Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ulrike Gote BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 16.08.2018 Gottfried-Neukam-Schule – NS-Vergangenheit des Namensgebers Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Ist der Staatsregierung die Diskussion um die NS-Vorgeschichte des Namensgebers der Gottfried-Neukam- Mittelschule in Kronach bekannt? 1.2 Weshalb wurde die Gottfried-Neukam-Mittelschule im Bericht zur Drs. 17/453 (siehe 1 b, e und h) nicht erwähnt, obwohl es bereits 1994 Versuche gab, die Schule umzubenennen? 1.3 Sind der Staatsregierung weitere Schulen bekannt, an denen Beteiligte wie Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern oder in deren Umfeld Umbenennungen wegen der NS-Biografie des Namensgebers gefordert werden (bitte um Aufzählung)? 2.1 Wie beurteilt die Staatsregierung die Rolle von Gottfried Neukam vor, während und nach der Zeit des NS- Regimes? 2.2 Wie bewertet und definiert die Staatsregierung die Vorbildfunktion eines Schulnamensgebers? 2.3 Hält die Staatsregierung Gottfried Neukam für einen geeigneten Namensgeber, vor dem Hintergrund, dass Neukam unter anderem schon 1928, nach dem Besuch Hitlers in Kronach, eine Gedenktafel schuf, Mitglied der NSDAP und von 1934–1938 förderndes Mitglied der Allgemeinen SS sowie Film- und Funkwart war und 1939 Ratsherr in Kronach wurde? 3. Wie wird die Staatsregierung im Falle Neukam weiter vorgehen, vor dem Hintergrund, dass sich das Staatsministerium für Unterricht und Kultus dem Landtagsbericht zur Drs. 17/453 zufolge „selbstverständlich verpflichtet neue Erkenntnisstände über Belastungen von Akteuren, nach denen Schulen wie auch andere Bildungseinrichtungen benannt sind, aufzunehmen und darüber in eine intensive Kommunikation mit den dann jeweils betroffenen Schulverwaltungen und Schulen einzutreten“? Antwort des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 17.09.2018 1.1 Ist der Staatsregierung die Diskussion um die NS- Vorgeschichte des Namensgebers der Gottfried- Neukam-Mittelschule in Kronach bekannt? 1.2 Weshalb wurde die Gottfried-Neukam-Mittelschule im Bericht zur Drs. 17/453 (siehe 1 b, e und h) nicht erwähnt, obwohl es bereits 1994 Versuche gab, die Schule umzubenennen? Im Jahr 1994 wurde vor Ort über die Rolle des Kronacher Künstlers und Schulnamensgebers Gottfried Neukam während der Zeit des Nationalsozialismus diskutiert. Konkrete Anträge bzw. Maßnahmen zur Umbenennung der Schule gab es jedoch nicht. Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus (StMUK) hat einen Bürger mit seinem diese Thematik betreffenden Anliegen im Jahr 2018 an die Schulleitung bzw. Regierung von Oberfranken verwiesen, die für die Verleihung von Schulnamen an die dortigen staatlichen Mittelschulen zuständig ist. 1.3 Sind der Staatsregierung weitere Schulen bekannt, an denen Beteiligte wie Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern oder in deren Umfeld Umbenennungen wegen der NS-Biografie des Namensgebers gefordert werden (bitte um Aufzählung )? Ja. Für die Umbenennung der Dr.-Gustav-Schickedanz-Mittelschule in Fürth wird vor Ort derzeit jedoch keine Notwendigkeit gesehen. 2.1 Wie beurteilt die Staatsregierung die Rolle von Gottfried Neukam vor, während und nach der Zeit des NS-Regimes? 2.2 Wie bewertet und definiert die Staatsregierung die Vorbildfunktion eines Schulnamensgebers? 2.3 Hält die Staatsregierung Gottfried Neukam für einen geeigneten Namensgeber, vor dem Hintergrund , dass Neukam unter anderem schon 1928, nach dem Besuch Hitlers in Kronach, eine Gedenktafel schuf, Mitglied der NSDAP und von 1934–1938 förderndes Mitglied der Allgemeinen SS sowie Film- und Funkwart war und 1939 Ratsherr in Kronach wurde? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www . bayern . landtag . de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www . bayern . landtag . de – Aktuelles / Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.11.2018 Drucksache 17/23976 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23976 3. Wie wird die Staatsregierung im Falle Neukam weiter vorgehen, vor dem Hintergrund, dass sich das Staatsministerium für Unterricht und Kultus dem Landtagsbericht zur Drs. 17/453 zufolge „selbstverständlich verpflichtet neue Erkenntnisstände über Belastungen von Akteuren, nach denen Schulen wie auch andere Bildungseinrichtungen benannt sind, aufzunehmen und darüber in eine intensive Kommunikation mit den dann jeweils betroffenen Schulverwaltungen und Schulen einzutreten “? Einer staatlichen Schule kann nach Art. 29 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Art. 69 Abs. 4 Satz 4 Nr. 5 Bayerisches Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) ein Name verliehen werden. Eine allgemeine Bewertung und Definition der Vorbildfunktion eines Schulnamensgebers gibt es nicht. Das StMUK verfügt über fachliche Expertise, ist aber kein zeitgeschichtliches Forschungsinstitut bzw. keine forschungsnahe Einrichtung mit der Kompetenz, historische Schlussfolgerungen und darauf aufbauend historische Urteile mit dem Anspruch sachlicher Gültigkeit vorzugeben. Die Regierung von Oberfranken beabsichtigt, den betreffenden Schulverband zunächst aufzufordern, das Leben von Gottfried Neukam durch ein wissenschaftliches Gutachten aufzuarbeiten. Darüber hinaus wird die Staatsregierung in Vollzug des Beschlusses des Landtags vom 24.04.2013, Drs. 16/16569, erforderlichenfalls die dort beschriebene Unterstützung bei Ermittlung und Aufbereitung von Informationen leisten. Auf die im Abschlussbericht des StMUK vom 25.07.2013 zu diesem Landtagsbeschluss dargestellte Vorgehensweise darf Bezug genommen werden.