Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gisela Sengl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 13.06.2018 Insolvenz der B.M.G. Berliner Milcheinfuhr-Gesellschaft mbH und die Auswirkungen auf die bayerischen Milchbäuerinnen und Milchbauern Am 09.03.2018 wurde ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B. M. G. Berliner Milcheinfuhr-Gesellschaft mbH gestellt. In Bayern betrifft die Insolvenz ca. 160 Milchbauern mit geschätzten 60 bis 70 Mio. kg Milch. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie viele Betriebe in Bayern genau sind nach Kenntnis der Staatsregierung von der Pleite der Berliner Milcheinfuhr-Gesellschaft (BMG) betroffen? b) Wie viele Betriebe davon sind Ökomilchbetriebe? c) Wie viele davon haben erst in den letzten zwei Jahren umgestellt? 2. a) Wie viel Prozent der Betriebe haben nach Kenntnis der Staatsregierung keine neuen Abnehmer bekommen und sind vorübergehend bei Milchindustrie- Verband(MIV)-Mitgliedern untergekommen? b) Zu welchen Konditionen? c) Wie ist, nach Kenntnis der Staatsregierung, die prozentuale Verteilung der betroffenen bayerischen Biomilchbetriebe an die in den beiden Verbänden (Deutscher Raiffeisenverband – DRV – und Milchindustrie -Verband – MIV –) organisierten Molkereien, die die Abnahme der Milch der von der BMG-Pleite betroffenen Produzenten sicherstellen (bitte nach Mitgliedern angeben)? 3. a) Wie ist, nach Kenntnis der Staatsregierung, der durchschnittlich ausgezahlte Milchpreis für die betroffenen Betriebe im Verhältnis zum Spotpreis konventioneller Milch bzw. Biomilch in den Monaten seit der Insolvenz der BMG? b) Wie hoch ist, nach Meinung der Staatsregierung, der Auszahlungspreis für Biomilch in Bayern, der aktuell für auskömmlich und den durchschnittlichen Produktionskosten angemessen gilt? 4. a) Wie hoch schätzt die Staatsregierung die Schäden, die den durch die Insolvenz der BMG betroffenen Betrieben in Bayern entstanden sind? b) Mit welchen finanziellen Hilfen unterstützt die Staatsregierung die betroffenen Betriebe, um existenzielle Nöte oder Betriebsaufgaben zu vermeiden? c) Mit welcher Unterstützung durch die Staatsregierung können die betroffenen Betriebe außerdem rechnen, um existenzielle Nöte oder Betriebsaufgaben zu vermeiden ? 5. a) Wie schätzt die Staatsregierung die langfristigen Entwicklungsmöglichkeiten von bayerischer Biomilch ein? b) Plant die Staatsregierung die Investitions- und Umstellungskosten für die Biomilchproduktion weiterhin staatlich zu fördern? c) Plant die Staatsregierung staatliche Maßnahmen für die, bei zunehmender Biomilchmenge, notwendigen Abnehmer- und Verarbeitungsschritte? 6. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, den Markt von den drückenden Milchmengen schnellstmöglich zu entlasten? Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 22.07.2018 1. a) Wie viele Betriebe in Bayern genau sind nach Kenntnis der Staatsregierung von der Pleite der Berliner Milcheinfuhr-Gesellschaft (BMG) betroffen ? b) Wie viele Betriebe davon sind Ökomilchbetriebe? c) Wie viele davon haben erst in den letzten zwei Jahren umgestellt? In Bayern sind nach Kenntnisstand der Staatsregierung rund 200 Milchviehbetriebe, davon rund 20 Ökobetriebe, von der Insolvenz der Berliner Milcheinfuhr-Gesellschaft (BMG) betroffen . Genaue Zahlen liegen nicht vor, da Vertragsbeziehungen nicht statistisch erfasst werden bzw. keine Meldepflicht besteht. Es liegen daher auch keine Kenntnisse vor, wie viele der betroffenen Betriebe wann auf ökologische Wirtschaftsweise umgestellt haben. 2. a) Wie viel Prozent der Betriebe haben nach Kenntnis der Staatsregierung keine neuen Abnehmer bekommen und sind vorübergehend bei Milchindustrie -Verband(MIV)-Mitgliedern untergekommen? Nach Kenntnis der Staatsregierung haben alle betroffenen Landwirte neue Abnehmer für ihre Milch gefunden. b) Zu welchen Konditionen? Die Konditionen sind der Staatsregierung im Detail nicht bekannt. Die Milcherzeugergemeinschaft Rosenheim – Bad Aibling eG hat mitgeteilt, dass die Milch ihrer betroffenen Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.09.2018 Drucksache 17/23513 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23513 Milcherzeuger von der neuen Molkerei vom 14.03.2018 bis einschließlich 31.03.2018 durch die Umstände des Vertragsabschlusses nur zum Spotmarktpreis verkauft werden konnte. Außerdem müssen die betroffenen Milcherzeuger vom 1. April bis Ende August 2018 Milchgeldeinbußen im Vergleich zu den bestehenden Lieferverträgen akzeptieren. c) Wie ist, nach Kenntnis der Staatsregierung, die prozentuale Verteilung der betroffenen bayerischen Biomilchbetriebe an die in den beiden Verbänden (Deutscher Raiffeisenverband – DRV – und Milchindustrie-Verband – MIV –) organisierten Molkereien, die die Abnahme der Milch der von der BMG-Pleite betroffenen Produzenten sicherstellen (bitte nach Mitgliedern angeben)? Hierzu liegen der Staatsregierung keine Kenntnisse vor. 3. a) Wie ist, nach Kenntnis der Staatsregierung, der durchschnittlich ausgezahlte Milchpreis für die betroffenen Betriebe im Verhältnis zum Spotpreis konventioneller Milch bzw. Biomilch in den Monaten seit der Insolvenz der BMG? Hierzu liegen der Staatsregierung keine Kenntnisse vor. b) Wie hoch ist, nach Meinung der Staatsregierung, der Auszahlungspreis für Biomilch in Bayern, der aktuell für auskömmlich und den durchschnittlichen Produktionskosten angemessen gilt? Den „einen“ auskömmlichen Milchauszahlungspreis für Biomilch kann es nicht geben. Hierfür sind – wie auch in allen anderen Bereichen – die einzelbetrieblichen Voraussetzungen unter den bayerischen Biomilcherzeugern zu unterschiedlich . 4. a) Wie hoch schätzt die Staatsregierung die Schäden, die den durch die Insolvenz der BMG betroffenen Betrieben in Bayern entstanden sind? Eine Schätzung des gesamten Schadens ist nicht möglich, weil hierzu keine ausreichenden Daten vorliegen. b) Mit welchen finanziellen Hilfen unterstützt die Staatsregierung die betroffenen Betriebe, um existenzielle Nöte oder Betriebsaufgaben zu vermeiden ? Für marktbedingte Risiken kann ein finanzieller Ausgleich durch die Staatsregierung nicht übernommen werden. Die über die Schadensausgleichsrichtlinie des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten möglichen Finanzhilfen sind ausschließlich der Linderung von außergewöhnlichen Belastungen und Notständen aufgrund von – in der Regel nicht versicherbaren – Elementarereignissen, Tier- und Pflanzenkrankheiten sowie sonstigen betrieblichen Unglücksfällen vorbehalten. Weitere Ausgleichstatbestände lässt das EU-Beihilferecht in diesem Zusammenhang nicht zu. Allerdings bietet die Landwirtschaftliche Rentenbank zinsgünstige Überbrückungsdarlehen an, damit die betroffenen Milcherzeuger Liquiditätsengpässe überbrücken können . c) Mit welcher Unterstützung durch die Staatsregierung können die betroffenen Betriebe außerdem rechnen, um existenzielle Nöte oder Betriebsaufgaben zu vermeiden? Die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beraten betroffene Betriebe bei Bedarf hinsichtlich einer Liquiditätsplanung und der weiteren Betriebsentwicklung. 5. a) Wie schätzt die Staatsregierung die langfristigen Entwicklungsmöglichkeiten von bayerischer Biomilch ein? Der Markt für Biomilch entwickelt sich grundsätzlich positiv. In Bayern haben zuletzt viele Betriebe ihre Produktion auf ökologische Wirtschaftsweise umgestellt. Aktuell besteht angebotsseitig eine sehr gute Versorgung bei guter Nachfrage . Die Verarbeitungs- bzw. Vermarktungskapazitäten der Molkereien sind derzeit ausgelastet. Die Molkereien führen deshalb Wartelisten bezüglich neuer Biomilchlieferanten , damit am Markt keine Biomilch ankommt, die Preisdruck ausübt. Für die weitere Markteinschätzung wurde im September 2017 unter anderem ein Forschungsprojekt zur Analyse der Entwicklung und des Potenzials von Biomilch in Bayern gestartet. Die Ergebnisse werden im Frühjahr 2020 zur Verfügung stehen. b) Plant die Staatsregierung, die Investitions- und Umstellungskosten für die Biomilchproduktion weiterhin staatlich zu fördern? c) Plant die Staatsregierung staatliche Maßnahmen für die, bei zunehmender Biomilchmenge, notwendigen Abnehmer- und Verarbeitungsschritte? Bestehende Ökobetriebe und Betriebe in Umstellung auf die ökologische Wirtschaftsweise werden über das Bayerische Kulturlandschaftsprogramm mit einer Beibehaltungs- und in den ersten beiden Jahren mit einer Umstellungsprämie sowie einem Zuschuss zu den Kontrollkosten unterstützt. Investitionen in besonders tiergerechte Milchviehställe und in die Umstellung von der Anbindehaltung von Milchkühen auf Laufstallhaltung werden über die Einzelbetriebliche Investitionsförderung und das Bayerische Sonderprogramm Landwirtschaft gefördert. Sonderkonditionen für Biobetriebe gibt es bei diesen Programmen nicht. Die Förderung von Investitionen in die Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse ist in Bayern über die Marktstrukturförderung (Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse) oder über das Programm VuVregio (Förderung von Maßnahmen zur Stärkung der Verarbeitung und Vermarktung von regionalen landwirtschaftlichen Erzeugnissen und von regionalen ökologischen landwirtschaftlichen Erzeugnissen) möglich. Im Rahmen beider Drucksache 17/23513 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Programme ist ein erhöhter Fördersatz für Unternehmen, die ausschließlich Ökoprodukte herstellen, vorgesehen. Vorbehaltlich der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel sind bei den aufgeführten Förderprogrammen keine Änderungen geplant. Zur Förderung des Absatzes bayerischer Bioprodukte hat die Staatsregierung das bayerische Biosiegel eingeführt. Es garantiert eine hohe Qualität bayerischer Bioprodukte und sorgt beim Verbraucher für Transparenz und Verlässlichkeit. 6. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, den Markt von den drückenden Milchmengen schnellstmöglich zu entlasten? Der Situation auf dem Milchmarkt ist derzeit stabil. Der geeignete Weg, Angebot und Nachfrage besser in Einklang zu bringen, sind freiwillige Vereinbarungen. Unabhängig davon wird sich die Staatsregierung weiterhin entsprechend dem Beschluss des Landtags vom 09.11.2017 „Zukunft der bäuerlichen Milchviehhaltung sichern“ einsetzen.