Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn FREIE WÄHLER vom 25.06.2018 Position der Staatsregierung zu den Stromtrassenplänen der Bundesregierung, die auch Bayern bzw. Unterfranken betreffen Ich frage die Staatsregierung: 1. Stimmt die Staatsregierung der Position der betroffenen Bürger vor Ort zu, dass beim Netzausbau eine faire Lastenverteilung zwischen den einzelnen Bundesländern und Regionen erreicht werden muss und dass es nicht sein kann, dass einzelne Regionen die Last der Stromtrassen alleine schultern müssen? 2.1 Stimmen die Berichte in den Medien und die Aussagen von Bürgermeister Ulrich Werner, dass bereits jetzt alleine rund 150 Strommasten aller Spannungsebenen das Gebiet der dem Netzverknüpfungspunkt Grafenrheinfeld benachbarten Gemeinde Bergrheinfeld durchqueren und dass dann noch zwei Umspannwerke mit einem Flächenverbrauch von rund 31 ha und eine große Konverterhalle dazu kommen? 2.2 Stimmt die Staatsregierung der Position der betroffenen Bürger zu, dass dies eine einseitige Belastung ist, die der Bevölkerung vor Ort nicht mehr zumutbar ist? 2.3 Wenn nein, warum? 3.1 Stimmt die Staatsregierung den Aussagen der Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr Ilse Aigner zu, dass nach Abschluss aller Maßnahmen – wie von den Übertragungsnetzbetreibern im Entwurf des Netzentwicklungsplans 2014 vorgeschlagen – dann rund ein Viertel der gesamten Stromlast Deutschlands am Netzknoten Bergrheinfeld/Grafenrheinfeld gebündelt wird, was auch zu einer großen Belastung der Bevölkerung führt und den Grad der Verhältnismäßigkeit überschreitet? 3.2 Wenn nein, warum? 4. Unterstützt die Staatsregierung die energiepolitische Vereinbarung vom 01.07.2015, die die Bundesnetzagentur auffordert, Alternativen zu entwickeln, damit die beiden als Neubau geplanten Drehstrommaßnahmen Mecklar-Grafenrheinfeld und Altenfeld-Grafenrheinfeld entfallen können und stattdessen in Bestandstrassen mitgeführt und neue Endpunkte möglich wären, damit eine Entlastung der Region rund um Grafenrheinfeld erreicht wird? 5.1 Welche konkreten Schritte hat die Staatsregierung unternommen , um die geplante Entlastung der Gemeinden Grafen- und Bergrheinfeld durchzuführen? 5.2 Welche Vorschläge hat sie konkret unterbreitet? 5.3 Falls keine Vorschläge unterbreitet wurden, wird die Staatsregierung dies noch tun (bitte auch Zeitpuinkt nennen)? 6.1 Stimmt die Staatsregierung der Kritik der betroffenen Gemeinden in der Region zu, dass beim Bau von P 43 und P 44 in der ursprünglichen Variante neue Schneisen quer durch die Landschaft geschlagen werden, die einen schweren Eingriff in schützenswerte und unberührte Kultur- und Erholungslandschaften in den Landkreisen Schweinfurt und Haßberge darstellen? 6.2 Setzt sich (siehe Frage 6.1) die Staatsregierung dafür ein, dass zusätzliche Alternativen geprüft werden, die einen geringeren Eingriff in Natur und Landschaft bedeuten ? 7.1 Wie sieht das Konzept der Staatsregierung für eine regionale und dezentrale Energiewende bzw. Stromwende aus? 7.2 Aus welchen Einzelschritten (bitte einzeln nennen) besteht dieses Konzept? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft, Energie und Technologie vom 06.08.2018 1. Stimmt die Staatsregierung der Position der betroffenen Bürger vor Ort zu, dass beim Netzausbau eine faire Lastenverteilung zwischen den einzelnen Bundesländern und Regionen erreicht werden muss und dass es nicht sein kann, dass einzelne Regionen die Last der Stromtrassen alleine schultern müssen? Die Staatsregierung spricht sich für eine faire Lastenverteilung beim Netzausbau aus. Von den im Bundesbedarfsplangesetz enthaltenen Maßnahmen sind alle bayerischen Regierungsbezirke betroffen. Energiewirtschaftliche und elektrotechnische Zusammenhänge können dabei jedoch nicht außer Acht gelassen werden. Netzausbauprojekte wie der auf Druck der Staatsregierung hin vollständig zu verkabelnde SuedLink führen daher auch durch zentral in Deutschland gelegene Regionen wie Unterfranken. Die Festlegung der Endpunkte an ehemaligen Kernkraftwerksstandorten ermöglicht eine bestmögliche Nutzung der dort bereits vorhandenen Wechselstrominfrastruktur zur Anbindung der umliegenden Regionen. Anderenfalls wäre in Summe noch mehr Übertragungsnetzausbau erforderlich, was nicht im Sinne der Staatsregierung ist. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 11.10.2018 Drucksache 17/23562 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23562 2.1 Stimmen die Berichte in den Medien und die Aussagen von Bürgermeister Ulrich Werner, dass bereits jetzt alleine rund 150 Strommasten aller Spannungsebenen das Gebiet der dem Netzverknüpfungspunkt Grafenrheinfeld benachbarten Gemeinde Bergrheinfeld durchqueren und dass dann noch zwei Umspannwerke mit einem Flächenverbrauch von rund 31 ha und eine große Konverterhalle dazu kommen? 2.2 Stimmt die Staatsregierung der Position der betroffenen Bürger zu, dass dies eine einseitige Belastung ist, die der Bevölkerung vor Ort nicht mehr zumutbar ist? 2.3 Wenn nein, warum? Die schon heute starke Belastung der Gemeinde Bergrheinfeld durch Höchstspannungsfreileitungen ist zutreffend und v. a. durch die Nähe zum stillgelegten Kernkraftwerk Grafenrheinfeld bedingt. Der Staatsregierung ist die hohe Belastung des Raumes rund um die Netzknoten Bergrheinfeld und Grafenrheinfeld bewusst. Der Bau zusätzlicher Umspannwerke über die heute bestehenden hinaus ist der Staatsregierung nicht bekannt, wobei der Konverterstandort für den SuedLink noch nicht endgültig feststeht. Demgegenüber steht die Entlastung der Region durch die Stilllegung und den Rückbau des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld. 3.1 Stimmt die Staatsregierung den Aussagen der Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr Ilse Aigner zu, dass nach Abschluss aller Maßnahmen – wie von den Übertragungsnetzbetreibern im Entwurf des Netzentwicklungsplans 2014 vorgeschlagen – dann rund ein Viertel der gesamten Stromlast Deutschlands am Netzknoten Bergrheinfeld/ Grafenrheinfeld gebündelt wird, was auch zu einer großen Belastung der Bevölkerung führt und den Grad der Verhältnismäßigkeit überschreitet? 3.2 Wenn nein, warum? Die ursprünglichen Planungen der Übertragungsnetzbetreiber sahen eine starke Belastung des Raums um Grafenrheinfeld vor. In intensiven Verhandlungen konnte die Staatsregierung Entlastungen für die Region um Grafenrheinfeld erreichen, vor allem durch den Erdkabelvorrang für den sogenannten SuedLink und Prüfaufträge für Alternativen zu den Stromleitungen P 43 und P 44. 4. Unterstützt die Staatsregierung die energiepolitische Vereinbarung vom 01.07.2015, die die Bundesnetzagentur auffordert, Alternativen zu entwickeln , damit die beiden als Neubau geplanten Drehstrommaßnahmen Mecklar-Grafenrheinfeld und Altenfeld-Grafenrheinfeld entfallen können und stattdessen in Bestandstrassen mitgeführt und neue Endpunkte möglich wären, damit eine Entlastung der Region rund um Grafenrheinfeld erreicht wird? Die energiepolitischen Vereinbarungen der Spitzen der Koalition vom 01.07.2015 gehen maßgeblich auf die Aktivitäten der Staatsregierung zurück und werden selbstverständlich weiterhin unterstützt. Es ist daher sehr erfreulich, dass das Fortgelten der Vereinbarungen von den Regierungsparteien auf Bundesebene im aktuellen Koalitionsvertrag vereinbart wurde. 5.1 Welche konkreten Schritte hat die Staatsregierung unternommen, um die geplante Entlastung der Gemeinden Grafen- und Bergrheinfeld durchzuführen ? 5.2 Welche Vorschläge hat sie konkret unterbreitet? 5.3 Falls keine Vorschläge unterbreitet wurden, wird die Staatsregierung dies noch tun (bitte auch Zeitpuinkt nennen)? Bereits 2011 hat die Staatsregierung durch die Forcierung des Ausstiegs aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie mit der gesetzlich festgelegten Stilllegung des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld bereits in 2015 einen äußerst wichtigen Schritt zur Entlastung der umliegenden Gemeinden von nicht mehr tragbaren Risiken vorgenommen. Die Staatsregierung hat die vereinbarte Entlastung des Raums Grafenrheinfeld in ihren Stellungnahmen zu den jeweiligen Netzentwicklungsplänen wiederholt eingefordert, sich für die Realisierung von P 43mod anstelle von P 43 ausgesprochen und Gespräche mit Vertretern des Landes Hessen und des Übertragungsnetzbetreibers TenneT geführt. Durch diese Anstrengungen konnte die Aufnahme von P 44 in das Bundesbedarfsplangesetz ebenso verhindert werden wie der Planungsbeginn für P 43 durch den Vorhabenträger TenneT. 6.1 Stimmt die Staatsregierung der Kritik der betroffenen Gemeinden in der Region zu, dass beim Bau von P 43 und P 44 in der ursprünglichen Variante neue Schneisen quer durch die Landschaft geschlagen werden, die einen schweren Eingriff in schützenswerte und unberührte Kultur- und Erholungslandschaften in den Landkreisen Schweinfurt und Haßberge darstellen? 6.2 Setzt sich (siehe Frage 6.1) die Staatsregierung dafür ein, dass zusätzliche Alternativen geprüft werden, die einen geringeren Eingriff in Natur und Landschaft bedeuten? Unabhängig von den Projekten P 43 und P 44 ist es ist das Ziel der Staatsregierung, den für das Gelingen der Energiewende unabdingbar erforderlichen Ausbau des deutschen Höchstspannungsnetzes möglichst bürgerfreundlich sowie landschafts- und umweltverträglich zu gestalten, das heißt Eingriffe zu minimieren. Im Rahmen der konkreten Trassenfindung werden u. a. die Schutzgüter Wasser (z. B. Wasserschutzgebiete), Flora/Fauna (z. B. Waldschneisen, Naturschutzgebiete) sowie Belange der Raumordnung umfassend berücksichtigt und letztendlich auf Basis fachlicher Kriterien eine Abwägungsentscheidung über den Leitungsverlauf getroffen. Dabei steht insbesondere auch der Schutz des Menschen bzw. von Wohngebieten im Vordergrund. 7.1 Wie sieht das Konzept der Staatsregierung für eine regionale und dezentrale Energiewende bzw. Stromwende aus? 7.2 Aus welchen Einzelschritten (bitte einzeln nennen) besteht dieses Konzept? Die Staatsregierung setzt sich in vielfältiger Weise für geeignete rechtliche Rahmenbedingungen ein, die den Ausbau der regionalen Wertschöpfung durch die Energiewende steigern. Zu nennen ist insbesondere die bayerische Freiflächenverordnung , die die Flächenkulisse für Photovoltaik um jährlich 30 Projekte auf Grünland- und Ackerflächen in Drucksache 17/23562 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 landwirtschaftlich benachteiligten Regionen erweitert. In den letzten Ausschreibungsrunden bei Photovoltaik gingen zahlreiche Zuschläge nach Bayern und erhöhen hier die Wertschöpfung im ländlichen Bereich. Zudem hat sich die Staatsregierung bei den Verhandlungen zum Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) 2017 erfolgreich dafür eingesetzt, dass Biomasse-Projekte eine Zukunftsperspektive erhalten. Auf Landesebene unterstützt die Staatsregierung dezentrale Energielösungen vor Ort in Form von Information, Beratung und Fortbildung über Planungshilfen bis hin zur Förderung. Neben Förderprogrammen wie beispielsweise dem 10.000-Häuser-Programm und BioKlima unterstützt die Staatsregierung mit dem Informations- und Beratungsprojekt LandSchafftEnergie die Energiewende im ländlichen Raum wie kein zweites Bundesland. Seit 2011 bieten das damalige Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Ener gie und Technologie bzw. das jetzige Staatsministerium für Wirtschaft, Energie und Technologie neben der seit vielen Jahren laufenden Förderung von Energiekonzepten für kommunale und betriebliche Liegenschaften (Fördersatz bis zu 50 Prozent) auch die Förderung von kommunalen Energienutzungsplänen (Fördersatz bis zu 70 Prozent) an. Seit Ende 2015 wird als Anschlussförderung auch eine Umsetzungsbegleitung für empfohlene Maßnahmen aus Energienutzungsplänen durch externe Experten gefördert (Fördersatz bis zu 70 Prozent). Mithilfe des Förderprojekts „Energiecoaching“ können sich kleine und mittelgroße Gemeinden von Energiecoaches zu den energierelevanten Themen vor Ort beraten lassen. Damit werden neue Impulse zur Energiewende gesetzt und die kommunale Kompetenz auf diesem Gebiet gestärkt. Bayern ist unter allen Bundesländern jenes mit dem breitesten und finanzkräftigsten Förderangebot in diesem Bereich.