Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 17.04.2014 Taskforce „Schwabinger Kunstfund“ Laut „Süddeutscher Zeitung“ (SZ) vom 8. April 2014 häuft sich bereits Kritik an der Arbeit der erst vor kurzem eingesetzten Taskforce „Schwabinger Kunstfund“. Demnach kommt diese insbesondere von Nachkommen von Holocaust -Opfern. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung : 1. Geht die Staatsregierung angesichts der derzeitigen Besetzung bzw. Ausstattung der Taskforce „Schwabinger Kunstfund“ davon aus, dass diese die in der Vereinbarung mit Cornelius Gurlitt formulierte Aufgabe , die Provenienzrecherche innerhalb eines Jahres abschließend durchzuführen, erfüllen kann? 1.1 Auf welche Berechnungen gründet sich diese Einschätzung ? 1.2 Wer hat sie auf Basis welcher Daten angestellt? 1.3 Wie hoch ist die Zahl bzw. der Anteil der Kunstwer- ke, deren Provenienz durch die Taskforce bereits abschließend geklärt werden konnte? 1.4 Wie viele Arbeitsstunden mussten dafür aufgewendet werden? 2. Hält die Staatsregierung die laut SZ geäußerte grund- sätzliche Kritik einiger Nachkommen von HolocaustOpfern , dass die Taskforce Anspruchsteller zu Bittstellern mache und nur wenig transparent agiere, für gerechtfertigt? 2.1 Hält die Staatsregierung die geäußerte Kritik an der Taskforce für gerechtfertigt, dass sich diese „statt einer überschaubaren Gruppe von Holocaust-Opfern, die eine kleine Zahl von Bildern vermissen, als Service -Einrichtung zu dienen“ als „höchstes Gericht über 1000 Bilder“ verstehe, für gerechtfertigt? 2.2 Trifft der Vorwurf zu, dass die Betroffenen erst dann angeschrieben werden, wenn „die letztgültige, unanfechtbare Wahrheit gefunden ist“? 2.3 Wiederholt die Taskforce damit nicht den ursprünglichen Fehler der mit dem Fall Gurlitt befassten Staatsanwaltschaft, die Öffentlichkeit und mögliche Anspruchsberechtigte nicht als Unterstützung bei der Aufklärung, sondern als Behinderung der eigenen Arbeit zu behandeln? 3. Trifft der Vorwurf zu, dass der Anspruchsteller David Toren trotz eines hervorragend dokumentierten Restitutionsantrags bis heute weder eine Information darü- ber erhalten hat, welche Dokumente für die abschließende Klärung der Provenienz durch die Taskforce noch fehlten, noch Einblick in die Geschäftsbücher Gurlitts erhält? 3.1 Trifft der Vorwurf zu, dass dass ihm die Taskforce „schon vor Monaten“ die Prüfung seines Anspruchs zugesagt hatte, er aber bis heute darauf warten muss? 3.2 Wie bewertet die Staatsregierung das Tempo der Aufklärungsbemühungen vor dem Hintergrund der Tatsache , dass Anspruchstellern wie David Toren aufgrund ihres hohen Alters nach eigener Wahrnehmung „die Zeit davon“ laufe? 4. Trifft der Vorwurf zu, dass der Enkelin des Holocaust- Opfers Henri Hinrichsen, Martha Hinrichsen, trotz Nachfrage von der Taskforce bisher nicht mitgeteilt wurde, ob neben der Zeichnung „Die Klavierspielerin “ von Carl Spitzweg weitere Werke aus Hinrichsens Sammlung in Schwabing gefunden wurden? 4.1 Wie beurteilt die Staatsregierung ihre weiteren, von der SZ wiedergegebenen Vorwürfe: „Dass die Taskforce nichts unternimmt, um den Schaden gutzumachen, den die Staatsanwaltschaft angerichtet hat, schockiert sie. ‚Warum haben sie nicht 50 Provenienzforscher angestellt, um die Bilder zu identifizieren und Deutschland von diesem Makel zu befreien?‘“ 5. Trifft der Vorwurf zu, dass Sabine Rudolph, der Anwäl- tin der Erben des Dresdener Expressionismus-Sammlers Fritz Salo Glaser, von der Taskforce die Einsicht in die Geschäftsbücher Gurlitts verweigert wird, obwohl sie damit nach eigenen Angaben die Ansprüche ihrer Mandanten klar belegen könnte? 6. Trifft der Vorwurf zu, dass Christopher Marinello, der Anwalt der Erben des Kunsthändlers Paul Rosenberg, zwei Monate lang nicht über die Existenz eines zweiten Anspruchstellers informiert wurde, obwohl er bereits mit Gurlitts Anwälten die Rückgabe der „Sitzenden Frau“ von Henri Matisse ausgehandelt hatte? 6.1 Wie bewertet die Staatsregierung die Klage des Anwalts über den „enttäuschenden und unprofessionellen Mangel an Transparenz“ hinsichtlich des Vorgehens der Taskforce? 7. Ist die im Artikel der „Süddeutschen Zeitung“ beschrie- bene Schilderung zutreffend, wonach Taskforce-Rechercheure „erst jetzt“ Kataloge im Münchner Zentralinstitut für Kunstgeschichte, der „wichtigsten Bibliothek in Deutschland für Provenienzforschung“, sichten würden ? 7.1 In welchem Umfang (Datum, Arbeitszeitumfang) und ab wann haben entsprechende Recherchen stattgefunden ? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 04.07.2014 17/2345 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2345 Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 11.06.2014 1. Geht die Staatsregierung angesichts der derzeitigen Besetzung bzw. Ausstattung der Taskforce „Schwabinger Kunstfund“ davon aus, dass diese die in der Vereinbarung mit Cornelius Gurlitt formulierte Aufgabe, die Provenienzrecherche innerhalb eines Jahres abschließend durchzuführen, erfüllen kann? An dem Ziel, die Provenienzrecherche innerhalb eines Jahres weitgehend abzuschließen, wird auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen grundsätzlich festgehalten. Die mit dem zwischenzeitlich verstrobenen Cornelius Gurlitt geschlossene Vereinbarung stellt darüber hinaus die Durchführbarkeit der Provenienzrecherche auch über das Jahr 2014 hinaus sicher. 1.1 Auf welchen Berechnungen gründet sich diese Einschätzung? Auf Erfahrungswerten. 1.2 Wer hat sie auf Basis welcher Daten angestellt? Die Beteiligten der Verhandlungen, die zum Zustandekommen der Vereinbarung mit Herrn Gurlitt führten. 1.3 Wie hoch ist die Zahl bzw. der Anteil der Kunstwerke , deren Provenienz durch die Taskforce bereits abschließend geklärt werden konnte? Es liegt in der Natur der Provenienzrecherche, dass deren Ergebnisse nicht immer „abschließend“ sind. Auch wenn allen auffindbaren Hinweisen nachgegangen und alle jeweils relevanten Archive aufgesucht wurden, kann oftmals nicht mit letzter Gewissheit ausgeschlossen werden, dass zu einem späteren Zeitpunkt einzelne Dokumente neu aufgefunden werden, in deren Licht die vorherigen Rechercheergebnisse anders zu bewerten sind. Daher steht jedes Ergebnis einer Provenienzrecherche unter dem Vorbehalt der Vollständigkeit. Nach derzeitigem Stand (28.05.2014) kann bereits bei 363 der bei Cornelius Gurlitt beschlagnahmten Kunstwerke sicher ausgeschlossen werden, dass es sich um Raubkunst handelt. Bei weiteren 125 Werken wird derzeit nochmals die Richtigkeit ihrer Zuordnung überprüft; sollte diese korrekt sein, kann auch bei diesen ein Raubkunstverdacht ausgeschlossen werden, insgesamt also bei 488 Werken. Darüber hinaus sind die Recherchearbeiten zu mehreren konkreten von Anspruchstellern geltend gemachten Kunstwerken bereits weit fortgeschritten. 1.4 Wie viele Arbeitsstunden mussten dafür aufge- wendet werden? Eine Umrechung der Arbeitsstunden aller beteiligten Expertinnen und Experten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Unterstützerinnen und Unterstützer der Provenienzrecherche der Taskforce auf die Arbeiten zu einzelnen Werken ist nicht möglich. Dies liegt zum einen an der Vielschichtigkeit der anfallenden Aufgaben und zum anderen an der Besetzung der Taskforce. Inhaltlich werden sowohl Grundrecherchen – losgelöst von einzelnen Werken – als Basis für alle darauf aufbauen- den Einzelrecherchen sowie Spezialrecherchen zu einzelnen Künstlern oder Werken durchgeführt. Einzelne Mitarbeiter der Taskforce sind daher mit Basisrecherchen, andere mit bestimmten Spezialrecherchen beauftragt. Bei der Besetzung der Taskforce wurde im Hinblick auf die fachlichen Anforderungen aus verschiedenen Bereichen und der weltweiten Erwartung internationale Expertise zur Aufarbeitung des nationalsozialistischen Unrechts eingebunden . Daher wurden Mitglieder mit verschiedenen Aufgabenbereichen und unterschiedlicher beruflicher Erfahrung aus dem In- und Ausland in die Taskforce berufen. Neben Provenienzforschern sind dies vornehmlich Kunstexperten, Kunsthistoriker, Zeithistoriker, aber auch eine ausländische Rechtsexpertin für spezielle Fragen des internationalen Restitutionsrechts und der Strukturierung der Provenienzrecherche aus juristischer Sicht. Je nach diesen Schwerpunkten, aber auch nach der zeitlichen Verfügbarkeit jedes einzelnen Experten, wird deren konkrete Einbringung in die gemeinsame Arbeit individuell bemessen. Teilweise werden Expertinnen und Experten auf Honorar- oder Werkvertragsbasis für die Taskforce tätig, teilweise unterstützen diese die Taskforce mit ihrer vollen oder einem Teil ihrer Arbeitszeit im Rahmen bestehender öffentlicher Anstellungs- oder Beamtenverhältnisse, teilweise besteht ihre Tätigkeit darin, anderen Mitarbeitern der Taskforce Zugang zu bestimmten Archiven oder Dokumenten zu verschaffen. Insbesondere unterstützen einige der internationalen Experten die Taskforce zusätzlich zu ihren hauptberuflichen Aufgaben je nach konkretem Bedarf in Einzelfragen, ohne dass von diesen der hierfür erforderliche Zeitaufwand notiert und berechnet wird. 2. Hält die Staatsregierung die laut SZ geäußerte grundsätzliche Kritik einiger Nachkommen von Holocaust-Opfern, dass die Taskforce Anspruchsteller zu Bittstellern mache und nur wenig transparent agiere, für gerechtfertigt? Nein. Durch die Einrichtung der Taskforce wurde vielmehr ein Gremium geschaffen, an das sich Holocaust-Opfer und deren Rechtsnachfolger als zentralen Ansprechpartner wenden konnten und weiterhin können. Es geht hier jedoch um zivilrechtliche Ansprüche von Privaten gegen eine Privatperson . Die Taskforce ist zwar nicht befugt, zivilrechtliche Fragen zu klären; dies ist den ordentlichen Gerichten vorbehalten . Sie hat sich jedoch als Ansprechpartner für zivilrechtliche Rückgabeforderungen zur Verfügung gestellt, um den Anspruchstellern gegenüber eine Bündelungsfunktion auszuüben und die Aufarbeitung der Provenienz der Kunstwerke zu beschleunigen. 2.1 Hält die Staatsregierung die geäußerte Kritik an der Taskforce für gerechtfertigt, dass sich diese „statt einer überschaubaren Gruppe von Holocaust-Opfern , die eine kleine Zahl von Bildern vermissen, als Service-Einrichtung zu dienen“ als „höchstes Gericht über 1.000 Bilder“ verstehe, für gerechtfertigt ? Nein. Die Taskforce hat in ihren Schreiben an die Anspruchsteller stets klargestellt, dass sie nicht über das Bestehen zivilrechtlicher Ansprüche entscheiden kann. Die Taskforce kann nach dem Rechtsstaatsprinzip nicht an Stelle eines Gerichts treten. Andererseits hat sie von Anfang an – zunächst in Absprache mit der Staatsanwaltschaft Augsburg, später auch dem Betreuer und Rechtsanwalt von Herrn Drucksache 17/2345 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Gurlitt – bereits in der Eingangsbestätigung jedem Anspruchsteller angekündigt, diesem das Ergebnis der Provenienzrecherche persönlich mitzuteilen. Da sich Herr Gurlitt zwischenzeitlich dazu verpflichtet hat, im Falle erwiesener Raubkunst sich den Washingtoner Prinzipien, insbesondere durch Restitution, zu unterwerfen – was nach deutschem Erbrecht auch für seinen Rechtsnachfolger gilt –, liegt die Bedeutung der Taskforce für die Anspruchsteller in der sorgfältigen Aufklärung, welche Kunstwerke ihren vormaligen Eigentümern zur Zeit des Nationalsozialismus verfolgungsbedingt entzogen wurden. 2.2 Trifft der Vorwurf zu, dass die Betroffenen erst dann angeschrieben werden, wenn die „letztgültige , unanfechtbare Wahrheit gefunden ist“? Nein. Jeder Anspruchssteller hat zunächst eine Eingangsbestätigung erhalten. Darin werden der Auftrag der Taskforce in Unterschied zu einem Gericht geschildert und die zentralen Kontaktdaten der Taskforce genannt. Ferner wurde jedem Anspruchsteller, wie unter 2.1. bereits dargestellt, die individuelle Mitteilung des Ergebnisses der Provenienzrecherche in Aussicht gestellt. Anlassbezogen hat die Taskforce bei mehreren Anspruchstellern außerdem konkrete Rückfragen gestellt, um genauere Informationen zum jeweiligen Vorbringen und Einsicht in verfügbare Dokumente zu erhalten. Solange aber die Expertinnen und Experten für Provenienzrecherche aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung ihre Recherchen noch nicht für abgeschlossen und eine Provenienz noch nicht für ausreichend dokumentiert halten, kann ein „vorläufiges Ergebnis“ nicht mitgeteilt werden, das möglicherweise nach weiteren Recherchen keinen Bestand hätte. Eine solche Vorgehensweise und der Widerruf eines vorläufigen Ergebnisses wären für manchen Anspruchsteller sicher noch schwerer zu ertragen als eine einmalige Wartezeit. 2.3 Wiederholt die Taskforce damit nicht den ursprünglichen Fehler der mit dem Fall Gurlitt befassten Staatsanwaltschaft, die Öffentlichkeit und mögliche Anspruchsberechtigte nicht als Unterstützung bei der Aufklärung, sondern als Behinderung der eigenen Arbeit zu behandeln? Nein. Die Taskforce hat die Aufgabe, die Provenienz derjenigen Kunstwerke, die bei Herrn Gurlitt gefunden wurden, mit der gebotenen Sorgfalt dahingehend aufzuklären, ob diese einem vormaligen Eigentümer NS-verfolgungsbedingt entzogen wurden. Während des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens war die Staatsanwaltschaft Augsburg an das zu Gunsten des Beschuldigten Cornelius Gurlitt geltende Steuergeheimnis und den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit eines Ermittlungsverfahrens gebunden, der seinerseits Ausfluss aus der grundgesetzlich garantierten Unschuldsvermutung ist. Unabhängig vom Ende des Ermittlungsverfahrens ist die Taskforce an die verfassungsmäßigen Eigentums- und Persönlichkeitsrechte von Cornelius Gurlitt und seiner Rechtsnachfolger gebunden. Diese Rechte sind weiterhin zu beachten. Potentielle Anspruchsteller wurden durch die Einstellung der Kunstwerke, bei denen ein Raubkunstverdacht nicht ausgeschlossen werden kann, in der öffentlich zugänglichen Datenbank www.lostart.de, sowie darüber hinaus in den Bestätigungsschreiben der Taskforce ermutigt, möglichst viele und konkrete Anhaltspunkte für die Feststellung eines verfolgungsbedingten Entzuges vorzulegen. Hierfür hat die Taskforce allen potentiellen An- spruchstellern u. a. eine zentrale E-Mail-Adresse (office@ taskforce-kunstfund.de) und eine zentrale Postadresse zur Verfügung gestellt, über die jeder Anspruchsteller direkt mit der Taskforce Kontakt aufnehmen kann. 3. Trifft zu, dass der Anspruchsteller David Toren trotz eines hervorragend dokumentierten Restitutionsantrags bis heute weder eine Information darüber erhalten hat, welche Dokumente für die abschließende Klärung der Provenienz durch die Taskforce noch fehlten, noch Einblick in die Geschäftsbücher von Gurlitt erhält? Nein. Mehrere Provenienzexperten sahen trotz der von Herrn Toren eingereichten Dokumentation noch Recherchebedarf , um Lücken in dieser Dokumentation schließen zu können. Zwischen dem Rechtsanwalt von Herrn Toren und der Leiterin der Taskforce fanden unter Beteiligung der mit der Sache befassten Provenienzforscher Besprechungen und Telefonate statt, in denen der jeweilige Recherche-stand offengelegt und erläutert wurde, welche Dokumente für die abschließende Klärung der Provenienz noch fehlten. Einblick in die Geschäftsbücher von Herrn Gurlitt konnte aus rechtlichen Gründen nicht gewährt werden, da es sich bei diesen unzweifelhaft um Eigentum von Herrn Gurlitt bzw. seiner Rechtsnachfolger handelt und staatliche Organe privates Eigentum anderen Privatpersonen ohne Zustimmung des Eigentümers grundsätzlich nicht zugänglich machen dürfen. Allen Mitarbeitern der Taskforce stehen diese Unterlagen jedoch zum Einblick für deren Recherchen zur Verfügung. 3.1 Trifft der Vorwurf zu, dass ihm die Taskforce „schon vor Monaten“ die Prüfung seines Anspruchs zugesagt hatte, er aber bis heute darauf warten muss? Die intensive Provenienzrecherche zu dem von Herrn Toren geltend gemachten Gemälde läuft seit Monaten, ist aber noch nicht beendet. Das Ergebnis wird Herrn Toren – wie allen anderen Anspruchstellern auch – baldmöglichst mitgeteilt werden. 3.2 Wie bewertet die Staatsregierung das Tempo der Aufklärungsbemühungen vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Anspruchstellern wie David Toren aufgrund ihres hohen Alters nach eigener Wahrnehmung „die Zeit davon“ laufe? Die Expertinnen und Experten der Taskforce sind sich des Alters von Herrn Toren und anderer Anspruchsteller bewusst . Allerdings müssen die Recherchen auch sorgfältig und gründlich vorgenommen werden. Ein belastbares und über jeden Zweifel erhabenes Rechercheergebnis liegt gerade in Fällen wie dem von Herrn Toren beanspruchten Gemälde, das von mehreren unterschiedlichen Anspruchstellern beansprucht wird, im Interesse des berechtigten Anspruchstellers. 4. Trifft der Vorwurf zu, dass der Enkelin des Holocaust -Opfers Henri Hinrichsen, Martha Hinrichsen, trotz Nachfrage von der Taskforce bisher nicht mitgeteilt wurde, ob neben der Zeichnung „Die Klavierspielerin“ von Carl Spitzweg weitere Werke aus Hinrichsens Sammlung in Schwabing gefunden wurden? Nein. Eine solche Nachfrage ist bislang nicht erfolgt. Frau Hinrichsen hat sich im Mai 2014 erstmals über ihren anwaltlichen Vertreter an die Taskforce gewandt. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2345 4.1 Wie beurteilt die Staatsregierung ihre weiteren, von der SZ wiedergegebenen Vorwürfe: „Dass die Taskforce nichts unternimmt, um den Schaden gutzumachen, den die Staatsanwaltschaft angerichtet hat, schockiert sie. ‘Warum haben sie nicht 50 Provenienzforscher angestellt, um die Bilder zu identifizieren und Deutschland von diesem Makel zu befreien‘?“ Ein Schaden durch die Staatsanwaltschaft gegenüber den Anspruchstellern, wie er pauschal behauptet wird, ist nicht ersichtlich. Ohne die Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft hätte es die gegenwärtige Provenienzrecherche nicht gegeben. Die Taskforce hat deshalb auch keine Ausgleichsfunktion . Sie ist der sorgfältigen Recherche verpflichtet , die dann – bei einem entsprechenden Ergebnis – zu einer fairen und gerechten Lösung gemäß den Washingtoner Prinzipien führen kann. Entscheidend ist nicht alleine die absolute Zahl von Provenienzforschern, sondern deren Vernetzung und die Abstimmung der Recherchearbeiten, die mit vielen weiteren Experten und Hilfskräften je nach konkretem Forschungsbedarf aufgestockt werden kann und wird. Dies geschieht im Rahmen der vom Freistaat Bayern und dem Bund zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel. 5. Trifft der Vorwurf zu, dass Sabine Rudolph, der Anwältin der Erben des Dresdner ExpressionismusSammlers Fritz Salo Glaser, von der Taskforce die Einsicht in die Geschäftsbücher Gurlitts verweigert wird, obwohl sie damit nach eigenen Angaben die Ansprüche ihrer Mandanten klar belegen könnte ? Hierzu wird auf die Antwort auf Frage 3. verwiesen. 6. Trifft der Vorwurf zu, dass Christopher Marinello, der Anwalt der Erben des Kunsthändlers Paul Rosenberg , zwei Monate lang nicht über die Existenz eines zweiten Anspruchstellers informiert wurde, obwohl er bereits mit Gurlitts Anwälten die Rückgabe der „Sitzenden Frau“ von Henri Matisse ausgehandelt hatte? Die Provenienz eines Werkes – und damit die Dauer der darauf bezogenen Recherche – hängt nicht von der Anzahl der zu einem Werk auftretenden Anspruchsteller ab. Jedes Werk hat nur „eine“ Provenienz, die es herauszufinden gilt. Jeder Anspruch wird daraufhin überprüft, ob er aus sich heraus schlüssig und die übermittelte Dokumentation vollständig ist, oder ob noch weitere Recherchen erforderlich sind, um bestehende Lücken im jeweiligen Provenienznachweis abklären zu können. Bei der Durchführung ihrer Arbeiten sind die Expertinnen und Experten der Taskforce nicht den – teils gegenläufigen – Interessen der verschiedenen Anspruchsteller , sondern ihrem Sorgfaltsmaßstab verpflichtet. Darüber hinaus entspricht die Taskforce auch dem Wunsch vieler Anspruchsteller, die um vertrauliche Behandlung ihrer Anträge gebeten haben, indem sie den Inhalt konkurrierender Ansprüche nicht an andere Anspruchsteller mitteilt. Etwaige Verhandlungen von Herrn Rechtsanwalt Marinello mit den Rechtsanwälten von Herrn Gurlitt waren nicht Gegenstand der Arbeit der Taskforce. Sie war und ist alleine zur Klärung der Herkunft der Kunstwerke berufen. 6.1 Wie bewertet die Staatsregierung die Klage des Anwalts über den „enttäuschenden und unprofes- sionellen Mangel an Transparenz“ hinsichtlich des Vorgehens der Taskforce? Im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten hat die Taskforce – gerade durch direkte Gespräche mit den Anwälten einzelner Anspruchsteller und telefonische Auskünfte an Anspruchsteller – bestmöglich Transparenz hergestellt. Die vielfach geforderte volle Transparenz findet aber ihre Grenzen in den Rechten von Herrn Gurlitt, aus dessen Besitz die Kunstwerke als Beweismittel für die Zwecke des Ermittlungsverfahrens beschlagnahmt wurden. Die Taskforce musste und muss bei ihrer Arbeit daher stets auch die Rechte von Herrn Gurlitt bzw. seiner Rechtsnachfolger wahren. Zu dessen Gunsten waren im Ermittlungsverfahren – bei allem Verständnis für die Sorgen und Wünsche der Anspruchsteller – die Unschuldsvermutung und das diese schützende Dienst- und Steuergeheimnis zu beachten. Die Möglichkeiten der vielfach geforderten Transparenz sind daher durch das Rechtstaatsprinzip begrenzt. Insoweit wird ergänzend auf die Antwort unter Ziffer 2.3 verwiesen. 7. Ist die im Artikel der Süddeutschen Zeitung beschriebene Schilderung zutreffend, wonach Taskforce-Rechercheure „erst jetzt“ Kataloge im Münchner Zentralinstitut für Kunstgeschichte, der „wichtigsten Bibliothek in Deutschland für die Provenienzforschung “, sichten würden? Für die Provenienzforschung gibt es neben dem Zentralinstitut für Kunstgeschichte noch zahlreiche weitere wertvolle Quellen. Welchen Wert ein bestimmtes Archiv oder eine bestimmte Bibliothek „für die Provenienzforschung“ hat, bestimmt der Einzelfall. Die Provenienzforscherinnen und -forscher der Taskforce bedienen sich eines weltweiten Netzwerks und sichten selbst oder mit Hilfe von Kollegen Archive nicht nur in ganz Deutschland, sondern auch in anderen Ländern, insbesondere Polen, Frankreich, Israel und den USA. Beispielsweise wurde im Historischen Archiv der Dresdner Bank, dem Archiv des Auswärtigen Amtes, dem französischen Nationalarchiv, dem Bundesarchiv, dem Lastenausgleichsarchiv , der Bayerischen Staatsbibliothek, den National Archives in Washington D. C., dem Archiv der Hamburger Kunsthalle, dem Archiv der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, dem Karl-Haberstock-Archiv Augsburg , dem Archiv der israelitischen Kultusgemeinde in Linz und dem Polnischen Staatsarchiv in Breslau recherchiert. Stets findet auch ein Abgleich mit den Datenbeständen von Lostart und der BADV-Datenbank statt. Diese Auflistung ist bei Weitem nicht abschließend. In welchen Beständen sie selbst oder durch Hilfe anderer recherchieren und in welcher Reihenfolge diese aufgesucht werden, entscheiden die Expertinnen und Experten aufgrund ihrer Erfahrung im Einzelfall je nachdem, welche Ansatzpunkte für ihre Recherchen beim jeweiligen Kunstwerk und bei den jeweils bereits vorliegenden Dokumenten bestehen. Wie beispielsweise auch das „Handelsblatt“ in seiner Ausgabe vom 25./26./27. April 2014 auf Seite 63 feststellte, sind die vielfach geforderten „schnellen Lösungen“ aufgrund der Komplexität der Provenienzrecherche und der dabei gebotenen Sorgfalt meist nicht möglich. 7.1 In welchem Umfang (Datum, Arbeitszeitumfang) und ab wann haben entsprechende Recherchen stattgefunden? Hierzu wird auf die Antwort auf Frage 1.4 verwiesen.