Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian von Brunn SPD vom 01.08.2018 Auwald in Benediktbeuern wiederherstellen – Hochwasserschutz gewährleisten Durch einen Bürgerentscheid wurde kürzlich beschlossen, den Lainbachwald in Benediktbeuern zu erhalten. Damit bleibt der Lainbachwald in seiner jetzigen Form erhalten, das geplante Gewerbegebiet wird nicht ausgebaut. Der Lainbachwald kann damit weiterhin uneingeschränkt seine Verbundfunktion zwischen Bergen und Kochelsee-Loisach- Moor erfüllen. Nach der jüngsten Kartierung im Herbst 2017 ist der Biotopschutz des Lainbachwaldes aufgehoben worden. Es ist davon auszugehen, dass der hochwassersichere Ausbau des Lainbachs wesentlich zum Verlust des Auwaldcharakters beigetragen hat. Wiederkehrende Überschwemmungen bleiben hier jetzt aus. Auenwälder bieten zahlreiche unterschiedliche Lebensräume, viele bedrohte Pflanzen- und Tierarten und haben deshalb eine große Bedeutung für den Naturschutz. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. Welche Möglichkeiten gibt es nach Einschätzung der Staatsregierung, um den Lainbachwald zu renaturieren ohne den Hochwasserschutz der Gemeinde zu beeinträchtigen? 2. Durch welche entsprechenden Schritte könnte der Auwaldcharakter auf den Flächen am Lainbach wiederhergestellt werden? 3. a) Gibt es Beispiele in Bayern, bei denen sich ein erfolgreiches Zusammenspiel aus Naturschutz durch Auenwälder und Hochwasserschutzmaßnahmen gezeigt hat? b) Wenn ja, welche? 4. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung vor Ort, um ein besseres Zusammenspiel von Hochwasserschutz und Naturschutz zu ermöglichen? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 04.09.2018 Vorbemerkung: Für die Frage, ob eine Fläche dem gesetzlichen Biotopschutz unterliegt, ist nicht die Biotopkartierung maßgeblich. Diese hat lediglich deklaratorischen Charakter. Entscheidend ist vielmehr, ob bezogen auf ein konkretes Biotop tatsächlich die jeweiligen für den gesetzlichen Biotopschutz maßgeblichen gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Diese bestimmen sich nach den maßgeblichen naturschutzfachlichen Kartieranleitungen und Bestimmungsschlüsseln . Bezogen auf Auwälder sind nach den aktuellen Kartierschlüsseln insbesondere die Baumartenzusammensetzung und die Überschwemmungshäufigkeit wesentliche Kriterien für die Einstufung. 1. Welche Möglichkeiten gibt es nach Einschätzung der Staatsregierung, um den Lainbachwald zu renaturieren ohne den Hochwasserschutz der Gemeinde zu beeinträchtigen? Der Schutz der Menschen vor Hochwassergefahren ist eine zentrale staatliche Aufgabe. Die Herstellung eines natürlichen oder naturnahen Zustands ist entsprechend den Bewertungen der zuständigen Behörden vor Ort nicht möglich, da die jetzige Waldzusammensetzung durch den vor 1990 viele Jahrzehnte alten Verbau überprägt ist. Nach einer Karte des Wasserwirtschaftsamtes Weilheim war der Lainbachwald selbst beim Hochwasser 1990 nicht überflutet. 2. Durch welche entsprechenden Schritte könnte der Auwaldcharakter auf den Flächen am Lainbach wiederhergestellt werden? Ein mehr oder weniger regelmäßig überfluteter Auwald ist hier unter den Vorgaben des Hochwasserschutzes nicht möglich. Möglich wäre jedoch grundsätzlich die Entwicklung eines laubholzreichen Waldes durch Zurücknahme der Fichte zugunsten von Esche, Bergahorn, frühblühender Traubenkirsche, Flatterulme, Stieleiche usw. Die zukünftige Bewirtschaftung könnte auf die Förderung oder den Erhalt des Laubholzanteils ausgelegt sein. Teile des Waldes entlang des Lainbachs im Siedlungsbereich zwischen Bundesstraße und Bahnlinie weisen schon jetzt einen relativ hohen Laubholzanteil auf. Weitere Maßnahmen könnten das Belassen von Totholz (stehend oder liegend) außerhalb des Abflussquerschnittes und der Erhalt von Biotopbäumen (lebende Bäume mit Höhlen, Anrissen, Faulstellen etc.) sein, welche für die Artenvielfalt in Wäldern von großer Bedeutung sind. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www . bayern . landtag . de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www . bayern . landtag . de – Aktuelles / Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 19.11.2018 Drucksache 17/23692 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23692 3. a) Gibt es Beispiele in Bayern, bei denen sich ein erfolgreiches Zusammenspiel aus Naturschutz durch Auenwälder und Hochwasserschutzmaßnahmen gezeigt hat? Ja. Im Zuge der Planung von Hochwasserschutzmaßnahmen werden Naturschutzbelange entsprechend ihrer fachlichen Wertigkeit berücksichtigt und einzelfallbezogen im Rahmen der jeweiligen Planungen bzw. Verfahren geprüft. Dem Erhalt und – wenn möglich – einer Aufwertung von Auwäldern kommt dabei besondere Bedeutung zu. b) Wenn ja, welche? In Bayern existieren mehrere Beispiele für entsprechende Projekte. Für Oberbayern können beispielsweise folgende Vorhaben genannt werden, bei denen Hochwasserschutz unter Einbeziehung einer Auwaldaufwertung umgesetzt wurde bzw. wird: – Isar − Isarplan, – Isar – Isar 2020, – Salzach – Deichrückverlegung Fridolfing, – Saalach – Hochwasserschutz (HWS) Freilassing. Im Wesentlichen werden dabei durch Deichrückverlegungen Auwaldbereiche wieder an die natürliche Überschwemmungsdynamik des Gewässers angebunden und eine natürliche bzw. naturnahe Entwicklung des Auwaldes ermöglicht. 4. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung vor Ort, um ein besseres Zusammenspiel von Hochwasserschutz und Naturschutz zu ermöglichen ? Im Zuge der Planung und Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen werden alle Umweltbelange berücksichtigt und im Rahmen der jeweiligen Verfahren die verschiedenen Zielsetzungen bestmöglich aufeinander abgestimmt. Angesichts des potenziellen Risikos, das der murfähige Lainbach darstellt, wurde seinerzeit bei der konkret angesprochenen Maßnahme die Sicherheit von Infrastruktur und Menschenleben vorangestellt. Auch damals war der Bach schon auf der gesamten Länge bis in die Quellgebiete hinein ausgebaut. Dieser Ausbau hatte sich bei dem Ereignis 1990 als nicht ausreichend gezeigt. Deshalb wurden damals das Bachbett deutlich verbreitert, die Deiche angepasst und der Wildholzrechen gebaut. Der verbliebene Wald ist im Wesentlichen unangetastet bestehen geblieben.