Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ulrike Gote BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 09.05.2014 Nichtanerkennung von Vordienstzeiten als ruhegehaltsfähige Dienstzeiten bayerischer Beamtinnen und Beamten § 12 Abs. 1 BeamtVG zufolge werden Ausbildungszeiten und andere Tätigkeiten, die eine bayerische Beamtin oder ein bayerischer Beamter vor dem 3. Oktober 1990 in der ehemaligen DDR abgeleistet hat, nicht als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. Aus welchen Gründen hat die Staatsregierung den oben genannten Artikel im Jahr 2010 unverändert in den Gesetzentwurf zum Neuen Dienstrecht in das bayerische Beamtenversorgungsgesetz übernommen? 2. Wie viele Fälle sind der Staatsregierung in Bayern bis dato bekannt, in denen Zeiten der Ausbildung in der ehemaligen DDR vor dem 3. Oktober 1990 nicht als ruhegehaltsfähige Dienstzeit anerkannt wurden, und in welchen Bereichen des öffentlichen Dienstes sind oder waren diese Beschäftigten tätig (bitte um Auflistung )? a) Wie viele Fälle wird es bis 2020 voraussichtlich geben ? 3. In wie vielen Fällen haben Betroffene bereits Klage gegen § 12 Abs. 1 BeamtVG eingereicht? a) Mit welcher Begründung wurden die Klagen jeweils abgelehnt? 4. Unter welchen Bedingungen bestünde die Möglichkeit, die Betroffenen Arbeitnehmer-/innen zu entschädigen und die Benachteiligungen finanziell auszugleichen? Antwort des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 20.06.2014 1. Aus welchen Gründen hat die Staatsregierung den oben genannten Artikel (Anm.: § 12 Abs. 1 BeamtVG ) im Jahr 2010 unverändert in den Gesetzentwurf zum Neuen Dienstrecht in das bayerische Beamtenversorgungsgesetz übernommen? Die Schriftliche Anfrage zielt augenscheinlich nicht auf § 12 BeamtVG ab, sondern auf § 12 b BeamtVG, in dem die Ruhegehaltfähigkeit von Dienstzeiten geregelt wird, die Beamte vor dem 3. Oktober 1990 in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet zurückgelegt haben. Die bundesrechtliche Norm des § 12 b BeamtVG wurde in Bayern im Rahmen der Dienstrechtsreform inhaltlich in Art. 21 BayBeamtVG aufgegriffen. Das Versorgungsrecht setzt die im Einigungsvertrag normierte Grundsatzentscheidung um, die Altersversorgung für Zeiten im Beitrittsgebiet vor dem 3. Oktober 1990 unabhängig von der ausgeübten Tätigkeit grundsätzlich rein rentenrechtlich zu regeln. Dementsprechend erhält die gesetzliche Rentenversicherung zur Erfüllung ihrer Aufgaben entsprechende Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt. Um Versorgungslücken zu vermeiden, können gem. §12 b Abs. 2 BeamtVG bzw. Art. 21 Abs. 2 BayBeamtVG in den Ausnahmefällen , in denen die allgemeine Wartezeit der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erfüllt ist, Vordienstzeiten für höchstens fünf Jahre als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden. § 12b BeamtVG wurde von der Rechtsprechung wiederholt für verfassungskonform erklärt. Insbesondere das Bundesverfassungsgericht erachtet es für zulässig, dass der Dienstherr derartige Vordienstzeiten nicht im Rahmen der Beamtenversorgung berücksichtigt, sondern stattdessen auf Ansprüche aus einer anderen öffentlichen Kasse (z. B. gesetzliche Rentenversicherung) verweist, die ebenfalls der Sicherung der familiären Existenz dienen. Auch die Alimentationspflicht gem. Art. 33 Abs. 5 GG verpflichtet den Gesetzgeber nicht, die fraglichen Zeiten als Vordienstzeiten zu berücksichtigen. Kernbestand der versorgungsrechtlichen Pflichten des Dienstherrn ist insbesondere die Gewährleistung eines angemessenen Lebensunterhalts im Ruhestand sowie die Berechnung der Versorgungsbezüge auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge seines letzten Amtes. Diese Prinzipien werden von § 12 b BeamtVG (bzw. Art. 21 BayBeamtVG) gerade nicht berührt, da hierdurch nur Zeiten ausgeschlossen werden, die außerhalb des Beamtenverhältnisses verbracht wurden. Vor diesem Hintergrund gab es keinen Anlass, mit dem Neuen Dienstrecht in Bayern von der Regelung abzuweichen, Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.08.2014 17/2379 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2379 zumal sie von der Bayerischen Staatsregierung auch weiterhin als sachgerecht angesehen wird. 2. Wie viele Fälle sind der Staatsregierung in Bayern bis dato bekannt, in denen Zeiten der Ausbildung in der ehemaligen DDR vor dem 3. Oktober 1990 nicht als ruhegehaltsfähige Dienstzeit anerkannt wurden, und in welchen Bereichen des öffentlichen Dienstes sind oder waren diese Beschäftigten tätig (bitte um Auflistung)? Weder § 12 b BeamtVG noch Art. 21 BayBeamtVG unterscheiden zwischen Ausbildungs- und sonstigen Beschäf- tigungszeiten in der ehemaligen DDR. Da die Zeiten in der Regel nur rentenrechtlich relevant sind (vgl. Antwort zu Frage 1), besteht auch kein Grund für die Pensionsbehörden , sie zu erfassen. Dementsprechend liegen der Staatsregierung hierzu auch keine Erkenntnisse vor. a) Wie viele Fälle wird es bis 2020 voraussichtlich geben? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 3. In wie vielen Fällen haben Betroffene bereits Klage gegen § 12 Abs. 1 BeamtVG eingereicht? Dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat sind keine Normenkontrollverfahren in Bayern gegen § 12 b BeamtVG oder Art. 21 BayBeamtVG bekannt. Seit 2005 gab es im staatlichen Bereich vier verwaltungsgerichtliche Klageverfahren, in denen Vordienstzeiten im Sinne der genannten Vorschriften streitgegenständlich waren. Davon wurde drei Klagen bereits rechtskräftig unter Zugrundelegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung abgewiesen, ein Verfahren ist noch anhängig. b) Mit welcher Begründung wurden die Klagen jeweils abgelehnt? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 4. Unter welchen Bedingungen bestünde die Möglichkeit , die Betroffenen Arbeitnehmer/-innen zu entschädigen und die Benachteiligungen finanziell auszugleichen? Die Staatsregierung sieht in der Regelung im Einigungsvertrag oder im Versorgungsrecht weder eine Benachteiligung noch Anlass zu einem finanziellen Ausgleich.