Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Susann Biedefeld SPD vom 25.07.2018 Autarkie der Veterinärämter in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie viele Veterinärämter gibt es in Bayern (bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken und Landkreisen )? b) Welchen Behörden unterstehen jeweils die Veterinärämter ? c) Welche weiteren Befugnisse haben die Behörden, denen Veterinärämter unterstehen? 2. a) In welchen Landkreisen finden regelmäßig Kontrollen von Mast- oder Schlachtbetrieben durch Veterinärämter statt? b) Zu welchem Ergebnis kamen die Kontrollen der Veterinärämter in den letzten fünf Jahren? c) Gab es Ungereimtheiten bei den Kontrollen? 3. a) Inwieweit waren in den letzten fünf Jahren Personenüberschneidungen zwischen Mast- oder Schlachtbetrieben in den Landkreisen und politischen Würdenträgern bekannt? b) Wie hat diese Verquickung die Arbeit der Veterinärämter beeinflusst? c) Wie kann dennoch die Unabhängigkeit von Kontrollen durch die Veterinärämter sichergestellt werden? 4. a) Wie steht die Staatsregierung zu der Forderung, dass Veterinärämter von Landratsämtern und anderen politisch beeinflussbaren Organen abgekoppelt werden sollten? b) Liegen der Staatsregierung Studien oder Belege (aus anderen Bundesländern oder aus dem Ausland) vor, die die Autarkie von Veterinärämtern im Zusammenhang mit der Qualität der Kontrollen untersuchen? c) Wie würde sich eine Unabhängigkeit der Veterinärämter von politischen Organen (z. B. Landratsämter) in Bayern konkret bemerkbar machen? 5. a) Welche Gründe gibt es für die Staatsregierung an der derzeitigen Struktur der Veterinärämter festzuhalten? b) Welche Gründe sprächen aus Sicht der Staatsregierung für eine Herauslösung der Veterinärämter aus den derzeitigen Behörden und demzufolge deren Autarkie ? c) Wie kann die Staatsregierung garantieren, dass bei der derzeitigen Struktur Tierwohl und Verbraucherschutz zuverlässig (im Zweifel auch gegen die Interessen des Landkreises oder der Kommune) durch die Veterinärämter durchgesetzt werden? 6. a) Wie sind Veterinärämter finanziell und personell ausgestattet (bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken und Landkreisen)? b) Wie oft werden im Schnitt Mast- und Schlachtbetriebe durch Veterinärämter kontrolliert (bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken und Landkreisen)? c) Sieht die Staatsregierung bei der Häufigkeit der Kontrollen Handlungsbedarf im Interesse von Tierwohl und Verbraucherschutz? 7. a) Wie viele angekündigte und unangekündigte Kon trollen wurden bei Mast- und Schlachtbetrieben durch Veterinärämter in den letzten fünf Jahren durchgeführt (bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken und Landkreisen)? b) Wie viele dieser unangekündigten Kontrollen wurden an die jeweiligen Betriebe „durchgestochen“? c) Bei wie vielen „durchgestochenen“ unangekündigten Kontrollen gab es eine Verbindung zwischen öffentlichen Behörden und der Leitung des zu kontrollierenden Betriebs? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucher schutz vom 30.08.2018 1. a) Wie viele Veterinärämter gibt es in Bayern (bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken und Landkreisen)? In Bayern gibt es 71 staatliche und 14 kommunale Veterinärämter . Die Aufschlüsselung nach Regierungsbezirken stellt sich wie folgt dar: Regierungsbezirk Anzahl Veterinäramt Mittelfranken 10 Landratsamt Ansbach Landratsamt Erlangen-Höchstadt Stadt Erlangen Landratsamt Fürth Stadt Fürth Landratsamt Neustadt a. d. Aisch- Bad Windsheim Landratsamt Nürnberger Land Stadt Nürnberg Landratsamt Roth Landratsamt Weißenburg- Gunzenhausen Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www . bayern . landtag . de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www . bayern . landtag . de – Aktuelles / Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 19.11.2018 Drucksache 17/23654 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23654 Regierungsbezirk Anzahl Veterinäramt Niederbayern 10 Landratsamt Deggendorf Landratsamt Dingolfing-Landau Landratsamt Freyung-Grafenau Landratsamt Kelheim Landratsamt Landshut Landratsamt Passau Landratsamt Regen Landratsamt Rottal-Inn Stadt Straubing Landratsamt Straubing-Bogen Oberbayern 22 Landratsamt Altötting Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen Landratsamt Berchtesgadener Land Landratsamt Dachau Landratsamt Ebersberg Landratsamt Eichstätt Landratsamt Erding Landratsamt Freising Landratsamt Fürstenfeldbruck Landratsamt Garmisch-Partenkirchen Stadt Ingolstadt Landratsamt Landsberg am Lech Landratsamt Miesbach Landratsamt Mühldorf am Inn Landratsamt München Stadt München Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen Landratsamt Pfaffenhofen a. d. Ilm Landratsamt Rosenheim Landratsamt Starnberg Landratsamt Traunstein Landratsamt Weilheim-Schongau Oberpfalz 9 Landratsamt Amberg-Sulzbach Landratsamt Cham Landratsamt Neumarkt i. d. Opf. Landratsamt Neustadt a. d. Waldnaab Stadt Regensburg Oberpfalz (Fortsetzung) Landratsamt Regensburg Landratsamt Schwandorf Landratsamt Tirschenreuth Stadt Weiden i. d.Opf. Regierungsbezirk Anzahl Veterinäramt Oberfranken 12 Landratsamt Bamberg Stadt Bamberg Landratsamt Bayreuth Stadt Bayreuth Landratsamt Coburg Landratsamt Forchheim Landratsamt Hof Stadt Hof Landratsamt Kronach Landratsamt Kulmbach Landratsamt Lichtenfels Landratsamt Wunsiedel im Fichtelgebirge Schwaben 12 Landratsamt Aichach-Friedberg Landratsamt Augsburg Stadt Augsburg Landratsamt Dillingen a. d. Donau Landratsamt Donau-Ries Landratsamt Günzburg Landratsamt Lindau (Bodensee) Stadt Memmingen Landratsamt Neu-Ulm Landratsamt Oberallgäu Landratsamt Ostallgäu Landratsamt Unterallgäu Unterfranken 10 Landratsamt Aschaffenburg Landratsamt Bad Kissingen Landratsamt Haßberge Landratsamt Kitzingen Landratsamt Main-Spessart Landratsamt Miltenberg Landratsamt Rhön-Grabfeld Landratsamt Schweinfurt Landratsamt Würzburg Stadt Würzburg b) Welchen Behörden unterstehen jeweils die Veteri närämter? Die Veterinärämter sind Teil der Kreisverwaltungsbehörden (Landratsämter, kreisfreie Gemeinden) und unterstehen grundsätzlich den Regierungen. c) Welche weiteren Befugnisse haben die Behörden, denen Veterinärämter unterstehen? Die einzelnen Zuständigkeiten der Regierungen im Veterinärund Lebensmittelrecht ergeben sich aus der Verordnung über den gesundheitlichen Verbraucherschutz (GesVSV). Drucksache 17/23654 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Als Fachaufsichtsbehörden obliegt den Regierungen die Aufsicht über die rechtmäßige und zweckmäßige Wahrnehmung der staatlichen Aufgaben. Die Aufsichtsfunktion umfasst sowohl Unterstützung und Anleitung der nachgeordneten Behörden wie Informations- und Weisungsbefugnis. 2. a) In welchen Landkreisen finden regelmäßig Kontrol len von Mast oder Schlachtbetrieben durch Veteri närämter statt? Mast- und Schlachtbetriebe gibt es in allen Landkreisen Bay erns. Sie unterliegen der veterinär- und lebensmittelrechtlichen Überwachung durch die zuständigen Behörden und werden risikoorientiert kontrolliert. b) Zu welchem Ergebnis kamen die Kontrollen der Veterinärämter in den letzten fünf Jahren? Eine pauschale Aussage zum Ergebnis von Kontrollen, die sich auf unterschiedliche Rechtsbereiche erstrecken, ist nicht möglich. c) Gab es Ungereimtheiten bei den Kontrollen? Die Kontrollen werden von den zuständigen Behörden durchgeführt. Über die Ergebnisse wird keine landesweite Statistik geführt. 3. a) Inwieweit waren in den letzten fünf Jahren Per sonenüberschneidungen zwischen Mast oder Schlachtbetrieben in den Landkreisen und politi schen Würdenträgern bekannt? b) Wie hat diese Verquickung die Arbeit der Veterinär ämter beeinflusst? c) Wie kann dennoch die Unabhängigkeit von Kon trollen durch die Veterinärämter sichergestellt wer den? Dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) liegen keine Informationen zu Personenüberschneidungen zwischen Mast- oder Schlachtbetrieben in den Landkreisen und politischen Würdenträgern in den letzten fünf Jahren vor. Auf die Vorschriften zur Vermeidung von Interessenkonflikten insbesondere in Art. 20 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG), Art. 49 Gemeindeordnung (GO) und Art. 43 Landkreisordnung (LkrO) sowie die Fachaufsicht der Regierungen über die Landratsämter und kreisfreien Gemeinden als Kreisverwaltungsbehörden wird verwiesen. 4. a) Wie steht die Staatsregierung zu der Forderung, dass Veterinärämter von Landratsämtern und an deren politisch beeinflussbaren Organen abge koppelt werden sollten? b) Liegen der Staatsregierung Studien oder Belege (aus anderen Bundesländern oder aus dem Aus land) vor, die die Autarkie von Veterinärämtern im Zusammenhang mit der Qualität der Kontrollen un tersuchen? c) Wie würde sich eine Unabhängigkeit der Veterinär ämter von politischen Organen (z. B. Landratsäm ter) in Bayern konkret bemerkbar machen? 5. a) Welche Gründe gibt es für die Staatsregierung an der derzeitigen Struktur der Veterinärämter festzu halten? b) Welche Gründe sprächen aus Sicht der Staatsre gierung für eine Herauslösung der Veterinärämter aus den derzeitigen Behörden und demzufolge de ren Autarkie? Die Integration der Veterinärämter in die Landratsämter hat sich in Bayern bewährt. Mit Errichtung der neuen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) wurde die Struktur der Lebensmittel- und Veterinärüberwachung in Bayern weiter optimiert und an die neuen Herausforderungen angepasst. Eine Herauslösung der Veterinärämter aus den Landratsämtern und die Schaffung von 71 eigenständigen Veterinärämtern hätten Synergieverluste und strukturellen Mehrbedarf zur Folge. Studien, wie in Frage 4 b angesprochen, liegen dem StMUV nicht vor. c) Wie kann die Staatsregierung garantieren, dass bei der derzeitigen Struktur Tierwohl und Verbrau cherschutz zuverlässig (im Zweifel auch gegen die Interessen des Landkreises oder der Kommune) durch die Veterinärämter durchgesetzt werden? Das Aufeinandertreffen von kommunalen und staatlichen Aufgaben in einer Behörde (Landratsamt, kreisfreie Stadt) ist keine Besonderheit des amtlichen Veterinärwesens und der Lebensmittelüberwachung. Der Sicherung rechtmäßiger staatlicher Kontrolltätigkeit dienen insbesondere die allgemeinen Vorschriften zur Vermeidung von Interessenkonflikten in Art. 20 BayVwVfG sowie die Fachaufsicht der Regierungen über die Landratsämter und kreisfreien Gemeinden als Kreisverwaltungsbehörden. 6. a) Wie sind Veterinärämter finanziell und personell ausgestattet (bitte aufgeschlüsselt nach Regie rungsbezirken und Landkreisen)? Die 71 Landkreise als Sachaufwandsträger des staatlichen Landratsamts stellen gemäß Art. 53 Abs. 2 LKrO die zur Erledigung der staatlichen Aufgaben erforderlichen Einrichtungen zur Verfügung. Nach der hierzu ergangenen Verordnung entspricht dies dem Verwaltungsaufwand für die Erledigung der Aufgaben des Landratsamts als Staatsbehörde. Darunter sind die persönlichen und sächlichen Verwaltungskosten (Personal- und Sachaufwand) zu verstehen. Nicht zu tragen haben die Landkreise die Kosten für den Aufwand von Fachpersonal (insbesondere Amtstierärzte). Dieses wird den Landratsämtern vom Freistaat Bayern zugewiesen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 der Verordnung zu Art. 53 Abs. 2 LKrO; Art. 37 Abs. 3 LKrO). Die 14 kreisfreien Städte mit eigenem Veterinäramt erfüllen diese Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis als Auf gaben, die sonst vom Landratsamt als der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahrzunehmen sind (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 GO) und tragen den Verwaltungsaufwand (Personal- und Sachaufwand) hierfür. Im Bereich der elf kreisfreien Städte ohne eigenes Veterinäramt werden eine Reihe von Aufgaben des amtlichen Veterinärwesens vom „benachbarten“ Landratsamt erfüllt (§ 10 GesVSV). Landkreise und kreisfreie Städte erhalten u. a. für die Erfüllung der Aufgaben im Bereich Veterinärwesen pauschale Zuweisungen nach Maßgabe des Art. 9 Abs. 3 Bayerisches Finanzausgleichsgesetz (BayFAG). Kreisfreie Städte mit eigenem Veterinäramt erhalten zudem einen Ausgleich zur Abgeltung der Personalkosten gemäß Art. 9 Abs. 4 BayFAG. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23654 An den Landratsämtern und in kreisfreien Städten stellt sich die personelle Sollausstattung der Amtstierärzte aufgeteilt nach Regierungsbezirken zum 01.01.2018 folgendermaßen dar: Oberbayern 95,75 Niederbayern 39,5 Oberpfalz 31,2 Oberfranken 35,0 Mittelfranken 37,5 Unterfranken 31,0 Schwaben 48,9 b) Wie oft werden im Schnitt Mast und Schlachtbe triebe durch Veterinärämter kontrolliert (bitte auf geschlüsselt nach Regierungsbezirken und Land kreisen)? Mastbetriebe werden von den zuständigen Behörden anlassbezogen kontrolliert sowie risikoorientiert für Cross- Compliance-Kontrollen ausgewählt. Eine pauschale Aus - sage zur durchschnittlichen Kontrollfrequenz von Mastbetrieben ist deshalb nicht möglich. In Schlachthöfen ist zwischen den Aufgaben der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung und den weiteren Kontrollen, insbesondere Hygienekontrollen, zu unterscheiden : In Schlachthöfen ist der amtliche Tierarzt gemäß Anh. I Abschn . III Kap. II Nr. 1 Buchst. a Verordnung – VO – (EG) Nr. 854/2004 während der gesamten Dauer der Schlachttier - und Fleischuntersuchung anwesend. Ausnahmen sind in Anh. I Abschn. III Kap. II Nr. 2 VO (EG) Nr. 854/2004 genannt . Des Weiteren werden Schlachthöfe wie andere Lebensmittelbetriebe gem. § 6 i. V. m. Anl. 1 Allgemeine Verwaltungsvorschrift Rahmen-Überwachung (AVV Rüb) risikoorientiert kontrolliert. c) Sieht die Staatsregierung bei der Häufigkeit der Kontrollen Handlungsbedarf im Interesse von Tier wohl und Verbraucherschutz? Amtliche Kontrollen durch die Veterinärämter finden anlassbezogen und systematisch aufgrund gesetzlicher Vorgaben statt. Systematische Kontrollen werden risikoorientiert bzw. nach rechtlich vorgeschriebenen Mindestkontrollvorgaben durchgeführt. 7. a) Wie viele angekündigte und unangekündigte Kon trollen wurden bei Mast und Schlachtbetrieben durch Veterinärämter in den letzten fünf Jahren durchgeführt (bitte aufgeschlüsselt nach Regie rungsbezirken und Landkreisen)? Kontrollen werden grundsätzlich unangekündigt durchgeführt . Bei der Schlachttier- und Fleischuntersuchung ist dem Lebensmittelunternehmer die Anwesenheit des Kontrollpersonals bekannt. Zur Zahl der Kontrollen von Schlachthöfen wird u. a. auf die Antworten zu den Schriftlichen Anfragen des Abgeordneten Benno Zierer (FREIE WÄHLER) „Verstöße gegen Tierschutzrecht in Schlachtbetrieben“ (Drs. 17/16275) und des Abgeordneten Herbert Woerlein (SPD) „Kontrollen an Schlacht höfen in Bayern“ (Drs. 17/10722) verwiesen. b) Wie viele dieser unangekündigten Kontrollen wur den an die jeweiligen Betriebe „durchgestochen“? Dem StMUV sind keine diesbezüglichen Fälle bekannt. c) Bei wie vielen „durchgestochenen“ unangekün digten Kontrollen gab es eine Verbindung zwi schen öffentlichen Behörden und der Leitung des zu kontrollierenden Betriebs? Es wird auf die Antwort zu Frage 7 b verwiesen.