Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm, Rosi Steinberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 13.07.2018 Natürlicher Rückhalt und Polder Durch die Klimaüberhitzung werden lokale Starkregen ereignisse immer häufiger und damit ein wirksamer Hoch wasserschutz immer dringender. Flächendeckender Hoch wasserschutz ist damit eine wichtige Aufgabe zum Schutz der Bevölkerung. Gleichzeitig wird die Notwendigketi des Artenschutzes – gerade in den Auenbereichen – immer deutlicher. Wir fragen die Staatsregierung: 1. a) Wie viele Mittel sind für den Bau von Poldern an der schwäbischen Donau einschließlich Bertoldsheim ein geplant (bitte für jeden Polder einzeln angeben)? b) Wie viele Mittel sind insgesamt in Schwaben für den Hochwasserschutz für die Jahre 2017 und 2018 im Haushalt eingestellt (bitte für jedes Jahr einzeln ange ben)? c) Wie viele Mittel wurden insgesamt in Schwaben für den Hochwasserschutz für die Jahre 2015 und 2016 ausgegeben (bitte für jedes Jahr einzeln angeben)? 2. Wie viele staatliche Mittel wurden in den letzten fünf Jahren in Schwaben für die einzelnen Hochwasser schutzprojekte eingesetzt? a) Wie hoch war der Anteil der Projekte zum natürlichen Rückhalt im Vergleich zu den insgesamt für Hochwas serschutz eingesetzten Mitteln in Schwaben in den letzten fünf Jahren? b) Wie hoch waren die Anteile der EUMittel und der Bun desmittel bei Projekten des natürlichen Hochwasser schutzes in Schwaben in den letzten fünf Jahren? 3. Wie viele Meter Deiche wurden wo in den letzten fünf Jahren in Schwaben rückverlegt und wie viele Hektar Retentionsraum wurden dadurch jeweils geschaffen? 4. Wie viele Hektar Auwälder wurden in den letzten fünf Jahren in Schwaben a) als zusätzliche für den Hochwasserschutz nutzbare Retentionsfläche neu erschlossen? b) neu angelegt? c) von diesen neu erschlossenen oder neu angelegten Auwäldern bei mittleren Hochwassern überflutet? 5. a) Wie viele Kilometer Gewässerstrecke wurden in Schwaben in den letzten fünf Jahren renaturiert, auf geschlüsselt nach Gewässern 1., 2. und 3. Ordnung? b) Wie viele Mittel wurden für die Gewässerrenaturierung in den letzten fünf Jahren in Schwaben jeweils einge setzt? 6. Wie viele Hektar Uferfläche wurden in den letzten fünf Jahren jeweils in Schwaben von staatlichen Stellen an gekauft? 7. Welche Maßnahmen sind an der schwäbischen Do nau konkret geplant, um den Verlust an Überschwem mungsfläche wieder rückgängig zu machen a) durch Rückverlegung von Deichen? b) durch Verbreiterung des Flussbettes? c) durch Schaffung von Retentionsraum im Auwald? 8. a) Wann sollen die Planungen von „Licca liber“ auf den Bereich von der Stadtgrenze Augsburg bis an die Do naumündung ausgeweitet werden? b) Welche Maßnahmen mit welchen positiven Effekten auf den Hochwasserschutz wurden in den letzten zehn Jahren am nördlichen Lech zwischen Augsburg und der Donaumündung umgesetzt? c) Welche Maßnahmen mit welchen positiven Effekten auf den Hochwasserschutz sind in diesem Bereich konkret geplant? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 05.09.2018 Der Freistaat treibt den Hochwasserschutz entschieden voran. Dabei setzt der Freistaat auf einen breiten Mix an Maßnahmen von kleineren Projekten vor Ort bis hin zu überregionalen Großprojekten, von natürlichem Hochwas serschutz in der Fläche bis hin zu technischen Maßnahmen. Um im Katastrophenfall gezielt auf die Scheitelwelle eines besonders großen Hochwassers einwirken zu können und so unkontrollierte Dammbrüche mit unabsehbaren Folgen zu vermeiden, wird mit größter Transparenz eine Kette ge steuerter Flutpolder entlang der Donau geplant. Zum Schutz von 120.000 Menschen entlang der Donau vor extremen Hochwasserereignissen werden verschiedene geeignete Standorte geprüft. Mögliche gesteuerte Flutpolder entlang Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www . bayern . landtag . de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www . bayern . landtag . de – Aktuelles / Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 02.11.2018 Drucksache 17/23715 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23715 der Donau werden nur realisiert, wenn für bebaute Gebiete keine Verschlechterung infolge der Grundwassersituation entsteht. 1. a) Wie viele Mittel sind für den Bau von Poldern an der schwäbischen Donau einschließlich Bertoldsheim eingeplant (bitte für jeden Polder einzeln angeben )? Die Herstellungskosten der an der schwäbischen Donau vor gesehenen gesteuerten Rückhalteräume/Flutpolder belaufen sich gemäß der Bedarfsplanung in der Größenordnung von rd. 50 Mio. Euro für den Standort Leipheim, rd. 40 Mio. Euro für den Standort Helmeringen, rd. 80 Mio. Euro für den Standort Neugeschüttwörth und rd. 90 Mio. Euro für den na türlichen Rückhalt/Deichrückverlegungen (sechs Standorte) im HochwasserschutzAktionsprogramm Schwäbische Do nau. Für den Standort Bertoldsheim an der oberbayerischen Donau sind derzeit über 50 Mio. Euro veranschlagt. Diese Ansätze beruhen auf vorläufigen Kostenannahmen b) Wie viele Mittel sind insgesamt in Schwaben für den Hochwasserschutz für die Jahre 2017 und 2018 im Haushalt eingestellt (bitte für jedes Jahr einzeln angeben)? Die Veranschlagungen im Haushaltsplan für die Mittel des Hochwasserschutzes erfolgen nicht bzw. nur teilweise (Ein zelplan 12, Anlage C) nach Regionen, sodass die Anfrage anhand der tatsächlichen Ausgaben beantwortet wird. Für das Haushaltsjahr 2017 wurden im Regierungsbezirk Schwaben 23,8 Mio. Euro für den Hochwasserschutz aus gegeben. Für das Haushaltsjahr 2018 kann das endgültige Ergebnis erst Mitte 2019 genannt werden. Nach derzeitigem Stand wurden bis Juli 2018 bereits ca. 14,3 Mio. Euro ver ausgabt. In der Auswertung sind sowohl die staatlichen Mittel als auch die Beteiligtenleistungen bzw. Eigenmittel der Gemein den enthalten. c) Wie viele Mittel wurden insgesamt in Schwaben für den Hochwasserschutz für die Jahre 2015 und 2016 ausgegeben (bitte für jedes Jahr einzeln angeben )? In den Jahren 2015 und 2016 wurden im Regierungsbe zirk Schwaben Ausgaben für den Hochwasserschutz in fol gender Höhe getätigt: 2015: 23,9 Mio. Euro 2016: 30,3 Mio. Euro In der Auswertung sind sowohl die staatlichen Mittel als auch die Beteiligtenleistungen bzw. Eigenmittel der Gemein den enthalten. 2. Wie viele staatliche Mittel wurden in den letzten fünf Jahren in Schwaben für die einzelnen Hochwasserschutzprojekte eingesetzt? Für die Hochwasserschutzmaßnahmen der letzten fünf Jah re (2013–2017) wurden im Regierungsbezirk Schwaben 109, 1 Mio. staatliche Mittel verausgabt. a) Wie hoch war der Anteil der Projekte zum natürlichen Rückhalt im Vergleich zu den insgesamt für Hochwasserschutz eingesetzten Mitteln in Schwaben in den letzten fünf Jahren? Für den natürlichen Rückhalt wurden von 2013 bis 2017 im Regierungsbezirk Schwaben 17,1 Mio. Euro staatliche Mit tel verausgabt. b) Wie hoch waren die Anteile der EU-Mittel und der Bundesmittel bei Projekten des natürlichen Hochwasserschutzes in Schwaben in den letzten fünf Jahren? Der Anteil der EUMittel und der Bundesmittel am natür lichen Rückhalt im Zeitraum von 2013 bis 2017 stellt sich wie folgt dar: 2013 bis 2017 Anteil EUMittel: 1,1 Mio. Euro 2013 bis 2017 Anteil Bundesmittel: 0,9 Mio. Euro 3. Wie viele Meter Deiche wurden wo in den letzten fünf Jahren in Schwaben rückverlegt und wie viele Hektar Retentionsraum wurden dadurch jeweils geschaffen? Für den in der Anfrage gewünschten Zeitraum der letzten fünf Jahre (d. h. der Jahre 2013 bis 2017) liegen keine Aus wertungen vor. Die im Folgenden genannten Zahlen stam men aus der 1. Leistungsbilanz zum HochwasserschutzAk tionsprogramm AP2020plus, welche die Jahre 2014, 2015 und 2016 umfasst. Zusätzlich sind die Zahlen aus der vo rigen Leistungsbilanz angegeben, welche die Jahre 2011, 2012 und 2013 beinhaltet. Die Zahlen von in 2017 und 2018 abgeschlossenen Vorhaben wurden bislang noch nicht er hoben. Sowohl in den Jahren 2014 bis 2016 als auch in den Jahren 2011 bis 2013 wurden in Schwaben keine Deiche zurückverlegt. Durch andere Maßnahmen des natürlichen Rückhalts wurden in Schwaben in den Jahren 2014 bis 2016 1.990 m³ und 2011 bis 2013 14.676 m³ ungesteuerter Retentionsraum aktiviert. 4. Wie viele Hektar Auwälder wurden in den letzten fünf Jahren in Schwaben a) als zusätzliche für den Hochwasserschutz nutzbare Retentionsfläche neu erschlossen? b) neu angelegt? c) von diesen neu erschlossenen oder neu angelegten Auwäldern bei mittleren Hochwassern überflutet ? In der 1. Leistungsbilanz zum AP2020plus wurde die rena turierte Auenfläche als Summe der Leistungen „renaturierte Uferfläche“ und „Aufforstung in der Aue“ erhoben. Demnach wurden in Schwaben in den Jahren 2014 bis 2016 13,5 ha Auenfläche renaturiert. Für die Jahre 2011 bis 2013 erfolgte noch eine getrennte Erhebung für „renaturierte Uferfläche“ (Schwaben: 15,5 ha) und „Aufforstung in der Aue“ (Schwa ben: 1,5 ha), in Summe 17,0 ha. Detailliertere Erhebungen liegen nicht vor, weshalb eine Beantwortung der einzelnen Teilfragen 4 a bis 4 c nicht mög Drucksache 17/23715 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 lich ist. Zu Teilfrage 4 c ist anzumerken, dass Auen im Regel fall bereits bei häufigen Hochwasserereignissen überflutet werden. 5. a) Wie viele Kilometer Gewässerstrecke wurden in Schwaben in den letzten fünf Jahren renaturiert, aufgeschlüsselt nach Gewässern 1., 2. und 3. Ordnung ? Insgesamt wurden in Schwaben in den Jahren 2014 bis 2016 10,5 km (2011 bis 2013: 58,2 km) Gewässerstrecke renaturiert, welche sich folgendermaßen auf die einzelnen Gewässerordnungen aufteilen: Zeitraum Gewässer erster Ordnung Gewässer zweiter Ordnung Gewässer dritter Ordnung Wildbäche 2014 bis 2016 1,8 km 0 km 6,3 km 2,4 km 2011 bis 2013 10,5 km 25,5 km 21 km 1,2 km b) Wie viele Mittel wurden für die Gewässerrenaturierung in den letzten fünf Jahren in Schwaben jeweils eingesetzt? Für die Gewässerrenaturierung wurden folgende Haushalts mittel eingesetzt: 2013 5,0 Mio. Euro 2014 8,7 Mio. Euro 2015 9,9 Mio. Euro 2016 5,8 Mio. Euro 2017 4,3 Mio. Euro 6. Wie viele Hektar Uferfläche wurden in den letzten fünf Jahren jeweils in Schwaben von staatlichen Stellen angekauft? Die beiden schwäbischen Wasserwirtschaftsämter Kemp ten und Donauwörth haben in den Jahren 2013 bis 2017 insgesamt 93,03 Hektar Ufergrundstücke erworben. 7. Welche Maßnahmen sind an der schwäbischen Donau konkret geplant, um den Verlust an Überschwemmungsfläche wieder rückgängig zu machen a) durch Rückverlegung von Deichen? b) durch Verbreiterung des Flussbettes? c) durch Schaffung von Retentionsraum im Auwald? Das Rückhalteprojekt im HochwasserschutzAktionspro gramm Schwäbische Donau enthält sechs Standorte entlang der Donau, an denen aktuell die Machbarkeit natürlichen/ ungesteuerten Rückhalts untersucht wird. Die auf mögliche Rückverlegungen an diesen Standorten untersuchte Deich länge beträgt in Summe rd. 20 km. Dabei werden gezielt ehemalige Auwaldflächen einbezogen. Die Verbreiterung der Donau durch Absenkung der Vor länder ist Bestandteil des Hochwasserschutzprojektes Do nauwörth, hier sind auf rd. 23 ha Fläche Absenkungen ge plant. 8. a) Wann sollen die Planungen von „Licca liber“ auf den Bereich von der Stadtgrenze Augsburg bis an die Donaumündung ausgeweitet werden? b) Welche Maßnahmen mit welchen positiven Effekten auf den Hochwasserschutz wurden in den letzten zehn Jahren am nördlichen Lech zwischen Augsburg und der Donaumündung umgesetzt? c) Welche Maßnahmen mit welchen positiven Effekten auf den Hochwasserschutz sind in diesem Bereich konkret geplant? Auch nördlich des Stadtgebietes Augsburg laufen bereits Planungen zu Strukturverbesserungsmaßnahmen. Für drei Bereiche ist die Entfernung des Uferverbaus bzw die Schaf fung weicher Ufer vorgesehen. Die Bayerische Elektrizitäts werke Gmbh (BEW) entwickelt derzeit ein Gewässerumset zungskonzept für den Unteren Lech. Der örtliche Hochwasserschutz bis zu hundertjährlichen Hochwasserereignissen ist durch die vorhandenen Dämme und Deiche sowie seit Längerem bereits umgesetzte Deich sanierungen gegeben.