Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Johann Häusler FREIE WÄHLER vom 22.06.2018 Folgen von Starkregen In den vergangenen Wochen meldete die Unwetterzen trale Bayern vermehrt Starkregen mit bis zu 70 Liter pro Quadratmeter in vielen Teilen Bayerns. Viele Schäden – beispielsweise aufgrund überschwemmter Fahrbahnen – entstanden lokal und nicht entlang von Gewässern. Die Überlegungen der Staatsregierung zu Flutpoldern greifen hier folglich nicht. Die große Menge an Niederschlägen gibt es seit Aufzeichnungen der Wetterdaten. Bezeichnend sind aber die extremen Folgen, die in diesem Ausmaß neu er scheinen. Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche Gründe gibt es für derartig ausufernde Auswir kungen des Starkregens vor dem Hintergrund, dass es statistisch gesehen nicht mehr regnet als früher? 2. Welche Lösungen und Möglichkeiten gibt es, um die Überschwemmungen und damit die Schäden zukünf tig so gering wie möglich zu halten? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 16.07.2018 1. Welche Gründe gibt es für derartig ausufernde Auswirkungen des Starkregens vor dem Hintergrund , dass es statistisch gesehen nicht mehr regnet als früher? Hintergrund sind die besonderen Charakteristika von Stark regenereignissen. Bei Starkregenereignissen handelt es sich um Niederschlagsereignisse, die lokal eng begrenzt sind und bei denen sehr hohe Niederschlagsmengen inner halb kürzester Zeit auftreten. Entscheidend sind somit nicht Statistiken zu mittleren Monats oder Jahresniederschlägen, sondern vielmehr zu lokalen Niederschlägen mit kurzer Dauer. Für derartige Ereignisse liegen jedoch aufgrund der Datenlage noch keine flächigen Langzeitstatistiken vor. Starkregenereignisse können überall auftreten, es gibt im Gegensatz zum Flusshochwasser aktuell zu wenige gesicherte Grundlagendaten, um scharfe räumliche Aus wirkungen abzuleiten. Starkregenereignisse sind äußerst schwer vorhersagbar. Selbst wenn Gewitterzellen zu beob achten sind, ist derzeit nicht genau zu bestimmen, wann, wo oder in welcher Intensität sich diese Zellen tatsächlich entladen. Bedingt durch hohe Niederschlagsintensitäten und er schöpfte Wasseraufnahmekapazitäten der Böden fließen große Anteile des Starkniederschlags als wild abfließendes Wasser oberirdisch und unkontrolliert ab. Wege, Straßen und Einschnitte im Gelände dienen dabei als Abflusswege. Die Wassermassen verfügen über hohe Strömungskräfte und können große Mengen an Treibgut und erodiertem Ma terial mit sich führen. Dieses Material kann sich an Anlagen der Entwässerungssysteme, natürlichen Einengungen oder an Straßendurchlässen, Brücken oder Zäunen sammeln, wodurch großflächige Abflusshindernisse und damit poten zielle Gefahrenpunkte entstehen. Hierdurch sind großflä chige Überflutungen des umliegenden Geländes möglich, die schwere Schäden an Gebäuden, Verkehrsmitteln und Infrastruktur verursachen können. In besonderem Maße betroffen sind dicht besiedelte und stark versiegelte Bereiche. Hier entstehen starkregenbe dingte Überschwemmungen, insbesondere durch den ho hen Anteil an versiegelten Flächen. Eine Infiltration ist in diesen Bereichen nicht möglich, weshalb das anfallende Wasser an der Oberfläche abfließt. Die Entwässerungssys teme haben nicht die Kapazität, die Niederschlagsabflüsse aufzunehmen. Aufgrund der hohen Niederschlagsintensi täten kann es aber auch bei nicht versiegelten Flächen zu hohen Oberflächenabflüssen führen, da der Niederschlag bei derartigen Intensitäten nicht schnell genug versickern kann. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.09.2018 Drucksache 17/23500 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23500 2. Welche Lösungen und Möglichkeiten gibt es, um die Überschwemmungen und damit die Schäden zukünftig so gering wie möglich zu halten? Mit Ministerratsbeschluss aus dem Jahr 2016 wurde die Komponente „Sturzfluten“ im Aktionsprogramm AP2020plus verankert. Seither arbeitet die Staatsregierung mit Nach druck daran, eine nachhaltige Strategie zu entwickeln und umzusetzen, um in Zukunft für Starkregenereignissen bes ser gewappnet zu sein. Eine wirksame Vorsorge gegen Sturzfluten erfordert als allererstes Wissen. Erkennen, wo in der Landschaft Sturz bäche ungebremst auf bebaute Gebiete treffen können. Daher ist es von grundlegender Bedeutung, dass sich die Gemeinden und Städte mit der Thematik SturzflutenRisiko management auseinandersetzen. Hierbei steht die Staats regierung den Kommunen unterstützend zur Seite. Ein erster wichtiger Schritt ist mit dem Sonderförderprogramm „Integrale Konzepte zum kommunalen SturzflutRisikoma nagement“ gemacht worden. Mit dem hieraus gewonnenen Wissen kann eine Gemeinde mögliche Schäden abschät zen und Risiken ermitteln sowie Schäden durch geeignete Vorsorgemaßnahmen reduzieren. Die Kommunen haben im Rahmen der Gestaltung einer nachhaltigen Entwicklung viele Möglichkeiten, die potenziellen Auswirkungen von Starkregen insbesondere im Rahmen der Flächennutzungs und Bauleitplanung sowie bei allen kommunalen Bauvorha ben angemessen zu berücksichtigen. Die Vermeidung und Minderung von Schäden aus Star kregenereignissen ist aber auch maßgebliche Aufgabe je des und jeder Einzelnen. Durch Vorsorgemaßnahmen, wie z. B. Objektschutz für Gebäude und Bauwerke, tragen sie zur Schadensminimierung bei. Damit jede und jeder Einzel ne seinen Anteil beitragen kann, müssen die Informationen über lokale Risiken an die Bürgerinnen und Bürger regel mäßig weitergegeben werden. Neben technischem Über flutungsschutz an Gebäuden ist für Privatpersonen auch die finanzielle Risikovorsorge notwendig. Dies kann sowohl durch eine geeignete Versicherung vor Elementarschäden als auch durch die Bildung eigener Rücklagen erfolgen. Diese Ansätze wurden, unter bayerischer Beteiligung, auch im Rahmen der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) in die „LAWAStrategie für ein effektives Starkregenrisikomanagement“ eingearbeitet und bundes weit veröffentlicht.