Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Reinhold Strobl SPD vom 18.06.2018 Schutz vor Erosion – Hilfe für Betroffene nach Stark regen und Unwetter Auf Starkregen folgt die Schlammlawine. Nach der Verwüs tung durch Unwetter aufgrund von Starkregen, Hagel und Überschwemmung folgt die Ursachenforschung. Schon zum wiederholten Male wurde Bayern dieses Jahr von Unwet ter heimgesucht. Keller laufen voll Wasser, Hofeinfahrten, Gärten sind verwüstet, Straßen überschwemmt. Ursachen für die teils verheerenden Auswirkungen gibt es viele. Eine Ursache dafür könnte die Versiegelung von Flächen sein und die intensive Landwirtschaft. Großflächiger Maisanbau und noch dazu in Hanglage lässt die darunterliegenden Flä chen, z. B. Wohngrundstücke, überfluten. Studien belegen, dass es an Schutzmaßnahmen gegen Erosion fehlt. Das damalige Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Fors ten (StMELF) hat 2014 die landesweite Initiative „Bodenständig“ ins Leben gerufen. Landwirte und Gemein den arbeiten hierbei zum Schutz von Boden und Gewässern zusammen. Wie das Staatsministerium schreibt, erforder ten die aktuellen klimatischen Veränderungen mit zuneh menden Starkregenereignissen und Trockenphasen An passungen der Landschaftsgestaltung und Bodennutzung. Kernelement sei allerdings das Prinzip der Freiwilligkeit. Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche fachlichen und finanziellen Möglichkeiten hat die Staatsregierung, um den Kommunen Unterstüt zung bei Schäden durch Starkregenfälle zukommen zu lassen? 2.1 Können spezielle Erosionsstreifen bzw. Randstreifen an den Feldern Verbesserungen herbeiführen bzw. Erosion verhindern helfen? 2.2 Wie kann die Staatsregierung hier auf die Landwirt schaft Einfluss nehmen? 2.3 Könnte eine Abwechslung in der Fruchtfolge helfen, Erosion bei Starkregen zu verhindern? 3.1 Könnte mit Einsaat von anderen Pflanzen, z. B. Gras oder eine Getreideart, in den Maisfeldern eine Verbes serung herbeigeführt werden, also weniger Erosion erreicht werden? 3.2 Wer – der Landwirt, die Gemeinde, die betroffenen Ei gentümer oder die Versicherung – trägt die finanzielle Verantwortung für die Schäden nach Starkregen und Schlammlawinen? 4. Gedenkt die Staatsregierung, die Förderprogramme für bodenschonendes Ackern aufgrund der letzten Starkregenereignisse auszuweiten bzw. anzupassen? 5. Was gedenkt die Staatsregierung zu tun, um eine Anpassung der Landschaftsgestaltung und Boden nutzung nach dem Prinzip „Mehr Wiesen statt Acker flächen“ zum Programm zu machen? 6. Wie sieht die Staatsregierung die drohende Pro blematik, dass Versicherungen nach mehrmaligen Schadensereignissen und Schadensregulierungen nicht mehr bereit sind, durch Starkregen „gefährdete“ Grundstücke zu versichern? 7. Welche Möglichkeit sieht die Staatsregierung bei der Unterstützung der durch Unwetter geschädigten Grund und Hausbesitzer das Verursacherprinzip gel tend zu machen? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucher schutz im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, dem Staatsministerium für Wirtschaft, Energie und Tech nologie sowie dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 18.07.2018 1. Welche fachlichen und finanziellen Möglichkeiten hat die Staatsregierung, um den Kommunen Un terstützung bei Schäden durch Starkregenfälle zu kommen zu lassen? Zur Beseitigung von Schäden an bestimmten kommunalen Einrichtungen, die aufgrund von Elementarschadensereig nissen, worunter u. U. Starkregenfälle zu fassen sind, ver ursacht wurden, kommt eine Förderung nach dem Baye rischen Finanzausgleichsgesetz (BayFAG) in Betracht. Förderfähig sind die Kosten für Baumaßnahmen zur Be seitigung von Schäden an kommunalen Brücken und Stra ßenbauwerken im Rahmen des Art. 13c Abs. 1 BayFAG so wie an kommunalen Hochbauten nach Art. 10 BayFAG (u. a. Schulen und Kindertageseinrichtungen). Um die betroffenen Kommunen zusätzlich zu entlasten, wurde die Bagatellgren ze bei Elementarschadensereignissen im Jahr 2016 bei Art. 10 BayFAG von bislang 100.000 auf 25.000 Euro deutlich abgesenkt (Maßnahmen an mehreren Objekten eines Zu weisungsempfängers können gefördert werden, wenn die Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.09.2018 Drucksache 17/23501 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23501 zuweisungsfähigen Ausgaben insgesamt 25.000 Euro über schreiten); bei Art. 13c Abs. 1 BayFAG gilt die sonst anzu wendende Bagatellgrenze von 50.000 Euro nicht. Darüber hinaus wurde das Förderverfahren vereinfacht: So werden die Kosten der Beseitigung von Schäden an kom munalen Hochbauten, die an mehreren Objekten eines Zu weisungsempfängers auftreten, bei einem entsprechenden Antrag zu einem einheitlichen Förderverfahren nach Art. 10 BayFAG zusammengefasst und gemeinsam gefördert. Dieser vereinfachte Verfahrensablauf gilt auch für die För derung von Kosten der Beseitigung von Schäden an kom munalen Straßen und Brückenbauwerken nach Art. 13c Abs. 1 BayFAG. Der Umstand des unvorhersehbaren Elementarscha densereignisses kann bei der Bemessung der Höhe der Zu weisung nach Art. 10 BayFAG oder Art. 13c Abs. 1 BayFAG neben den übrigen Kriterien angemessen berücksichtigt werden, sodass eine individuelle Unterstützung im Einzelfall gewährleistet wird. Sofern für die Beseitigung der Schäden durch Starkre genfälle an kommunalen Einrichtungen keine Fördermög lichkeiten bestehen, können für Kommunen bei Vorliegen einer finanziellen Härte gegebenenfalls auch klassische Bedarfszuweisungen nach Art. 11 BayFAG in Betracht kom men. Starkregenfälle führen insbesondere an den kleineren Gewässern dritter Ordnung, für die die Kommunen zustän dig sind, zu Schäden und Überflutungen. Mit den Richtli nien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben (RZWas 2016) stehen verschiedene Fördertatbestände für Kommunen bereit, mit Förderhöhen von bis zu 75 Prozent. So können die Beseitigung von Schäden an Gewässern und Wasserbauten nach größeren Hochwasserereignissen, Ereignisdokumentationen, Grunderwerb nach Hochwasser ereignissen bis hin zur Erstellung von Konzepten, Pla nungen und deren bauliche Umsetzung für eine Verbesse rung des Hochwasserschutzes gefördert werden. Auf Basis der Erfahrungen aus dem Jahr 2016 wurde ergänzend das Sonderförderprogramm „Integrale Konzepte zum kommu nalen SturzflutRisikomanagement“ aufgelegt. Fachliche Beratung sowie Beratung in Förderfragen bzgl. der RZWas erhalten die Kommunen über die Wasserwirtschaftsämter. 2.1 Können spezielle Erosionsstreifen bzw. Randstrei fen an den Feldern Verbesserungen herbeiführen bzw. Erosion verhindern helfen? 2.2 Wie kann die Staatsregierung hier auf die Land wirtschaft Einfluss nehmen? 2.3 Könnte eine Abwechslung in der Fruchtfolge hel fen, Erosion bei Starkregen zu verhindern? 3.1 Könnte mit Einsaat von anderen Pflanzen, z. B. Gras oder eine Getreideart, in den Maisfeldern eine Verbesserung herbeigeführt werden, also weniger Erosion erreicht werden? Das Risiko der Bodenerosion hängt neben der Erosions gefährdung des Standortes v. a. von der Bodennutzung ab. Insbesondere folgende Maßnahmen tragen dazu bei, das Erosionsrisiko zu senken: – Vermeiden von Bodenverdichtungen sowie bedarfsge rechte Kalkung und Humuserhalt, – Anbau von Kulturen mit geringer Erosionsanfälligkeit, – Zwischenfruchtanbau vor Reihenkulturen in Kombina tion mit Mulch, Direkt und Reihensaatverfahren, – Teilen von zu großen Schlägen, – Erhalt von Grünland und Begrünung von Hangrinnen, – Anlage von möglichst breiten Pufferstreifen. Das damalige StMELF hat bereits im Jahre 2016 eine Ar beitsgruppe Erosionsschutz aus Fachleuten der Landwirt schafts und Umweltverwaltung, der Technischen Universität München, des Deutschen Wetterdienstes sowie praktizie renden Landwirten eingerichtet. Diese hat umfangreiche Empfehlungen zur Verbesserung des Erosionsschutzes erarbeitet, die unter folgender Internetadresse veröffentlicht wurden: http://www.lfl.bayern.de/bodenerosion. Das StMELF hat Teile der Handlungsempfehlungen um gesetzt und den Wissenstransfer im Rahmen des Was serpaktes verstärkt sowie eine aktualisierte Fassung des Softwareprogramms „ABAG interaktiv“ (Ermittlung des Bo denabtrags durch die Allgemeine Bodenabtragsgleichung – ABAG –) bereitgestellt. 3.2 Wer – der Landwirt, die Gemeinde, die betroffe nen Eigentümer oder die Versicherung – trägt die finanzielle Verantwortung für die Schäden nach Starkregen und Schlammlawinen? Zu Frage 3.2 ist keine pauschale Antwort möglich. Grund sätzlich gilt, dass zunächst jeder (Gemeinde, Anwohner, Landwirt) in seinem Bereich angehalten ist, eigenverant wortlich Risikovorsorge zu betreiben. Diese Vorsorge kann planerischer, baulichtechnischer oder aber produktions technischer Art sein. Angesichts der zunehmend extreme ren Wetterlagen wird darüber hinaus eine Absicherung von Schäden durch den Abschluss einer Elementarschaden versicherung empfohlen. Ausgleichsansprüche für durch Naturereignisse hervorgerufene Schäden könnten im Ein zelfall nur dann entstehen, wenn eigene Handlungen diese Schäden erst ermöglicht haben bzw. sie durch pflichtwid riges Verhalten herbeigeführt worden sind. Siehe dazu auch Antwort zu Frage 7. 4. Gedenkt die Staatsregierung, die Förderprogram me für bodenschonendes Ackern aufgrund der letzten Starkregenereignisse auszuweiten bzw. an zupassen? 5. Was gedenkt die Staatsregierung zu tun, um eine Anpassung der Landschaftsgestaltung und Bo dennutzung nach dem Prinzip „Mehr Wiesen statt Ackerflächen“ zum Programm zu machen? Das bayerische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) bietet in der aktuellen Förderperiode bis zum Jahr 2020 einen För derschwerpunkt zum Bereich Boden und Gewässerschutz mit mehreren Maßnahmen an. Diese greifen die o. g., im Sinne des Erosionsschutzes, vorteilhaften Punkte auf und honorieren z. B. die Einrichtung von über die Vorgaben des Fachrechts hinausgehende Erosionsschutz und Pufferstrei fen an Hängen bzw. entlang von Gewässern. Ebenfalls fi nanziell unterstützt wird der Zwischenfruchtanbau, gerade auch in Kombination mit Mulch oder Direktsaatverfahren. Mit Blick auf die neue Förderperiode nach 2020 wird das Förderangebot extern evaluiert und bei Bedarf fortentwickelt bzw. neu ausgerichtet. Ganz entscheidend für den Erfolg der angebotenen Maßnahmen ist eine begleitende Bera tung, wie sie derzeit z. B. über die in der Fläche eingesetz ten Wasserberater der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten oder aber im Rahmen von „boden:ständig“Pro jekten erfolgt, bei denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Geschäftsbereich des StMELF mit externen Beratern, Land wirten und Kommunen zusammenwirken. Drucksache 17/23501 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Umwandlungen von Dauergrünland in Ackerflächen sind in der Regel genehmigungspflichtig. Eine Umwandlungsge nehmigung ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn min destens im gleichen Umfang, wie Dauergrünland umgewan delt werden soll, neues Dauergrünland angelegt wird und nicht andere Gründe einer Genehmigung entgegenstehen. Für sogenannte umweltsensible Dauergrünlandflächen be steht ein vollständiges Umwandlungs und Pflugverbot. Im KULAP wird die Umwandlung von Ackerflächen in Grünland überdies honoriert und entsprechend finanziell unterstützt. Neben dem KULAP bestehen mit dem bayerischen Ver tragsnaturschutzprogramm (VNP) weitere Fördermöglich keiten, um ökologisch wertvolle Lebensräume zu erhalten und zu verbessern, die auf eine naturschonende Bewirt schaftung angewiesen sind. Landwirte, die auf freiwilliger Basis ihre Flächen nach den Zielen des Naturschutzes be wirtschaften, erhalten dafür ein angemessenes Entgelt. 6. Wie sieht die Staatsregierung die drohende Pro blematik, dass Versicherungen nach mehrmaligen Schadensereignissen und Schadensregulierun gen nicht mehr bereit sind, durch Starkregen „ge fährdete“ Grundstücke zu versichern? Die Kündigung einer bestehenden Gebäudeversicherung nach einem Schadensfall ist in § 92 Abs. 1 Wassergesetz (WG) geregelt. Bezüglich des Abschlusses von Elementarschaden versicherungen durch Privatleute kann Folgendes gesagt werden: Es gibt zahlreiche Versicherer, die im Fall von Vor schaden in den letzten fünf bzw. zehn Jahren keine neuen Wohngebäudeversicherungsverträge abschließen. Aller dings gibt es auch Versicherungsunternehmen, die Versi cherungen unabhängig von etwaigen Vorschäden anbieten bzw. einen Vertragsschluss erst nach z. B. zwei Vorschäden innerhalb der letzten fünf Jahre ablehnen. Die Stiftung Fi nanztest hat im Jahr 2016 eine Untersuchung zahlreicher Wohngebäudeversicherungstarife (Heft 5, S. 40 ff.) vorge nommen und dabei unter anderem auch die Möglichkeit des Vertragsschlusses trotz Vorschäden untersucht und entsprechende Tarife dargestellt. Aus Sicht des Staatsminis teriums für Wirtschaft, Energie und Technologie (StMWi) ist es daher gerade in solchen Fällen für Versicherungsnehmer äußerst wichtig, sich umfassend zu informieren und mehre re Vergleichsangebote einzuholen, um den Tarif finden zu können, der den individuellen Bedürfnissen gerecht wird. Das StMWi ist im Rahmen der Elementarschadenkam pagne der bayerischen Staatsregierung mit der Versiche rungswirtschaft in einem ständigen Dialog, in dem auf die Wichtigkeit transparenter und verbraucherfreundlicher Tarife verwiesen wird. Eine Arbeitsgruppe erarbeitet Lösungen, um Bürgerinnen und Bürgern insbesondere in stark hochwas sergefährdeten Gebieten auch Elementarschadenversiche rungen zu flexiblen und finanziell tragfähigen Bedingungen anbieten zu können. 7. Welche Möglichkeit sieht die Staatsregierung bei der Unterstützung der durch Unwetter geschädig ten Grund und Hausbesitzer das Verursacherprin zip geltend zu machen? Im Regelfall kann bei Schäden durch Überschwemmungen, Starkregen und Unwetter nicht automatisch von einem Ver ursacher ausgegangen werden. Durch bauliche Maßnahmen (z. B. Kanalisation, Hoch wasserschutz) einen 100ProzentSchutz vor Naturereig nissen wie Starkregen zu garantieren, wäre technisch und wirtschaftlich nicht darstellbar. Nur wenn im Einzelfall ein tatsächlicher Verursacher fest steht, der durch seine Handlungen diese Schäden erst er möglicht hat bzw. sie durch pflichtwidriges Verhalten herbei geführt hat, ist eine Schadensersatzpflicht des Verursachers möglich.