Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 01.08.2018 Rechtsextreme „Feindeslisten“ Mehr als 25.000 Personen werden bundesweit von Rechts extremisten auf sog. Feindeslisten geführt. Das hat die Bun desregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfrak tion DIE LINKE. mitgeteilt (Antwort der Bundesregierung vom 25.7.2018 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Dr. Andre Hahn, Gökay Akbulut u. a. und der Fraktion DIE LINKE. „Beschlagnahme von „Feindeslisten“ bei Rechtsterroristen, Neonazis und Rechtsextremisten“ – BTDrs. 19/3350 – vom 05.07.2018). Seit 2011 wurden bei Razzien und Festnahmen in der rechtsextremen Szene Listen gefunden, auf denen die Personen mit Namen, Tele fonnummern und Adresse als „Feinde“ markiert worden sind. Insbesondere stammen die Daten aus den Ermittlungen ge gen den rechtsterroristischen Nationalsozialistischen Un tergrund (NSU), die Rechtsextremisten Franco A., Maximi lian T. und Mathias F. sowie gegen die PrepperGruppierung „Nordkreuz“. Nach Angaben der Bundesregierung haben die Bundesbehörden ihrerseits lediglich drei der betroffenen Personen, die in einem Zeugenschutzprogramm waren, da rüber informiert. Im Übrigen sei das Ländersache, sagt die Bundesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage. Der Bund hätte aber die zuständigen Länderpolizeien über die Adresslisten in Kenntnis gesetzt. Daher frage ich die Staatsregierung: 1.1 Wie viele Personen aus Bayern wurden nach Kennt nis der Staatsregierung von Rechtsextremisten auf die „Feindeslisten“ gesetzt? 1.2 Wie viele in Bayern aktive Rechtsextremisten oder rechtsextreme Gruppen haben nach Kenntnis der Staatsregierung Personen auf „Feindeslisten“ gesetzt? 1.3 Wie viele Personen aus Bayern wurden nach Kenntnis der Staatsregierung von den mutmaßlichen Rechtsex tremisten Franco A., Maximilian T. und Mathias F. auf „Feindeslisten“ gesetzt? 2.1 Wie viele Personen aus Bayern wurden nach Kenntnis der Staatsregierung von Personen, gegen die im Zu sammenhang mit dem NSUKomplex ermittelt wurde, auf „Feindeslisten“ gesetzt? 2.2 Standen nach Kenntnis der Staatsregierung Personen aus Bayern auf den „Feindeslisten“ der PrepperGrup pierung „Nordkreuz“? 2.3 Über wie viele Personen, die im Zuge der NSUErmitt lungen auf „Feindeslisten“ gefunden wurden, hat die Bundesregierung die Staatsregierung bzw. die zustän digen Behörden in Bayern informiert? 3.1 Über wie viele Personen, die auf den „Feindeslisten“ der mutmaßlichen Rechtsextremisten Franco A., Ma ximilian T. und Mathias F. standen, hat die Bundesre gierung die Staatsregierung bzw. die zuständigen Be hörden in Bayern informiert? 3.2 Über wie viele Personen, die auf den „Feindeslisten“ der PrepperGruppierung „Nordkreuz“ standen, hat die Bundesregierung die Staatsregierung bzw. die zu ständigen Behörden in Bayern informiert? 3.3 Welche anderen Rechtsextremisten bzw. rechtsextre mistischen Gruppen führten Personen aus Bayern auf ihren „Feindeslisten“ (bitte detailliert angeben)? 4.1 Wie viele der betroffenen Personen hat die Staatsre gierung darüber informiert, dass sie auf einer solchen „Feindesliste“ stehen? 4.2 Falls eine Unterrichtung unterblieb, warum hat die Staatsregierung die Betroffenen nicht informiert? 4.3 Welche Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen hat die Staatsregierung ergriffen? 5. Wie viele Betroffene standen unter Zeugenschutz bzw. wurden nach Bekanntwerden der Listen unter Zeugen schutz gestellt? 6.1 In wie vielen Fällen wurden Ermittlungsverfahren ein geleitet gegen die Neonazis, die die Listen erstellt, be sessen, verbreitet oder verwendet haben? 6.2 Mit welchem Ergebnis? 7.1 Warum gibt es keine gemeinsame Datei von Bund und Ländern über bedrohte Personen auf diesen „Feindes listen“? 7.2 Ist eine solche Datei nach Kenntnis der Staatsregie rung geplant? 7.3 Wird sich die Staatsregierung für die Anlage einer ent sprechenden Verbund oder Zentraldatei einsetzen? 8.1 Wenn nein, warum nicht? 8.2 Wurden nach Kenntnis der Staatsregierung in Bayern weitere Personen durch Rechtsextremisten als „Fein de“ auf weiteren Listen geführt, die nicht Teil der Listen waren, welche die Bundesregierung auf die eingangs genannte Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE. mitgeteilt hat? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www . bayern . landtag . de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www . bayern . landtag . de – Aktuelles / Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 16.11.2018 Drucksache 17/23980 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/23980 Antwort des Staatsministeriums des Innern und für Integration im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz vom 21.09.2018 Vorbemerkung: Im Rahmen dreier durch das Bundeskriminalamt (BKA) unter der Sachleitung des Generalbundesanwaltes (GBA) beim Bundesgerichtshof (BGH) geführter Verfahren im Be reich der Politisch motivierten Kriminalität – rechts –, na mentlich dem NSUVerfahren, dem Verfahren gegen Fran co A. und andere sowie dem sog. Verfahren „Nordkreuz“, wurden z. B. bei Durchsuchungsmaßnahmen unter ande rem mehrere Personenlisten sichergestellt. Das BKA hat im Rahmen seiner Zentralstellenfunktion eine diesbezügliche Gefährdungsbewertung vorgenommen und die Landeskri minalämter über die Nennung von Personen mit Wohnsitz im jeweiligen Bundesland sowie die Gefährdungsbewertung informiert. Bisher haben sich keine Anhaltspunkte dafür er geben, dass es sich um sog. Feindes oder gar Todeslisten handeln könnte. 1.1 Wie viele Personen aus Bayern wurden nach Kenntnis der Staatsregierung von Rechtsextremisten auf die „Feindeslisten“ gesetzt? Das BKA informierte das Landeskriminalamt (BLKA) bezüg lich der drei in der Vorbemerkung genannten Verfahren über die Listung von insgesamt 1.059 Personen und Institutionen aus Bayern. 1.2 Wie viele in Bayern aktive Rechtsextremisten oder rechtsextreme Gruppen haben nach Kenntnis der Staatsregierung Personen auf „Feindeslisten“ gesetzt ? Die drei in der Vorbemerkung genannten Verfahren werden/ wurden durch das BKA unter der Sachleitung des GBA ge führt. Selbst bei einer etwaigen Kenntnis ist es der Staats regierung aufgrund der Kompetenzordnung des Grundge setzes verwehrt, Auskünfte zu Existenz, Sachstand, Inhalt oder Ausgang eines Verfahrens einer Bundesbehörde zu tätigen. Somit ist eine Beantwortung hinsichtlich der Frage, inwieweit in Bayern aktive Rechtsextremisten oder rechts extreme Gruppen im Zusammenhang mit den in der Vorbe merkung genannten Verfahren an der Erstellung der Listen beteiligt waren, nicht möglich. 1.3 Wie viele Personen aus Bayern wurden nach Kenntnis der Staatsregierung von den mutmaßlichen Rechtsextremisten Franco A., Maximilian T. und Mathias F. auf „Feindeslisten“ gesetzt? Das BKA informierte das BLKA bezüglich des in der Fra gestellung genannten Verfahrens über die Listung von zwei Personen mit Wohnsitz in Bayern. 2.1 Wie viele Personen aus Bayern wurden nach Kenntnis der Staatsregierung von Personen, gegen die im Zusammenhang mit dem NSU-Komplex ermittelt wurde, auf „Feindeslisten“ gesetzt? Das BKA informierte das BLKA bezüglich des in der Frage stellung genannten Verfahrens über die Listung von 1.053 Personen und Institutionen aus Bayern. 2.2 Standen nach Kenntnis der Staatsregierung Personen aus Bayern auf den „Feindeslisten“ der Prepper-Gruppierung „Nordkreuz“? Das BKA informierte das BLKA bezüglich des in der Fra gestellung genannten Verfahrens über die Listung von vier Personen mit Wohnsitz in Bayern. 2.3 Über wie viele Personen, die im Zuge der NSU- Ermittlungen auf „Feindeslisten“ gefunden wurden , hat die Bundesregierung die Staatsregierung bzw. die zuständigen Behörden in Bayern informiert ? Es wird auf die Antwort zur Frage 2.1 verwiesen. 3.1 Über wie viele Personen, die auf den „Feindeslisten “ der mutmaßlichen Rechtsextremisten Franco A., Maximilian T. und Mathias F. standen, hat die Bundesregierung die Staatsregierung bzw. die zuständigen Behörden in Bayern informiert? Es wird auf die Antwort zur Frage 1.3 verwiesen. 3.2 Über wie viele Personen, die auf den „Feindeslisten “ der Prepper-Gruppierung „Nordkreuz“ standen , hat die Bundesregierung die Staatsregierung bzw. die zuständigen Behörden in Bayern informiert ? Es wird auf die Antwort zur Frage 2.2 verwiesen. 3.3 Welche anderen Rechtsextremisten bzw. rechtsextremistischen Gruppen führten Personen aus Bayern auf ihren „Feindeslisten“ (bitte detailliert angeben)? Die bayerischen Sicherheitsbehörden führen keine Statistik/ Datei über die Sicherstellung/Beschlagnahme von Perso nenlisten bei Rechtsextremisten bzw. rechtsextremistischen Gruppen. Sofern derartige Listen aufgefunden werden, er folgt stets eine Bewertung im Einzelfall dahin gehend, ob aufgrund der Listung Maßnahmen (z. B. Information der betroffenen Personen, Schutzmaßnahmen etc.) oder straf rechtliche Ermittlungen erforderlich sind. 4.1 Wie viele der betroffenen Personen hat die Staatsregierung darüber informiert, dass sie auf einer solchen „Feindesliste“ stehen? 4.2 Falls eine Unterrichtung unterblieb, warum hat die Staatsregierung die Betroffenen nicht informiert? Nach Auskunft des BLKA wurden bezüglich der drei in der Vorbemerkung genannten Verfahren von 1.059 Personen und Institutionen aus Bayern insgesamt 1.055 Personen und Institutionen aus Bayern durch bayerische Sicherheits behörden über ihre Listung informiert. In einem weiteren Fall erfolgte nach Auskunft des BLKA eine Information der Person über ihre Listung durch das BKA selbst. In weiteren drei Fällen erschien und erscheint eine Information über die Listung nach Bewertung durch die örtlich zuständigen Präsidien der Bayerischen Polizei nicht angezeigt und ist daher bislang unterblieben. Drucksache 17/23980 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 4.3 Welche Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen hat die Staatsregierung ergriffen? Nach Auskunft des BLKA erfolgten mangels konkreter Ge fährdungsaspekte hinsichtlich der Personen in Bayern keine Schutzmaßnahmen durch bayerische Sicherheitsbehörden. 5. Wie viele Betroffene standen unter Zeugenschutz bzw. wurden nach Bekanntwerden der Listen unter Zeugenschutz gestellt? Nach Auskunft des BLKA standen nach dort vorliegenden Erkenntnissen keine gelisteten Personen mit Wohnsitz in Bayern unter Zeugenschutz; im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 4.3 verwiesen. 6.1 In wie vielen Fällen wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet gegen die Neonazis, die die Listen erstellt , besessen, verbreitet oder verwendet haben? 6.2 Mit welchem Ergebnis? Auf die Antworten zu den Fragen 1.2 und 3.3 wird verwiesen. Im Übrigen liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 7.1 Warum gibt es keine gemeinsame Datei von Bund und Ländern über bedrohte Personen auf diesen „Feindeslisten“? 7.2 Ist eine solche Datei nach Kenntnis der Staatsregierung geplant? 7.3 Wird sich die Staatsregierung für die Anlage einer entsprechenden Verbund- oder Zentraldatei einsetzen ? 8.1 Wenn nein, warum nicht? Um Gefährdungen für Personen und Institutionen/Objekte, bei denen Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass sie als mögliche Angriffsziele extremistischer/terroristischer Kriminalität gefährdet sein könnten, frühzeitig erkennen zu können, existiert der bundesweite Meldedienst „Gefähr dungsdaten“. Meldepflichtige Ereignisse sind den in den einschlägigen Richtlinien genannten Polizeidienststellen zu übermitteln und werden aus dem Meldedienst „Gefähr dungsdaten“ in der Bundesdatei INPOLFall „Innere Sicher heit“ erfasst. Nach Auskunft des BLKA ist aus fachlicher Sicht die bestehende Bundesdatei INPOLFall „Innere Si cherheit“ als ausreichend zu erachten. 8.2 Wurden nach Kenntnis der Staatsregierung in Bayern weitere Personen durch Rechtsextremisten als „Feinde“ auf weiteren Listen geführt, die nicht Teil der Listen waren, welche die Bundesregierung auf die eingangs genannte Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE. mitgeteilt hat? Auf die Antwort zur Frage 3.3 wird verwiesen.