Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kathrin Sonnenholzner SPD vom 25.06.2018 Fachärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie viele Ärztinnen und Ärzte arbeiten in den baye rischen Gesundheitsämtern (bitte pro Jahr seit 2010 angeben)? b) Wie viele fachärztliche Abschlüsse gibt es jährlich seit 2010 im Fachgebiet Öffentliches Gesundheitswesen? 2. a) Wie ist das Durchschnittsalter bei Ärztinnen und Ärz ten im Fachgebiet Öffentliches Gesundheitswesen (bitte pro Jahr seit 2010)? b) Wie viele Stellen müssen in den nächsten zehn Jahren altersbedingt nachbesetzt werden? c) Wie lange sind die Stellen im Durchschnitt nicht be setzt? 3. Wie bewertet die Staatsregierung die Personalsitua tion im Öffentlichen Gesundheitsdienst? 4. a) Sieht die Staatsregierung einen Nachwuchsmangel im Öffentlichen Gesundheitsdienst in Bayern? b) Wenn ja, welche Ursachen sind nach Meinung der Staatsregierung hierfür zu nennen? c) Welchen politischen Handlungsbedarf sieht die Staats regierung in diesem Zusammenhang? 5. a) Wie bewertet die Staatsregierung die Möglichkeit der Ableistung von Famulaturen und Teilen des Prakti schen Jahres während des Medizinstudiums in Ge sundheitsämtern zur Nachwuchsgewinnung? b) Gibt es diese Möglichkeit für Medizinstudentinnen und Medizinstudenten an bayerischen Gesundheitsäm tern? c) Wenn nein, mit welcher Begründung? 6. a) Wie beurteilt die Staatsregierung den Ausbau der in terdisziplinär angelegten PublicHealthStudiengänge und eine stärkere Verankerung der PublicHealth Lehrinhalte im Medizinstudium zur Gewinnung von Fachkräften für den Öffentlichen Gesundheitsdienst? b) Inwieweit sind entsprechende Ansätze an bayerischen Hochschulen bereits erfolgt? 7. Wie bewertet die Staatsregierung die Einrichtung von Lehrstühlen für Öffentliches Gesundheitswesen zur Nachwuchsgewinnung? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 05.09.2018 1. a) Wie viele Ärztinnen und Ärzte arbeiten in den baye rischen Gesundheitsämtern (bitte pro Jahr seit 2010 angeben)? Die angefragten Zahlen können der folgenden Tabelle ent nommen werden. 2010 260 2011 261 2012 259 2013 252 2014 264 2015 269 2016 278 2017 331 2018 338 b) Wie viele fachärztliche Abschlüsse gibt es jährlich seit 2010 im Fachgebiet Öffentliches Gesundheits wesen? Die angefragten Zahlen können der folgenden Tabelle ent nommen werden. Hinweis: Es sind die erfolgreichen Absolventen des jeweiligen Amts arztlehrgangs genannt. 2010 15 2011 12 2012 8 2013 8 2014 13 2015 14 2016 16 2017 24 2018 31 Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www . bayern . landtag . de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www . bayern . landtag . de – Aktuelles / Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 19.11.2018 Drucksache 17/23676 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23676 2. a) Wie ist das Durchschnittsalter bei Ärztinnen und Ärzten im Fachgebiet Öffentliches Gesundheits wesen (bitte pro Jahr seit 2010)? Die angefragten Zahlen können der folgenden Tabelle ent nommen werden. 2010 50,58 2011 50,62 2012 51,16 2013 51,80 2014 50,63 2015 51,15 2016 50,96 2017 49,81 2018 49,50 b) Wie viele Stellen müssen in den nächsten zehn Jahren altersbedingt nachbesetzt werden? In den nächsten zehn Jahren müssen voraussichtlich 109 Stellen nachbesetzt werden. c) Wie lange sind die Stellen im Durchschnitt nicht besetzt? Zu dieser Frage werden keine Statistiken geführt. Grund sätzlich wird angestrebt, Stellen, deren Amtsinhaber alters bedingt (also planbar) ausscheiden, übergangsfrei nachzu besetzen. 3. Wie bewertet die Staatsregierung die Personalsitua tion im Öffentlichen Gesundheitsdienst? Die meisten staatlichen Gesundheitsämter sind zufrieden stellend besetzt. Freie Stellen oder Stellenanteile bestehen dort überwiegend nur wegen Personalabgängen, die noch nicht nachbesetzt werden konnten oder durch freie „kleine“ Stellenanteile an einzelnen Gesundheitsämtern, die wegen des damit verbundenen geringen Arbeitszeitanteils sehr schwer zu besetzen sind. Darüber hinaus halten fast alle Regierungen in geringem Umfang Stellenreserven vor, um Arbeitszeitänderungen von Teilzeitbeschäftigten und nicht planbaren Ereignissen begegnen zu können. Einige wenige Gesundheitsämter sind demgegenüber noch nicht ausreichend besetzt. Betroffen sind vor allem sol che Gesundheitsämter, die nicht im näheren Umkreis von Ballungsgebieten liegen. 4. a) Sieht die Staatsregierung einen Nachwuchsman gel im Öffentlichen Gesundheitsdienst in Bayern? Die Staatsregierung sieht in allen ärztlichen Bereichen, also auch bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten an Kran kenhäusern – besonders außerhalb der Ballungsgebiete – einen Nachwuchsmangel. Wie in der Antwort zu Frage 3 dargestellt, betrifft dieser auch die bayerischen staatlichen Gesundheitsämter. Ein signifikant darüber hinausgehender Nachwuchsmangel an Ärzten für den Öffentlichen Gesund heitsdienst ist nicht erkennbar. b) Wenn ja, welche Ursachen sind nach Meinung der Staatsregierung hierfür zu nennen? Seit einigen Jahren treten auch im Öffentlichen Gesund heitsdienst die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhe stand. Dieser Trend wird noch einige Zeit anhalten. c) Welchen politischen Handlungsbedarf sieht die Staatsregierung in diesem Zusammenhang? Die Staatsregierung hat das Stipendienprogramm für Me dizinstudenten, die sich verpflichten, nach der ärztlichen Ausbildung im ländlichen Bereich als niedergelassener Arzt/ niedergelassene Ärztin tätig zu werden, ins Leben gerufen, um dem Nachwuchsmangel entgegenzuwirken. Dieses Pro gramm wurde dahin gehend ausgeweitet, dass die Rück zahlungsverpflichtung für die Fördergelder auch dann ent fällt, wenn der betreffende Arzt/die betreffende Ärztin eine Tätigkeit im Öffentlichen Gesundheitsdienst aufnimmt. 5. a) Wie bewertet die Staatsregierung die Möglichkeit der Ableistung von Famulaturen und Teilen des Praktischen Jahres während des Medizinstudiums in Gesundheitsämtern zur Nachwuchsgewinnung? Die Fortbildung zur Amtsärztin bzw. zum Amtsarzt erfolgt regelmäßig erst nach der Einstellung in einer Behörde des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Da die Möglichkeit der Ableistung von Famulaturen und Teilen des Praktischen Jahres zweifellos den Bekanntheitsgrad des sehr interes santen Tätigkeitsgebiets im Bereich des öffentlichen Ge sundheitswesens erhöhen würde, könnte dies zu einer Er höhung der Bewerberzahlen beitragen und wird daher von der Staatsregierung befürwortet. b) Gibt es diese Möglichkeit für Medizinstudentinnen und Medizinstudenten an bayerischen Gesund heitsämtern? Diese Möglichkeit gibt es an bayerischen Gesundheits ämtern für bayerische Medizinstudenten bisher nicht. c) Wenn nein, mit welcher Begründung? Aufgrund der unklaren Rechtslage besteht derzeit für baye rische Medizinstudenten keine Möglichkeit, Famulaturen oder Teile des Praktischen Jahres während des Medizinstu diums an den bayerischen Gesundheitsämtern abzuleisten. Voraussetzung hierfür wäre eine Anpassung der Appro bationsordnung für Ärzte. Bayern unterstützt den Beschluss zu TOP 4 „Perspektiven zur Stärkung des Öffentlichen Ge sundheitsdienstes“ der 89. Gesundheitsministerkonferenz, in dem der Bund aufgefordert wurde, eine klarstellende Änderung der Approbationsordnung vorzunehmen, damit Medizinstudierende die Möglichkeit haben, den Öffentli chen Gesundheitsdienst praktisch kennenzulernen. Eine Möglichkeit der Ableistung von Famulaturen und Teilen des Praktischen Jahres während des Medizinstudiums ist aus fachlicher Sicht sinnvoll. Auch die länderoffene Arbeitsgemeinschaft „Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdiensts“ hat das Bundesminis terium für Gesundheit hierzu bereits angeschrieben. Der Öffentliche Gesundheitsdienst sollte explizit in den Katalog der geeigneten Ausbildungsstellen in § 3 (Praktisches Jahr) bzw. § 7 (Famulatur) Approbationsordnung für Ärzte aufge nommen werden. Drucksache 17/23676 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 6. a) Wie beurteilt die Staatsregierung den Ausbau der interdisziplinär angelegten PublicHealth Studiengänge und eine stärkere Verankerung der PublicHealthLehrinhalte im Medizinstudium zur Gewinnung von Fachkräften für den Öffentlichen Gesundheitsdienst? Im Rahmen der 89. Gesundheitsministerkonferenz hat sich Bayern für eine stärkere strukturelle Verankerung des The menschwerpunkts „Öffentliche Gesundheit“ an geeigneten Hochschulen ausgesprochen. Die Inhalte der PublicHealthStudiengänge haben für die Arbeit an den Gesundheitsämtern eine zunehmende Be deutung. Aus dem Ausbau und der stärkeren Verankerung dieser Lehrinhalte im Medizinstudium könnten sich positive Effekte für die Gewinnung von Fachkräften für den Öffentli chen Gesundheitsdienst ergeben. b) Inwieweit sind entsprechende Ansätze an bayeri schen Hochschulen bereits erfolgt? Seit 2008 haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Amtsarztlehrgangs die Möglichkeit, in Verbindung mit dem Lehrgang auch den Master of Public Health (MPH) mit der Spezialisierung Health Administration und Management (HAM), in Zusammenarbeit mit der LudwigMaximilians Universität (LMU) München zu erwerben. Das Studium vermittelt über den Amtsarztlehrgang hinaus theoretische Grundlagen, praktische Fähigkeiten und Kom petenzen für Aufgaben im Bereich der Gesundheitswissen schaften, des Gesundheitswesens und der Bevölkerungs medizin in Forschung, Bildung, Management, Verwaltung, Politik und Industrie. Damit werden die Ärztinnen und Ärzte auf einen Einsatz z. B. in folgenden Einrichtungen vorberei tet: Gesundheitsämter und Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens/Selbstverwaltung, Landes, Bundes ämter, wie denen für Strahlenschutz oder Risikobewertung, Internationale Organisationen. Einzelne Module des PublicHealthStudiengangs sind – in Kooperation mit der LMU München – bereits in den Amtsarztlehrgang integriert. Darüber hinaus wird allen Teil nehmern und Teilnehmerinnen des Amtsarztlehrgangs an geboten, den vollständigen Studiengang zu absolvieren. Die Kosten dafür werden vom Staatsministerium für Gesundheit und Pflege getragen. 7. Wie bewertet die Staatsregierung die Einrichtung von Lehrstühlen für Öffentliches Gesundheitswe sen zur Nachwuchsgewinnung? Derzeit wird an der FriedrichAlexanderUniversität Er langenNürnberg in Kooperation mit dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ein Lehrstuhl für Öffentliches Gesundheitswesen eingerichtet. Dies hat vor rangig das Ziel, Forschung und Lehre in diesem wichtigen Bereich zu fördern. Es ist davon auszugehen, dass sich hier aus auch positive Auswirkungen auf die Nachwuchsge winnung ergeben.