Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Eva Gottstein FREIE WÄHLER vom 02.08.2018 Trinkwasserversorgung Eichstätt/Jurakarst nördlich des Altmühltals Im Rahmen der Umsetzung der Düngeverordnung (DüV) durch das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wird derzeit ein Anhörungsverfahren zum Erlass einer Ausführungsverordnung zur Düngeverordnung (AVDüV) durchgeführt. In Bayern werden hierfür Gebiete mit Erleichterungen gemäß § 13 Abs. 5 DüV und Gebiete mit zusätzlichen Anforderungen gemäß § 13 Abs. 2 DüV festgelegt. Für das gesamte Gebiet des Jurakarsts nördlich des Altmühltals sollen Erleichterungen der DüV ausgewiesen werden. Wie bekannt, führt allerdings gerade der Jura karst allein aufgrund seiner geologischen Situation mit hohen Grundwasserfließgeschwindigkeiten und geringen Deckschichten bei einer intensiven landwirtschaftlichen Bewirtschaftung regelmäßig zu einem erheblichen Nitrateintrag und Eintrag von Pflanzenschutzmittelrückständen in die Grundwasserleiter. Bereits Ende der 1990er-Jahre waren die Stadtwerke Eichstätt deshalb gezwungen, die Trinkwasserbrunnen der Stadt Eichstätt im Altmühltal zwischen den Ortschaften Landershofen und Pfünz aufzugeben und im Pfünzer Forst ein neues Wassergewinnungsgebiet zu erschließen . Der Nitratgrenzwert konnte zu diesem Zeitpunkt nur mehr durch ständiges Abpumpen von Grundwasser in die Altmühl unter dem Grenzwert der Trinkwasserverordnung gehalten werden. Eine Überschreitung der Grenzwerte für Atrazin und Desethylatrazin konnte dennoch nicht vermieden werden. Aktuelle Messungen an diesen nur noch als Notbrunnen vorgehaltenen Gewinnungsanlagen zeigten im Jahr 2017 Nitratwerte von weit über 60 mg/l und nach wie vor eine Grenzwertüberschreitung bei Desethylatrazin. Im Jahr 1986 lagen hier die Nitratwerte noch bei 25 mg/l. Dies zeigt auf, welche dramatische Entwicklung die Nitratbelastung in den letzten Jahrzehnten genommen hat. Daher frage ich die Staatsregierung: 1. Wieso wurde das Gebiet des Jurakarsts nördlich des Altmühltals, trotz der genannten geologischen Gegebenheiten und der Tatsache, dass hier Trinkwasser gewonnen wird, mit Erleichterungen der DüV ausgewiesen ? 2.1 Ist die Staatsregierung der Meinung, dass hier bei der Ausweisung im Rahmen des Verfahrens zur Umsetzung der DüV (Vereinfachung) Fehler gemacht wurden (bitte mit Nennung der Fehler)? 2.2 Wenn ja, könnte dies rückgängig gemacht bzw. noch geändert werden? 2.3 Wenn nein, warum nicht? 3.1 Sieht die Staatsregierung in dem beschriebenen Gebiet hinsichtlich der daraus höchstwahrscheinlich resultierenden höheren Nitrateintragung ein Problem für die zukünftige Trinkwassergewinnung? 3.2 Wie hat die Staatsregierung vor, das Problem der hohen Nitratwerte im Wasser in den genannten Gebieten zu lösen? 3.3 Wäre es nicht sinnvoll, in den genannten Gebieten zusätzliche Anforderungen gemäß § 13 Abs. 2 DüV festzulegen ? 4. Wie erklärt sich die Staatsregierung den Anstieg der gemessenen Nitratwerte im Wasser (siehe Vorwort) von 25 mg/l im Jahr 1968 im Vergleich zum Jahr 2017 mit 60 mg/l? 5.1 Wurden die Zusammenhänge im Rahmen des Verfahrens zur Umsetzung der DüV nicht berücksichtigt, da die ehemaligen Trinkwasserbrunnen nicht mehr zur Trinkwasserentnahme genutzt wurden und somit nicht mehr statistisch erfasst wurden? 5.2 Wenn ja, warum nicht? 6.1 Wie steht die Staatsregierung zu einer möglichen Reaktivierung der alten Brunnen zumindest als Trinkwasserreserve ? 6.2 Sieht die Staatsregierung es für sinnvoll an, durch eine sinnvolle Festlegung, mit zusätzlichen Anforderungen gemäß § 13 Abs. 2 DüV, nachweislich geschädigte Grundwasserleiter künftig, zumindest wieder zur Nutzung als Trinkwasserreserve, zu schützen? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www . bayern . landtag . de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www . bayern . landtag . de – Aktuelles / Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 23.11.2018 Drucksache 17/24219 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/24219 Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 01.10.2018 1. Wieso wurde das Gebiet des Jurakarsts nördlich des Altmühltals, trotz der genannten geologischen Gegebenheiten und der Tatsache, dass hier Trinkwasser gewonnen wird, mit Erleichterungen der DüV ausgewiesen? Mit der seit Anfang Juni 2017 geltenden novellierten Düngeverordnung (DüV) werden die Landesregierungen nach § 13 Abs. 2 DüV verpflichtet, in Gebieten mit einer hohen Nährstoffbelastung (sogenannte rote Gebiete) per Landesverordnung strengere Vorschriften zur Düngung zu erlassen, soweit und solange dies erforderlich ist. Nach § 13 Abs. 5 DüV ist die Möglichkeit gegeben, Erleichterungen für Betriebe , die die dort genannten Kriterien erfüllen, zu gewähren (sogenannte grüne Gebiete). Der Ministerrat hat am 04.09.2018 die Verordnung über besondere Anforderungen an die Düngung und Erleichterungen bei der Düngung (Ausführungsverordnung zur Düngeverordnung – AVDüV) zur Umsetzung des § 13 DüV beschlossen . Sie wurde Ende September 2018 im Gesetz- und Verordnungsblatt (GVBl.) verkündet und tritt am 01.12.2018 in Kraft. Die genaue Abgrenzung der Gebiete, in denen besondere Anforderungen an die Düngung gestellt werden, sowie von Gebieten, in denen Erleichterungen gewährt werden und Gebieten, in denen die DüV regulär umzusetzen ist, sind derzeit noch in der Bearbeitung. Diese Gebiete werden nach Abschluss der Arbeiten mit Allgemeinverfügung festgelegt . Die AVDüV sieht grundsätzlich vor, dass nitratbelastete Einzugsgebiete öffentlicher Trinkwassergewinnungsanla gen nicht zu den Gebieten gehören, in denen Erleichterungen gewährt werden. 2.1 Ist die Staatsregierung der Meinung, dass hier bei der Ausweisung im Rahmen des Verfahrens zur Umsetzung der DüV (Vereinfachung) Fehler gemacht wurden (bitte mit Nennung der Fehler)? 2.2 Wenn ja, könnte dies rückgängig gemacht bzw. noch geändert werden? 2.3 Wenn nein, warum nicht? Die Abgrenzung der entsprechenden Gebiete zur Umsetzung von § 13 Abs. 2 und 5 ist derzeit noch in Bearbeitung (siehe Antwort zu Frage 1). Für die Ausweisung der nitratbelasteten Gebiete („rote Gebiete“) finden die in der DüV § 13 Abs. 2 genannten Kriterien Anwendung. Es werden die Grundwasserkörper herangezogen, die wegen Überschreitungen des Schwellenwerts für Nitrat gemäß Grundwasserverordnung in den schlechten Zustand eingestuft sind, soweit nicht Teilbereiche nachweislich keinen Handlungsbedarf zur Verminderung der Nitratbelastung aufweisen. Die Zustandsbeurteilung der Grundwasserkörper beruht auf wasserwirtschaftlichen Datengrundlagen von den auswertbaren Grundwassermessstellen. 3.1 Sieht die Staatsregierung in dem beschriebenen Gebiet hinsichtlich der daraus höchstwahrscheinlich resultierenden höheren Nitrateintragung ein Problem für die zukünftige Trinkwassergewinnung ? 3.2 Wie hat die Staatsregierung vor, das Problem der hohen Nitratwerte im Wasser in den genannten Gebieten zu lösen? 3.3 Wäre es nicht sinnvoll, in den genannten Gebieten zusätzliche Anforderungen gemäß §13 Abs. 2 DüV festzulegen? Das beschriebene Gebiet Eichstätt/Jurakarst nördlich des Altmühltals befindet sich in einem nach EG-Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) ausgewiesenen Grundwasserkörper (GWK), der sich hinsichtlich Nitrat in einem chemisch guten Zustand befindet. Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffeinträge werden bereits durchgeführt, wie sie auch im Maßnahmenprogramm des 2. Bewirtschaftungsplans nach EG-WRRL hinterlegt sind, siehe Internetlink und dort in Anlage 5: https://www.lfu.bayern.de/wasser/wrrl/massnahmen programme_1621/index.htm. 4. Wie erklärt sich die Staatsregierung den Anstieg der gemessenen Nitratwerte im Wasser (siehe Vorwort ) von 25 mg/l im Jahr 1968 im Vergleich zum Jahr 2017 mit 60 mg/l? Der Stickstoffkreislauf im Boden ist ein sehr komplexes System aus Einträgen, mikrobiellen Prozessen und Austrägen. Ein Überangebot von mineralisiertem Stickstoff im Boden kann zur Auswaschung von Nitrat in das Grundwasser in unerwünschten Konzentrationen führen. Trotz Einhaltung der früheren düngerechtlichen Vorgaben, z. B. der Düngeverordnung , konnte es insbesondere in regenarmen Gebieten und unter durchlässigen Böden zu einer Überschreitung des Nitratgehalts von 50 mg/l im Grundwasser kommen. Die im Juni 2017 in Kraft getretene neue Düngeverordnung lässt bei konsequenter Umsetzung und Einhaltung wesentliche Verbesserungen für den Schutz des Grundwassers erwarten . 5.1 Wurden die Zusammenhänge im Rahmen des Verfahrens zur Umsetzung der DüV nicht berücksichtigt , da die ehemaligen Trinkwasserbrunnen nicht mehr zur Trinkwasserentnahme genutzt wurden und somit nicht mehr statistisch erfasst wurden? 5.2 Wenn ja, warum nicht? Im Allgemeinen können zur Abgrenzung der Gebietskulisse nach § 13 Abs. 2 DüV nur Daten berücksichtigt werden, die in der dazu herangezogenen Datenbank zur Verfügung stehen . Dies sind Daten der staatlichen Überwachungsmessnetze bzw. Daten von Wasserversorgungsunternehmen, die auf Grundlage der Eigenüberwachungsverordnung einer Überwachungs- und Meldepflicht unterliegen und diese übermitteln. Drucksache 17/24219 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 6.1 Wie steht die Staatsregierung zu einer möglichen Reaktivierung der alten Brunnen zumindest als Trinkwasserreserve? 6.2 Sieht die Staatsregierung es für sinnvoll an, durch eine sinnvolle Festlegung, mit zusätzlichen Anforderungen gemäß § 13 Abs. 2 DüV, nachweislich geschädigte Grundwasserleiter künftig, zumindest wieder zur Nutzung als Trinkwasserreserve, zu schützen? Die öffentliche Trinkwasserversorgung ist in Bayern eine kommunale Pflichtaufgabe. Die Aufgabenträger entscheiden im Rahmen der Gesetze selbst, mit welchen Anlagen der Trinkwassergewinnung, -beileitung und -verteilung sie diese Aufgabe erfüllen. Die staatlichen Stellen unterstützen und beraten diese bei Bedarf. Die europäische Wasserrahmenrichtlinie und Nitratrichtlinie , das Wasserhaushaltsgesetz und die Grundwasserverordnung des Bundes sowie das Bayerische Wassergesetz sind die wichtigsten Rechtsgrundlagen für den Grundwasserschutz und damit auch für den Schutz unserer Trinkwasserressourcen . Die Einhaltung des Trinkwassergrenzwerts für Nitrat in Höhe von 50 mg/l ist in den genannten EU-Richtlinien sowie in der Grundwasserverordnung als Schwellenwert flächendeckend vorgeschrieben. In Gebieten , in denen aus wasserwirtschaftlicher Sicht die Einhaltung der düngerechtlichen Vorgaben nicht ausreicht, den Grenz- bzw. Schwellenwert für Nitrat im Grundwasser nachhaltig zu unterschreiten, sind ergänzende Maßnahmen gemäß Maßnahmenprogramm nach EG-WRRL umzusetzen. Hierzu sind aktuell nur freiwillige Maßnahmen (Teilnahme am Kulturlandschaftsprogramm oder an örtlichen Kooperationsvereinbarungen ) vorgesehen. Mit dem 3. Bewirtschaftungsplan zur Umsetzung der EG-WRRL wird auch zu prüfen sein, inwieweit ergänzende hoheitliche Maßnahmen zur Nitratverminderung in besonders belasteten oder empfindlichen Gebieten vorzusehen sind. Auch das bayerische Landesentwicklungsprogramm gibt Grundsätze und Ziele für den Grundwasserschutz vor, die dann in den einzelnen Regionalplänen mit den konkreten örtlichen Verhältnissen verknüpft werden. Zur nachhaltigen Vorsorge gehört es, den Grundwasserschutz auch schon im Zuge der Landesentwicklung und Regionalplanung gegenüber anderen Nutzungsansprüchen angemessen sicherzustellen .