Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 19.06.2018 Stromtanken aus Sicht der Bayerischen Eichverwaltung An Stromtankstellen herrscht ein Durcheinander der Tarife. Nach einer Auswertung der Landeseichbehörden rechnen derzeit nur etwa 30 Prozent aller Betreiber von Ladestatio nen nach elektrischen Größen wie Kilowattstunden oder Kilowatt ab. 24 Prozent messen, wie lange der Stecker in der Säule steckt, bei 13 Prozent wird die Verweildauer des Fahrzeugs in Rechnung gestellt, unabhängig davon, ob die ses wirklich tankt. Bei 10 Prozent der Anbieter bzezahlt man eine Pauschale pro Ladevorgang. In 28 Prozent der Fälle wird der Strom verschenkt – als Service eines Hotels oder als Werbeaktion eines Energieversorgers. In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung: 1. Welchen Überblick hat die Bayerische Eichverwaltung über die Abrechnungsmodalitäten an Stromtankstellen für Kfz? 2. Welche eichrechtlichen Vorgaben gibt es zum Bezah len beim Stromtanken? 3. Inwieweit gibt es geeichte Gleichstromzähler? 4. Wie beurteilt die Eichverwaltung den Sachverhalt, dass behelfsweise der Wechselstrom vor der Um wandlung in Gleichstrom gemessen und abgerechnet wird? 5. Wie beurteilt die Staatsregierung das Durcheinander beim Zugang und den Abrechnungsmodalitäten beim öffentlichen Stromtanken? 6. Was unternimmt die Staatsregierung für eine Verein heitlichung? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft, Energie und Technologie vom 08.08.2018 1. Welchen Überblick hat die Bayerische Eichverwaltung über die Abrechnungsmodalitäten an Stromtankstellen für Kfz? Das Landesamt für Maß und Gewicht hat sich im Jahr 2017 an einer bundesweiten Abfrage bei Betreibern von Ladeeinrichtungen (CPO) und Mobilitätsanbietern (EMP) beteiligt. Im Rahmen der Ergebnispräsentation durch das Landesamt für Mess und Eichwesen BerlinBrandenburg vom 18.05.2018 im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) ergibt sich nach Auswertung dieser Umfra ge folgendes Bild: Bundesweit haben 12 von 13 Eichaufsichtsbehörden an der Umfrageaktion teilgenommen. a) Auswertung CPO (Betreiber von Ladeeinrichtungen) – 165 CPO haben Fragebögen ausgefüllt, – 4.772 ELadesäulen wurden erfasst, davon 3.348 Wech selstrom AC (70 Prozent), 442 Gleichstrom DC (9 Prozent), 982 AC und DC (21 Prozent). – Ergebnis: – bei 28 Prozent erfolgt die Messung und Abrechnung nach elektrischen Größen (Kilowattstunden – kWh –, Kilowatt – kW – oder Ampere – A – und Volt – V), – 26 Prozent rechnen Zeit „kontaktiert“ ab (Zeitmes sung, wenn der Ladestecker in der Säule steckt), – < 1 Prozent berechnen eine Parkgebühr (Parkzeit messung unabhängig davon, ob das Fahrzeug ange schlossen ist), – 13 Prozent rechnen pauschal ab, – 6 Prozent nutzen sonstige Methoden, – 26 Prozent bieten den Service kostenlos an. b) Auswertung EMP (Mobilitätsanbieter) – Von 71 Firmen wurden Fragebögen ausgefüllt. – Ergebnis: – 44 Prozent EMP nutzen mehrere Ladesysteme oder Betreiber von ELadesäulen, – 56 Prozent EMP nutzen 1 Ladesystem, welches von einem Betreiber geführt wird, – 33 Prozent EMP rechnen pauschal ab, – 36 Prozent EMP leistungsabhängig, – 52 Prozent EMP bieten den Service kostenlos an, – 21 Prozent EMP gaben Mehrfachnennungen an. Die Arbeitsgemeinschaft Mess und Eichwesen (AGME) er gänzt hierzu im März 2018 (TOP Nr. 5.08.6/18 der Nieder schrift zur AGMESitzung vom 20.03.2018): Die Verwendungsüberwachung der Ladesäulen im Jahr 2017 hat gezeigt, dass mit Ausnahme eines Herstellers kei ne eichrechtskonformen ELadesäulen im Einsatz sind. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 11.10.2018 Drucksache 17/23569 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23569 2. Welche eichrechtlichen Vorgaben gibt es zum Bezahlen beim Stromtanken? Vor Anwendung der eichrechtlichen Vorschriften aus dem Mess und Eichgesetz (MessEG) und der Mess und Eich verordnung (MessEV) ist die Preisangabenverordnung (PAngV) zu beachten. Das BMWi bestätigt mit Schreiben, Az. IB2 — 20311/004 06#003 VIC2, vom 04.05.2018, dass die Preisangaben verordnung in der Weise auszulegen ist, dass die (Preis) Angabe und Abrechnung von Ladestrom für Elektromobile bezüglich der Mengeneinheit nach Preisangabenverord nung für leitungsgebundenen Strom, also in Euro pro Kilo wattstunde, zu erfolgen hat. Eichrechtliche Voraussetzung für das Inverkehrbringen und das Verwenden einer Ladesäule ist eine Baumusterprüf bescheinigung sowie ein erfolgreich abgeschlossenes Kon formitätsbewertungsverfahren. Wesentliche Anforderung an Ladesäulen ist, dass gemäß Anlage 2 Nr. 10 MessEV das Messergebnis und die Angaben, die zur Bestimmung eines bestimmten Geschäftsvorgangs erforderlich sind, dauerhaft aufgezeichnet werden, was erforderlich ist, da die Messung nicht wiederholbar ist und das Messgerät norma lerweise dazu bestimmt ist, in Abwesenheit einer der Par teien benutzt zu werden. 3. Inwieweit gibt es geeichte Gleichstromzähler? Derzeit sind keine eichrechtskonformen Gleichstromzähler (DC) am Markt verfügbar. 4. Wie beurteilt die Eichverwaltung den Sachverhalt, dass behelfsweise der Wechselstrom vor der Umwandlung in Gleichstrom gemessen und abgerechnet wird? Die AGME hat sich bundesweit auf folgendes Vorgehen ver ständigt, was durch das Landesamt für Maß und Gewicht mitgetragen wird: „In der Zeit bis zum 31.03.2019 werden vollzugsseitig gegen Gleichstromschnellladesysteme (auch über 50 kW) keine Maßnahmen ergriffen, bei denen (noch) nicht eine DCMes sung, sondern eine ACMessung unmittelbar vor der Wand lung des Ladestroms in Gleichstrom vorgenommen wird, solange der Betreiber nachweislich folgende Bedingungen einhält: 1. Er verpflichtet sich dazu, dass ab dem 01.04.2019 kon formitätsbewertete DCMesssysteme verbaut oder nach gerüstet sein müssen. Weder das Beantragen eines möglichen Standortes noch eventuelle Kaufabsichten genügen. Es bedarf zwingend dieses Einbaus konformi tätsbewerteter Messgeräte. 2. Für den Ausgleich der Wandlungsverluste (anders als bei der DCMessung findet die ACMessung vor der Wand lung statt) hat der Betreiber der Ladeeinrichtung bzw. der Elektromobilitätsprovider den Fahrzeugnutzern pro La devorgang einen Abschlag einzuräumen, indem bei dem (AC)Messwert (gemessen in kWh) pauschal 20 Prozent abgezogen werden. Damit wird sichergestellt, dass der Wandlungsverlust in jeder Leistungsklasse der Lade säule auch im Zusammenspiel mit der Ladung verschie denster Fahrzeuge auf keinen Fall zulasten des Verbrau chers/Nutzers geht. 3. In der Rechnung für einen Ladevorgang ist der Rech nungsempfänger darauf hinzuweisen, dass der an der DCLadesäule gezahlte Preis den oben erläuterten Ab schlag von 20 Prozent für die Wandlungsverluste auf grund des Einsatzes von ACMessgeräten in DCLade einrichtungen umfasst.“ 5. Wie beurteilt die Staatsregierung das Durcheinander beim Zugang und den Abrechnungsmodalitäten beim öffentlichen Stromtanken? Die korrekte, nachvollziehbare und transparente Abrech nung von Ladestrom erfolgt nur durch die Verwendung der Maßeinheit Kilowattstunde, vgl. Antwort zu Frage 2. Wenn bisher noch nicht eichrechtskonforme ELadesäu len mit Abrechnung nach kWh betrieben werden, behelfen sich die Betreiber derzeit mit Pauschalbeträgen, über die Verrechnung nach Ladezeit oder bieten den Service kosten los an. In absehbarer Zeit wird es zu einer Bereinigung der Ab rechnungsmodalitäten kommen, da die bundeseinheitlichen Vorschriften bei den verschiedenen Betreibern von ELade säulen gleichermaßen anzuwenden sind. Es ist im Übrigen nicht ungewöhnlich, dass bei der Einführung neuer Tech nologien Normungsfragen nicht immer synchronisiert mit der Technologieentwicklung und einführung gelöst werden können. 6. Was unternimmt die Staatsregierung für eine Vereinheitlichung ? Es ist ein politisches Ziel der Staatsregierung (ebenso wie der Bundesregierung), die Entwicklung der Elektromobilität zu beschleunigen. Die Staatsregierung hat in der Minister ratssitzung am 18.07.2017 ein umfassendes Maßnahmen paket für saubere Luft in Innenstädten beschlossen. Ein Bestandteil dieses Maßnahmenpakets ist die Förderung der Ladeinfrastruktur für EMobilität, insbesondere soll die staatliche Förderung zum Aufbau der Ladeinfrastruktur auf gestockt werden. In der Förderrichtlinie „Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Bayern“ vom 14.07.2017 ist in Num mer 6 festgehalten, dass die Vorgaben des Mess und Eich rechts einzuhalten sind. Die Staatsregierung wird weiterhin in den entsprechenden BundLänderGremien, die auf eine Vereinheitlichung hinarbeiten, mitwirken. Soweit sich das Erfordernis ergeben sollte, rechtliche Regelungen zu än dern, liegt dies in der Zuständigkeit des Bundes.