Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Reinhold Strobl SPD vom 29.06.2018 Wettbewerbsbenachteiligung öffentlich-rechtlicher Krankenhäuser gegenüber privaten Kliniken Laut dem Staatsministerium des Innern und für Integration ist die Speisenversorgung eines Kommunalunternehmens an Dritte nicht zulässig, da die Speisenversorgung als neues Leistungsangebot und als Tätigkeit, mit der das Kommunalunternehmen an dem vom Wettbewerb beherrschten Wirtschaftsleben teilnehmen würde, ggf. Gewinn erzielen würde. Somit ist eine – zumindest teilweise – Beteiligung an der Finanzierung von sanierungsbedürftigen Krankenhausküchen öffentlich-rechtlicher Kliniken des Freistaates Bayern durch eine Speisenversorgung an Dritte nicht erlaubt. Würden aber private Kliniken den Weg gehen, mit ihrer Küche ggf. weitere Einrichtungen – auch öffentlich-rechtliche – zu versorgen, dann gelte der Vorrang für die privaten Caterer. Das entspricht aber einer Benachteiligung öffentlich -rechtlicher Kliniken gegenüber privaten Kliniken. Das Staatsministerium des Innern und für Integration schreibt in seinem Brief vom 19.06.2018 an das St. Anna Krankenhaus Sulzbach-Rosenberg, dass grundsätzlich der Privatwirtschaft Vorrang einzuräumen sei. Ich frage die Staatsregierung: 1. Sieht die Staatsregierung eine Gefahr darin, dass öffentlich-rechtliche Kliniken die Speisenversorgung ihrer Patienten nicht mehr gewährleisten können, weil sie die Sanierung ihrer Küche nicht finanziert bzw. gefördert bekommen und selbst nicht in der Lage sind, diese zumindest zum Teil mit zu finanzieren? 2. Wie beurteilt die Staatsregierung die Befürchtung der Kliniken, dass bei einer Umstellung auf Fremdversorgung die Speisen des Drittanbieters durch die dauerhafte Evaluierung der Kliniken durch Investitions- und Gewinnaufschlag deutlich teurer werden würden? 3. Wie beurteilt die Staatsregierung die Gefahr einer Wettbewerbsbenachteiligung öffentlich-rechtlicher Krankenhäuser gegenüber privaten Krankenhäusern hinsichtlich der Speisenversorgung mit ökonomischem Hintergrund? 4. Wie können öffentlich-rechtliche Krankenhäuser Wirtschaftlichkeit und kostenintensive Qualität gewährleisten , wenn es ihnen nicht erlaubt ist, auch unkonventionelle Wege, wie z. B. die Versorgung von Dritten, zu gehen, um eine Sanierung ihrer eigenen Küche, zumindest teilweise, mit zu finanzieren? 5. Wie beurteilt die Staatsregierung die Gefahr, dass Kliniken klinikeigenes Personal abbauen müssen, weil sie u. U. die Speisenversorgung der Patienten auf Fremdversorgung umstellen müssen? 6. Sieht die Staatsregierung eine Gefahr darin, dass bei einer Fremdspeisenversorgung der Küchen in öffentlich -rechtlichen Kliniken durch Drittanbieter die flexible und individuelle Gestaltung der Essensversorgung der Patienten, z. B. bei Lebensmittelunverträglichkeiten, Diätkost, Diabetes etc. nicht mehr in dem erforderlichen und abgestimmten Umfang gewährleistet sein könnte? Antwort des Staatsministeriums des Innern und für Integration im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege vom 23.07.2018 1. Sieht die Staatsregierung eine Gefahr darin, dass öffentlich-rechtliche Kliniken die Speisenversorgung ihrer Patienten nicht mehr gewährleisten können, weil sie die Sanierung ihrer Küche nicht finanziert bzw. gefördert bekommen und selbst nicht in der Lage sind, diese zumindest zum Teil mit zu finanzieren? Der Staatsregierung ist kein Fall bekannt, in dem es in den vergangenen 14 Jahren seit dem im Jahr 2004 umgesetzten Förderausschluss für Krankenhausküchen bei der Speisenversorgung von Patientinnen und Patienten zu Engpässen gekommen wäre. Mit dem Förderausschluss werden Krankenhäuser im Übrigen bezüglich der Küchen nur privaten Speisenanbietern gleichgestellt, die für ihre Investitionen auch keine staatliche Förderung erhalten. Außerdem bleibt es öffentlichen Krankenhäusern unbenommen, Verbünde mit benachbarten Kliniken einzugehen und eine gemeinsame Speisenversorgung zu organisieren. Die Auslastung könnte auf diese Weise verbessert und die Investitionskosten könnten auf mehrere Beteiligte verteilt werden. 2. Wie beurteilt die Staatsregierung die Befürchtung der Kliniken, dass bei einer Umstellung auf Fremdversorgung die Speisen des Drittanbieters durch die dauerhafte Evaluierung der Kliniken durch Investitions - und Gewinnaufschlag deutlich teurer werden würden? Die Fremdversorgung mit Speisen ist mittlerweile sowohl im öffentlichen Bereich, etwa bei Schulen, Kindergärten und Altenheimen , als auch bei privatwirtschaftlichen Unternehmen eher die Regel als die Ausnahme. Angebote und Anbieter stehen bayernweit in ausreichender Zahl zur Verfügung. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 12.10.2018 Drucksache 17/23508 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23508 Entsprechende Befürchtungen der Kliniken sind der Staatsregierung daher nicht bekannt. 3. Wie beurteilt die Staatsregierung die Gefahr einer Wettbewerbsbenachteiligung öffentlich-rechtlicher Krankenhäuser gegenüber privaten Krankenhäusern hinsichtlich der Speisenversorgung mit ökonomischem Hintergrund? Gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Landkreisordnung (LKrO) darf ein Landkreis ein Unternehmen nur errichten, übernehmen oder wesentlich erweitern, wenn ein öffentlicher Zweck das Unternehmen erfordert, insbesondere wenn ein Landkreis mit ihm gesetzliche Verpflichtungen oder seine Aufgaben gemäß Art. 75 LKrO erfüllen will. Die Annahme, bei Unternehmen in der Trägerschaft der öffentlichen Hand handele es sich um Wettbewerber, für die dieselben Regeln gelten wie für private Wirtschaftsunternehmen, beruht auf einem Missverständnis der geltenden Rechtslage. 4. Wie können öffentlich-rechtliche Krankenhäuser Wirtschaftlichkeit und kostenintensive Qualität gewährleisten , wenn es ihnen nicht erlaubt ist, auch unkonventionelle Wege, wie z. B. die Versorgung von Dritten, zu gehen, um eine Sanierung ihrer eigenen Küche, zumindest teilweise, mit zu finanzieren ? Öffentlich-rechtliche Krankenhäuser können den Handlungsspielraum im Rahmen der für sie geltenden (öffentlichrechtlichen ) Vorschriften ausschöpfen, um Wirtschaftlichkeit und Qualität zu gewährleisten. Rechtsverstöße dürfen nicht dadurch relativiert werden, dass sie als „unkonventionelle Wege“ beschönigt werden. 5. Wie beurteilt die Staatsregierung die Gefahr, dass Kliniken klinikeigenes Personal abbauen müssen, weil sie u. U. die Speisenversorgung der Patienten auf Fremdversorgung umstellen müssen? Die Umstellung der Speisenversorgung auf Fremdversorgung ist – wie in allen anderen Bereichen eines Krankenhauses als Unternehmen auch – eine betriebswirtschaftliche Frage, die im jeweiligen Einzelfall vom Krankenhausträger zu entscheiden ist. Dabei ist im unmittelbaren Zusammenhang mit der Umstellung auf eine Fremdversorgung, soweit es nicht möglich ist, die dafür eingesetzten Personalkapazitäten auf andere Bereiche des Krankenhauses umzuverteilen , ein Abbau des klinikeigenen Personals nicht auszuschließen . Gleichzeitig wird aber beim neuen externen Speisenversorger der Personalbedarf steigen, sodass die Gesamteffekte nicht abgeschätzt werden können. Nicht exakt abschätzbar ist zudem, inwieweit auslagerungsbedingte Einsparungen im Bereich der Speisenversorgung dem Krankenhaus finanziell die Einstellung zusätzlichen pflegerischen Personals o. Ä. ermöglichen. 6. Sieht die Staatsregierung eine Gefahr darin, dass bei einer Fremdspeisenversorgung der Küchen in öffentlich-rechtlichen Kliniken durch Drittanbieter die flexible und individuelle Gestaltung der Essensversorgung der Patienten, z. B. bei Lebensmittelunverträglichkeiten , Diätkost, Diabetes etc. nicht mehr in dem erforderlichen und abgestimmten Umfang gewährleistet sein könnte? Aufgrund des verfügbaren breiten Angebots an externen Versorgern mit einem differenzierten Speisenangebot ist eine Mangel- oder Fehlversorgung von Patienten nicht zu befürchten. Diese Einschätzung wird indirekt auch durch die Erfahrungen von Klinikträgern bestätigt, die bereits auf eine externe Speisenversorgung umgestellt haben.