Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 27.06.2018 Bahnsteighöhen II Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wann ist mit Kostenschätzungen für die umzubauenden vier Stationen entlang der Nürnberger S 1, die derzeit noch Sonderbahnsteighöhen haben, zu rechnen? b) Wann klärt sich die Finanzierung der anschließenden Planungs/Bauleistungen ab Leistungsphase 5 nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) für die umzubauenden Stationen der Nürnberger S 2? c) Welchen Finanzierungsschlüssel strebt die Staatsregierung an? 2. a) Wann beginnen die Planungen für die 25 Stationen der S-Bahn München, deren Bahnsteige auf 96 cm erhöht werden müssen, wofür aber noch nicht einmal Planungen begonnen haben? b) Wann beginnt der Bau für die 43 Stationen der S-Bahn München, deren Bahnsteige auf 96 cm erhöht werden müssen, bei denen aber noch nicht mit dem Bau begonnen wurde? c) Welcher Gesamtbetrag des Stationsumbaus für die einzelnen Stationen fällt voraussichtlich an? 3. a) Wie hat man sich vorzustellen, dass die Höhenüberbrückung zwischen Fahrzeugfußbodenhöhe 96 cm der Express- und Regional-S-Bahnen und Stationen mit Bahnsteighöhe 76 cm fahrzeugseitig sichergestellt wird? b) Wo ist das bisher praktisch umgesetzt bzw. gibt es solche Fahrzeuge überhaupt schon? c) Inwieweit können diese Fahrzeuge in München fahren oder sind Anpassungen nötig? 4. Welche Stationen werden nur durch Regional-S-Bahnlinien bedient? 5. Warum hält die Staatsregierung an ihrem Konzept von Regional-S-Bahnlinien fest, obwohl in den Planfeststellungsbeschlüssen für den geplanten 2. S-Bahn- Tunnel in München ausdrücklich festgehalten ist, dass eine Nutzung des geplanten 2. S-Bahn-Tunnels durch Regionalzüge jedoch nicht vorgesehen ist, da dies mit erheblichen finanziellen und technischen Schwierigkeiten sowie Mehraufwand (u. a. Schaffung eigener Bahnsteigkanten für den Regionalverkehr) verbunden ist und auch mit den Umsteigemöglichkeiten am Hauptbahnhof und Ostbahnhof schon jetzt genügend Verknüpfungspunkte mit dem Regionalverkehr bestehen ? 6. Wann sollen die in Bayern existierenden noch gut 1.000 Bahnsteige, die eine Höhe von 38 cm oder sogar noch darunter aufweisen, barrierefrei ausgebaut werden? 7. Wer ist für die drohende Verhängung von Bedienverboten für Züge mit einer Einstiegshöhe von 76 cm für Kleinostheim und Stockstadt zuständig? 8. Warum finanziert der Infrastrukturbetreiber nicht die Bahnsteigerhöhungen in Kleinostheim und Stockstadt ? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www . bayern . landtag . de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www . bayern . landtag . de – Aktuelles / Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 19.10.2018 Drucksache 17/23625 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23625 Antwort des Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr vom 20.08.2018 1. a) Wann ist mit Kostenschätzungen für die umzubauenden vier Stationen entlang der Nürnberger S 1, die derzeit noch Sonderbahnsteighöhen haben, zu rechnen? b) Wann klärt sich die Finanzierung der anschließenden Planungs/Bauleistungen ab Leistungsphase 5 nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) für die umzubauenden Stationen der Nürnberger S 2? Belastbare Kosten für die Bahnsteigmaßnahmen an der S 1 und der S 2 liegen voraussichtlich im ersten Quartal 2019 vor. Parallel zur anschließenden Entwurfs- und Genehmigungsplanung werden dann die Finanzierungsverhandlungen für die genannten Maßnahmen starten. c) Welchen Finanzierungsschlüssel strebt die Staatsregierung an? Grundsätzlich strebt die Staatsregierung eine Finanzierung nach Maßgabe von Art. 87e Abs. 4 Grundgesetz, d. h. eine vollständige Bundesfinanzierung an. Inwieweit sich diese vor dem Hintergrund des gewünschten schnellstmöglichen Baubeginns erreichen lässt, dürfte von diversen noch nicht geklärten Randbedingungen wie beispielsweise der Ausgestaltung der Nachfolgevereinbarung zur bis Ende 2019 geltenden Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV II) zwischen DB und Bund abhängen. 2. a) Wann beginnen die Planungen für die 25 Stationen der S-Bahn München, deren Bahnsteige auf 96 cm erhöht werden müssen, wofür aber noch nicht einmal Planungen begonnen haben? Die Zuständigkeit hierfür liegt bei der DB bzw. beim Bund. Der Staatsregierung liegen über einen Planungsbeginn keine Erkenntnisse vor. b) Wann beginnt der Bau für die 43 Stationen der S- Bahn München, deren Bahnsteige auf 96 cm erhöht werden müssen, bei denen aber noch nicht mit dem Bau begonnen wurde? Das von der Staatsregierung vorgesehene Programm „Bahnausbau Region München“ ist nachhaltig von der Deutschen Bahn (DB) als dem für die Planung und Realisierung der Ausbaumaßnahmen verantwortlichen Eisenbahninfrastrukturunternehmen mitgestaltet worden. In diesem Rahmen hat die DB unter der Maßgabe des Vorliegens von Baurecht folgende Angaben für einen möglichen Realisierungsbeginn gemacht: – Die Stationen Buchenau, Heimstetten, München St.- Martin-Straße und Poing sollen unabhängig von anderweitigen Ausbauprojekten realisiert werden. Der Umbau der Verkehrsstation Buchenau beginnt voraussichtlich Anfang 2019. Im Falle der Stationen München St.-Martin- Straße, Heimstetten und Poing, die ursprünglich bereits 2018 umgebaut werden sollten, gingen keine wirtschaftlich vertretbaren bzw. gar keine Angebote der Bauindustrie im Zuge der Ausschreibung durch die DB ein. Die Baumaßnahmen mussten daher verschoben und neu ausgeschrieben werden. Hierbei ist auch eine erneute Anmeldung der notwendigen Gleissperrungen erforderlich , welche die DB Netz mit anderen baubedingten Betriebseinschränkungen an den jeweiligen Strecken bzw. auf den relevanten Umleitungsstrecken abstimmen wird. Die DB Netz hat bislang keine neuen Sperrpausen avisiert , weshalb derzeit noch kein Termin für den Baubeginn genannt werden kann. – Die Stationen Leienfelsstraße, Aubing und Eichenau sollen im Rahmen des vorgesehenen Ausbaus der S 4 West barrierefrei ausgebaut werden. In Abhängigkeit von der Baurechtserlangung hält die DB einen Realisierungsbeginn des Streckenausbaus der S 4 West ab 2025 für möglich. – Der barrierefreie Ausbau von Puchheim soll bereits vor dem Streckenausbau der S 4 West realisiert werden. Die DB geht in Abhängigkeit von der Baurechtserlangung davon aus, dass ein Baubeginn Ende 2020 und eine Fertigstellung bis Ende 2021 erzielt werden kann. – Die Station Wolfratshausen wird im Rahmen der Verlängerung der S 7 nach Geretsried grundlegend umgebaut. Die DB sieht in Abhängigkeit von der Baurechtserlangung einen Realisierungsbeginn für die Verlängerung der S 7 nach Geretsried ab Mitte 2024 für möglich an. – Der barrierefreie Ausbau von Weßling, Steinebach, St. Koloman, Aufhausen und Markt Schwaben steht in engem Zusammenhang mit den sogenannten Netzergänzenden Maßnahmen im Projekt 2. Stammstrecke. Demnach ist für Weßling in Abhängigkeit von der Baurechtserlangung ein Realisierungsbeginn in 2022, für Steinebach in 2023, für St. Koloman 2023, Aufhausen 2023 und Markt Schwaben 2019 vorgesehen. – Der barrierefreie Ausbau der Stationen Daglfing, Englschalking und Johanneskirchen steht in Abhängigkeit der BVWP-Maßnahme „Viergleisiger Ausbau Daglfing – Johanneskirchen“ (BVWP = Bundesverkehrswegeplan). Der Bund hat die DB mit entsprechenden Vorplanungen beauftragt. Ein Realisierungsbeginn je nach Ausbauvariante wird von der DB nicht vor 2028 gesehen. Für die nicht aufgeführten Stationen liegen der Staatsregierung keine Angaben zum geplanten Baubeginn vor. c) Welcher Gesamtbetrag des Stationsumbaus für die einzelnen Stationen fällt voraussichtlich an? Der Staatsregierung liegen lediglich für die nachfolgend genannten Stationen Kostenprognosen vor. Neben den gesamten Planungs- und Baukosten übernimmt der Freistaat auch die Einmalzahlung für die erhöhten Betriebskosten gemäß Wirtschaftlichkeitsrechnung (WR) der DB. Daher sind auch Letztere, soweit sie bereits bekannt sind, aufgeführt: S 1 Unterschleißheim: 14 Mio. € (zzgl. WR: 2,3 Mio. €) Lohhof 8,3 Mio. € (zzgl. WR: 1,7 Mio. €) S 2 Riem: 9,7 Mio. € (zzgl. WR: 1,7 Mio. €) Feldkirchen: 6,7 Mio. € (zzgl. WR: 1 Mio. €) Drucksache 17/23625 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 S 2 Heimstetten: 5,9 Mio. € (zzgl. WR: 1,2 Mio. €) Poing: 4,6 Mio. € (zzgl. WR: 0,8 Mio. €) Markt Schwaben 13,1 Mio. € (zzgl. WR: 2,7 Mio. €) S 3 München St. Martin-Straße: 6,9 Mio. € (zzgl. WR: 1,5 Mio. €) S 4 Puchheim: 8,5 Mio. € S 8 Weßling: 4,0 Mio. € 3. a) Wie hat man sich vorzustellen, dass die Höhenüberbrückung zwischen Fahrzeugfußbodenhöhe 96 cm der Express- und Regional-S-Bahnen und Stationen mit Bahnsteighöhe 76 cm fahrzeugseitig sichergestellt wird? Die Höhendifferenz zwischen einer Fahrzeugfußbodenhöhe von 96 cm und einer Bahnsteighöhe von 76 cm beträgt 20 cm, also genau die Höhe einer Treppenstufe. Der Einbzw . Ausstieg für nicht mobilitätseingeschränkte Fahrgäste stellt in diesem Fall keine Probleme dar. Für mobilitätseingeschränkte Personen ist angedacht, mit bereits heute fahrzeugseitig bestehenden Möglichkeiten (z. B. mithilfe von Rampen) die Höhendifferenz künftig zu überwinden. b) Wo ist das bisher praktisch umgesetzt bzw. gibt es solche Fahrzeuge überhaupt schon? c) Inwieweit können diese Fahrzeuge in München fahren oder sind Anpassungen nötig? Bereits aktuell sind die S-Bahnfahrzeuge in München so ausgestattet, dass mobilitätseingeschränkten Personen bei einer Differenz zwischen Fahrzeugboden- und Bahnsteighöhe der Zustieg ermöglicht werden kann. Auch die im Rahmen der von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft vorgesehenen Neuvergabe der Münchner S-Bahn anstehende Erneuerung der S-Bahn-Fahrzeugflotte wird fahrzeugseitige Lösungen haben, die einen Ein-/Ausstieg für mobilitätseingeschränkte Personen gewährleisten. 4. Welche Stationen werden nur durch Regional-S- Bahnlinien bedient? Der Freistaat Bayern plant mit Inbetriebnahme der 2. Stammstrecke in München derzeit die Einführung von zunächst drei Regional-S-Bahnlinien. Diese sollen über den heutigen S-Bahn-Bereich hinaus bis nach Landshut (S 21X), Augsburg (S 23X) und Buchloe (S 24X) verkehren. Die Stationen Marzling, Langenbach, Bruckberg und Gündlkofen sowie Althegnenberg und Haspelmoor sollen entsprechend den bisherigen Planungen künftig nur durch Regional-S-Bahnen bedient werden. 5. Warum hält die Staatsregierung an ihrem Konzept von Regional-S-Bahnlinien fest, obwohl in den Planfeststellungsbeschlüssen für den geplanten 2. S-Bahn-Tunnel in München ausdrücklich festgehalten ist, dass eine Nutzung des geplanten 2. S-Bahn-Tunnels durch Regionalzüge jedoch nicht vorgesehen ist, da dies mit erheblichen finanziellen und technischen Schwierigkeiten sowie Mehraufwand (u. a. Schaffung eigener Bahnsteigkanten für den Regionalverkehr) verbunden ist und auch mit den Umsteigemöglichkeiten am Hauptbahnhof und Ostbahnhof schon jetzt genügend Verknüpfungspunkte mit dem Regionalverkehr bestehen? Regional-S-Bahnen dienen der Ergänzung des S-Bahnnetzes . Dementsprechend liegen mit der Realisierung der 2. Stammstrecke die Voraussetzungen vor, um das S-Bahnnetz den Mobilitätsbedürfnissen in der Metropolregion München bedarfsgerecht anzupassen. 6. Wann sollen die in Bayern existierenden noch gut 1.000 Bahnsteige, die eine Höhe von 38 cm oder sogar noch darunter aufweisen, barrierefrei ausgebaut werden? Die Zuständigkeit hierfür liegt bei der DB bzw. beim Bund. Der Staatsregierung liegen hierzu keine Angaben vor. Die Staatsregierung hat in den letzten Jahren selbst und in ihren Funktionen der Länderarbeitsgremien bei der DB und beim Bund auf die Lösung dieser dringenden Problematik insistiert , insbesondere für die Bahnsteige unter einer Kantenhöhe von 38 cm, da bei diesen unter Umständen ein Bedienverbot droht oder sie verhindern, dass SPNV-Züge mit der für die jeweilige Linie passenden Einstiegshöhe von 76 cm eingesetzt werden können und damit für viele Fahrgäste keine durchgehende Barrierefreiheit erreicht werden kann. 7. Wer ist für die drohende Verhängung von Bedienverboten für Züge mit einer Einstiegshöhe von 76 cm für Kleinostheim und Stockstadt zuständig? Die maßgebliche „Technische Spezifikation für Interoperabilität – Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderung und Menschen mit eingeschränkter Mobilität (PRM)“ vom 18.11.2014 wurde von der EU-Kommission per Verordnung am 01.01.2015 in Kraft gesetzt. Die Staatsregierung hat im Zuge des drohenden Bedienverbots die DB damit beauftragt, die Bahnsteige an beiden Bahnhöfen zu erhöhen, und finanziert dies außerhalb ihrer Zuständigkeit komplett. Die Maßnahmen sollen bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2018 umgesetzt sein, wodurch aus heutiger Sicht kein Bedienverbot mehr droht. 8. Warum finanziert der Infrastrukturbetreiber nicht die Bahnsteigerhöhungen in Kleinostheim und Stockstadt? Es handelt sich um eine unternehmerische Entscheidung der DB Station&Service AG, die dies mit fehlenden finanziellen Mitteln begründet.