Schriftliche Anfragen der Abgeordneten Dr. Sepp Dürr, Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 17.10.2013 Musikfestival der rechtsextremen Szene in Scheinfeld I Am 12. Oktober 2013 konnte im mittelfränkischen Scheinfeld ein Musikfestival der rechtsextremen Szene stattfinden, das nach Medienberichten etwa 1.000 Rechtsextreme aus Deutschland und den Nachbarländern besucht haben. Dieses Konzert sollte ursprünglich in Kämeritz/Sachsen-Anhalt stattfinden. Aufgrund des dortigen Widerstands gegen die Veranstaltung wichen die Veranstalter offenbar nach Bayern aus. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Staatsregierung: 1. Seit wann lagen den bayerischen Sicherheitsbehörden Erkenntnisse darüber vor, dass die rechtsextreme Szene in Scheinfeld ein Musikfestival plant, und wann wurde die betroffene Kommune darüber informiert? 1.1 Wer war der Veranstalter des rechtsextremen Musikfestivals in Scheinfeld? 1.2 Wurden die bayerischen Sicherheitsbehörden im Vorfeld des rechtsextremen Musikfestivals von den Sicherheitsbehörden in Sachsen-Anhalt darüber informiert , dass das ursprünglich in Kämeritz/Sachsen-Anhalt geplante Musikfestival in Bayern stattfinden soll? 2. Welche Schritte wurden im Vorfeld unternommen, um das rechtsextreme Musikfestival in Scheinfeld zu verbieten , und aus welchen Gründen sind diese Versuche gescheitert? 2.1 Wie erklärt sich die Staatsregierung, dass der Widerstand in Kämeritz/Sachsen-Anhalt im Vorfeld der geplanten rechtsextremen Musikveranstaltung erfolgreich war, während das Musikfestival in Scheinfeld durchgeführt werden konnte? 2.2 Kann die Tatsache, dass die Veranstalter von Sachsen -Anhalt nach Bayern ausgewichen sind, als Indiz dafür gewertet werden, dass die Mechanismen zur Verhinderung rechtsextremer Veranstaltungen in Bayern geringer ausgeprägt sind als in anderen Bundesländern ? 3. Wer war der Veranstalter des rechtsextremen Musikfestivals in Scheinfeld? 3.1 Welche konkreten Auflagen wurden dem Veranstalter von der zuständigen Verwaltungsgemeinschaft Scheinfeld erteilt? 3.2 Wurde während der Veranstaltung gegen diese Auflagen verstoßen, und falls ja, warum wurde die Veranstaltung daraufhin nicht abgebrochen? 4. Wie viele Besucher/-innen haben nach den Erkenntnissen der bayerischen Sicherheitsbehörden an dem rechtsextremen Musikfestival in Scheinfeld teilgenommen ? 4.1 Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung darüber vor, wie die Szene auf die rechtsextremistische Musikveranstaltung in Scheinfeld aufmerksam gemacht hat? 4.2 Welche Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund wurden im Rahmen der Veranstaltungen bzw. in deren unmittelbarem Zusammenhang begangen? 5. Welche Musikgruppen und „Liedermacher“ traten auf dem rechtsextremen Musikfestival in Scheinfeld auf? 5.1 Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse über den rechtsextremen Hintergrund dieser Musikgruppen und „Liedermacher“ und ggf. über ihre Verbindungen zu internationalen Neonazi-Netzwerken wie „Hammerskinhead Nation“, „Crew38“, „Blood & Honour“ bzw. zu deren Nachfolgeorganisationen vor? 5.2 Sind auf dem rechtsextremen Musikfestival in Scheinfeld gänzlich verbotene oder aus Gründen des Jugendschutzes indizierte Lieder gespielt worden, und falls ja, wie haben die Sicherheitsbehörden vor Ort auf diese Vorfälle reagiert? Musikfestival der rechtsextremen Szene in Scheinfeld II Wir fragen die Staatsregierung: 1. Weshalb haben die zuständigen (Sicherheits-)Behörden davon abgesehen, die Öffentlichkeit im Vorfeld des Musikfestivals über dieses zu informieren? 1.1 Wer war der Vermieter der Veranstaltungsräumlichkeit , in der das Musikfestival stattfinden konnte? 1.2 Wurde der Vermieter der Veranstaltungsräumlichkeit vonseiten der zuständigen (Sicherheits-)Behörden auf das Problem rechtsextremistischer Musikveranstaltungen aufmerksam gemacht und bei Gegenmaßnahmen unterstützt? 2. Wie unterstützt die Staatsregierung grundsätzlich Kommunen in ihren Bestrebungen, rechtsextremistische Konzertveranstaltungen zu verhindern? 2.1 Welche konkreten Maßnahmen hat die Staatsregierung im Fall der rechtsextremistischen Musikveranstaltung in Scheinfeld getroffen, um die Kommune im Vorfeld und während der Veranstaltung zu unterstützen? 2.2 Existiert in Bayern ein Leitfaden für Kommunen, wie mit rechtsextremen Konzerten zu verfahren ist? 3. Welche konkreten Schritte plant die Staatsregierung, um künftig (Musik-)Veranstaltungen der rechtsextremen Szene in Bayern zu unterbinden? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 10.01.2014 17/234 Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/234 3.1 Plant die Staatsregierung, künftig enger mit den betroffenen Kommunen zu kooperieren, um (Musik-) Veranstaltungen der rechtsextremen Szene bereits im Vorfeld zu verhindern? 3.2 Plant die Staatsregierung, zivilgesellschaftliche Akteure und Initiativen künftig bereits im Vorfeld über rechtsextreme (Musik-)Veranstaltungen zu informieren, um vor Ort die Möglichkeit zu zivilgesellschaftlichem Engagement gegen diese Veranstaltungen zu schaffen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 29.11.2013 Vorbemerkung: Rechtsextremistische Konzerte werden von den Veranstaltern in der Regel konspirativ vorbereitet, um ein Einschreiten der Sicherheitsbehörden zu verhindern. Meist wird im Vorfeld nur das Veranstaltungsdatum, nicht aber der Veranstaltungsort in szeneinternen Kreisen bekannt gemacht. Die Besucher von rechtsextremistischen Konzerten erfahren den Veranstaltungsort erst wenige Stunden vor Veranstaltungsbeginn oder werden von vereinbarten Sammelpunkten aus zum Veranstaltungsort gelotst. Auch werden diese Konzerte in der Regel nur sehr kurzfristig bei den zuständigen Behörden angezeigt, was Maßnahmen zur Verhinderung der Veranstaltung im Vorfeld erschwert. Im Fall des rechtsextremistischen Musikfestivals in Scheinfeld wurde seitens des Veranstalters der genaue Veranstaltungsort so lange wie möglich geheim gehalten. Im Vorfeld war über das rechtsextremistische Internetradio „Radio FSN“ bzw. Internet-TV „FSN-TV“ (FSN: Frei-SozialNational ), das der Oberpfälzer Neonazi und NPD-Funktionär Patrick Schröder betreibt, eine Veranstaltung „LIVE H8-Konzert“ für den 12.10.2013 in „Zentraldeutschland“ beworben worden. Nähere Informationen zum genauen Veranstaltungsort bzw. Treffpunkt sollten am Tag des Konzerts szeneintern bekannt gegeben werden. Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden verdichteten sich am 10.10.2013 auf „den Raum Ansbach/Schlüsselfeld“, was durch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) mit Schreiben vom selben Tag an die Bayerische Polizei und im Verfassungsschutzverbund gesteuert wurde. Im Laufe dieses Tages konnte durch die enge Zusammenarbeit des BayLfV mit der Polizei die tatsächliche Veranstaltungsörtlichkeit , eine Diskothek in Scheinfeld, ermittelt werden. Für den Folgetag wurde ein kurzfristiges Treffen von Polizei und Landratsamt Neustadt a. d. Aisch-Bad Windsheim bei der Gemeinde Scheinfeld vereinbart, zu dem auch die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) hinzugezogen wurde. In der Gemeinde Scheinfeld lag bis dahin lediglich eine Anzeige nach Art. 19 LStVG vor. Der Pächter der Diskothek in Scheinfeld, die zum wiederholten Mal über einen längeren Zeitraum leer stand, hatte zur (wiederholten) Eröffnung der Lokalität eine „Musikveranstaltung mit der Gruppe The Doost und ggf. weiteren Bands“ angemeldet. Zur behördlichen Besprechung am 11.10.2013 wurde der Pächter hinzugebeten und angehört. Auf dessen Veranlassung hin stießen Patrick Schröder, der sich als Veranstalter zu erkennen gab, und der Landesgeschäftsführer der NPD, Axel Michaelis, zu der Anhörung dazu. Da sich im Rahmen der Anhörung keine Anhaltspunkte für ein Verbot der Veranstaltung ergaben, wurde ein Auflagenbescheid erlassen . Hierbei wurde die Gemeinde Scheinfeld vom Landratsamt Neustadt a. d. Aisch-Bad Windsheim, der Polizei und der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) unterstützt. Nachdem ein Verbot nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden nicht in Betracht kam, wurde die Veranstaltung umfassend polizeilich begleitet. Auf diese Weise konnten szenetypische Straftaten, wie sie bei solchen Veranstaltungen üblicherweise zu erwarten sind, verhindert werden. Die für die Szene angegebene Info-Telefonnummer war am Veranstaltungstag ab 12 Uhr freigeschaltet. Über diese wurden die Besucher zu einem Vortreffort und schließlich zum Veranstaltungsort, einer Diskothek in Scheinfeld, gelotst. Die Veranstaltung verlief an sich störungsfrei. Es wurden alle Auflagen durch den Veranstalter erfüllt. Die unmittelbare Außenwirkung war durch die Lage des Veranstaltungsortes gering. Musikfestival der rechtsextremen Szene in Scheinfeld I 1. Seit wann lagen den bayerischen Sicherheitsbehörden Erkenntnisse darüber vor, dass die rechtsextreme Szene in Scheinfeld ein Musikfestival plant, und wann wurde die betroffene Kommune darüber informiert? Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) informierte mit Schreiben vom 10.10.2013 darüber, dass sich nicht verifizierbaren Hinweisen zufolge der Veranstaltungsort der auf dem rechtsextremistischen Internetradiosender FSN beworbenen Rechtsrock-Veranstaltung „LIVE H8“, die am Samstag, 12.10.2013, in „Zentral-Deutschland“ stattfinden sollte, vermutlich im „Raum Ansbach/Schlüsselfeld“ befinden werde. Im Laufe dieses Tages konnte durch die enge Zusammenarbeit von Polizei und BayLfV die Scheinfelder Diskothek als tatsächlicher Veranstaltungsort ermittelt werden . Noch am selben Tag wurde die Gemeinde Scheinfeld informiert und ein Treffen der Sicherheitsbehörden zum Informationsaustausch für Freitag vereinbart. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung Bezug genommen. 1.1 Wer war der Veranstalter des rechtsextremen Musikfestivals in Scheinfeld? Veranstalter des Rechtsrock-Konzerts war der bayerische NPD-Funktionär und Betreiber des rechtsextremistischen Internetradios FSN Patrick Schröder. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung Bezug genommen. 1.2 Wurden die bayerischen Sicherheitsbehörden im Vorfeld des rechtsextremen Musikfestivals von den Sicherheitsbehörden in Sachsen-Anhalt darüber informiert, dass das ursprünglich in Kämeritz/ Sachsen-Anhalt geplante Musikfestival in Bayern stattfinden soll? Die genaue Veranstaltungsörtlichkeit war den Sicherheitsbehörden vor dem 10.10.2013 nicht bekannt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung Bezug genommen. 2. Welche Schritte wurden im Vorfeld unternommen, um das rechtsextreme Musikfestival in Scheinfeld Drucksache 17/234 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 zu verbieten, und aus welchen Gründen sind diese Versuche gescheitert? Am Freitag, den 11.10.2013, fand ein Informationsaustausch der Sicherheitsbehörden im Scheinfelder Rathaus statt, bei dem Möglichkeiten einer Untersagung der Veranstaltung erörtert wurden. Zudem wurden der Pächter der Diskothek und Herr Patrick Schröder als Veranstalter zu einer Anhörung einbestellt. Ansatzpunkte für ein präventives Verbot der Veranstaltung wurden geprüft; im Hinblick auf den rechtlichen Rahmen der Diskothek kam man zu der Auffassung, dass eine Untersagung nicht möglich sei und durch einen Bescheid lediglich Anordnungen nach Art. 19 Abs. 5 LStVG getroffen werden können. Im Einzelnen wird auf die Antwort zu Frage 3.1 verwiesen. Die von den zuständigen Sicherheitsbehörden für notwendig erachteten Auflagen wurden mit dem Veranstalter und dem Pächter besprochen. Im Laufe des Gesprächs ergaben sich keine Anhaltspunkte, dass diese Auflagen nicht eingehalten werden könnten. Die angeforderte Auflistung der geplanten Musiktitel enthielt keine indizierten oder verbotenen Musikstücke. Seitens der BIGE wurden alle verfügbaren Informationen über die auftretenden Bands sowie eine Einschätzung zur erwarteten Teilnehmerzahl und deren Struktur erhoben und den Sicherheitsbehörden bei der Besprechung am 11.10.2013 zur Verfügung gestellt. Auch aus diesen Informationen ergaben sich keine Anhaltspunkte, die ein Verbot der Veranstaltung gerechtfertigt hätten. 2.1 Wie erklärt sich die Staatsregierung, dass der Widerstand in Kämeritz/Sachsen-Anhalt im Vorfeld der geplanten rechtsextremen Musikveranstaltung erfolgreich war, während das Musikfestival in Scheinfeld durchgeführt werden konnte? Zu den Abläufen in Kämeritz/ Sachsen-Anhalt können keine Aussagen getroffen werden. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 2.2 Kann die Tatsache, dass die Veranstalter von Sach- sen-Anhalt nach Bayern ausgewichen sind, als Indiz dafür gewertet werden, dass die Mechanismen zur Verhinderung rechtsextremer Veranstaltungen in Bayern geringer ausgeprägt sind als in anderen Bundesländern? Es wird auf die Schriftlichen Anfragen des Herrn Abgeordneten Dr. Dürr zum Thema „Rechtsextremistische Musik-Szene in Bayern“ (LT Drs. 16/13899 vom 31.10.2012) und zum Thema „Rechtsextreme Schulhof-CDs“ (LT Drs.16/18341 vom 20.09.2013) verwiesen. Wie mehrfach dargelegt, bewegen sich die Zahlen der rechtsextremistischen Konzerte und deren Besucher in Bayern auf einem niedrigen Niveau und die Sicherheitsbehörden gehen innerhalb des gesetzlichen Rahmens konsequent gegen derartige Konzerte vor. Das Konzert in Scheinfeld stellt, was die Besucherzahl betrifft, insofern einen unerfreulichen Ausnahmefall dar. Um rechtsextremistischen Konzerten in Zukunft noch besser vorbeugen zu können, ist ein Handlungsleitfaden für Kommunen zum Umgang mit rechtsextremistischen Veranstaltungen derzeit in Bearbeitung. 3. Wer war der Veranstalter des rechtsextremen Musikfestivals in Scheinfeld? Die Frage entspricht wortgleich Frage 1.1, es wird auf die Antwort zu Frage 1.1 verwiesen. 3.1 Welche konkreten Auflagen wurden dem Veranstalter von der zuständigen Verwaltungsgemeinschaft Scheinfeld erteilt? Die Verwaltungsgemeinschaft verfügte ein Verbot des Ausschanks von Spirituosen, eine Altersbeschränkung der Teilnehmer auf 18 Jahre, den Einsatz von Ordnern und ein Verbot von Liedern mit strafbarem Inhalt. Bei Verstößen gegen diese Auflagen wurden Zwangsgelder angedroht. Zudem wurde unter Fristsetzung eine vollständige Liederliste der auftretenden Musikgruppen angefordert. Diese enthielt nach Prüfung durch die BIGE keine indizierten oder strafbaren Musiktitel. 3.2 Wurde während der Veranstaltung gegen diese Auflagen verstoßen, und falls ja, warum wurde die Veranstaltung daraufhin nicht abgebrochen? Es wurden alle Auflagen durch den Veranstalter erfüllt. Grundsätzlich lässt sich beobachten, dass die rechtsex- tremistische Szene in Bayern um ein auflagenkonformes Verhalten bemüht ist, um keine Angriffspunkte für die Auflösung von Veranstaltungen zu bieten. Um dies gewährleisten zu können, werden Anwälte und Ordner vor Ort eingesetzt, um Straftaten oder Auflagenverstöße rechtzeitig zu unterbinden . 4. Wie viele Besucher/-innen haben nach den Erkenntnissen der bayerischen Sicherheitsbehörden an dem rechtsextremen Musikfestival in Scheinfeld teilgenommen? Die Veranstaltung wurde von ca. 1.000 Personen besucht. 4.1 Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung darüber vor, wie die Szene auf die rechtsextremistische Musikveranstaltung in Scheinfeld aufmerksam gemacht hat? Die Veranstaltung wurde auf der Internetseite www.fsn-tv. de des Internetradiosenders FSN sowie in verschiedenen sozialen Netzwerken beworben. Um den Bekanntheitsgrad der Veranstaltung noch zu steigern, wurde in deren Vorfeld ein Werbevideo sowohl bei www.fsn-tv.de sowie bei einem bekannten Videoportal eingestellt. Dabei wurde im Vorfeld bewusst auf eine Nennung des Veranstaltungsortes verzichtet ; dieser wurde erst kurzfristig am Veranstaltungstag in der Szene bekannt gegeben. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 4.2 Welche Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund wurden im Rahmen der Veranstaltungen bzw. in deren unmittelbarem Zusammenhang begangen ? Im Vorfeld der Veranstaltung kam es zur Sicherstellung eines T-Shirts mit Hakenkreuzaufdruck und einer Beleidigung einer Polizeibeamtin. 5. Welche Musikgruppen und „Liedermacher“ traten auf dem rechtsextremen Musikfestival in Scheinfeld auf? Es spielten die Bands Act of Violence, Überzeugungstäter, Division Germania, White Resistance, Nordglanz und Sachsonia . 5.1 Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse über den rechtsextremen Hintergrund dieser Musikgruppen und „Liedermacher“ und ggf. über ihre Verbindun- Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/234 gen zu internationalen Neonazi-Netzwerken wie „Hammerskinhead Nation“, „Crew38“, „Blood & Honour“ bzw. zu deren Nachfolgeorganisationen vor? Die aufgetretenen Bands sind als rechtsextremistisch bekannt . Sie bewegen sich zum Teil seit mehreren Jahren in der rechtsextremistischen Szene und besitzen daher einen entsprechenden breiten Bekanntheitsgrad und soziale Kontakte . Dies dürfte auch ausschlaggebend für die für bayerische Verhältnisse hohe Besucherzahl gewesen sein. Das rechtsextremistische Netzwerk „Blood & Honour“ ist im Jahr 2000 vom Bundesministerium des Innern verboten worden. 2006 wurden mehrere Strafverfahren gegen unterschiedliche Rechtsextremisten eingeleitet, da sie die verbotene Organisation fortgeführt hatten. Seit 2006 sind keine Nachfolgebestrebungen mehr bekannt geworden. Im europäischen Ausland ist „Blood & Honour“ jedoch nach wie vor aktiv. Aufgrund des hohen Bekanntheitsgrades der genannten Musikgruppen sowie deren langjährigen Aktivitäten in der rechtsextremistischen Szene gehen die Sicherheitsbehörden davon aus, dass es zumindest im Ausland Kontakte zu den genannten Netzwerken gegeben haben könnte. 5.2 Sind auf dem rechtsextremen Musikfestival in Scheinfeld gänzlich verbotene oder aus Gründen des Jugendschutzes indizierte Lieder gespielt worden, und falls ja, wie haben die Sicherheitsbehörden vor Ort auf diese Vorfälle reagiert? Es wurden keine verbotenen oder indizierten Lieder gespielt. Im Übrigen verweisen wir auf die Antwort zu Frage 3.2. Musikfestival der rechtsextremen Szene in Scheinfeld II 1. Weshalb haben die zuständigen (Sicherheits-)Behörden davon abgesehen, die Öffentlichkeit im Vorfeld des Musikfestivals über dieses zu informieren ? Ungeachtet der mit einer Veröffentlichung verbundenen rechtlichen Fragen stand schon der zeitliche Verlauf einer Information der Öffentlichkeit entgegen. Die örtlich zuständigen Sicherheitsbehörden hatten erst am Nachmittag des Vortags (nach der Anhörung des Veranstalters und des Vermieters ) eine gesicherte Vorstellung von Art und Charakter der angezeigten Veranstaltung. Wegen des engen zeitlichen Ablaufs bestand außerdem die Befürchtung, dass es im Fall eines kurzfristigen Bekanntwerdens in der Öffentlichkeit zu nicht steuerbaren Auseinandersetzungen zwischen den Teilnehmern des RechtsrockKonzerts und opponierenden Gruppen kommen könnte. 1.1 Wer war der Vermieter der Veranstaltungsräumlichkeit , in der das Musikfestival stattfinden konnte? Die Musikveranstaltung fand in einer am Ortsrand von Scheinfeld gelegenen Diskothek statt. Über die Eigentümer der Diskothek sind keine Bezüge zur rechtsextremistischen Szene bekannt. 1.2 Wurde der Vermieter der Veranstaltungsräumlichkeit vonseiten der zuständigen (Sicherheits-) Behörden auf das Problem rechtsextremistischer Musikveranstaltungen aufmerksam gemacht und bei Gegenmaßnahmen unterstützt? Die Vermieter bzw. Verpächter wurden von der Gemeinde Scheinfeld noch am Freitagnachmittag verständigt. Sie wollten das Konzert verhindern, jedoch verwies der Pächter auf den bestehenden Mietvertrag. 2. Wie unterstützt die Staatsregierung grundsätzlich Kommunen in ihren Bestrebungen, rechtsextremistische Konzertveranstaltungen zu verhindern? Die Bayerische Staatsregierung hat im Bayerischen Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus vom 12.01.2009 mögliche Maßnahmen gegen Rechtsrockkonzerte und getarnte Veranstaltungen benannt. In der Folge wurden die Präsidien der Bayerischen Polizei und die Regierungen angewiesen, ihre nachgeordneten Stellen zu sensibilisieren und die rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen mit dem Ziel, Rechtsrockkonzerte möglichst im Ansatz zu verhindern. Als zentrale staatliche Informations- und Beratungsstelle der Staatsregierung unterstützt die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) Kommunen auf deren Wunsch im konkreten Einzelfall vor Ort. Die endgültige Prüfung und Entscheidung, ob Verbotsgründe für ein rechtsextremistisches Konzert vorliegen, obliegt aber in jedem Fall den zuständigen Behörden vor Ort. Die Zahl der rechtsextremistischen Konzerte ist in Bayern durch konsequentes Vorgehen aller Sicherheitsbehörden deutlich rückläufig. In den letzten Jahren waren nur jeweils zwischen zwei und zehn rechtsextremistische Konzertveranstaltungen mit im Schnitt 80 Teilnehmern zu verzeichnen. Es wird auf die Schriftlichen Anfragen des Herrn Abgeordneten Dr. Dürr zum Thema „Rechtsextremistische Musik-Szene in Bayern“ (LT Drs. 16/13899 vom 31.10.2012) und zum Thema „Rechtsextreme Schulhof-CDs“ (LT Drs.16/18341 vom 20.09.213) verwiesen. Das Konzert in Scheinfeld stellt, was die Besucherzahl betrifft, insofern einen unerfreulichen Ausnahmefall dar. 2.1 Welche konkreten Maßnahmen hat die Staatsregierung im Fall der rechtsextremistischen Musikveranstaltung in Scheinfeld getroffen, um die Kommune im Vorfeld und während der Veranstaltung zu unterstützen? Am Freitag, den 11.10.2013, fand ein Informationsaustausch der Sicherheitsbehörden im Scheinfelder Rathaus statt, bei dem Möglichkeiten einer Untersagung der Veranstaltung erörtert wurden. Zudem wurden der Pächter der Diskothek und Herr Patrick Schröder als Veranstalter zu einer Anhörung einbestellt. Ansatzpunkte für ein präventives Verbot der Veranstaltung wurden geprüft; im Hinblick auf den rechtlichen Rahmen der Diskothek kam man zu der Auffassung, dass eine Untersagung nicht möglich sei und durch einen Bescheid lediglich Anordnungen nach Art. 19 Abs. 5 LStVG getroffen werden können. Die von den zuständigen Sicherheitsbehörden für notwendig erachteten Auflagen wurden mit dem Veranstalter und dem Pächter besprochen. Im Laufe des Gesprächs ergaben sich keine Anhaltspunkte, dass diese Auflagen nicht eingehalten werden könnten. Die angeforderte Auflistung der geplanten Musiktitel enthielt keine indizierten oder verbotenen Musikstücke. Seitens der BIGE wurden alle verfügbaren Informationen über die auftretenden Bands sowie eine Einschätzung zur erwarteten Teilnehmerzahl und deren Struktur zusammengetragen und den Sicherheitsbehörden bei der Besprechung am 11.10.2013 zur Verfügung gestellt. Auch aus diesen Informationen ergaben sich keine Anhaltspunkte, Drucksache 17/234 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 die ein Verbot der Veranstaltung gerechtfertigt hätten. Die Veranstaltung wurde umfassend polizeilich begleitet. Im Übrigen wird auf die Antwort der Staatsregierung auf die Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Sepp Dürr und der Frau Abgeordneten Katharina Schulze vom 17.10.2013 betreffend „Musikfestival der rechtsextremen Szene in Scheinfeld Teil I“ verwiesen. 2.2 Existiert in Bayern ein Leitfaden für Kommunen, wie mit rechtsextremen Konzerten zu verfahren ist? Die Bayerische Staatsregierung stellt den Kommunen insbesondere im Internetportal www.bayern-gegen-rechtsextremismus .bayern.de (Rubrik Erste Hilfe/Kommunen) Informationen und Hinweise zu geplanten Auftritten von rechtsextremistischen Musikgruppen zur Verfügung. Auf Wunsch berät die BIGE Kommunen im konkreten Einzelfall. Darüber hinaus wird derzeit ein Handlungsleitfaden für Kommunen zum Umgang mit rechtsextremistischen Veranstaltungen erstellt. 3. Welche konkreten Schritte plant die Staatsregierung , um künftig (Musik-)Veranstaltungen der rechtsextremen Szene in Bayern zu unterbinden? Grundsätzlich arbeiten die bayerischen Sicherheitsbehörden sehr eng zusammen, um die Veranstaltung rechtsextremistischer Konzerte zu unterbinden. Die Strategie des stetigen Repressionsdruckes hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass sich die Zahl der rechtsextremistischen Konzerte auf einem sehr niedrigen Niveau eingependelt hat (siehe hierzu auch LT Drs. 16/13899 vom 31.10.2012 und 16/18341 vom 20.09.2013). Dafür sprechen sowohl die üblicherweise sehr niedrigen Konzertzahlen als auch die durchschnittlichen Besucherzahlen . 3.1 Plant die Staatsregierung, künftig enger mit den betroffenen Kommunen zu kooperieren, um (Musik -)Veranstaltungen der rechtsextremen Szene bereits im Vorfeld zu verhindern? Auf die Antworten zu Frage 2 und Frage 3 wird verwiesen. 3.2 Plant die Staatsregierung, zivilgesellschaftliche Akteure und Initiativen künftig bereits im Vorfeld über rechtsextreme (Musik-)Veranstaltungen zu informieren, um vor Ort die Möglichkeit zu zivilgesellschaftlichem Engagement gegen diese Veranstaltungen zu schaffen? Darüber, ob und in welchem Umfang die Öffentlichkeit über bevorstehende rechtsextremistische Veranstaltungen im Vorfeld informiert wird, kann keine allgemeingültige Aussage getroffen werden. Dies bleibt einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls überlassen. Ein Eintreten gegen Rechtsextremismus und für Demokratie und Toleranz ist als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu verstehen, an der sich neben staatlichen und kommunalen Behörden insbesondere auch zivilgesellschaftliche Akteure und Initiativen beteiligen sollen. Es ist wichtig und notwendig, aktiv die Werte unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu verteidigen, jungen Menschen ein positives Beispiel zu geben und Rechtsextremisten nicht unwidersprochen den öffentlichen Raum zu überlassen. Dieses Anliegen wird die Bayerische Staatsregierung auch in Zukunft im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützen.