarung zwischen CSU und FDP (2008–2013) ein Modernisierungsprogramm (in Höhe von 4 Mrd. Euro) im Hochschulbau festgelegt hatte. Zur Umsetzung dieser Investitionen würden nach Ausführungen der Staatsregierung regelmäßige Nachjustierungen an den Investitionsbedarfen vorgenommen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. Zur Erhebung des Investitionsbedarfs an Bayerns Hochschulen a) Wann fand die letzte umfassende Erhebung des Investitionsbedarfs im Hochschulbau in Bayern statt? b) Auf welche Weise (Erhebungsmethode) wurde dieser Bedarf festgestellt? c) Zu welchem Ergebnis hinsichtlich des Investitionsbedarfs ist diese Erhebung gekommen (bitte für die einzelnen Hochschulen gesondert sowie als Gesamtsumme für Bayern darstellen)? 2. Zur Bewertung des Investitionsbedarfs a) In welcher Höhe stellte der Freistaat in den letzten zehn Jahren (einschließlich laufendes Haushaltsjahr 2018) Mittel für den Hochschulbau in Bayern zur Verfügung (bitte gesondert nach einzelnen Haushaltsjahren )? b) Wie bewertet die Staatsregierung die tatsächlichen Investitionen vor dem Hintergrund des bestehenden Investitionsbedarfs? c) Besteht aus Sicht der Staatsregierung ein Investitionsstau beim Hochschulbau (falls ja, in welcher Höhe?) 3. Zu den Plänen der Bewältigung des Investitionsbedarfs a) Welche kurz-/mittel-/langfristigen Planungen bestehen innerhalb der Staatsregierung, um den bestehenden Investitionsbedarf zu bewältigen? b) Bestehen bei der Staatsregierung Vorgaben/Leitlinien/ Strategien, in welchem Verhältnis jeweils in die Bereiche „Neubau und Erweiterung“, „Sanierung/Modernisierung und Umbau“, „Sanierung und Erweiterung“ sowie „Ersatzneubau“ investiert werden sollte? 4. Zu den Auswirkungen der Errichtung einer neuen Universität in Nürnberg a) Welche Auswirkungen wird die geplante Errichtung der Universität Nürnberg auf die Investitionsmöglichkeiten des Freistaates in den bestehenden Investitionsbedarf haben? b) Wie entkräftet die Staatsregierung Befürchtungen, dass die Errichtung einer Universität Nürnberg zulasten von bestehenden Investitionsbedarfen bayerischer Hochschulen gehen könnte? Antwort des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst vom 05.07.2018 1. Zur Erhebung des Investitionsbedarfs an Bayerns Hochschulen a) Wann fand die letzte umfassende Erhebung des Investitionsbedarfs im Hochschulbau in Bayern statt? Umfassende Erhebungen des Investitionsbedarfs für den Hochschulbau in Bayern finden zu Beginn jeden Haushaltsjahres zur bedarfsgerechten Zuweisung von Ausgabemitteln für Große Baumaßnahmen sowie im Rahmen der Aufstellung des nächsten Doppelhaushalts statt. Darüber hinaus werden zusätzliche Erhebungen durchgeführt, wenn dies anlassbezogen erforderlich ist. So wurde beispielsweise für die Ministerratsvorlage vom 21.06.2017 (Sitzung am 17.10.2017) zum Thema Hochbau im Bereich des Wissenschafts - und Kunstressorts eine umfassende Bedarfserfassung veranlasst. Die letzte Erhebung zur Aufstellung des Doppelhaushalts 2019/2020 wird derzeit ausgewertet. b) Auf welche Weise (Erhebungsmethode) wurde die ser Bedarf festgestellt? Sowohl für die neu in den nächsten Doppelhaushalt aufzunehmenden Baumaßnahmen als auch für die in Planung oder Bauausführung befindlichen Vorhaben werden in Anpassung an die sich ändernden Verfahrensstände die prognostizierten Bedarfe von der staatlichen Bauverwaltung regelmäßig fortgeschrieben. Die vor Ort zuständigen Staatlichen Bauämter arbeiten hierzu eng mit den Bau- und Liegenschaftsabteilungen der Hochschulen zusammen. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 01.10.2018 Drucksache 17/23211 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23211 c) Zu welchem Ergebnis hinsichtlich des Investitions bedarfs ist diese Erhebung gekommen (bitte für die einzelnen Hochschulen gesondert sowie als Gesamtsumme für Bayern darstellen)? Nach der zuletzt erhobenen Bedarfsprognose zum Stand 30.05.2018 errechnet sich für die bereits in der Haushaltsunterlage -Bau-Erstellung (HU-Bau-Erstellung) bzw. Bauausführung befindlichen großen Baumaßnahmen im Hochschulbereich ein Investitionsbedarf von rd. 2,85 Mrd. Euro, der sich wie folgt auf die einzelnen Hochschulen aufteilt: Universität München 611,8 Mio. Euro TU München 668,3 Mio. Euro Universität Würzburg 311,3 Mio. Euro Universität Erlangen-Nürnberg 190,6 Mio. Euro Universität Regensburg 347,3 Mio. Euro Universität Augsburg 70,1 Mio. Euro Universität Bayreuth 71,6 Mio. Euro Universität Bamberg 11,7 Mio. Euro Universität Passau 10,8 Mio. Euro HaW Aschaffenburg 53,5 Mio. Euro HaW Neu-Ulm 12,5 Mio. Euro HaW Ansbach 0,9 Mio. Euro HaW Augsburg 1,0 Mio. Euro HaW Coburg 50,8 Mio. Euro HaW Kempten 80,0 Mio. Euro HaW Landshut 14,1 Mio. Euro HaW München 33,7 Mio. Euro TH Nürnberg 42,4 Mio. Euro OTH Regensburg 62,8 Mio. Euro HaW Rosenheim 8,9 Mio. Euro HaW Weihenstephan-Triesdorf 13,6 Mio. Euro HaW Würzburg-Schweinfurt 49,8 Mio. Euro OTH Amberg-Weiden 4,5 Mio. Euro TH Deggendorf 11,2 Mio. Euro HaW Hof 22,5 Mio. Euro TH Ingolstadt 12,8 Mio. Euro Akademie der Bildenden Künste München 2,8 Mio. Euro Akademie der Bildenden Künste Nürnberg 25,5 Mio. Euro HS für Musik und Theater in München 65,7 Mio. Euro Es wird darauf hingewiesen, dass die obigen Bedarfe nur bereits konkretisierbare Maßnahmen beinhalten, kurz- bis mittelfristig – erforderlich werdende Sanierungen zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben oder zur Abwendung von drohenden Schließungen aufgrund behördlicher Anordnungen , – beim Wissenschaftsrat anzumeldende Forschungsbauten für die nächsten Förderphasen zur Einwerbung von Bundesmitteln sowie zur Stärkung des Hochschulund Wissenschaftsstandortes Bayern oder – zur Aufrechterhaltung, Stärkung und zum Ausbau des Hochschulstandortes Bayern zu realisierende Baumaßnahmen aber in der errechneten Bedarfsprognose von 2,85 Mrd. Euro (für die bereits in der Planung oder Bauausführung befindlichen Vorhaben) aufgrund derzeit noch nicht verifizierbarer Kosten nicht mit berücksichtigt werden konnten. 2. Zur Bewertung des Investitionsbedarfs a) In welcher Höhe stellte der Freistaat in den letzten zehn Jahren (einschließlich laufendes Haushalts jahr 2018) Mittel für den Hochschulbau in Bayern zur Verfügung (bitte gesondert nach einzelnen Haushaltsjahren)? Vom Freistaat Bayern wurde in den letzten zehn Jahren folgende Mittel für Große Baumaßnahmen im Hochschulbereich zur Verfügung gestellt: Istausgaben 2009 204,7 Mio. Euro Istausgaben 2010 289,3 Mio. Euro Istausgaben 2011 362,3 Mio. Euro Istausgaben 2012 316,9 Mio. Euro Istausgaben 2013 273,9 Mio. Euro Istausgaben 2014 222,5 Mio. Euro Istausgaben 2015 236,8 Mio. Euro Istausgaben 2016 263,9 Mio. Euro Istausgaben 2017 296,5 Mio. Euro Ansatz 2018 276,8 Mio. Euro b) Wie bewertet die Staatsregierung die tatsächlichen Investitionen vor dem Hintergrund des bestehen den Investitionsbedarfs? Der Ministerrat hat bereits mit Beschluss vom 15.07.2008 für die Durchführung von Großen Baumaßnahmen mit hoher Dringlichkeit (Priorität 1) insbesondere im Hochschulbereich ein Finanzvolumen i. H. v. rd. 4 Mrd. Euro verteilt auf zehn Jahre festgestellt. Durch diesen Beschluss der Staatsregierung konnten in den Jahren 2009 bis 2017 im Durchschnitt 417 Mio. Euro p. a. in Große Baumaßnahmen des Wissenschafts- und Kunstressorts investiert werden, davon 274 Mio. Euro p. a. in den Hochschulbau. Damit konnten in allen Regierungsbezirken zahlreiche für die Hochschulentwicklung und die Kulturpflege in Bayern maßgebliche Modernisierungs- und Neubauvorhaben realisiert bzw. in Angriff genommen werden . Der erhebliche Beitrag der Hochschulen und staatlichen Kultureinrichtungen zur Stärkung des ländlichen Raumes in Bayern konnte dadurch gesichert und weiter ausgebaut werden. Neben den ökonomischen Effekten der Bautätigkeit trägt eine gute wissenschaftlich-technische und kulturelle Infrastruktur langfristig maßgeblich zu einer zukunftsorientierten Entwicklung gerade auch des ländlichen Raumes bei. Sie fördert den Wissenstransfer in die Unternehmen, verbessert die Attraktivität der ländlichen Regionen und lässt im Umfeld von Hochschulbauten neue Existenzgründungen und Unternehmen entstehen. c) Besteht aus Sicht der Staatsregierung ein Investi tionsstau beim Hochschulbau (falls ja, in welcher Höhe?) Die kontinuierliche Erneuerung der vorhandenen Gebäudesubstanz im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst (StMWK) ist eine durchgängige Daueraufgabe und erfordert eine langfristige Perspektive, und das nicht nur, aber insbesondere dann, wenn es zusätz- Drucksache 17/23211 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 lich zur laufenden Erneuerung in einem engen zeitlichen Rahmen zahlreiche neue Großprojekte zu bewältigen gilt, wie den Aufbau einer medizinischen Fakultät und den Ausbau des künftigen Universitätsklinikums in Augsburg oder die Gründung einer neuen Universität in Nürnberg. Im Geschäftsbereich des StMWK befinden sich mit den Hochschulen einschließlich der Hochschulklinika und der staatlichen Kunstgebäude weit überdurchschnittlich intensiv genutzte und häufig mit aufwendigen technischen Ausstattungen versehene Bauten mit einer Nutzfläche von ca. 4,3 Mio. m², wovon rd. 3 Mio. m² auf Hochschul- und 0,67 Mio. m² auf Klinikbauten entfallen. Zum Teil sind diese Gebäude bereits weit über 100 Jahre alt, aber auch die ersten neu gegründeten Hochschulen (z. B. die Universität Regensburg) sind jedenfalls teilweise bereits stark modernisierungsbedürftig . Viele Kunsteinrichtungen sind in historischen Gebäuden ersten Ranges untergebracht. Der Ministerrat hat zuletzt mit Beschluss vom 17.10.2017 die Bedeutung einer fortlaufenden Modernisierung und des Ausbaus der Gebäude insbesondere im Hochschulbereich für die Stärkung des Wissenschafts- und Forschungsstandorts Bayern im nationalen und internationalen Wettbewerb betont und festgestellt, dass eine dauerhafte Deckung des Baubedarfs im StMWK eine angemessene Ausstattung der Mittel in der Anlage S des Epl. 15 voraussetzt. 3. Zu den Plänen der Bewältigung des Investitionsbe darfs a) Welche kurz/mittel/langfristigen Planungen be stehen innerhalb der Staatsregierung, um den be stehenden Investitionsbedarf zu bewältigen? Siehe Antwort zu Frage 2 b. b) Bestehen bei der Staatsregierung Vorgaben/Leit linien/Strategien, in welchem Verhältnis jeweils in die Bereiche „Neubau und Erweiterung“, „Sanie rung/Modernisierung und Umbau“, „Sanierung und Erweiterung“ sowie „Ersatzneubau“ investiert werden sollte? Der Begriff „Sanierung“ umfasst eine große Bandbreite baulicher Schäden, angefangen z. B. von einem leichten Schimmelpilzbefall oder isolierten Feuchtstellen bis hin zu komplexen Schäden an Betonkonstruktionen. Die Reaktionen darauf können je nach Umfang, Schweregrad und Kostenintensität von der einfachen Bauunterhaltsmaßnahme über Kleine Baumaßnahmen bis hin zu Großen Baumaßnahmen mit Kosten von mehr als 1 Mio. Euro reichen. Gleichzeitig können Bauunterhalts-, Kleine und Große Baumaßnahmen nicht nur der Sanierung, sondern auch der Renovierung (Schwerpunkt liegt eher bei Erneuerungen und Anpassungen an z. B. veränderte fachliche Bedürfnisse) oder Modernisierung (vorhandener Gebäudezustand soll auf den aktuell geforderten „Soll-Zustand“ gebracht werden, z. B. Wärme-, Feuchte-, Schall- oder Brandschutz) dienen. Dabei sind nicht nur die Übergänge zwischen diesen baulichen Aspekten fließend, sondern es vermischen sich meistens bei ein und derselben Maßnahme mehrere dieser Aspekte ununterscheidbar. Größere Maßnahmen im Altbestand erstrecken sich meistens über viele Jahre. Bei ihnen erfolgt in der Regel neben einer Sanierung als reiner „Reparatur “ die Erneuerung der Gebäudesubstanz funktional und wirtschaftlich in Verbindung mit einer Modernisierung durch über die Sanierung hinausgehende Investitionen, z. B. durch Anpassung der Gebäude – an den neuesten Stand der Technik, – an geänderte Anforderungen der Nutzer im Forschungsund Lehrbetrieb, – zur Herstellung und Verbesserung der Barrierefreiheit oder – zur Erhöhung der Energieeffizienz. Eine Differenzierung wie in Frage 3 b erbeten nach Sanierung /Modernisierung/Umbau/Neubau/Erweiterung usw. bei einer insgesamt einheitlichen Baumaßnahme, bei der mehrere Zwecke zugleich erreicht werden, ist daher nicht möglich. Im weitreichendsten Fall kann die Sanierung sogar durch einen Neubau erfolgen, wenn dies im Vergleich zum Herrichten des alten Gebäudes die wirtschaftlichere Alternative ist. 4. Zu den Auswirkungen der Errichtung einer neuen Universität in Nürnberg a) Welche Auswirkungen wird die geplante Errich tung der Universität Nürnberg auf die Investitions möglichkeiten des Freistaates in den bestehenden Investitionsbedarf haben? b) Wie entkräftet die Staatsregierung Befürchtungen, dass die Errichtung einer Universität Nürnberg zu lasten von bestehenden Investitionsbedarfen bay erischer Hochschulen gehen könnte? Für die Realisierung der neuen Hochschuleinrichtung in Nürnberg im angestrebten Umfang werden erhebliche zusätzliche Ressourcen erforderlich sein, die vom StMWK zum Doppelhaushalt 2019/2020 angemeldet werden. Die Finanzierung der neuen Universität wird zusätzlich zur Finanzierung der bestehenden Hochschulen im Freistaat erfolgen ; die Haushalte der bestehenden Hochschulen sollen insofern nicht belastet werden. Die letztendliche Entscheidung über die entsprechende Veranschlagung des erforderlichen Investitionsbedarfs obliegt dem Landtag als Haushaltsgesetzgeber .