Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Christian Magerl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 30.07.2018 Nachtflugregelung am Flughafen München – Ausnahme genehmigungen Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele Ausnahmegenehmigungen von der Nachtflugregelung am Flughafen München wurden in den letzten zehn Jahren beantragt (Angaben aufgeschlüsselt nach Jahren)? 2. Wie wurden diese Anträge begründet (Angaben prozentual aufgeschlüsselt nach Jahren)? 3. Wie viele dieser Anträge wurden genehmigt (Angaben aufgeschlüsselt nach Jahren)? 4. Aus welchen Gründen wurden diese Anträge genehmigt (Angaben aufgeschlüsselt nach Jahren)? 5. Aus welchen Gründen wurden die übrigen Anträge abgelehnt (Angaben aufgeschlüsselt nach Jahren)? 6. Welche Änderungen hinsichtlich der jeweiligen Startbzw . Landezeit ergaben sich durch die erteilten Genehmigungen ? Antwort des Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr vom 02.09.2018 1. Wie viele Ausnahmegenehmigungen von der Nachtflugregelung am Flughafen München wur den in den letzten zehn Jahren beantragt (Anga ben aufgeschlüsselt nach Jahren)? 2013* 2014 2015 2016 2017 2018** Anträge 85 446 521 716 925 694 * Zeitraum vom 01.10.2013 bis 31.12.2013 ** Zeitraum vom 01.01.2018 bis 30.06.2018 Eine Auswertung der beantragten Ausnahmegenehmigungen von der Nachtflugregelung konnte erst für Vorgänge ab dem 01.10.2013 durchgeführt werden. Hier erfolgte die Einführung eines EDV-Systems (EDV = elektronische Datenverarbeitung ) zur datenmäßigen Erfassung und Bearbeitung dieser Anträge. Vor diesem Zeitpunkt liegen diese Daten nicht vor bzw. ihre Auswertung wäre nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand möglich. Bei den vorgenannten Zahlen ist zu berücksichtigen, dass oftmals für einen Flug auch zwei oder mehr Anträge gestellt wurden. Dies kommt vor, z. B. wenn sich im Fall eines technischen Problems am Luftfahrzeug und notwendig gewordener Überprüfung einer Fehleranzeige bzw. Reparatur oder auch unklarer Zuteilung eines sog. Slots durch die Flugsicherungsstelle herausstellte, dass die erste beantragte und genehmigte Änderung der Start- oder Landezeit tatsächlich doch nicht ausreichend bemessen war; eine solch erneute zeitliche Verzögerung des Fluges hatte ggf. einen zweiten oder weiteren Antrag auf Ausnahmegenehmigung zur Folge . Diese Folgeanträge konnten dann entweder genehmigt oder aber auch abgelehnt worden sein. Eine statistische Bereinigung dieser Mehrfachanträge war im Hinblick auf die Problematik von evtl. gegensätzlichen Entscheidungen für mehrere Anträge zu einem Flug nicht möglich bzw. hätte zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand geführt. Das ansteigende Antragsaufkommen ist auf ein insgesamt im Laufe der Jahre gesteigertes Flugaufkommen, eine Verknappung der bodenseitigen (Startbahnkapazität) und luftseitigen (Flugsicherung) Ressourcen und zunehmende Wetterphänomene zurückzuführen, die verstärkt zu Verspätungen in den nachtflugbeschränkten Zeitraum ab 22.00 Uhr hinein führten. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www . bayern . landtag . de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www . bayern . landtag . de – Aktuelles / Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 19.11.2018 Drucksache 17/23700 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23700 2. Wie wurden diese Anträge begründet (Angaben prozentual aufgeschlüsselt nach Jahren)? 2013* 2014 2015 2016 2017 2018** Wetter (z. B. Gewitter , Schnee) 9 % 20 % 19 % 26 % 29 % 41 % Probleme bei der Flugsicherung 7 % 4 % 7 % 6 % 12 % 19 % Technische Probleme Luftfahrzeug 25 % 21 % 19 % 18 % 19 % 12 % Umlaufprobleme des Luftfahrzeugs + sonstige Gründe im Luftverkehr*** 18 % 22 % 21 % 21 % 21 % 11 % Sonstiges öffentliches Interesse**** 41 % 33 % 34 % 29 % 21 % 17 % * Zeitraum vom 01.10.2013 bis 31.12.2013 ** Zeitraum vom 01.01.2018 bis 30.06.2018 *** Flüge, bei denen eine klare Zuordnung zu den vorgenannten Antragsgründen im Nachhinein nicht mehr möglich war – eine Verspätung hat sich hier wegen Problemen auf vorhergehenden Flügen des Luftfahrzeugs ergeben; Streikmaßnahmen, vor allem ausländischer Flugsicherungsstellen; Vorfälle an Bord: medizinische Notfälle, Sicherheitsgefährdung durch Fluggäste („unruly passenger“). **** Erklärung vgl. Antwort zu Frage 4. 3. Wie viele dieser Anträge wurden genehmigt (Anga ben aufgeschlüsselt nach Jahren)? 2013* 2014 2015 2016 2017 2018** Gesamte Genehmigungen 37 282 371 505 661 524 Ausgeübte Genehmigungen 22 159 188 230 311 229 * Zeitraum vom 01.10.2013 bis 31.12.2013 ** Zeitraum vom 01.01.2018 bis 30.06.2018 Die Anzahl der erteilten Ausnahmegenehmigungen und die Anzahl der tatsächlich ausgeübten Ausnahmegenehmigungen weichen erheblich voneinander ab. Dies hat mehrere Gründe: Wie in der Antwort zu Frage 1 ausgeführt, ist es regelmäßig vorgekommen, dass für einen Flug auch Mehrfachanträge vorgelegen haben bzw. entsprechende Ausnahmegenehmigungen erteilt wurden; jedoch nur die letzte Ausnahmegenehmigung konnte ggf. ausgeübt worden sein. Alternativ kommt es auch vor, dass eine frühere Start- oder Landezeit genehmigt worden ist, eine spätere nachfolgend aber abgelehnt wurde und der Flug dann nicht stattfindet. Des Weiteren war festzustellen, dass günstigere Umstände oftmals eine schnellere Abfertigung/Durchführung des Fluges zugelassen haben, als dies noch bei der Antragstellung zur Ausnahmegenehmigung vorhersehbar war, und die Ausnahmegenehmigung deshalb nicht ausgeübt werden musste. Schließlich wurden auch Ausnahmegenehmigungen erteilt , die vom Antrag abweichende (für den Antragsteller ungünstigere) Zeiten zum Inhalt hatten. Wenn diese abweichenden Zeiten für die Durchführung des Fluges dann nicht ausreichend waren, so wurde die Ausnahmegenehmigung nicht ausgeübt bzw. fand der Flug nicht statt oder wurde evtl. – bei einer vorgesehenen Landung – zu einem Ausweichflughafen ohne Nachtflugbeschränkung (wie z. B. Flughafen Köln/Bonn) umgeleitet. 4. Aus welchen Gründen wurden diese Anträge ge nehmigt (Angaben aufgeschlüsselt nach Jahren)? Die Erteilung der Ausnahmegenehmigungen durch das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr erfolgt auf der Grundlage von Punkt A.I.2.3 des bestandskräfti - gen Änderungsbescheides der Regierung von Oberbayern – Luftamt Südbayern – vom 23.03.2001 zur luftrechtlichen Genehmigung des Flughafens München vom 09.05.1974, Nr. 8421b-VIIc3-29185. Anträge werden hiernach nur in begründeten Ausnahmefällen zugelassen, weil sie zur Vermeidung erheblicher Störungen im Luftverkehr oder aus sonstigen Gründen besonderen öffentlichen Interesses erforderlich sind. Ein besonderes öffentliches Interesse ist gegeben, wenn zu befürchten ist, dass der Ausfall der Flugverbindungen zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Luftverkehrssystems führen würde. Sonstige Gründe im besonderen öffentlichen Interesse sind vor allem Sonderveranstaltungen, wie z. B. Staatsbesuche, Münchner Sicherheitskonferenz, G7-Gipfel, Rücktransport von Fußballfans. Die behördlichen Entscheidungen hierzu werden i. d. R. telefonmündlich gegenüber der Flughafen München GmbH im Rahmen einer außerhalb der Bürozeiten eingerichteten Rufbereitschaft getroffen. Sie werden gegenüber dem Antragsteller grundsätzlich nicht begründet. Der Entscheidungsgrund des einzelnen Vorganges wird nicht aufgezeichnet und eine diesbezügliche Auswertung kann nicht vorgenommen werden. 5. Aus welchen Gründen wurden die übrigen Anträ ge abgelehnt (Angaben aufgeschlüsselt nach Jah ren)? Eine Auswertung bzw. eine Aufschlüsselung der einzelnen Ablehnungsgründe nach Jahren war auch hier nicht möglich. Grundsätzlich wurden Anträge dann abgelehnt, wenn die im Einzelfall vorgenommene Abwägung ergeben hat, dass das Interesse der Allgemeinheit bzw. der Flughafenanwohner an der Einhaltung der Nachtflugbeschränkung das öffentliche Interesse an der Durchführung des Fluges überwogen hat. In solch eine Einzelfallabwägung fließen sämtliche Umstände des Vorganges ein. Insbesondere die Frage, wie weit die beantragte geänderte Start- oder Landezeit in die nachtflugbeschränkte Zeit hinein reichen würde, ist hier ein wichtiges Kriterium; je später das beabsichtigte Flugereignis, des to schutzwürdiger das Interesse der Allgemeinheit bzw. der Flughafenanwohner auf Nachtruhe. Weitere Anträge wurden aus formellen Gründen und/ oder mangels ausreichender Begründung zurückgewiesen. Schließlich wurden auch Anträge vom Antragsteller selbst wieder zurückgenommen; die Gründe hierfür sind regelmäßig nicht bekannt. Drucksache 17/23700 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 6. Welche Änderungen hinsichtlich der jeweiligen Start bzw. Landezeit ergaben sich durch die erteil ten Genehmigungen? Die Änderung der jeweiligen Start- und Landezeit für die Flüge, die mit einer Ausnahmegenehmigung in der nachtflugbeschränkten Zeit ab 22.00 Uhr durchgeführt wurden, beträgt für den o. g. Erhebungszeitraum vom Oktober 2013 bis einschließlich Juni 2018 durchschnittlich 97 Minuten. In diesem Durchschnittswert sind auch zahlreiche Flugereignisse enthalten, die sich zum Teil über einen längeren Tageszeitraum verspätet haben (z. B. Landung am Vormittag geplant und aufgrund technischer Probleme des Luftfahrzeugs erst nach 22.00 Uhr mit Ausnahmegenehmigung in München gelandet).