Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Horst Arnold SPD vom 04.09.2018 Streifenförmige Ausbringung von organischen Düngemitteln Viele Praktiker teilen mit, dass insbesondere bei Hitze die Gefahr der Futterverschmutzung durch die streifenförmige Ablage von organischen Düngemitteln enorm sei, während sich dies bei kühleren Temperaturen und bei Niederschlag unproblematischer darstelle, und gleichzeitig wurde von der Praxis angemahnt, dass besonders bei Temperaturen unter 15 Grad Celsius keine gravierende emissionsmindernde Wirkung zwischen beiden Systemen vorhanden sei. Deshalb frage ich die Staatsregierung: 1. Wie schätzt die Staatsregierung die Gefahr der Futterverschmutzung durch die streifenförmige Ablage (insbesondere in Trockenjahren) ein? 2. Welche Gefahren können nach Kenntnis der Staatsregierung durch eine Verschmutzung des Futters mit nicht verrotteten Rückständen für die Tiere auftreten? 3. Wie schätzt die Staatsregierung die Gefahr von Futterverschmutzungen bei den bisherigen Ausbringtechniken (Schwenkkopfverteiler, Prallteller …) ein? 4. Sieht es die Staatsregierung als sinnvoll an, bei Temperaturen unter 15 Grad Celsius die bisherigen Schwenkkopfverteiler weiter zuzulassen? Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 28.09.2018 1. Wie schätzt die Staatsregierung die Gefahr der Futterverschmutzung durch die streifenförmige Ablage (insbesondere in Trockenjahren) ein? Nach fachlicher Einschätzung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), die sich auch auf Aussagen von Praktikern sowie Versuchsergebnisse aus der Schweiz (Latsch und Nyfeler, 2015) und aus Österreich (Pöllinger et al., 2018) stützt, kann nicht von einer generellen Zunahme von Futterverschmutzungen durch die streifenförmige Ausbringung ausgegangen werden. Entscheidend für die Futterverschmutzung sind die Faktoren Trockensubstanzgehalt der Gülle, Platzierung der Gülle auf dem Boden bzw. auf der Stoppel, Witterungsbedingungen bei der Ausbringung bzw. der Witterungsverlauf bis zur Ernte sowie Einsatz der Erntetechnik (Schnitthöhe und Einstellung der Futterwerbungsgeräte ). Darüber hinaus bestehen auch Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Techniken streifenförmiger Ablage. So wird der Schleppschuh- gegenüber dem Schleppschlauchverteiler im Grünland bzw. mehrschnittigen Futterbau deutlich besser beurteilt, da beim Schleppschuhverfahren bei fachgerechter Anwendung die Gülle direkt auf den Boden unter die (durch den Schuh verdrängte) Stoppel abgelegt wird. In der Praxis hat sich dahin gehend die Ausbringung in wieder angewachsene Grünlandbestände bewährt. Hingegen wird beim Schleppschlauchverfahren die Gülle auch auf die Grasstoppeln abgelegt, wodurch die Gefahr steigt, dass die Gülle bei geringen Niederschlägen nach der Ausbringung als Gülleband antrocknet und mit dem Bestand in Erntehöhe anwächst. Die geringsten Futterverschmutzungen werden mit dem Injektionsverfahren erreicht. Um noch bessere Versuchsergebnisse in Trockenlagen zu erhalten, wurde das Forschungsprojekt „Entwicklung emissionsarmer und praxisgerechter Gülleausbringtechnik auf Grünlandstandorten in Franken“ mit einer Laufzeit vom 01.10.2018 bis 31.12.2024 bewilligt. 2. Welche Gefahren können nach Kenntnis der Staatsregierung durch eine Verschmutzung des Futters mit nicht verrotteten Rückständen für die Tiere auftreten? Futterverschmutzungen – sei es durch Erde oder Güllereste – gilt es unter den Gesichtspunkten der Tiergesundheit generell zu vermeiden. Im Gegensatz zur Weide ist in konserviertem Futter eine Selektion nur bedingt möglich, da vielfach eine stärkere Vermischung im Silo bzw. im Mischwagen und/oder Trog erfolgt. Mögliche Auswirkungen durch nicht verrottete Rückstände auf dem Gras durch güllebürtige Bakterien sind von verschiedenen Faktoren, wie der Menge in Relation zum Ernte- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www . bayern . landtag . de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www . bayern . landtag . de – Aktuelles / Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 23.11.2018 Drucksache 17/24210 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/24210 ertrag, dem Zeitraum zwischen Ausbringung und Ernte, der Witterung und dem Konservierungsverfahren, abhängig. So weist eine intensive Sonneneinstrahlung einen erheblichen hygienisierenden Effekt auf. Die Art der Konservierung im Bereich Silierung und Heugewinnung ist ebenfalls von Belang . Je besser und rascher die Silierung bzw. Trocknung erfolgt, umso höher ist auch hier der hygienische Effekt. Besondere Beachtung finden Clostridien (Sporenbildner), die eine Bedeutung als Krankheitserreger und Futterverderber haben. Diese Gärschädlinge können Probleme bei der Silageherstellung hervorrufen und über die Bildung von Buttersäure und verstärktem Eiweißabbau die Futterqualität mindern. Diese Keime sind ubiquitär – auch im Boden – zu finden und können sowohl über Erdanhaftungen als auch über eventuelle Güllereste ins Futter gelangen. Inwiefern ein erhöhtes Risiko durch streifenförmige vertrocknete Güllereste im Hinblick auf den Clostridienbesatz besteht, wurde in Untersuchungen in der Schweiz überprüft (Wyss et al., 2017). Hierbei wurden verschiedene Applika tionstechniken (Breitverteiler, Schleppschlauch und Schleppschuh) miteinander verglichen. Die Ergebnisse deuteten auf keine zusätzliche Beeinträchtigung der Futterqualität durch den Einsatz von emissionsmindernden Gülleausbringtechniken im Vergleich zum Breitverteiler hin. Der Zeitpunkt der Güllegabe schien einen Einfluss auf den Clos tridienbesatz zu haben. Hierbei schien dieses Risiko bei der Ausbringung mit dem Breitverteiler und – im geringeren Ausmaß – mit dem Schleppschlauch größer als mit dem Schleppschuh zu sein. 3. Wie schätzt die Staatsregierung die Gefahr von Futterverschmutzungen bei den bisherigen Ausbringtechniken (Schwenkkopfverteiler, Prallteller …) ein? Wie bereits in der Antwort zu Frage 1 geschildert, hängt die Gefahr von Futterverschmutzungen von einer Vielzahl von Parametern ab und lässt sich daher nicht auf bestimmte Ausbringtechniken reduzieren. Gleichfalls lässt sich anhand der der LfL bislang vorliegenden Ergebnisse anderer Forschungseinrichtungen eine verminderte Futterverschmutzung bei den bisherigen Ausbringtechniken gegenüber den emissisonsarmen Techniken (streifenförmige Ablage, Injektion ) nicht nachweisen. 4. Sieht es die Staatsregierung als sinnvoll an, bei Temperaturen unter 15 Grad Celsius die bisherigen Schwenkkopfverteiler weiter zuzulassen? Aus fachlicher Sicht sollte bei Hitze generell auf eine Ausbringung organischer Düngemittel verzichtet werden, sofern keine sofortige Einarbeitung (nur auf Ackerland möglich) erfolgt bzw. Gülle nicht direkt in den Boden injiziert wird. Bekannt und fachlich nachvollziehbar ist, dass bei „Güllewetter“, d. h. kühleren Temperaturen und bei Niederschlag, das Risiko von Futterverschmutzungen bei oberflächlicher Applikation (breit, streifenförmig) sinkt. Ebenfalls ist bekannt, dass die Witterung einen starken Einfluss auf die absolute Höhe der Ammoniakemission hat. Dennoch gilt allein aufgrund physikalischer Grundsätze unter sonst gleichen Bedingungen (Gülleart, -konsistenz, Witterung, Sonneneinstrahlung , Pflanzenbestand, Bodenart, Bodenfeuchte, Bodentemperatur etc.), dass eine breitflächig ausgebrachte Gülle mehr Ammoniumverluste nach sich zieht als eine streifenförmige oberflächliche Applikation bzw. die Gülleinjektion. Die relativen Emissionsunterschiede der Ausbringungsverfahren gelten für alle Witterungsbedingungen. Daher stellt die streifenförmige Ausbringung bzw. die Injektion einen wichtigen Beitrag Deutschlands dar, seinen Verpflichtungen unter der europäischen NEC-Richtlinie (National Emission Ceilings Directive) zur Reduzierung der Ammoniakemissionen nachzukommen. Sie ist gleichzeitig die kostengünstigste Maßnahme zur Ammoniakminderung. Die Festlegung einer Temperaturgrenze auf +15 Grad Celsius für eine weitere Zulassung des Schwenkkopfverteilers wird aus mehreren Gründen von der LfL als fachlich nicht korrekt angesehen und daher nicht befürwortet: – Die Anforderungen an die technischen Anforderungen zur Ausbringungen von flüssigen Wirtschaftsdüngern/ Biogasgärresten sind in der bundesweit gültigen Düngeverordnung klar vorgegeben. – Die Berücksichtigung der Temperatur bei Ammoniakemissionen wurde international diskutiert, aber als nicht aussagekräftig verworfen, weil weitere Einflussgrößen wie Wind, Feuchte und Niederschlag ebenso emissionsrelevant sind. – Ganz entscheidend gegen eine „Temperaturregelung“ spricht jedoch, dass der Witterungsverlauf in den ersten Stunden bis zu ca. zwei Tagen nach der Ausbringung einen entscheidenden Einfluss auf die Höhe der Ammoniakemission hat. Die Temperaturentwicklung kann zum Zeitpunkt der Ausbringung nicht verbindlich und nachvollziehbar für einen konkreten Schlag vorhergesagt werden. So sind gerade im Frühjahr oder auch im Herbst oft morgens oder nachts kühle Temperaturen messbar, die sich allerdings im Tagesverlauf stark erhöhen. Darüber hinaus stellt die Messung der Lufttemperatur als alleiniges Kriterium ohne Berücksichtigung weiterer Einflussgrößen (siehe oben) einen aus fachlicher Sicht unzureichenden Parameter dar. Nur falls es in Zukunft gelingt, durch wissenschaftlich belegbare , in der Praxis umsetzbare und ökonomisch für bayerische Betriebe tragbare Güllezusätze und Güllebehandlungen für Breitverteilungsverfahren zumindest eine gleiche realisierbare Emissionsminderung nachzuweisen als bei bodennaher, streifenförmiger Applikationstechnik bzw. Gülleinjektion , ist eine Beibehaltung von Breitverteilungstechniken nach 2020 auf bestelltem Ackerland bzw. 2025 auf Grünland und mehrschnittigem Feldfutterbau nach § 6 Abs. 3 Satz 3 Düngeverordnung möglich.