Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Harry Scheuenstuhl SPD vom 28.03.2014 Überwachungssysteme für Badeunfälle in Hallenbädern (II) Nach Badeunfällen, wie jüngst in Dinkelsbühl, gibt es immer wieder Diskussionen, ob Überwachungsanlagen für Badeunfälle in (Hallen-)Bädern notwendig sind und welche Anlagen am besten geeignet sind. Hier erwarten auch die kommunalen Entscheidungsträger Hilfestellung. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. Wie viele Überwachungsanlagen für Badeunfälle in Bädern gibt es in Bayern und in welchen Bädern sind diese installiert? 2. Wie viele Personen konnten in den letzten 5 Jahren durch diese Überwachungsanlagen gerettet werden? 3. Welche Verfahren für die Überwachung von Unfällen in Hallenbädern gibt es? 4. Mit welcher Höhe an Investitionskosten ist zu rechnen und wie fördert der Freistaat die Investitionen? 5. Welche Erfahrungen von Überwachungsanlagen liegen vor und wie schätzt die Staatsregierung den Nutzen solcher Anlagen ein? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 12.06.2014 Vorbemerkung: Die Anfrage wurde allen Gemeinden, Landkreisen und Bezirken mit der Bitte um Stellungnahme zugeleitet. Die folgenden Antworten beruhen auf den Auskünften, die uns im Rahmen dieser Umfrage übermittelt wurden. Angesichts des kurzen Zeitfensters, innerhalb dessen die Umfrage durchzuführen war, sowie im Hinblick darauf, dass Hallenbäder auch privat betrieben werden, können wir nicht ausschließen , dass es weitere Schwimmbäder gibt, die über entsprechende technische Überwachungseinrichtungen verfügen. 1. Wie viele Überwachungsanlagen für Badeunfälle in Bädern gibt es in Bayern und in welchen Bädern sind diese installiert? Im Rahmen unserer Umfrage gaben acht Bäder an, technische Überwachungsanlagen zu nutzen (computergestützte Bildanalyse oder Minicomputer am Handgelenk, s. dazu Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Harry Scheuenstuhl vom 28.03.2014 betreffend Überwachungssysteme für Badeunfälle in Hallenbädern (I), Frage 1). In zwei Bädern kommen Minicomputer am Handgelenk zum Einsatz (System: BlueFox). Es handelt sich dabei um das Elypso in Deggendorf sowie um die Saunawelt in Burghausen . Beide Bäder geben die Minicomputer auf Anfrage aus. Die anderen sechs Bäder verwenden computergestützte Bildanalysesysteme (Argusmatik und AngelEye). Derartige Bildanalysesysteme werden verwendet im Aquawell Helmbrechts (Argusmatik), im Aquella Ansbach (Argusmatik), im Hallenbad Dinkelsbühl (Argusmatik), im Grünwalder Freizeitpark (AngelEye), im Novamare Neuendettelsau (AngelEye ) sowie im Hallenbad in Rothenburg ob der Tauber (AngelEye). 2. Wie viele Personen konnten in den letzten fünf Jahren durch diese Überwachungsanlagen gerettet werden ? Von den zu Frage 1 genannten Bädern teilte nur das Hallenbad Dinkelsbühl mit, dass am 21. März 2009 eine Person aufgrund des Überwachungssystems gerettet werden konnte. Die übrigen Bäder gaben an, dass keine Personen durch die Überwachungssysteme gerettet worden seien. Als Grund hierfür wurde teilweise angeführt, dass die Badeaufsicht Probleme frühzeitiger erkannt und schneller reagiert habe als das System. 3. Welche Verfahren für die Überwachung von Unfällen in Hallenbädern gibt es? Neben dem Einsatz von technischen Überwachungssystemen (s. dazu Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Harry Scheuenstuhl vom 28.03.2014 betreffend Überwachungssysteme für Badeunfälle in Hallenbädern (I), Frage 1. sind in einigen Hallenbädern in Bayern Über- und Unterwasserkameras installiert, deren Bilder zur Unterstützung des Aufsichtspersonals auf Monitore übertragen werden. So kann der Gefahr begegnet werden, dass es in uneinsehbaren Ecken eines Schwimmbades zu Badeunfällen kommt. 4. Mit welcher Höhe an Investitionskosten ist zu rechnen und wie fördert der Freistaat die Investitionen? Zur Höhe der Investitionskosten s. Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Harry Scheuenstuhl vom 28.03.2014 betreffend Überwachungssysteme für Badeunfälle in Hallenbädern (I), Frage 2. Zur Förderung dieser Investitionen liegen uns keine Informationen vor. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.08.2014 17/2365 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2365 5. Welche Erfahrungen von Überwachungsanlagen liegen vor und wie schätzt die Staatsregierung den Nutzen solcher Anlagen ein? Eigene Erfahrungswerte beim Einsatz von Überwachungsanlagen hat die Staatsregierung nicht. Bei der Auswertung der Rückmeldungen der Kommunen hat sich jedoch deutlich gezeigt, dass technische Überwachungssysteme stets nur als Ergänzung zur Bäderüberwachung durch Personal eingesetzt werden können. Gleichwohl stellen Überwachungssysteme eine zusätzliche Sicherungsmaßnahme dar. Oftmals haben aber auch Besucher und Badepersonal reagiert, noch bevor ein System Alarm geschlagen hatte. Der Einsatz von technischen Überwachungsanlagen birgt zudem die Gefahr, dass die Existenz des Systems Personal und Badegästen einen Grad an Sicherheit vermittelt, den das System nicht gewährleisten kann. Zuletzt hat ein Vorfall in Dinkelsbühl am 22.03.2014, bei dem die Sicherheitsanlage nicht reagierte, gezeigt, dass eine hundertprozentige Sicherheit auch durch den Einsatz eines technischen Überwachungssystems nicht gewährleistet werden kann. Bei dem Einsatz von computergestützten Bildanalysesystemen wurden von den Bädern Fehlalarme (verursacht z. B. durch Lichtspiegelungen) bemängelt, die insbesondere in der ersten Zeit nach Installation des Systems aufgetreten seien. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass es insbesondere in flachen Becken schwierig sei, zwischen stehenden Badegästen und am Boden liegenden Verunfallten zu unterscheiden . Im Fall von Kindern stelle sich das Problem, dass Kinder in der Altersklasse von drei bis zwölf Jahren teilweise ein anderes Verhalten beim Ertrinken zeigen als Erwachse- ne. Ein Kind könne mehrere Minuten unter Wasser sein und versuchen, an die Oberfläche zu gelangen. Die Detektion eines solchen Vorgangs sei schwierig, da das Kind sich bewege und gerade nicht leblos im Wasser liege. Derzeit werde versucht, die Detektionssoftware entsprechend zu ändern. Neben dem Hinweis auf die Fehleranfälligkeit der Systeme wurden als Kritikpunkt die hohen Kosten angeführt, die einige Hallenbadbetreiber davon abhalten, entsprechende Systeme zu installieren. Bäder, in denen eine (einfache) Videoüberwachung mittels Über- und Unterwasserkameras und Übermittlung der Bilder auf einen Monitor stattfindet, haben von Sichtproblemen bei aufsteigendem Wasserdampf berichtet. Zudem gebe es teilweise Beschwerden von Badegästen, die durch die Bildaufnahmen ihre Grundrechte und Privatsphäre verletzt sähen. Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz erachtet eine Videoüberwachung der Beckenanlagen in schwer einsehbaren, besonderen Gefahrenbereichen im Rahmen der Bäderaufsicht für zulässig. Dabei kann auch bereits eine abstrakte Gefahr genügen, soweit es um den Schutz hochwertiger Rechtsgüter (Leben und Gesundheit der Badegäste) geht. Dazu reicht aber eine räumlich versetzte Beobachtung (ohne Aufzeichnung) der in Frage kommenden Badebereiche aus, um die Möglichkeit eines sofortigen Eingreifens zu sichern. Die Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen der betroffenen Badegäste kann hier jedoch dazu führen, dass nur personenunscharfe Bilder erzeugt werden dürfen.