Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Rinderspacher SPD vom 29.05.2018 Kavallerie von Ministerpräsident Dr. Markus Söder – eine sinnvolle Sache? Ich frage die Staatsregierung; 1.1 Wie viele Pferde und Reiter waren seit 2013 jährlich im Einsatz der Reiterstaffel der Bayerischen Polizei? 1.2 Welche Einsätze bestreitet die Reiterstaffel der Bayerischen Polizei? 1.3 Welche Kosten sind seit 2013 für die bayerische Reiterstaffel angefallen (bitte in Jahren angeben)? 2.1 Welche Bundesländer unterhalten, nach Kenntnis der Staatsregierung, ebenfalls Reiterstaffeln (bitte auch in welchem Umfang angeben)? 2.2 Welche Bundesländer haben, nach Kenntnis der Staatsregierung, mittlerweile aus welchen Gründen ihre Reiterstaffeln abgeschafft? 2.3 Wie bewertet die Staatsregierung, dass der Freistaat Bayern nach den Plänen von Ministerpräsident Dr. Markus Söder eine „Kavallerie“ vorhalten soll, die im Volumen von Kosten, Pferden und Reitern das Vielfache der Staffel der Bundesrepublik Deutschland haben soll? 3.1 Auf welche Weise erfolgt die Ausbildung der Polizeipferde und wie lange dauert sie? 3.2 Welche Kosten verursacht die Ausbildung eines Polizeipferdes und Reiters jeweils? 3.3 Welche Kosten veranschlagt die Staatsregierung zur Umsetzung des Vorschlags des Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder bis 2025 (bitte in Jahren angeben)? 4.1 Welche Kosten verursacht ein Polizeipferd im Unterhalt jährlich? 4.2 Wie hoch war seit 2013 der durchschnittliche Krankenstand von Polizeipferden (bitte in Jahren aufschlüsseln )? 4.3 Wie hoch waren der Krankenstand und die Überstundenzahl der bayerischen Reiterstaffel seit 2013 (bitte in Jahren angeben)? 5.1 In welchen Städten plant die Staatsregierung weitere Reiterstaffeln? 5.2 In welcher jeweiligen Pferdestärke? 5.3 Wie viele Polizeibeamte werden als Reiterinnen und Reiter und in der Verwaltung einzusetzen sein? 6.1 Welche Planungen oder Überlegungen gibt es für die Unterbringung der Pferde? 6.2 Plant die Staatsregierung einen eigenen Marketing- Titel für die Reiterstaffeln, die sich an den Etikettenideen der Regierungserklärung von Ministerpräsident Dr. Markus Söder orientieren („Bayerische Kavallerie“, „Bavaria One“ etc.)? 6.3 Wird sich der Ministerpräsident Dr. Markus Söder jeweils an der Namensfindung für die in der Endstufe insgesamt 200 Kavalleriepferde persönlich einbringen ? 7.1 Wie bewertet die Staatsregierung die Kritik aus Polizeikreisen an den Ideen des Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder, wonach bspw. Christian Schulz, GdP-Vorsitzender (GdP = Gewerkschaft der Polizei) der Kreisgruppe Würzburg und stellvertretender Vorsitzender der Bezirksgruppe Unterfranken monierte, die Meinung in der Polizei sei dazu grundsätzlich eher ablehnend? 7.2 Wie viele Personalstellen für Streifenpolizisten könnten zusätzlich mit den Kosten des Ausbaus einer bayerischen Kavallerie geschaffen werden? 7.3 Mit welchen Polizeiexperten hat der Ministerpräsident Dr. Markus Söder seine Idee vor Bekanntmachung in der Regierungserklärung erörtert? Antwort des Staatsministeriums des Innern und für Integration vom 20.07.2018 Vorbemerkung: Die Reiterstaffel des Polizeipräsidiums (PP) München und der Reitergruppe beim PP Oberbayern Süd (Rosenheim) haben sich seit deren Einrichtung als wertvolles Einsatzmittel gut etabliert und aus einsatztaktischer Sicht bei einer Vielzahl von Einsätzen bewährt. Gerade bei (Groß-)Veranstaltungen trägt der Einsatz von Dienstpferden zur Deeskalation und zur Unterstützung der eingesetzten Kräfte bei. Daneben sind diese beispielsweise regelmäßig bei Vermisstensuchen, im Objektschutz, bei der Betreuung von Brauchtumsveranstaltungen sowie zu Repräsentationszwecken eingesetzt. Im täglichen Dienst findet neben den vorgenannten Einsätzen – und insgesamt als Großteil der Tätigkeiten – auch ein allgemeiner Streifendienst statt. Zudem gibt es einen Streifendienst der Reiterstaffel mit besonderer Zielsetzung, so z. B. als Sicherheitsstreifen in Naherholungs-, Stadt- und Stadtrandgebieten, als Grenzstreifen oder als Naturschutzstreifen in Natur- oder Landschaftsschutzgebieten. Diese polizeiliche Kernaufgabe findet überwiegend auch an Örtlichkeiten statt, die nicht oder nur sehr eingeschränkt mit herkömmlichen Einsatzmitteln zu erreichen sind. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.09.2018 Drucksache 17/23511 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23511 Neben dem taktischen Einsatzwert tragen die Dienstpferde auch zu einem positiven Image der Bayerischen Polizei in der Bevölkerung bei. 1.1 Wie viele Pferde und Reiter waren seit 2013 jährlich im Einsatz der Reiterstaffel der Bayerischen Polizei? Seit dem Jahr 2013 beträgt die Sollstärke der Polizeiinspektion (PI) Reiterstaffel des PP München 35. Davon werden 34 Beamte als Reiter eingesetzt. Die bei den Operativen Ergänzungsdiensten Rosenheim angegliederte Reitergruppe des PP Oberbayern Süd verfügt seit dem Jahr 2013 über fünf Beamte, die als Reiter eingesetzt werden. Grundsätzlich ist je Reiter ein Dienstpferd vorhanden bzw. zugewiesen. 1.2 Welche Einsätze bestreitet die Reiterstaffel der Bayerischen Polizei? Das Einsatzspektrum der berittenen Polizei ist vielfältig und umfasst u. a. folgende Bereiche: – Allgemeiner Streifendienst, insbesondere im Gelände wie Naturschutz- und Naherholungsgebieten, – Besonderer Streifendienst, z. B. für Präventivstreifen zur Bekämpfung der Wohnungseinbruchskriminalität oder Umweltschutzstreifen, – Einsatz bei Großveranstaltungen (Fußballspiele, Brauchtumsveranstaltungen , Open-Air-Konzerte etc.), – Fahndungen, Such- und Absperrmaßnahmen im Gelände , – Öffentlichkeitsarbeit. 1.3 Welche Kosten sind seit 2013 für die bayerische Reiterstaffel angefallen (bitte in Jahren angeben)? Für die Jahre 2013 bis 2017 ergaben sich insgesamt folgende Gesamtkosten: Tabelle zu Frage 1.3 2013 2014 2015 2016 2017 PP München 389.088,18 € 349.393,75 € 393.132,29 € 343.662,95 € 363.911,24 € PP Oberbayern Süd 30.560,60 € 33.087,08 € 38.962,51 € 36.548,73 € 44.241,74 € Hinweis: Die PI Reiterstaffel des PP München ist in einer staatseigenen Liegenschaft untergebracht, sodass lediglich laufend Betriebs-, Unterhalts- und Bewirtschaftungskosten für die Liegenschaft anfallen. Die Dienstpferde des PP Oberbayern Süd sind in einem sog. Pensionsstall untergebracht, sodass zu den laufenden Kosten Mietausgaben hinzukommen. 2.1 Welche Bundesländer unterhalten, nach Kenntnis der Staatsregierung, ebenfalls Reiterstaffeln (bitte auch in welchem Umfang angeben)? 2.2 Welche Bundesländer haben, nach Kenntnis der Staatsregierung, mittlerweile aus welchen Gründen ihre Reiterstaffeln abgeschafft? Das Staatsministerium des Innern und für Integration hat hierzu bislang keine Erhebungen durchgeführt. 2.3 Wie bewertet die Staatsregierung, dass der Freistaat Bayern nach den Plänen von Ministerpräsident Dr. Markus Söder eine „Kavallerie“ vorhalten soll, die im Volumen von Kosten, Pferden und Reitern das Vielfache der Staffel der Bundesrepublik Deutschland haben soll? Über die Personal- und Sachausstattung der Reiterstaffel der Bundespolizei bzw. der Bundesländer liegen dem Staatsministerium des Innern und für Integration keine validen Daten vor, sodass eine Bewertung nicht möglich ist. 3.1 Auf welche Weise erfolgt die Ausbildung der Polizeipferde und wie lange dauert sie? 3.2 Welche Kosten verursacht die Ausbildung eines Polizeipferdes und Reiters jeweils? Die Ausbildung der Polizeipferde des PP München und des PP Oberbayern Süd erfolgt aktuell durch Ausbilder der PI Reiterstaffel des PP München. Die Ausbildungsbefähigungen der Reitlehrer werden über externe und kostenpflichtige Lehrgänge erworben, sofern Beschäftigte diese nicht bereits besitzen. Die Reiterstaffel des PP München verfügt über zwei Ausbilder mit der Qualifikation „Trainer A“, deren Ausbildung jeweils rund 3.200 Euro kostete. Eine Umlegung der Kosten auf die Beschäftigten der PI Reiterstaffel zur Benennung, welche Kosten für die Ausbildung eines einzelnen Reiters anfallen, ist nicht möglich, da die Beschulung fortlaufend durchgeführt wird und die Dienststelle beschultes Personal nach einer entsprechenden Verwendungsdauer an andere Dienststellen und Verbände abgibt und neues, meist ungeschultes Personal als Ersatz für die Personalabgänge bekommt. Damit reduzieren sich die Kosten fortlaufend, je länger einzelne Reitlehrer Personal beschulen und je mehr Personal beschult wird. Die Ausbildung eines unerfahrenen Pferdes ist abhängig von verschiedenen Rahmenbedingungen (Charakter des Pferdes, Ausbildungsstand, zu bewältigende Aufgabe). Bis zum ersten Außendienst dauert dies durchschnittlich sechs Monate. Drucksache 17/23511 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Anschließend werden die Tiere an den anspruchsvolleren Streifendienst (mehr Reize wirken auf das Pferd ein) herangeführt . Für die Ausbildung der Polizeipferde werden Trainingsutensilien , wie Sprünge/Hindernisse, Fahnen, Bälle, Luftballons und Gegenstände zur akustischen Reizeingabe benötigt . Diese Trainingsutensilien wurden einmalig angeschafft und bei Defekt o. Ä. ersetzt. Eine Kostenumlegung pro Pferd ist daher nicht möglich. Etwaige Anschaffungskosten sind in der Kostenaufstellung der Antwort zu Frage 1.3 beinhaltet. Ein Konzept zur Errichtung weiterer Reiterstaffeln bzw. Reitergruppen bei der Bayerischen Polizei befindet sich derzeit in Erarbeitung. Aus diesem Grund können zum jetzigen Zeitpunkt keine weitergehenden Aussagen und Detailangaben , insbesondere zu den Kosten der künftigen Ausbildung der Polizeipferde, gemacht werden. 3.3 Welche Kosten veranschlagt die Staatsregierung zur Umsetzung des Vorschlags des Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder bis 2025 (bitte in Jahren angeben)? Bezüglich der aktuell notwendigen Haushaltsmitteln wird auf den Gesetzentwurf zum zweiten Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2017/2018 (2. Nachtragshaushaltsgesetz 2018 – Drs. 17/22033 vom 18.05.2018) verwiesen. Weitergehende Angaben zu den Kosten sind derzeit vor dem Hintergrund des noch zu erarbeitenden Konzeptes nicht möglich. 4.1 Welche Kosten verursacht ein Polizeipferd im Unterhalt jährlich? Die unmittelbaren Unterhaltskosten (Stroh, Heu, Hufschmied und Tierarzt) liegen bei rund 3.600 Euro pro Pferd im Jahr. 4.2 Wie hoch war seit 2013 der durchschnittliche Krankenstand von Polizeipferden (bitte in Jahren aufschlüsseln )? Bei einer durchschnittlichen Anzahl von 36 Dienstpferden (inkl. Dienstpferde in Ausbildung) ergeben sich für das PP München folgende Krankenstände pro Jahr in Tagen: 2013 2014 2015 2016 2017 434 415 420 844 469 Beim PP Oberbayern Süd werden keine statistischen Aufzeichnungen über den Krankenstand der Dienstpferde geführt . 4.3 Wie hoch waren der Krankenstand und die Überstundenzahl der bayerischen Reiterstaffel seit 2013 (bitte in Jahren angeben)? Zur Berechnung der Krankheitstage wird die jeweilige Iststärke (tatsächlich zu einer Dienststelle versetzte oder umgesetzte Beamtinnen und Beamte) mit Stand Dezember herangezogen. Jahr Krankheitstage pro Beamter bei Iststärke PP München PP Oberbayern Süd 2013 18,70 3,80 2014 18,01 2,80 2015 15,84 2,60 2016 14,37 6,20 2017 17,53 9,40 Das Staatsministerium des Innern und für Integration erhebt jährlich zum festgelegten Stichtag 30. November den Mehrarbeitsstundenbestand für alle Beamtinnen und Beamten der Bayerischen Polizei. Zur Mehrarbeit der Jahre 2013 bis einschließlich 2016 wird auf die Antwort vom 26.04.2017 auf die Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Inge Aures vom 02.02.2017 (Drs. 17/16738) verwiesen. Im Jahr 2017 betrug die Mehrarbeit 730 Stunden bzw. 20 Stunden/Beamter. Die Mehrarbeit der Reitergruppe des PP Oberbayern Süd stellt sich wie folgt dar: 2013 2014 2015 2016 2017 Gesamt in Stunden 59 98 262 328 343 Stunden/Beamter (gerundet) 12 20 52 66 69 5.1 In welchen Städten plant die Staatsregierung weitere Reiterstaffeln? Ministerpräsident Dr. Markus Söder hat in seiner Regierungserklärung vom 18.04.2018 dargelegt, dass die vorhandenen reiterlichen Kapazitäten bei der Bayerischen Polizei ausgebaut werden und in jeder bayerischen Großstadt eine Reiterstaffel eingerichtet wird. Im Endausbau werden in Bay ern 200 Dienstpferde im Einsatz sein. Bei ei- Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23511 ner Großstadt handelt es sich um eine Stadt mit mehr als 100.000 Einwohnern. Dies betrifft im Freistaat Bayern die Städte München, Augsburg, Regensburg, Ingolstadt und Würzburg sowie den Großraum Nürnberg/Fürth/Erlangen. 5.2 In welcher jeweiligen Pferdestärke? 5.3 Wie viele Polizeibeamte werden als Reiterinnen und Reiter und in der Verwaltung einzusetzen sein? 6.1 Welche Planungen oder Überlegungen gibt es für die Unterbringung der Pferde? 7.2 Wie viele Personalstellen für Streifenpolizisten könnten zusätzlich mit den Kosten des Ausbaus einer bayerischen Kavallerie geschaffen werden? Vorbehaltlich der abschließenden Konzepterstellung (siehe Antwort zu Frage 3.2) sind derzeit folgende Stärken vorgesehen : PP München 60 (bislang 35) PP Oberbayern Süd 5 (bislang 5) PP Oberbayern Nord 20 (bislang 0) PP Mittelfranken 45 (bislang 0) PP Unterfranken 20 (bislang 0) PP Schwaben Nord 30 (bislang 0) PP Oberpfalz 20 (bislang 0) Die Anzahl der Reiter orientiert sich an dieser Stärke. 6.2 Plant die Staatsregierung einen eigenen Marketingtitel für die Reiterstaffeln, die sich an den Etikettenideen der Regierungserklärung von Ministerpräsident Dr. Markus Söder orientieren („Bayerische Kavallerie“, „Bavaria One“ etc.)? Nein. 6.3 Wird sich der Bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder jeweils an der Namensfindung für die in der Endstufe insgesamt 200 Kavalleriepferde persönlich einbringen? Nein. 7.1 Wie bewertet die Staatsregierung die Kritik aus Polizeikreisen an den Ideen des Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder, wonach bspw. Christian Schulz, GdP-Vorsitzender (GdP = Gewerkschaft der Polizei ) der Kreisgruppe Würzburg und stellvertretender Vorsitzender der Bezirksgruppe Unterfranken monierte, die Meinung in der Polizei sei dazu grundsätzlich eher ablehnend? Mit den Gewerkschaften wurden und werden seitens des Staatsministeriums des Innern und für Integration regelmäßig Gespräche geführt. Eine grundsätzliche Ablehnung zur Errichtung weiterer Reiterstaffeln bzw. berittener Polizeieinheiten bei der Bayerischen Polizei konnte nicht festgestellt werden. 7.3 Mit welchen Polizeiexperten hat der Ministerpräsident Dr. Markus Söder seine Idee vor Bekanntmachung in der Regierungserklärung erörtert? Im Rahmen der regelmäßigen Dienstbesprechungen des Staatsministeriums des Innern und für Integration mit den Behördenleitungen der Polizeiverbände werden insbesondere die Grundsätze des polizeilichen Handelns und der Organisation besprochen. Die Erhöhung der polizeilichen Präsenz in allen Bereichen ist ein erklärtes Ziel bei allen Polizeipräsidien.