Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Günther Felbinger (fraktionslos) vom 08.01.2018 Kinderarztversorgung in Unterfranken Momentan sind über die Hälfte der praktizierenden Kinder ärzte in Unterfranken mindestens 55 Jahre alt. Die Anfor derungen an die Kinderarztpraxen sind in den letzten Jah ren stark gestiegen. Die Zahl der Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen hat zugenommen, während immer öfter zeitinten sive Untersuchungen, etwa bei verhaltensauffälli gen Kindern, erforderlich sind. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele Kinderärzte praktizieren momentan in den Landkreisen Aschaffenburg, Bad Kissingen, Haß berge, Kitzingen, MainSpessart, RhönGrabfeld, Schweinfurt und Würzburg sowie in den kreisfreien Städten Aschaffenburg, Schweinfurt und Würzburg? a) Welche Versorgungsgrade ergeben sich aus der abso luten Zahl an Kinderärzten in den genannten Landkrei sen und kreisfreien Städten? b) Wie viele dieser praktizierenden Kinderärzte treten vor aussichtlich in den nächsten fünf bzw. zehn Jahren in den Ruhestand? 2. Wie hoch liegen gemäß der Bedarfsplanungsrichtlinie in den genannten Landkreisen und kreisfreien Städten die jeweiligen Versorgungsgrade durch Kinderärzte in den nächsten zehn Jahren? 3. Wie stellt die Staatsregierung sicher, dass auch in Zukunft genügend Kinderärzte in den unterfränkischen Landkreisen und kreisfreien Städten praktizieren? 4. Wie bewertet die Staatsregierung vor dem Hintergrund der gestiegenen Anforderungen an Kinderärzte die Methodik zur Ermittlung des Bedarfsplans, insbeson dere die Bestimmung der jeweiligen Versorgungsgra de? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 28.09.2018 Vorbemerkung: Die Sicherstellung der ambulanten vertragsärztlichen Ver sorgung ist gesetzliche Aufgabe der Kassenärztlichen Ver einigung Bayerns (KVB). Die Ausführung hat der zuständige Bundesgesetzgeber der KVB als Selbstverwaltungsangele genheit übertragen; sie erfüllt diese Aufgabe daher in eige ner Zuständigkeit und Verantwortung. Infolgedessen liegen der Staatsregierung keine eigenen Daten bzw. Datenquel len zum Stand der vertragsärztlichen Versorgung vor. Zur Beantwortung der Schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Günther Felbinger wurde insoweit eine Stellungnahme der zuständigen KVB eingeholt. 1. Wie viele Kinderärzte praktizieren momentan in den Landkreisen Aschaffenburg, Bad Kissingen , Haßberge, Kitzingen, Main-Spessart, Rhön- Grabfeld, Schweinfurt und Würzburg sowie in den kreisfreien Städten Aschaffenburg, Schweinfurt und Würzburg? Eine detaillierte Darstellung der kinderärztlichen Versorgung einschließlich Angaben zur Alters und Geschlechtervertei lung der Kinderärzte sowie zahlenmäßige Zuordnungen zu Gemeinden innerhalb der Kreisregionen ist dem Ver sorgungsatlas Kinderärzte der KVB zu entnehmen. Dieser steht auf der Internetseite der KVB zum Download bereit bzw. ist dort einsehbar unter: https://www.kvb.de/fileadmin/ kvb/dokumente/UeberUns/Versorgung/KVBVersorgungs atlas_Kinderaerzte.pdf. Aufgrund der allgemeinen Verfügbarkeit sowie der fort laufenden Aktualisierung auf der Internetseite (zuletzt Stand August 2018) wurde davon abgesehen, den Versorgungs atlas der Beantwortung als Anlage beizufügen. Der Versor gungsatlas enthält in seinem Glossar weiterführende Hin weise zur Zählung bzw. Anrechnung der Kinderärzte in der Bedarfsplanung, auf die besonders hingewiesen wird. a) Welche Versorgungsgrade ergeben sich aus der absoluten Zahl an Kinderärzten in den genannten Landkreisen und kreisfreien Städten? Zur Beantwortung der Frage 1 a wird auf die Antwort zu Fra ge 1 verwiesen. b) Wie viele dieser praktizierenden Kinderärzte treten voraussichtlich in den nächsten fünf bzw. zehn Jahren in den Ruhestand? Da es kein gesetzliches Höchstalter für die Tätigkeit als Ver tragsarzt gibt, obliegt die Entscheidung darüber, wann ein Vertragsarzt seine Praxistätigkeit beendet, ausschließlich diesem selbst. Die Entscheidung basiert dabei in der Regel auf überwiegend höchstpersönlichen und/oder unternehme rischen Erwägungen, die regelmäßig weder der KVB noch Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www . bayern . landtag . de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www . bayern . landtag . de – Aktuelles / Sitzungen / Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 23.11.2018 Drucksache 17/24231 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/24231 dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) bekannt und damit abschätzbar sind. Während einige Ver tragsärzte ihre Praxistätigkeit bereits mit Anfang 60 been den, sind andere zum Teil bis über das 70. Lebensjahr hin aus noch vertragsärztlich tätig. Vor diesem Hintergrund ist es nicht möglich, belastbare Prognosen darüber aufzustel len, mit welchem Alter bzw. in welchem Jahr ein Vertragsarzt aus der vertragsärztlichen Versorgung ausscheidet. Zur Veranschaulichung des zu erwartenden Nachwuchs bedarfs besteht daher lediglich die Möglichkeit, die Alters struktur der vertragsärztlich tätigen Kinderärzte heranzuzie hen, die in dem in der Antwort zu Frage 1 bereits erwähnten Versorgungsatlas Kinderärzte ebenfalls planungsbereichs bezogen detailliert dargestellt ist. 2. Wie hoch liegen gemäß der Bedarfsplanungsrichtlinie in den genannten Landkreisen und kreis freien Städten die jeweiligen Versorgungsgrade durch Kinderärzte in den nächsten zehn Jahren? Weder der KVB noch dem StMGP ist eine belastbare Aus sage hierzu möglich. Die KVB teilt zur Erläuterung mit, dass die Versorgungsgrade in zehn Jahren neben der Altersstruk tur der Ärzte insbesondere auch abhängig von Nachbeset zungsmöglichkeiten und der Entwicklung der Bevölkerung (hier der bis unter 18Jährigen) sowie möglichen Ände rungen in der Bedarfsplanung seien. Hierzu eine adäquate Prognose zu erstellen, die den Versorgungsgrad wiederge be, sei ihr nicht möglich. Dies gilt umso mehr, weil in der derzeit beim Gemein samen Bundesausschuss (GBA) laufenden Reformdebatte zur bedarfsgerechten Weiterentwicklung der Bedarfspla nung vor allem für die kinderärztliche Versorgung ein beson derer Anpassungsbedarf gesehen wird. So ist nach derzei tigem Meinungsstand davon auszugehen, dass sowohl der räumliche Planungsumgriff (Planung auf Ebene der Kreisre gionen) wie auch die allgemeinen Verhältniszahlen (AVZ – das als ideal angesehene EinwohnerKinderarztVerhältnis) einer eingehenden Prüfung im GBA unterzogen werden, die ggf. auch zu weitreichenden Veränderungen in der kin derärztlichen Bedarfsplanung führen könnte. Insoweit bleibt allerdings zunächst der weitere Diskussionsprozess im GBA abzuwarten, der frühestens im Laufe des Jahres 2019 abgeschlossen sein dürfte. 3. Wie stellt die Staatsregierung sicher, dass auch in Zukunft genügend Kinderärzte in den unterfränkischen Landkreisen und kreisfreien Städten praktizieren ? Wie bereits in der Vorbemerkung erwähnt, ist die Sicher stellung der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ein schließlich der kinderärztlichen Versorgung nicht Aufgabe der Staatsregierung. Vielmehr hat der zuständige Bundes gesetzgeber diese Aufgabe der KVB als Selbstverwaltungs angelegenheit übertragen, die sie deshalb in eigener Zu ständigkeit und Verantwortung wahrnimmt. Um die KVB jedoch bei dieser verantwortungsvollen Auf gabenwahrnehmung zu unterstützen, hat die Staatsregie rung in den letzten Jahren eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen. So fördert sie beispielsweise im Rahmen des Förderprogramms zum Erhalt und zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum auch die Nie derlassung von Kinderärzten in Gemeinden mit weniger als 20.000 Einwohnern mit bis zu 60.000 Euro, soweit im jewei ligen Planungsbereich nicht bereits Überversorgung besteht. Zudem können Medizinstudenten, die sich verpflichten, spä ter in ländlichen Regionen als Arzt tätig zu werden, ein Sti pendium in Höhe von derzeit monatlich 600 Euro erhalten. Dies schließt auch eine spätere Tätigkeit als Kinderarzt ein. Um insgesamt mehr medizinischen Nachwuchs zu erhal ten, hat Bayern die Zahl der Medizinstudienplätze im Frei staat erhöht. Leider konnten bislang aber nur wenige Länder dazu motiviert werden, diesem Beispiel Bayerns zu folgen. Dem gleichen Ziel diente auch der vom StMGP geschaffene „Runde Tisch Ärztenachwuchs“, in dem unter Beteiligung aller wesentlichen Akteure des Gesundheitssystems und der Politik Maßnahmen zur Nachwuchsförderung erarbeitet wurden, wie auch das besondere bayerische Engagement bei der Entwicklung des Masterplans Medizinstudium 2020. 4. Wie bewertet die Staatsregierung vor dem Hintergrund der gestiegenen Anforderungen an Kinderärzte die Methodik zur Ermittlung des Bedarfsplans, insbesondere die Bestimmung der jeweiligen Versorgungsgrade ? Gemessen an den grundsätzlich bundeseinheitlichen Vor gaben der Bedarfsplanungsrichtlinie des GBA besteht in der kinderärztlichen Versorgung in Unterfranken aktuell mit Versorgungsgraden zwischen 117,4 Prozent im Planungs bereich RhönGrabfeld und 231,1 Prozent im Planungsbe reich Stadtkreis Würzburg durchgehend Überversorgung (Stand: 09.08.2018). Gilt ein Planungsbereich mit Versor gungsgraden von 110 Prozent oder höher als überversorgt, hat der zuständige Landesausschuss dort Niederlassungs beschränkungen anzuordnen (§ 103 Abs. 1 Sozialgesetz buch (SGB) Fünftes Buch (V). Dies bedeutet, dass in den Planungsbereichen keine regulären Niederlassungen mehr möglich sind, bis der Versorgungsgrad wieder unter 110 Pro zent abgesunken ist. Diese auf Gesetz bzw. der Bedarfsplanungsrichtlinie des GBA beruhenden Vorgaben sind verbindlich und da her zwingend umzusetzen. Durch diesen Mechanismus soll eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Ärzte in allen Planungsbereichen erreicht werden. Dem StMGP ist sehr wohl bewusst, dass statistische Ver sorgungsgrade per se keine Aussage über die räumliche Verteilung der Ärzte innerhalb eines Planungsbereichs tref fen. So kann es mitunter durchaus Unterschiede in der Ver sorgungsdichte zwischen Ballungszentren und ländlichen Regionen, aber auch zwischen einzelnen Stadtteilen geben. Die Erreichbarkeit kinderärztlicher Praxen kann also auch in einem insgesamt als überversorgt geltenden Planungsbe reich durchaus unterschiedlich sein und je nach Wohnort ei nen geringeren oder höheren (zeitlichen) Aufwand erfordern. Mit dem zum 23.07.2015 in Kraft getretenen GKVVer sorgungsstärkungsgesetz (GKV = gesetzliche Kranken versicherung) hatte der Bundesgesetzgeber den GBA ausdrücklich mit der Überprüfung und ggf. Anpassung der Bedarfsplanung beauftragt und vorgegeben, dabei insbe sondere erneut zu prüfen, ob durch kleinräumigere Bepla nung eine bedarfsgerechtere Versorgung erreicht werden kann. Zur Umsetzung dieses Auftrags hat der GBA zu nächst ein wissenschaftliches Gutachten in Auftrag gege ben, das nun im vierten Quartal 2018 der Öffentlichkeit vor gestellt werden soll. Das StMGP begrüßt zudem sehr, dass sich auch die Koalitionspartner auf Bundesebene im aktu ellen Koalitionsvertrag erneut dafür ausgesprochen haben, dass die Bedarfsplanung künftig kleinräumiger, bedarfsge rechter und flexibler gestaltet werden soll. Zur Umsetzung Drucksache 17/24231 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 dieser Vereinbarungen werden derzeit entsprechende ge setzliche Regelungen erarbeitet. Dazu soll der bereits vor liegende Referentenentwurf für ein Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice und Ver sorgungsgesetz – TSVG) nach erfolgter Länder und Ver bandsanhörung zeitnah voraussichtlich im Oktober 2018 in das Bundeskabinett eingebracht werden. Zuletzt sind hinsichtlich der kinderärztlichen Versorgung bayern wie deutschlandweit vermehrt Hinweise aufgetre ten, dass die Bedarfsplanung insbesondere im Bereich der Kinderärzte die Versorgungswirklichkeit nicht mehr adäquat abbildet. So wurde insbesondere von zunehmend längeren Wartezeiten auf Untersuchungs und Behandlungstermine sowie auch über Abweisungen von Neupatienten berichtet. Die Ausweitung des Angebots an Vorsorgeuntersuchungen, aber auch die Veränderungen im Krankheitsspektrum der Kinder sowie im Inanspruchnahmeverhalten kinderärztlicher Versorgung durch deren Eltern legen zudem ebenfalls nahe, dass die Bedarfsplanung in Bezug auf die kinderärztliche Versorgung aktuell nicht mehr bedarfsgerecht erfolgt. Vor diesem Hintergrund hat sich das StMGP bereits mehrfach öffentlich für eine zeitnahe Überprüfung der kin derärztlichen Bedarfsplanung und für bedarfsgerechte An passungen durch den GBA ausgesprochen. Diese könn ten zum einen in einer Neufestsetzung der allgemeinen Verhältniszahl der Kinderärzte – dem als ideal angesehenen EinwohnerArztVerhältnis – liegen (Hinweis: als Einwohner gelten in diesem Zusammenhang nur die bis unter 18Jäh rigen). Zudem sollte auch nochmals geprüft werden, ob die kinderärztliche Versorgung nicht generell kleinräumiger – also beispielsweise auf Mittelbereichsebene wie bei den Hausärzten statt auf Landkreisebene – beplant werden sollte. Das StMGP wird im Rahmen seiner rechtlichen Mög lichkeiten sowohl im Gesetzgebungsverfahren des Bundes zum TSVG wie auch im Rahmen der Novellierung durch den GBA darauf hinwirken, dass die Bedarfsplanung generell, insbesondere aber im Bereich der Kinderärzte nachjustiert wird.